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Exemplarische Ziele und Zielgruppen

Internes Mentoring ist eine besonders gut geeignete Form, um eine Gruppe innerhalb des Unternehmens individuell zu fördern und sichtbar zu machen.

Ziele des Unternehmens können sein:

• Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber

• Bindung (junger) MitarbeiterInnen an das Unternehmen

• Motivation (älterer) MitarbeiterInnen im Unternehmen (»Karriere 50+«)

• Förderung einer identifizierten Zielgruppe (zum Beispiel: mehr Frauen in Führungspositionen, (werdende) Väter)

• Optimierung der Kommunikation und Zusammenarbeit verschiedener Bereiche (zum Beispiel Vertrieb und Technik)

• Anerkennung erfahrener Führungskräfte durch Einsatz als MentorInnen

• Förderung junger, talentierter Nachwuchskräfte

• AbsolventInnen des Talent-Pools (oder vergleichbarer Fördermaßnahmen) im Unternehmen sichtbar machen

• Vorbereitung bestimmter Nachwuchs-Führungskräfte auf die erste Führungsaufgabe


Die Einsatzmöglichkeiten des internen Mentorings sind vielfältig. Umso mehr ist eine genaue Identifikation der TeilnehmerInnen nötig. Programme, die keine klaren Ziele und Zielgruppen definieren, haben wenig Akzeptanz bei den Mentees und wenig messbare Erfolge.

Eine mögliche Zielgruppe für interne Mentoring-Programme sind zum Beispiel junge Frauen mit Führungsambitionen. Dies lässt sich deutlich mit der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen erklären und ist folglich ein gut nachvollziehbares Argument. Ebenfalls möglich sind eine Förderung älterer Mitarbeiter in altersgemischten Teams oder Programme, die eine bestimmte Abteilung, etwa den Vertrieb, sichtbarer oder attraktiver darstellen sollen.

Damit die Programme nicht nur »gut gemeint«, sondern auch »gut gemacht« werden, ist es sinnvoll, zu jedem Zeitpunkt deutlich zu machen, dass es sich nicht um eine »Förderung von defizitären Personengruppen« handelt, sondern um eine individuelle Fördermaßnahme, mit der das Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine große Chance zur persönlichen Entwicklung ermöglicht. Frauen schrecken häufig davor zurück, an sogenannten »Frauenförderprogrammen« teilzunehmen, weil die Begriffe in ihrer Wahrnehmung negativ konnotiert sind. Dies wird uns oft von potenziellen Mentees geschildert, die sich für eine Teilnahme interessieren. Hier treffen häufig mehrere Aspekte zusammen: Die Vorstellung, an einem Programm für Frauen teilzunehmen, wird als Schwäche wahrgenommen (»Das ist etwas für die, die es sonst nicht schaffen!«), während insgeheim immer noch davon ausgegangen wird, dass die geleistete Arbeit anerkannt wird und der Vorgesetzte ihnen ganz bestimmt bald die berühmte »Tiara« ins Haar steckt. Die Gruppe der Mitarbeiterinnen, die sich für das Programm interessiert, muss mit, zum Teil unausgesprochener, Kritik rechnen. Hier ist es die Aufgabe der Projektgruppe, die Interessentinnen zu unterstützen und das Programm als attraktive Personalentwicklungsmaßnahme zu bewerben.

In den letzten Jahren wurden interne Mentoring-Programme besonders in großen Firmen und Konzernen bevorzugt als Instrument zur Chancengleichheit und Frauenförderung eingesetzt. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Gruppe der potenziellen Teilnehmerinnen bereits im Vorfeld anhand bestimmter Parameter zu clustern:

• Auf welcher Position muss eine Mentee jetzt sein, damit sie in das Programm passt?

• Gibt es bereits Programme wie Führungskräftetrainings, an denen die Mitarbeiterin teilnimmt? Hier ist eine (zeitliche) Überforderung auszuschließen und das Mentoring gegebenenfalls zu einem anderen Zeitpunkt zu starten.

• Soll eine bestimmte Betriebszugehörigkeit vorausgesetzt werden, damit die Mitarbeiterin sich nicht noch in der Orientierungsphase befindet und durch das Mentoring-Programm überfordert wäre?

• Gibt es bestimmte Abteilungen oder Bereiche, in denen Frauen aktuell unterrepräsentiert sind, etwa im Vertrieb? Kann dies durch Mentoring kompensiert werden?

Gerade in großen Unternehmen sorgt das Mentoring-Programm in der Regel für eine gute Sichtbarkeit im Betrieb. Bekannte Führungskräfte oder Vorstandsmitglieder agieren als MentorInnen. Häufig fordern die männlichen Kollegen ein ähnliches Programm für sich. Hier werden die oft beobachtete unterschiedliche Wahrnehmung und eigene Wertschätzung deutlich: Frauen nehmen sich zu Beginn des Programms in vielen Fällen als »defizitär« und als »zu fördernde Randgruppe« wahr, weil sie für ein Mentoring-Programm identifiziert, angesprochen oder gemeldet wurden. Männer erkennen wesentlich häufiger sofort den Mehrwert der Maßnahme für sich: »Ein erfolgreiches und erfahrenes Gegenüber, das sich für meine Themen Zeit nimmt, wobei ich im Mittelpunkt stehe – einfach großartig!«

Im Gegensatz dazu ist die Wahrnehmung älterer MitarbeiterInnen16 häufig eine andere. Der letzte große Karriereschritt ist entweder schon getan – oder er kommt nicht mehr. Das Berufsende scheint in Sicht, und auch wenn der Austritt aus dem aktiven Berufsleben häufig noch zehn oder fünfzehn Jahre entfernt ist, ist die Motivation zu einer längerfristigen Personalentwicklungsmaßnahme häufig mäßig ausgeprägt. In vielen Gesprächen konnten wir Widerstände erkennen und häufig auflösen. Diese MitarbeiterInnen empfanden sich (unabhängig vom Geschlecht) als nicht mehr »förderungsrelevante Zielgruppe«. Zum einen wurde dies mit der langjährigen Erfahrung begründet (»Wer soll mir denn hier noch etwas Neues beibringen?«), zum anderen mit einer gewissen Skepsis (»Ich habe die Position erreicht, die ich erreichen konnte!«) und der Befürchtung, sich einer Wettbewerbssituation stellen zu müssen. Auf die Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppen und den Umgang mit Widerständen gehen wir in den jeweiligen Kapiteln noch genauer ein.


Die zu diesem Zeitpunkt am wenigsten aufwendige Gruppe potenzieller Mentees sind tatsächlich junge Männer aller Karrierestufen – für die die Programme häufig jedoch nicht konzipiert sind. Im Wettbewerb zu anderen Zielgruppen, wie Frauen, SchülerInnen, MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund usw., kann der Eindruck entstehen, dass junge Männer ohne besondere Merkmale von den Verantwortlichen der Personalentwicklung übersehen werden.


Unabhängig von der Zusammenstellung der Tandems (Frauen, Männer oder gemischt) verändern interne Mentoring-Programme die Unternehmenskultur. Eine Firma, die ihren MitarbeiterInnen die Chance auf diese intensive Zusammenarbeit mit Führungskräften gibt, signalisiert ein deutliches Interesse an ihren Potenzialträgern und -trägerinnen.

Wenn die Unternehmensleitung sich für ein internes Mentoring-Programm entschieden hat, gegebenenfalls der Betriebsrat informiert ist und eine Projektgruppe für die weitere Durchführung benannt wurde, obliegt in den meisten Fällen der Abteilung für Personal beziehungsweise Personalentwicklung die weitere Organisation. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte dringend geklärt werden, ob, zumindest partiell, externe Beratung in Anspruch genommen wird. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung (»Das macht dann Personal!«) häufig ohne Rücksicht auf Erfahrung und/oder (Wo)Manpower getroffen wird, kommt es spätestens bei der Auswahl von Mentees und MentorInnen zu größeren Herausforderungen.

Die Einbeziehung von ExpertInnen zum Thema Mentoring bedeutet neben der Entlastung und Unterstützung der Projektgruppe noch mehr: Durch die Tatsache, dass jemand, »der sich damit auskennt«, beauftragt wird und dafür ein Honorar erhält, wird das Programm fast automatisch aufgewertet. Der Fakt »Diese Maßnahme ist uns so wichtig, dass wir uns dafür externes Wissen einkaufen!« impliziert, dass eine Teilnahme und die daran Teilnehmenden ebenfalls wertvoll sind. Es handelt sich nicht um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für eine unterbeschäftigte Abteilung oder ein beliebiges Projekt, das für eine wenig geförderte Zielgruppe durchgeführt wird, sondern um eine Personalentwicklungsmaßnahme, die es dem Unternehmen wert ist, in sein wertvollstes Gut – die MitarbeiterInnen – zu investieren. Auch wenn den meisten Befragten dieser Zusammenhang auf den ersten Blick gar nicht deutlich ist, macht es einen großen Unterschied, die Wertschätzung des Unternehmens auch dadurch wahrnehmen zu können, dass es sich finanziell engagiert. Zeit und Geld, die von Unternehmensseite aufgewendet werden, haben eine große Wertigkeit und bedeuten damit Anerkennung der Maßnahme gegenüber.

Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Projektgruppe die Wahl des Programms und der Zielgruppe klar definiert hat, empfiehlt es sich, dies deutlich zu kommunizieren. Das kann über eine Darstellung im Intranet, eine Betriebsversammlung, einen Aushang oder eine kurze Vorstellung des Programms bei einem anderen Event stattfinden. Je deutlicher die Intention, umso größer die spätere Akzeptanz! Insbesondere bei Programmen, die ausschließlich für Frauen initiiert werden, zeigt die Erfahrung, dass die männlichen Kollegen dies mit Argwohn und Neid beobachten. Hier kann sowohl mit den Tatsachen (Anzahl der Frauen in Führungspositionen17) als auch mit der Aussicht auf ein weiteres Programm, an dem Männer und Frauen teilnehmen können, argumentiert werden. Auf die Besonderheiten von reinen Frauenprogrammen beziehungsweise Männer- und Frauenprogrammen wird im Abschnitt »Same Gender oder Cross-Gender?« (Kapitel 2) sowie in den Kapiteln 5 und 7 deutlicher Bezug genommen.

Die Informationsveranstaltung

Neben der Information aller MitarbeiterInnen ist eine explizite Ansprache der Zielgruppe sinnvoll. Dies kann zum Beispiel durch die Führungskraft, die Projektgruppe oder anhand eines Anschreibens der Personalabteilung geschehen. Um alle potenziellen Mentees umfassend zu informieren und das Programm vorzustellen, bietet sich eine Informationsveranstaltung an (je nach Anzahl der Teilnehmenden etwa zwei Stunden). Hier können sowohl das Projekt im Detail und das weitere Prozedere vorgestellt werden. Wird mit ExpertInnen außerhalb des Unternehmens gearbeitet, sollten diese hier involviert sein und sich und ihren weiteren Part innerhalb des Programms vorstellen. Inhalte dieser Informationsveranstaltung können beispielsweise sein:

• Vorstellung der Projektgruppe, gegebenenfalls externer ExpertInnen

• Vorstellung des Programms, der Intention und der Zielgruppe

• Abgrenzung der Maßnahme Mentoring zu anderen Instrumenten

• Anforderungen an die TeilnehmerInnen (formale Voraussetzungen)

• Ablauf des Programms (Dauer, zeitlicher Aufwand, begleitende Seminare)

• Chancen (persönliche Weiterentwicklung, Vernetzung, Karriereplanung usw.)

• Grenzen (keine Karrieregarantie, kein Coaching usw.)

• Weitere Vorgehensweise (Bewerbung, Auswahlkriterien, Auswahlverfahren usw.)

Der Vorteil dieser Art von Information ist deutlich: Alle potenziellen Mentees haben den gleichen Wissensstand, was im weiteren Verlauf die Vergleichbarkeit erleichtert und ein Ranking der Bewerbungen ermöglicht. In der Praxis hat sich ein gestaffeltes Verfahren bewährt. TeilnehmerInnen der Informationsveranstaltung, die sich bewerben möchten, müssen die Bewerbungsunterlagen bei der Projektgruppe anfordern. Dieser sehr niedrigschwellige Ansatz macht die weitere Vorgehensweise und nötige Eigenmotivation deutlich. Unbewusst empfinden viele Menschen Angebote ohne geforderten eigenen Einsatz als weniger werthaltig (»was nichts kostet, ist nichts wert«). Durch die verschiedenen Schritte, die zur Teilnahme nötig sind, wird die Maßnahme als hochwertig und erstrebenswert angenommen.

Gruppengröße passend zur Unternehmensgröße

Die Entscheidung für ein internes Mentoring-Programm ist gefallen, die Zielgruppe definiert. Nun stellt sich die nächste Frage: Wie viele Mentees sollen an dem Programm teilnehmen? Auch hier ist es wichtig, individuell auf die Unternehmen zu sehen. Die Gruppengröße Ihres internen Mentoring-Programms sollte sich neben der genauen Identifikation der Zielgruppe auch an der Unternehmensgröße orientieren. Ein Konzern mit mehreren Tausend MitarbeiterInnen nutzt die Chance auf »Mehr Frauen in Führungspositionen« nur subobtimal, wenn das Programm auf fünf Mentees begrenzt ist. Die Glaubwürdigkeit der Unternehmensleitung wird vermutlich infrage gestellt, während ein Unternehmen mit 200 MitarbeiterInnen, das 50 MitarbeiterInnen ein Mentoring anbietet, diese Maßnahme inflationär nutzt und weder zielgruppenspezifisch noch individuell arbeiten kann.


Insofern müssen die Gruppengrößen immer im Kontext Unternehmensgröße gesehen werden. Unter Berücksichtigung dieser Parameter empfehlen wir eine Teilnehmerzahl von mindestens fünf und je nach Unternehmensgröße bis zu zwanzig Mentees pro Mentoring-Gruppe. Bei einer hohen Nachfrage ist es möglich, mehrmals im Jahr mit unterschiedlichen Zielgruppen zu starten.

Bei diesen Zahlen handelt es sich um Erfahrungswerte: Zusammen mit den Mentorlnnen ergibt dies eine Mindestanzahl von zehn und eine Höchstzahl von vierzig Personen pro Durchgang. Beide Varianten sind für die Projektverantwortlichen gut zu organisieren und haben für die TeilnehmerInnen einen Mehrwert, da auch die Kontakte untereinander gefördert werden sollen. Gerade bei kleineren Gruppen ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass in den seltensten Fällen alle Mentees und MentorInnen an allen Veranstaltungen teilnehmen können. Alternativtermine, Urlaub, Krankheit, kurzfristige Aufträge – die Liste der Verhinderungsgründe ist lang. Bei mehreren Absagen können geplante Veranstaltungen schnell ihren Sinn (gegenseitiges Kennenlernen, tandemübergreifende Kommunikation) verlieren.

Sollten im Unternehmen zu wenig geeignete TeilnehmerInnen identifizierbar sein, diese sich nicht für ein internes Mentoring eignen oder die Personalverantwortlichen aus anderen Gründen kein internes Mentoring-Programm durchführen wollen, bietet sich als Alternative das Cross-Mentoring an, das in Kapitel 4 beschrieben wird.

Die Bewerbungen

Eine schriftliche Bewerbung für ein Mentoring-Programm ist sinnvoll: Diejenigen, die an Maßnahmen, Seminaren oder Programmen teilnehmen, weil »sie angeboten werden«, werden die Mühe dieser Art der Auseinandersetzung und den Aufwand scheuen. Somit ist bereits sichergestellt, dass nur Mentees im Programm sind, die über eine hohe Motivation verfügen und sich mit ihren Vorstellungen und Themen auseinandersetzen. Bereits das Schreiben der Bewerbung hat für die potenziellen Mentees einen hohen Mehrwert.

Eine Bewertung der Bewerbungen durch die Personalabteilung oder die Personalentwicklung stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Es ist fraglich, ob BewerberInnen tatsächliche Probleme oder Themen, die sie im Mentoring bearbeiten oder klären möchten, deutlich formulieren, wenn ihre Bewerbungen von KollegInnen gelesen werden. Auch bei einer selbstverständlich angenommenen Vertraulichkeit der Projektgruppe ist die Hemmschwelle, offen über Konflikte im Team, Planung der Karriere, Herausforderungen als neue Führungskraft oder Probleme mit der/dem Vorgesetzten zu sprechen, höher, als sie das bei Externen wäre. Gleiches gilt für die Personaler: Zu verlangen, dass sie die Bewerbung ausschließlich aufgrund der genannten Themen beurteilen, heißt, die Quadratur des Kreises zu fordern. Es ist die Aufgabe von Personal- und Personalentwicklungsabteilungen, die einzelnen MitarbeiterInnen und ihre Stärken und Bedarfe zu kennen. Dieses (vermeintliche) persönliche Wissen außer Acht zu lassen, ist nahezu unmöglich. Insofern bietet sich zumindest für diesen Part des Programms die Unterstützung von externen ExpertInnen an. Hohe Expertise und wirkliche Neutralität sind wichtige Voraussetzungen für die Mentees, ihre Themen und Probleme vertrauensvoll beschreiben zu können. Dies ist entscheidend für die Identifikation und Definition der Ziele. Die ExpertInnen können ohne jedes Wissen oder Vorurteile wie »Flurfunk«, »Nasenfaktor« oder »Wer war wie lange auf der letzten Weihnachtsfeier?« tatsächlich ausschließlich die Sachlage objektiv beurteilen.

Die schriftlichen Bewerbungen stellen einen wichtigen ersten Schritt zur Teilnahme am Programm dar. Sie gewährleisten eine gute Vergleichbarkeit und die Eignung der Themen für das Mentoring. Zur Orientierung für die potenziellen Mentees und das Ranking durch die Projektgruppe kann beispielsweise mit einem Fragebogen gearbeitet werden, der durch ein persönliches Motivationsschreiben ergänzt wird. Je klarer und transparenter in diesen Phasen gearbeitet wird, umso erfolgreicher kann das Matching (siehe Kapitel 2) durchgeführt werden und damit das gesamte Programm ablaufen.

Für viele BewerberInnen stellt diese Form der Aufnahme eine große Herausforderung dar. Besonders in großen Unternehmen ist die Betriebszugehörigkeit häufig sehr lang und die letzte schriftliche Bewerbung liegt viele Jahre (und zum Teil Jahrzehnte) zurück. Trotzdem ist diese Form sinnvoll: Potenzielle Mentees müssen sich mit ihren Vorstellungen und Themen auseinandersetzen und kommen häufig im Vorfeld schon zu interessanten Erkenntnissen. Die Mehrzahl derjenigen, die sich mit dem Fragebogen beschäftigt haben, schreibt im Ergebnis auch eine Bewerbung. Einige geben die Rückmeldung, dass ihnen diese Form der Auseinandersetzung bereits für die Entscheidungsfindung gereicht hätte und sie sich (zum jetzigen Zeitpunkt) gegen eine Teilnahme an dem Programm entschieden hätten.





Die Bewertung der Bewerbungen findet ebenfalls anhand eines standardisierten Formulars statt. Hier ist zu beachten, dass inhaltliche und formale (rechtzeitiger Eingang der Bewerbung, Form des Anschreibens) Punkte geprüft, jedoch unterschiedlich bewertet werden.





Die Bewertungsbögen können und sollen an die Unternehmenskultur angepasst werden. Wichtig ist, die inhaltlichen Themen höher zu bewerten als beispielsweise formale Mängel, wobei diese nicht außer Acht gelassen werden sollten. Von allen TeilnehmerInnen an einer so hochwertigen Maßnahme wie einem internen Mentoring kann eine sorgfältige und fehlerfreie Bewerbung erwartet werden!

Nach dem Lesen und Bewerten aller Bewerbungen kann ein erstes Ranking erfolgen. Die BewerberInnen, die aufgrund formaler oder inhaltlicher Mängel (beispielsweise fehlende Betriebszugehörigkeit, zu späte Abgabe der Bewerbung oder Themen, die nicht für ein Mentoring geeignet sind) nicht berücksichtigt werden, können sofort über die Absage und eventuelle Alternativen informiert werden:


Gründe für eine Absage Eventuelle Alternative
Bewerbung kam zu spät Keine
Bewerbung erfüllt nicht die geforderten Voraussetzungen (Betriebszugehörigkeit, Ebene) Keine, eventuell erneute Bewerbung zu einem späteren Zeitpunkt
Themen nicht für Mentoring geeignet Eventuell Coaching oder Seminar für Standortbestimmung
Themen tendenziell geeignet, aber vergleichsweise wenig konkret Im Verhältnis zu anderen Bewerbungen lesen, eventuell im Interview klären, ob es noch mehr Hintergrund gibt, eventuell Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt

Ebenfalls ist es möglich, dass eine gute Bewerbung »Nummer 21 von 20« ist. Da die Gruppengröße im Vorfeld definiert wird, eine entsprechende Anzahl von MentorInnen akquiriert wird und die Seminare auf eine bestimmte Menge von TeilnehmerInnen ausgelegt sind, muss es eine Grenze geben. In Einzelfällen ist bei sehr guten Bewerbungen, die nur marginal weniger geeignet sind als andere, durchaus zu prüfen, ob es zu einer Erweiterung der Gruppe zugunsten dieser BewerberInnen kommen kann.


Bei der Zusammenstellung der Mentee-Gruppe ist ebenfalls auf das jeweilige Niveau der BewerberInnen zu achten und darauf, dass es keine zu großen Unterschiede gibt. Ein wichtiger positiver Nebeneffekt des Mentorings ist das erweiterte Netzwerk. So können beispielsweise die Mentees Veranstaltungen organisieren oder während des Mentoring-Zeitraums ein gemeinsames Projekt erarbeiten (siehe Kapitel 9).

Gibt es innerhalb der Gruppe zu große Abweichungen, kann es zu Problemen in der Zusammenarbeit kommen. Insofern ist neben der Mentee-MentorInnen-Beziehung auch auf eine gewisse Harmonie der Mentees untereinander zu achten. Sollte es größere Unterschiede geben (deutlich älter, jünger, längere Betriebszugehörigkeit, neu im Unternehmen), ist es ideal, wenn nicht nur eine Person »abweicht«, sondern mindestens zwei oder drei nicht der »Gruppen-Norm« entsprechen, damit es nicht zu einer Außenseiterposition und damit eventuellen Ausgrenzung einer einzelnen Person kommt. Dieses »Nichtdazugehören« kann ganz verschiedene und auf den ersten Blick profane Ursachen haben; dazu gehören beispielsweise ein einzelner Mann in einer Frauengruppe oder eine ambitionierte und grundsätzlich geeignete Bewerberin, die aber nicht dem Niveau der anderen Mentees entspricht. Hier kann es trotz Eignung die richtige Entscheidung sein, den oder die Mentee nicht teilnehmen zu lassen. Wichtig ist in solchen Fällen die deutliche Begründung für diese Entscheidung und im Idealfall eine Alternative. Häufig sind die Mentees, die aus den genannten Gründen nicht an einem internen Mentoring-Programm teilnehmen sollten, mit einem Cross-Mentoring ideal bedient (siehe Kapitel 4).

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408 p. 81 illustrations
ISBN:
9783956234019
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