Kraft des Windes

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Kraft des Windes
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Frans Diether

Kraft des Windes

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Flucht aus der Hölle

Unter Menschen

Zu Hause

Impressum neobooks

Flucht aus der Hölle

"Vorwärts, du störrischer Gaul", der Soldat schlägt mit der Peitsche nach dem erschöpften Tier. Pure Angst spricht aus seinem Gesicht. Hätte er sich nur nicht auf dieses Himmelfahrtskommando eingelassen. Jetzt kämpft er sich seit einer Woche durch diesen vom Teufel erschaffenen Dschungel, in dem jede Pflanze Augen hat, ihn zu beobachten, Arme hat, ihn zu greifen, ein Maul hat, ihn zu fressen. Zehn waren sie, zehn furchtlose Kämpfer für die Sache des Kreuzes, ausgesandt vom großen Hernando Cortez, diesen Fluss zu erkunden, den sie Rio Negro nennen, diesen Fluss voll schwarzen Wassers, vom Teufel selbst erschaffen. Zehn waren sie, zehn furchtlose Männer und zwei Pferde. Jetzt ist Alejandro allein, verflucht seien diese Stromschnellen. Verflucht seien diese winzigen Pfeile, die lediglich die Haut ritzen, jedoch den Atem zum Stocken und den baldigen Tod bringen. Alejandro konnte entkommen, dank Pedro, seinem Pferd. Doch Alejandro ist nicht dankbar. Er peitscht das geschundene Wesen.

"Vorwärts", so tönt sein Befehl durch die grüne Hölle. Alejandro ist Soldat, gewohnt, Befehle zu befolgen und gewohnt an Strafe, wenn er es nicht tut. Und dieses elende Pferd befolgt seine Befehle nicht. Er wird noch krepieren, hier in diesem fremden Land, ohne Grab, ohne den Segen des Priesters.

"Vorwärts!"

Pedros Vorderbeine knicken ein. Das Tier ist am Ende seiner Kräfte. Da hilft kein Schreien, hilft keine Peitsche. Zitternd erträgt es die Schläge und bleibt liegen. Alejandro drischt wie von Sinnen auf den blutenden Körper ein. "Hoch mit dir, du Bastard."

Es hat keinen Sinn. Er muss zu Fuß weiter gehen. Aber dieser elende Gaul soll es ihm büßen. Vermutlich wartet er nur, dass ich weg bin, um sich am satten Grün des Dschungels gütlich zu tun. Aber daraus wird nichts. Wie im Fieber rasen Alejandros Gedanken. Das Gesicht zur Grimasse verzerrt, reißt er den Dolch aus dem Gürtel. Befehlsverweigerer haben ihr Leben verwirkt. Der scharfe Stahl blitzt silbern, nähert sich Pedros Hals. Wie schön sich die Sonne darin bricht, sich ihr Strahl reflektiert, einen hellen Strich ins Dunkel des dichten Regenwaldes zeichnet, ein helles Glitzern auslöst. Ein Glitzern? Alejandro erschrickt bis ins Mark. Aus der Blätterhölle starren ihn zwei Augen an, große dunkle Augen. Ein wildes Tier?

"Wart nur, ich verschaffe dir eine hübsche Mahlzeit. Wart nur noch einen Augenblick", schreit Alejandro der Bestie entgegen.

Doch die Bestie wartet nicht. Sie schiebt das Blattwerk beiseite, tritt lauernd aus dem Dickicht, kein Jaguar, wie Alejandro vermutete, ein Mensch. Ein Mensch? Nicht wirklich. Ein verdammter Indiojunge, das Blasrohr in den Händen. Alejandro kennt dieses Rohr. In Sekundenbruchteilen schätzt er seine Chancen ab. Er steht einem Kind gegenüber. Er ist stark. Er hat ein Messer, der Kerl das Blasrohr noch nicht an den Lippen.

"Krepiere", schreit Alejandro und schleudert im gleichen Augenblick das Messer in sein Ziel. Der Indio sackt wortlos zusammen. Gelernt ist gelernt, denkt Alejandro und fasst neuen Mut. Er ist Soldat der spanischen Krone. Was soll ihn schrecken? In Siegerpose geht er zu seinem Opfer, seiner Beute, das Messer zu holen und das Blasrohr.

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