Das Ende der Zukunft

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Das Ende der Zukunft
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1. Beijing (China) April 2012

2. Oaxaca (Mexiko), Mai2103

3. Oaxaca (Mexiko), Mai2103

4. Genf (Schweiz), Juni 213

5. Genf (Schweiz), Juni 213

6. Lausanne (Schweiz), Juni 2013

7. Lausanne (Schweiz), Juli 2013

8. Beijing (China); Juli 2013

9. Beijing Dao (China); August 2013

10. Beijing (China); August 2013

11. Breisach (Deutschland); April 2014

12. Bern (Schweiz); Juni 2015

13. Zürich (Schweiz); April 2016

14. Den Haag (Niederlande); April 2016

15. Den Haag (Niederlande); April 2016

16. Frankfurt (Deutschland); Mai 2016

17. Freiburg (Deutschland); Mai 2016

18. Bern (Schweiz); Mai 2016

19. Thun (Schweiz); Mai 2016

20. Beijing (China); Mai 2016

21. Bern (Schweiz), Mai 2016

22. Bern (Schweiz), Mai 2016

23. Den Haag (Niederlande), Mai 2016

24. Uckermark (Deutschland), Juni 2016

25. Schwetzingen (Deutschland), Juni 2016

26. Oldenburg (Deutschland), Juni 2016

27. Bad Krozingen (Deutschland), Juni 2016

28. Berlin (Deutschland), Juni 2016

29. Oaxaca (Mexiko), Juni 2016

30. Frankfurt (Deutschland), Juni 216

31. Beijing (China), Juni 2106

32. Bern (Schweiz), Juni 2016

33. Annemasse (Frankreich), Juni 2016

34. Bern (Schweiz), Juni 2016

35. Brüssel (Belgien), Juni 2016

36. Bern (Schweiz), Juni 2016

37. Annemasse (Frankreich), Juni 2016

38. Bern (Schweiz), Juni 2016

39. Aubonne (Schweiz), Juni 2016

40. Aubonne (Schweiz), Juni 2016

41. Aubonne (Schweiz), Juni 2016

42. Lausanne (Schweiz), Juni 2016

43. Zürich (Schweiz), Juni 2016

44. Aubonne (Schweiz), Juni 2016

45. Dubai (Vereinigte Arabische Emirate), Juni 2016

46. Bern (Schweiz), Juni 2016

47. Amsterdam (Niederlande), Juni 216

48. Zürich (Schweiz), Juni 2016

49. Lausanne (Schweiz), Juni 2016

50. Zürich (Schweiz), Juni 2016

51. Lausanne (Schweiz), Juni 2016

52. Bern (Schweiz), Juni 2016

53. Köln (Deutschland), Juni 2016

54. Zürich (Schweiz), Juni 2016

55. Bassersdorf (Schweiz), Juli 2016

56. Rolle (Schweiz), Juli 2016

57. Bern (Schweiz), Juli 2016

58. Brüssel (Belgien), Juli 2016

59. Lausanne (Schweiz), Juli 2016

60. Bern (Schweiz), Juli 2016

61. Inzlingen (Deutschland), Juli 2016

62. Bern (Schweiz), Juli 2016

63. Weil am Rhein (Deutschland), Juli 216

64. Lausanne (Schweiz), Juli 2016

65. Zürich (Schweiz), Juli 2016

66. Genf (Schweiz), Juli 2016

67. Zürich (Schweiz), Juli 2016

68. Freiburg i. Brsg. (Deutschland), Juli 2016

69. Lausanne (Schweiz), Juli 2016

70. Zürich (Schweiz), Juli 2016

71. Rom (Italien), Juli 2016

72. Gimel (Schweiz), Juli 2016

73. Zürich (Schweiz), Juli 2016

74. Freiburg. i. Brsg. (Deutschland), Juli 2016

75. Badenweiler (Deutschland), Juli 2016

76. Genf (Schweiz), Juli 2016

77. Zürich (Schweiz), Juli 2016

78. Weil am Rhein (Deutschland), Juli 2016

79. Lausanne (Schweiz), Juli 20126

80. Basel (Schweiz), Juli 2016

81. Berlin (Deutschland), Juli 2016

82. Zürich (Schweiz), Juli 2016

83. Hamburg (Deutschland), Juli 2016

84. Zürich (Schweiz), Juli 2016

85. Lausanne (Schweiz), Juli 2016

86. Lausanne (Schweiz), Juli 2016

87. Venlo (Niederlande), Juli 2016

88. Zürich (Schweiz), Juli 2016

89. Rotterdam (Niederlande), Juli 2016

90. London (Großbritannien), Juli 2016

91. Zürich (Schweiz), Juli 2016

 

92. Bern (Schweiz), Juli 2016

93. Genf (Schweiz), Juli 2016

94. Genf (Schweiz), Juli 2016

95. Genf (Schweiz), Juli 216

96. Genf (Schweiz), Juli 2016

97. Bremen (Deutschland), Juli 2016

98. Zürich (Schweiz), Juli 2016

99. Bremen (Deutschland), Juli 2016

100. Zürich (Schweiz), Juli 2016

101. Zürich (Schweiz), Juli 2016

102. Bremen (Deutschland), Juli 2016

103. Genf (Schweiz); Juli 2015

104. Bremen (Deutschland), Juli 2016

105. Freiburg (Deutschland), Juli 2016

106. Basel (Schweiz), Juli 2016

107. Berlin (Deutschland), Juli 2016

108. Beijing (China), Juli 2016

109. Bern (Schweiz), Juli 2016

110. Brüssel (Belgien), Juli 2016

111. Bern (Schweiz), Juli 2016

112. Brüssel (Belgien), Juli 2016

113. Bern (Schweiz), Juli 2016

114. Bern (Schweiz), Juli 2016

115. Bern (Schweiz), Juli 2016

116. Bern (Schweiz), Juli 2016

117. Berlin (Deutschland), Juli 2016

118. Bern (Schweiz), Juli 2016

119. Frankfurt (Deutschland), Juli 2016

120. Bern (Schweiz), Juli 2016

121. Berlin (Deutschland), Juli 2016

122. Bern (Schweiz), Juli 2016

123. Bern (Schweiz), Juli 2016

124. Bettingen (Schweiz), Juli 2016

125. Bettingen (Schweiz), Juli 2016

126. Basel (Schweiz), Juli 2016

127. Frankfurt (Deutschland), Juli 2016

128. Frankfurt (Deutschland), August 2016

129. Miltenberg am Main (Deutschland), August 2016

130. Beijing (China), August 2016

131. Beijing (China), August 2016

132. Epilog

Texte: © Copyright by Hans Jürgen Tscheulin

Umschlaggestaltung: © Copyright by Hans Jürgen Tscheulin

Verlag: Hans Jürgen Tscheulin

Hofackerstrasse 33

CH-3645 Thun

ISBN 973-3-7418-229-3

EBook: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

1. Beijing (China) April 2012

Das schmucklose und betagte Hochhaus des im Nordwesten Beijings gelegenen Chaoyang Distrikts gehörte zum Komplex des Landwirtschaftsministeriums. In einem fensterlosen Raum in der sechzehnten Etage tagten Hoa Yuan, Lij Ying und General Fong Yu.

Hoa Yuan, der Älteste, war Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium. Der Minister hatte den anerkannten und eloquenten Experten für Reiszüchtung vor drei Jahren in seine unmittelbare Nähe geholt.

Lij Ying, der die anderen selbst im Sitzen überragte, nahm als Beauftragter des Zentralkomitees teil, wo alle Sonderprojekte in seine Zuständigkeit fielen.

General Fong Yu saß lässig zurückgelehnt in seinem Stuhl, dennoch war er außerordentlich konzentriert. Er sprach fließend Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch und leitete den Bereich der Industriebeobachtung und -aufklärung beim Ministerium für Staatsschutz. Da das Ministerium nach militärischen Gesichtspunkten organisiert war, bekleideten alle Beschäftigten militärische Ränge. Menschen, die nichts davon verstanden, verwechselten seine Arbeit leichtfertig mit Industriespionage. Da ihn seine Tätigkeit anfänglich nicht sonderlich herausforderte, begann er, sich nebenher intensiv mit dem eigenen Regierungsapparat vertraut zu machen und dabei ein informelles Netz aufzubauen. Seine Beharrlichkeit und Loyalität wurden schließlich mit der Bereichsleitung belohnt.

Als Ältester genoss Hoa das unausgesprochene Privileg, die Sitzung zu eröffnen und zu leiten.

„Lassen Sie uns zum eigentlichen Punkt unseres heutigen Treffens kommen“, schloss Hoa gerade seine Vorrede ab, als Lij ungeduldig seine Stimme erhob.

„Was meinten Sie eben mit Verstärkung der Überwachung in der Schweiz?“

„Die Observierung von SEEDAGRO in Mexiko reicht nicht, wir müssen uns vor allem um das Hauptquartier in Lausanne kümmern. Das muss mit unserer Botschaft in der Schweiz und dem Staatsschutz vorbereitet und durchgeführt werden. Sie sorgen bitte dafür, dass unsere Führung darüber Bescheid weiß“, sagte Hoa sachlich. „Die Arbeit vor Ort übernehmen wir.“

„Aber warum ist die ganze Entwicklung für uns so wichtig?“, hakte Lij nach. „Tausende und Abertausende von Forschern beschäftigen sich mit diesen Themen. Sind die alle dumm? Besitzen wir im Bereich der Pflanzengenetik nicht schon längst einen immensen Vorsprung vor dem Westen?“

„Mein lieber Freund“, antwortete Hoa gönnerhaft, „Sie kennen doch unsere Drei-Säulen-Strategie im Bereich der Pflanzengenetik. Erstens: Wir schaffen alle Voraussetzungen, um in der Forschung ganz vorne mitzuspielen. Zweitens: Wir verfolgen intensiv die weltweiten Aktivitäten und Forschungsergebnisse der führenden Institute und Firmen. Darin ist unser lieber Freund Fong, bekanntlich sehr erfolgreich. Drittens: Wir wollen weltweit die Vorherrschaft im Bereich der Pflanzengenetik erreichen. In zehn Jahren sollen von zehn Prozent aller weltweit vervielfältigten und angebauten Pflanzen die fälligen Lizenzgebühren in unsere Kassen fließen. Das ist nach chinesischen Maßstäben eine unglaublich kurze Zeitspanne. Deshalb ergreifen wir jede sich bietende Chance, um zusätzliches Know-how zu gewinnen und langwierige Forschungen abzukürzen. Ich weiß, wovon ich rede. Die Züchtung einer einzigen ertragreicheren Reissorte nimmt zehn bis fünfzehn Jahre in Anspruch. Und das müssen Sie mit Hunderten von Sorten parallel machen und hoffen, dass eine dabei ist, die wirklich alle Anforderungen bis zum Schluss erfüllt.“

„Ich kenne die Strategie, verehrter Hoa. Ich habe mich unklar ausgedrückt, eigentlich zielt meine Frage darauf ab, ob es sich bei der Maisforschung, die SEEDAGRO in Mexiko illegal durch Terry Hennings betreibt, um einen gefährlichen Irrweg mit unkalkulierbaren Folgen handeln könnte?“

„Irrweg hin oder her“, antwortete Fong, „wir müssen auch Irrwege sicher beherrschen. Wir können Folgen sehr gut abschätzen. Allerdings sind wir weniger ängstlich als der Westen und gehen Risiken ein, die der Westen aufgrund seines Wertekanons niemals eingehen würde, weil jeder Fortschritt, der das Leben auch nur im Entferntesten um eine Sekunde verkürzen könnte, sofort in Frage gestellt wird. Westliche Gesellschaften sind verweichlicht und werden zunehmend von irrationalen Ängsten beherrscht. Deswegen werden sie irgendwann ihre beherrschende Rolle einbüßen. Dann muss China bereit sein in die Fußstapfen zu treten!“

„General, wenn ich es richtig verstanden habe, heißt das aber: Wir wissen noch nicht, ob diese Technologie gefährlich ist oder nicht.“

„Ein Sprichwort sagt: Wer nicht lernt, ist dunkel wie einer, der durch die Nacht läuft. Wir werden nicht durch die Nacht laufen, wir werden von den Fehlern der anderen lernen. Und wenn die andern noch schlafen, werden wir schon wach sein. Wenn der Westen die Technologien fallen lassen sollte, weil sie gefährlich sind, so werden wir die Gefahr zum Bogen für den Pfeil gegen den Westen machen“, orakelte Fong.

„Als Waffen? Wie soll ich das verstehen?“, wollte Lij wissen.

Fong lächelte unerforschlich wie ein Mandarin.

„Manchmal ist man gezwungen, einer Entwicklung auf die Sprünge zu helfen. Wir vom Staatsschutz machen keine Politik, mein Lieber, aber ihr beim ZK habt manchmal Wünsche und Vorstellungen, die sich nicht ohne sanften Druck realisieren lassen. Also bitte sparen Sie sich die gespielte Verwunderung.“

„General, als ob ich nicht selber wüsste, wie China Spitzenpositionen erobert! Ich will diese Besprechung deshalb nicht ohne zwei klare Statements seitens des ZK verlassen“, antwortete Lij leicht gereizt.

Fong verschränkte die Arme und warf ihm einen gnädigen Blick zu. Lij wusste, wenn Fong die Arme verschränkte, war das, als ob man dem Rechner den Befehl gab, ein nichtssagendes Statement auszudrucken.

„Erstens: Das Zentralkomitee wird alles daransetzen, um in den Besitz der von SEEDAGRO entwickelten Technologie zur Pflanzengenetik zu kommen. Zweitens: Verwechseln Sie nie Ursache und Wirkung. Das Zentralkomitee bündelt den politischen Willen unseres Volkes, und Sie führen ihn durch.“

Daraufhin beschloss Hoa das Meeting, dankte allen Beteiligten und bat Lij um die Überstellung des geheimen Durchführungsbeschlusses. Alle verneigten sich voreinander und Hoa blieb die Genugtuung, als Erster den Raum verlassen zu dürfen.

2. Oaxaca (Mexiko), Mai2103

Alfonso Perreira lud im Morgengrauen die Hacken und Schaufeln mitsamt einem Leinensack gestrigen Brotes und drei Plastikflaschen Wasser auf den Hänger, und warf den Traktor an, ein übrig gebliebenes Erbstück deutscher Entwicklungshilfe der Marke Fahr. Wie jeden Tag seit über zwanzig Jahren sprang er auf wundersame Weise an. Damals hatten sich deutsche Entwicklungshelfer in Heerscharen um die Kooperative gekümmert und sie mit moderner Technik aufgerüstet. Immerhin waren dabei ein Mähdrescher, ein Vorratsgebäude, ein Tiefbrunnen, eine Saatgutbeizanlage und sogar ein kleines Kooperativenzentrum herausgesprungen, das heute noch den gesellschaftlichen Mittelpunkt der Bauern in der Kooperative bildete. Hier brannten sie heimlich ihren Schnaps und beendeten ihr Tagwerk, bis sie oft spätabends von ihren schimpfenden Frauen unter wüsten Drohungen nach Hause verfrachtet wurden.

Perreira hatte sieben Kinder. Die beiden ältesten Söhne arbeiteten illegal bei den Gringos. Die älteste Tochter hatte vor kurzem einen Beamten des Innenministeriums geheiratet. Die anderen vier Kinder gingen noch zur Schule und halfen auf dem Hof.

Er fuhr an den weiß gekalkten Häusern des Dorfes vorbei, drei wartende Bauern warfen ihre Schaufeln auf den Hänger und sprangen wortkarg auf. Es war kühl, sie gaben sich den schaukelnden Bewegungen hin, die der holprige Feldweg verursachte, und vergruben sich vor der Staubwolke unter ihren Ponchos. In diesem Jahr konnte sich die Kooperative keine Unkrautvertilgung mehr leisten und so mussten sie täglich selbst die ausgekeimten Maispflanzen vom Unkraut befreien.

 

Die Bauern auf dem Hänger riefen laut zu Perreira.

„Stopp, Alfonso. Fahr doch rechts rüber. Schaut euch das Feld da drüben an, das wir gestern gesäubert haben.“

Alfonso stoppte. Sie sprangen vom Hänger und rannten zum Feld. Als sie davorstanden, waren sie sprachlos. Die etwa zwanzig Zentimeter hohen Maispflanzen waren beinahe restlos umgefallen. Die wenigen aufrechten Pflanzen sahen krank aus, und es gab keinen Zweifel, dass sie in Kürze das Schicksal ihrer Artgenossen teilen würden.

„Da hat uns jemand übel mitgespielt“, sagte Roberto.

„Du spinnst“, sagte Perreira, „hier wohnen überall genauso arme Schlucker wie wir.”

„Aber dann erkläre mir gefälligst diese Sauerei“, meuterte Roberto.

„Ich habe auch keine Erklärung“, raunzte Perreira, „vielleicht ist es irgendein neuer Schädling. Lass uns Paolo rufen, der soll Bodenproben nehmen und die Pflanzen untersuchen, dazu ist er verpflichtet.“

„Ach was, der liegt wieder besoffen im Bett und kriegt vor Mittag kein Bein auf die Erde!“, rief Roberto wütend. „Wenn wir uns nicht selbst helfen, hilft uns keiner.“

„Dann machen wir eben seinen Job und bringen ihm die Sachen hin“, rief Perreira. „Der Gauner ist uns noch einiges schuldig, der hat mit Sicherheit wieder am Saatgutverkauf mitverdient.“

Sie gruben die abgestorbenen Pflanzen mitsamt den Wurzelballen aus und legten alles auf den Hänger. Anschließend fuhren sie ins Dorf zurück, wo Perreira vom Telefon des Dorfladens Paolo, den Landinspektor, anrief. Paolo klang wider Erwarten munter und versprach, sofort herzukommen.

Die Nachricht vom erkrankten Feld ging wie ein Lauffeuer durchs Dorf. Als Paolo auf dem Dorfplatz aus seinem alten Auto stieg, redeten alle gleichzeitig auf ihn ein. In einer Traube marschierten sie zu dem Hänger. Paolo sah sich die Pflanzen genau an und schüttelte vorsichtig die Erde von der Wurzel.

„Die Wurzel ist krank“, meinte er, „seht ihr: Die Wurzeln sind grau. Und hier sogar schwarz.“

„Aber das hat doch eine Ursache“, sagte Perreira.

„Du bist ein schlaues Kerlchen. Meinst du, dass ich das nicht selber weiß?”

„Dann unternimm was“, sagte Perreira.

„Und was soll ich deiner Meinung nach tun?“, fragte der Landinspektor.

„Lass die Pflanzen und die Erde untersuchen“, schlug Perreira vor.

„Soll ich etwa wegen jeder umgefallenen Pflanze das Parlament einberufen? Wie stellst du dir das vor? Weißt du, was eine solche Analyse kostet? Und wer zahlt das, he? Hast du eine Ahnung, wie lange man auf das Ergebnis wartet?”

„So was haben wir auf jeden Fall noch nicht erlebt“, sagte Perreira. „Das ist neu. Deshalb musst du was unternehmen.“

„Okay, aber dann müsst ihr die Analyse zahlen.“

„Auf gar keinen Fall!“, rief Perreira empört. „Du bist verpflichtet, was zu tun. Vielleicht handelt es sich um eine gefährliche Krankheit, und das muss die Regierung verhindern.“

„Hör mal, du Klugscheißer“, sagte Paolo, „wenn sich herausstellt, dass ihr den Schaden selbst angerichtet habt, weil ihr mit irgendeinem Mistzeug was in den Boden gegossen habt, reiße ich euch den Arsch höchstpersönlich auf.“

Paolo ging zum Anhänger, steckte einige der schlappen Maisschösslinge in den Sack und schoss in einer Staubwolke von dannen.

Nach einer halben Stunde kam er zu Alfredos Tankstelle. Er stellte das Auto in den Schatten und trat auf die Terrasse der heruntergekommenen Spelunke neben der Tankstelle.

„He Paolo“, sprach ihn einer der herumlümmelnden Gäste an, „bist du schon munter?”

„Trink deinen Fusel und lass mich in Ruhe!“, fauchte ihn Paolo an und ging zum Telefon, das auf dem Gang neben der stinkenden Toilette angebracht war. Er kannte die Nummer inzwischen auswendig.

„Hallo“, meldete sich eine Männerstimme.

„Ich bin es, Paolo“, sagte der Landinspektor.

„Was willst du“, fragte ihn die Stimme.

„Seit heute Morgen haben wir den achtzehnten Fall in der Provinz, drüben in Funcheira, einem kleinen Dorf.“

„Verhalt dich einfach ruhig wie immer. Du kommst ja wohl nicht zu kurz“, sagte die Stimme.

„Ich falle auf, wenn ich die Fälle nicht in der Zentrale melde. Irgendwann finden die Bauern das raus, und dann bin ich geliefert.“

„Jetzt gerat nicht in Panik, keiner der Bauern wird sich bei der Zentrale über dich erkundigen. Sage ihnen einfach nach ein paar Wochen, dass die Analysen nichts ergeben haben. Hast du verstanden?”

„Die Bauern sind nicht so dumm. Die fragen nach …“

„Hör auf zu lamentieren“, unterbrach die Stimme. „Du verdienst jedes Jahr an dem Saatgut mit, das wir an die Bauern verkaufen. Es ist unter Garantie okay.“

Paolo verdrehte die Augen.

„Bei den ersten fünf Proben haben wir nichts, absolut nichts gefunden“, antwortete er. „Ich kann doch eins und eins zusammenzählen. Ihr habt uns dieses Jahr irgendeine Junksaat verkauft, irgendeinen Scheißabfall, der nichts taugt.“

„Reiß dich gefälligst zusammen. Wir kommen jederzeit auch ohne dich aus, und wir können deinem Chef gerne einen Hinweis auf dein empfangsbereites Portemonnaie geben. Vergiss eins nicht: Ich sage nie etwas zweimal“, sagte die Stimme und unterbrach das Gespräch.

Paolo knallte den Hörer auf die Gabel.

„Blödmann!“

Allmählich wurde ihm dieses Geschäft zuwider. Am Anfang versprach man ihm ein gefahrloses Zubrot, wenn er das Saatgut wie vorgegeben an die Bauern verteilte. Und jetzt machten ihm die Bauern die Hölle heiß. Zornig riss er eine Packung Zigarillos auf, obwohl er aufgehört hatte zu rauchen. Sein Verlangen siegte … wie immer!

Er ging zum Wagen zurück, ließ sich in den Fahrersitz fallen und zündete den Zigarillo an. Genüsslich zog er den Rauch ein und fuhr los.

„Na, Paolo, jetzt fährst du doch sicher zur landwirtschaftlichen Untersuchungsstelle“, sagte eine Männerstimme aus dem Fond des Autos.

Sein Zigarillo fiel ihm auf die Hose.

„Verdammt, sind Sie verrückt? Sofort raus aus meinem Wagen. Was haben Sie hier zu suchen?“

Er trat auf die Bremse, sprang aus dem Wagen und riss die Türe auf.

„Raus! Sofort raus!“

Weiter kam er nicht. Sein Blick fiel auf die Medaille. Verdammter Mist: ein Bulle. Der Polizist, der in Zivil gekleidet war, blieb einfach sitzen.

„Steig wieder ein, Paolo“, sagte der Beamte. „Wir müssen reden. Fahr am besten zur Finca Rosso, dort können wir einen Happen essen. Und dabei kannst du mir ganz entspannt eine Geschichte erzählen.“

„Was für eine Geschichte? Ich bin schlecht im Geschichtenerzählen“, antwortete Paolo.

„Zum Beispiel über deinen Nebenverdienst. Oder über die Beschwerden der Bauern, die du nicht weitergibst.“

Paolo versuchte, Ruhe zu bewahren. Was wusste der Typ schon? Schmiss einfach auf Verdacht ein paar Vermutungen in den Ring.

„Du bist nur ein kleiner Fisch, Paolo“, fuhr der Beamte fort. „Wir sind hinter den großen Fischen her. Wenn du uns aber weiterhilfst, könnten wir bei dir schnell ein ganz schlechtes Gedächtnis bekommen. Allerdings, gegen die düpierten Bauern können wir dich nicht in Schutz nehmen.“

„Also gut, dann lassen Sie uns zur Finca Rosso gehen“, meinte Paolo.