Osteopathie - eine biologische Wissenschaft

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Osteopathie - eine biologische Wissenschaft
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Osteopathie – eine biologische Wissenschaft

von John Martin Littlejohn


JOHN MARTIN LITTLEJOHN

(1866 – 1947)

IMPRESSUM

Osteopathie - eine biologische Wissenschaft

von Dr. John M. Littlejohn, DO

© 2015, JOLANDOS

978-3-941523-93-9 (gedruckt)

978-3-936679-62-3 (ebook, itunes etc.)

978-3-941523-61-6 (ebook, Amazon)

JOLANDOS, Am Gasteig 6, 82396 D-Pähl

www.JOLANDOS.de, info@JOLANDOS.de

ENGLISCHER ORIGINALTITEL

Osteopathy - a Biological Science

In: The Journal of Osteopathy III.4 (1931), VII.1 (1936), X.1 (1939), X.4 (1939)

AUS DEM ENGLISCHEN ÜBERSETZT VON

Dr. Martin Pöttner

BEARBEITET VON

Christian Hartmann

LEKTORAT

Elisabeth Melachroinakes

COVERENTWURF, SATZ UND LAYOUT

Christian Hartmann

DRUCK

Alfaprint s.r.o.

Robotnícka 1/​D, 03601 Martin

www.alfaprint.sk

EBOOK-GESTALTUNG

Zeilenwert® GmbH

Schwarzburger Chaussee 74 – 07407 Rudolstadt

www.zeilenwert.de

Jede Verwertung von Auszügen dieser deutschen Ausgabe ist ohne Zustimmung des JOLANDOS Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.


INHALTSVERZEICHNIS

Cover

Titel

John Martin Littlejohn

Impressum

Kurzbiografie

Vorwort des Heruasgebers

Teil I

Teil II

Teil III

Teil IV

Fußnoten

JOHN MARTIN LITTLEJOHN (1865 – 1947)
KURZBIOGRAFIE

Ein glänzender Intellekt

John Martin Littlejohn wurde am 15. 02. 1866 in Glasgow als Pfarrerssohn geboren. Er war ein hochintelligenter und wissbegieriger aber auch kränklicher junger Mann. Trotz bitterster Armut war das Elternhaus vom geisteswissenschaftlichem Studium erfüllt, und so begann seine sprachwissenschaftliche Ausbildung bereits mit 16 Jahren an der Akademie Colraine in Nordirland. Nach dem Studium der Theologie an der Universität in Glasgow ging er 1886 als Pfarrer nach Nordirland, um schon bald darauf wieder nach Glasgow zurückzukehren. Dort erwarb er mehrere Abschlüsse und Auszeichnungen in Jura, Theologie, Medizin, Philosophie und Soziologie und hielt 1886/​87 seine ersten Vorlesungen.

Das raue Klima und seine Konstitution hatten ihn zu einem ebenso introvertierten wie brillanten und vielseitig gebildeten Analytiker geformt. Nach einem Unfall in der Universität, bei der er sich wahrscheinlich eine Schädelfraktur zugezogen hatte litt Littlejohn an mehrfach täglich rezidivierenden Blutungen im Hals, die ihn zum Klimawechsel zwangen. Eine große Universitätskarriere fand damit ihr jähes Ende.

Amerika

1892 siedelte er mit seinen Brüdern James und William nach Amerika über und setzte seine Studien an der Columbia University in New York fort. Aufgrund seiner hervorragenden Leistungen übernahm er schon bald die Leitung des Amity College in College Springs, Iowa. Seine Beschwerden besserten sich allerdings nicht und so kam es 1895 in Kirksville zur schicksalhaften Begegnung mit Dr. Still.

Bereits wenige Behandlungen führten zur deutlichen Linderung. Da Still dringend qualifizierte Lehrer an seiner 1892 gegründeten American School of Osteopathy benötigte, bot er Littlejohn einen Posten in seiner Fakultät an. Tief beeindruckt von Stills Naturkonzept der Osteopathie willigte er ein, begann 1898 seine Arbeit, schrieb sich im gleichen Jahr später als Student ein und wurde bereits 1899 zum Präsident der Schule gewählt.

Innerhalb der Fakultät gab es jedoch schon bald einen tiefen Konflikt: Stills Anhängern galt der anatomische Zugang zur Osteopathie als heilig (lesionists). Littlejohn und seinen Brüdern schien dies zu einfach; sie betrachteten die komplexere Physiologie als Kern der Osteopathie und befürworteten auch Therapien, die den osteopathsichen Prinzipien und den Prinzipien der Natur entsprachen (broadists). Aber es ging auch um einen zeitlosen Konflikt: Die analytisch orientierten Akademiker in der Fakultät standen den der Intuition vertrauenden Nichtakademikern gegenüber. Nach massiven Intrigen entschlossen sich die Littljohn-Brüder schließlich Kirksville bereits 1900 wieder zu verlassen, um in Chicago das Chicago College (School) of Osteopathy zu gründen. Die Einrichtung entwickelte sich rasch zum Wissenschaftszentrum der Osteopathie.

Man vermutete, dass der inzwischen verheiratete Littlejohn mit seinem feinen Gespür für politische Entwicklungen die verheerenden Folgen des von der American Medical Association initiierten Flexner-Reports zur Eradikation der immer stärker werdenden Osteopathie, Chiropraktik und Homöopathie, voraussah und daher möglicherweise sein weiteres Glück in England vorzog. Inzwischen weiß man, dass ein Zerwürfnis mit seinen beiden Brüdern bzgl. der Ausrichtung der Schule wohl wahrscheinlicher für die Rückreise Littlejohns war.

England

1913 zog die inzwischen achtköpfige Familie Littlejohn nach Bagger Hall nahe London und John Martin begann noch während der Kriegsjahre mit Krankenhausarbeit und ›Unterweisungen‹. 1917 gründete er die British School of Osteopathy in London und mit dem Journal of Osteopathy legte er endgültig das osteopathische Fundament in Europa. Aber auch in England hatte er sich schon bald den Angriffen der British Osteopathic Association und der British Medical Association zu erwehren. Ähnlich den Folgen des Flexner-Reports führte eine Kampagne der BMA 1935 zum ›Paliamentary Bill‹. Der Osteopathie wurde die Anerkennung verweigert und Littlejohn zu Unrecht als unehrenhaft bezeichnet. Der Zweite Weltkrieg tat sein übriges und die BSO schrumpfte schon bald auf eine kleine Klinik zusammen. Schließlich verstarb der neben Still eine der wohl wichtigsten Vertreter der Osteopathie 1947 in Bagger Hall.

VORWORT DES HERAUSGEBERS

Bewegt man sich in der Geschichte der Osteopathie, begegnen einem so manche Rätsel: Warum schrieb Still nie über spirituelle Aspekte in seiner Arbeit? Warum erwähnte Sutherland den großen Einfluss von Walter Russell und Emanuel Swedenborg nicht? Warum war David Palmer, der Begründer der Chiropraktik, mehrere Wochen Gast im Hause Still? Eine dieser Fragen lautet auch: Warum ist John Martin Littlejohn Osteopathen nur in England ein Begriff?

Anders als Still, dessen Texte ihre Wurzeln in der um die Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlichen, romantischen Wissenschaftssprache haben und gespickt sind mit Anekdoten, persönlichen Ansichten, Metaphern und poetischen Umschreibungen, brilliert Littlejohn durch logische Klarheit, zielführende Inhalte, exakte Beschreibungen und intellektuelle Komplexität. Nach dem Fachlektorat steht für mich jedenfalls fest: Littlejohn hat Stills visionäre osteopathische Philosophie aus der Wildnis geholt und wissenschaftlich diskussionsfähig gemacht.

Nachdem A. T. Still (1828 – 1917) ihn durch seine Behandlungsmethode von einem langjährigen Leiden befreit hatte, trat Littlejohn Stills berühmter American School of Osteopathy (ASO) bei, nahm dort 1898 eine Lehrtätigkeit auf, überarbeitete gründlich den Lehrplan und führte wissenschaftliche Forschungsarbeiten ein. Während dieses Prozesses folgte er weiterhin der Grundausrichtung Stills und widmete sich neben der Lehre und Mitarbeit an den Lehrplänen vor allem der seriösen wissenschaftlichen Erforschung von Stills Ideen und erweiterte diese um Aspekte wie Psychophysiologie, Umwelteinflusse und Ernährung, womit er den Fokus von der reinen Anatomie zunehmend in die Physiologie verschob.

Gedanken der Integration und der Erweiterung des Organismus in seiner Wechselwirkung mit der Umwelt, sowie ein neues bis heute gültiges biomechanisches Konzept und die zentrale Bedeutung geschulter Finger gehen ebenso auf ihn zurück, wie die Ausarbeitung der ersten wirklich hochschulfähigen osteopathischen Lehrpläne. Und letztlich machte er die Osteopathie allein schon durch die Gründung drei der bedeutendsten osteopathischen Fachzeitschriften jener Zeit bekannt.

 

Die ausgesuchten vier Artikel Osteopathie – eine biologishe Wissenschaft repräsentieren in diesem Zusammenhang ein bemerkenswertes Spätwerk Littlejohns, das er zwischen 1931 und 1939 in seinem Journal of Osteopathy veröffentlicht hat. Hierin zeigt sich nochmals eindrücklich, wie umfassend, tiefgehend und funktionell sich Littlejohn mit Stills Ansatz auseinandergesetzt hat und in der Lage ist, die wesentlichen Aspekte davon auch in wissenschaftlicher Sprache klar und präzise zu beschreiben. Unter Berufung auf weitere Autoren vermittelt er uns den Eindruck, dass die osteopathische Grundidee von Still bereits in Ansätzen in der Luft lag. Dies zeigt sich vor allem in Bezug auf den Status der Wirbelsäule, der in den Artikeln vorrangig besprochen wird. Deutlich wird auch, dass die Osteopathie der Gründerzeit einen ganz auf die ‘Lebenskraft’ ausgerichteten und ihr zuarbeitenden Bahandlungsansatz darstellt. Immer wieder wird sehr deutlich, dass der Osteopath bei Littlejohn zwar stets lokal und strukturell arbeitet, dies aber stets im Bewusstsein der systemischen Wirkungen und vor allem unter Berücksichtigung eben jener Lebenskraft und ihrer Kräfte, der auch Littlejohn die alleinige Heilungshoheit im medizinsichen Sinn zuspricht. In diesem Sinn repräsentiert Littlejohns Osteopathie schließlich weniger einen Behandlungsansatz, als vielmehr tatsächlich eine Art biologische Wissenschaft, die aus grundlegenden philosophischen Überlegungen zur Welt und zum Leben entspringt.

Viel Vergnügen beim Lesen!

Christian Hartmann

Pähl, August 2015

OSTEOPATHIE –

EINE BIOLOGISCHE WISSENSCHAFT

JOHN MARTIN LITTLEJOHN

Die vier einzelnen Artikel erschienen unter der Titelserie Osteopathy - a Biological Science erstmalig in:

Teil I: The Journal of Osteopathy (III. 4) 1931, ohne Seitenangabe.

Teil II: The Journal of Osteopathy (VII. 1) 1936, ohne Seitenangabe.

Teil III: The Journal of Osteopathy (X. 1), 1939, S. 6 – 10.

Teil IV: The Journal of Osteopathy (X. 4) 1939, S. 10 – 13.

TEIL I

The Journal of Osteopathy (III. 4) 1931, ohne Seitenangabe.

Die Wirbelsäule stellt die in Abschnitten organisierte Vereinigung aller Funktionsabläufe im Körper dar sowie das anatomische Register der Referenzpunkte für die verschiedenen Organe und Strukturen des Körpers. Sie ist als solche auf dem mechanisch-biologischen1 Prinzip der angewandten Anatomie und Physiologie aufgebaut und bildet das Zentrum aller Arten von Stimuli in ihrer Beziehung zu den Aktivitäten jedes Körperorgans sowie zu den lokomotorischen Fähigkeiten der Extremitäten in deren Beziehung zum Körper als Ganzes und ihrer Korrelation zueinander.

BEWEGLICHKEIT DER WIRBELSÄULE

Dazu passt Dr. Josiah Roberts’ in der Lancet vom 27. Januar 1883 veröffentlichte Erörterung der mechanischen Behandlung von Karies in den lumbalen Wirbeln, in der er das Prinzip der Wirbelsäulenmobilisierung im Gegensatz zum älteren Fixierungsprinzip als entscheidend hervorhebt. Er schreibt, seine Erfahrung habe

„[…] die mechanische Behandlung artikulärer Erkrankungen durch eine weitere Idee ergänzt, nämlich durch die der Extension zur Erleichterung reflektorischer Muskelkrämpfe […] Ihre Bewegungen würden nicht wesentlich beeinträchtigt werden, sodass sich während der Behandlungsphase eine wichtige Unterstützung zum Aufrechterhalten der normalen Zirkulation beibehalten ließe. Der Punkt, den ich betonen möchte, ist, dass die überall im Körper stattfindende artikuläre Bewegung von viel größerer Bedeutung ist als bislang angenommen. Sie leistet einen Beitrag zur Aufrechterhaltung einer normalen Zirkulation und somit zur Bereitstellung der erforderlichen Nahrung sowie zur Bewahrung einer günstigen Temperatur für das Wachstum und die Entwicklung des Individuums, für die Erneuerung ständigem Verfall unterworfener Gewebe und für das Weiterlaufen von Reparaturprozessen im Krankheitsfall.“

BEWEGLICHKEIT DES KÖRPERS

Das Grundprinzip osteopathischer Therapie ist Beweglichkeit – und in speziellem Bezug auf die posturale Integrität des Körpers ist es die artikuläre Beweglichkeit. Da die Wirbelsäule das Zentrum aller Körperbewegung ist und die Schwerkraftlinie der Körperstruktur sowie das Schwerkraftzentrum der Knochenstruktur darstellt, sind alle Bewegungen, die der Körper ausführt und die in ihm stattfinden, entweder primär oder sekundär artikulärer Natur. Dr. Roberts bestätigt dies:

„Entgegen dem Fixierungs- oder Unbeweglichkeitsprinzip haben wir gezeigt, dass das Fixieren erkrankter Wirbel (bei Karies) für das Wohlbefinden des Patienten nicht erforderlich ist und dass manuelle Extension kombiniert mit sorgfältiger Unterstützung die wirklich wichtigen Faktoren bei der Überwindung reflektorischer Muskelverspannungen sind. […] Durch wirksame manuelle Extension und Unterstützung, die die betroffenen Wirbelsäulenabschnitte vom aufgelagerten Gewicht entlasten, gelang es uns, ohne Fixierung oder Immobilisierung der kariösen Wirbel, ein umfassendes Wohlbefinden des Patienten zu erreichen. Die zur Überwindung der reflektorischen Verspannung angewendete Distraktion wurde mit unseren Händen ausgeführt und war somit elastisch. Es erfolgte keine starre Extension oder Fixierung, nur effiziente Unterstützung und elastische Extension. Auch den ordnungsgemäßen Funktionsablauf im gesunden Teil der Wirbelsäule haben wir nicht gestört.“

Er nutzt hier die posturale Integrität des Körpers und dessen vitale Widerstandskraft, um beim Ausbalancieren der Wirbelsäule zu helfen und so die Wiederherstellung in Richtung Normalzustand zu unterstützen.

Um das Ganze noch einen Schritt weiterzuführen, fährt er fort:

„Ich werde Ihnen demonstrieren, dass bei Krankheit die Gelenkbewegung zusammen mit der Muskeltätigkeit durch Unterstützung mittels richtig konstruierter mechanischer Hilfsmittel dazu gebracht werden kann, die gleichen allgemeinen und lokalen Zwecke zu erfüllen wie im gesunden Zustand. Eines der Hauptmerkmale dieser Erkrankung ist eine Verminderung der allgemeinen und der lokalen Ernährung.

Wenn es uns daher gelingt, durch Einsatz aller möglichen Mittel jene Vorteile, die das einstimmige Zeugnis der Profession starrer Extension und Fixierung zuschreibt, ohne Fixierung und Starrheit zu erlangen, dann sind wir auf einmal dem gesunden Zustand näher gekommen, statt die bei Krankheit herrschenden Zustände imitiert zu haben.

Zudem haben wir auf diese Weise einen wichtigen praktischen Punkt erreicht, denn die Fixierung eines Gelenks hat einen mindernden Einfluss auf die lokale Ernährung und zugleich reduziert die starre Extension das Knirschen bei der Lokomotion nicht auf ein Minimum.“

Das sind nicht die Worte eines Osteopathen, sondern die eines ausgezeichneten medizinischen Wissenschaftlers, und sie zeigen, dass in den Tiefen der medizinischen Philosophie das fundamentale osteopathische Prinzip der Korrektur und der palliativen Stimulation liegt.

DIE RIPPENLÄSION UND IHRE AUSWIRKUNGEN

In der Berliner Klinischen Wochenzeitung vom 4. September 1899 stellt Dr. B. Stille fest, dass nervöse Dyspepsie auf Dislozierungen der zehnten Rippe zurückgeht. Das direkte Ergebnis ist eine Enteroptosis und dieser anomale anatomische Zustand führt zu Darmatonie. Bezeichnenderweise ist Beweglichkeit der Rippe der primäre Zustand und das Ausmaß des kostalen Stigmas bestimmt sogar den Grad der Neurasthenie und der Dyspepsie. Dieses Prinzip, angewendet auf die allgemeinen und besonderen Strukturen des Körpers, führt uns zum Grundprinzip der Osteopathie. Es demonstriert nämlich, wie eng Struktur und Funktion im normalen und im anomalen Körper zusammenhängen. Das Gerüst des Körpers hält dessen individuelle Form aufrecht, während ihn bestimmte Materialien passieren, die ständig zyklischen Veränderungen unterliegen. Das organische Leben ist gekennzeichnet von fortwährender Beweglichkeit, und diese Beweglichkeit spiegelt sich in den trophischen Veränderungen der körpereigenen Proteine. Die vitale Biochemie weist eine Reihe metabolischer Veränderungen auf, die einen Trophizitätszyklus im und für den Organismus bilden, wobei die verschiedenen Nahrungselemente verschiedene Veränderungslinien repräsentieren. Die Veränderungen bereiten unter diesen Umständen die Organisation und den Aufbau der Bestandteile zur komplexen Struktur der individuellen Zellen vor. Ein Organismus, dessen Gerüst aus einer Menge solcher in vitaler Gemeinsamkeit vereinter Zellen besteht, weist bestimmte Aktivitäten auf, durch die eine kontinuierliche Anpassung von Innerem an Inneres und von Innerem an Äußeres stattfindet, sodass die Lebenseinheit aus einer ständigen Folge metabolischer Phänomene besteht. Diese Stoffwechselprozesse benötigen ständig Stimuli, mit denen der Körper durch die Nahrungselemente, die organischen Umgebungen, die freie Zirkulation von Flüssigkeiten und die freie neuronale Reaktionsfähigkeit – die alle zusammen die Basis normalen Lebens bilden – bis hin zum Normalzustand versorgt wird.

KORREKTE ANPASSUNG

Die Kommunikation zwischen den Teilen kann nur dann perfekt funktionieren, wenn das physische Medium – das heißt das Gerüst des Organismus –, in dem sich diese Stimuli bewegen, vollständig und ordnungsgemäß angepasst ist. Grundlagen natürlicher Therapie sind daher

(a) korrigierende Maßnahmen, anwendbar auf das Gerüst,

(b) Korrektur der Umgebung, darunter Nahrung, Licht, Wärme, soziale Bedingungen,2

(c) die Verstärkung und Verminderung des Stimuliflusses zu lokalen Teilen, deren funktionelle Aktivität sich entsprechend vermindert oder zunimmt, um so in den vitalen Aktivitäten ein Gleichgewicht zu erzeugen. Dabei geht es nicht etwa um ein Vermehren oder Reduzieren der Gesamtsumme der Stimuli, sondern vielmehr um ein Verstärken oder Vermindern ihrer Verteilung, um die normale Balance der Reaktionsfähigkeiten zu fördern.

Dies zeigt ganz klar, dass die korrigierende Anpassung der verschiedenen Teile des Gerüsts das auf den Körper anwendbare Grundprinzip im therapeutischen System bildet. Das sind also die drei fundamentalen Prinzipien der osteopathischen Therapie.

Das gleiche Prinzip gilt für Reponierungen auf der Basis physiologischer Gelenkbewegungen. Dr. Thomas Jones, F.R.C.S., berichtet in der Lancet vom 24. Juni 1882 über den Fall einer vier Monate andauernden dorsalen Dislozierung der linken Hüfte und über die Methode der Reposition.

„Die linke untere Extremität war stark invertiert und um 5 Zentimeter verkürzt. Sie erlaubte Innenrotation und Inversion, aber keine Außenrotation und Eversion. Der Musculus trochanter major zeigte sich deutlich prominent und befand sich näher an der anterior-superioren Wirbelsäule des Ilium als auf der anderen Seite. Den Gelenkkopf entdeckte man rasch oberflächlich und frei beweglich im Dorsum ilii. Mit der rechten Hand wurde der Knöchel des ausgekugelten Beins ergriffen, während die linke Hand auf dem Knie ruhte. Dann wurde der Oberschenkel auf das Abdomen flektiert und das Bein leicht nach innen rotiert mit dem Ziel, den Kopf wirkungsvoller zu lösen. Unmittelbar darauf wurde das Glied abduziert, nach außen rotiert und gedehnt, bis der Kopf mit einem für die anwesenden Studenten deutlich hörbaren Geräusch wieder in das Acetabulum zurückkehrte. Nun zeigte sich, dass die Inversion und die anderen Symptome vollständig verschwunden waren und dass das Bein statt der früheren markanten Verkürzung eine Verlängerung um 0,7 Zentimeter aufwies.“

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