Die nymphomane Ermittlerin

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Fred betrachtete sie immer noch mit unverminderter Feindseligkeit. Er kratzte sich am Hintern und sagte: „Hör auf zu winseln. Schließlich wirst du dafür bezahlt. So, und jetzt wollen wir mal Ernst machen. Aber pass diesmal gefälligst auf, dass du mir mit deinen Zähnen keinen Ärger machst.“

Marie maulte vor sich hin, taumelte ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu.

„Keine Sorge, Schätzchen“, sagte Laura. „Die ist gleich wieder da. Sie ist nur ein bisschen empfindlich. Aber sie wird sich schon wieder fangen. Und pass auf – bis sie aus dem Bad zurückkommt, hat Klein-Laura dich wieder steifgekitzelt.“

Mit geübten Fingern nahm sie seinen zusammengefallenen Penis auf und begann, ihn zu herzen. Fred bauschte zwei Kissen auf und ließ sich mit über dem Kopf verschränkten Armen lässig zurücksinken. Er schloss die Augen und durchstöberte in Gedanken sein Repertoire nach einem neuen Lustspiel für »Höschen-Leni Nr. 2«.

Laura lutschte und saugte an seinem Schwanz. In dieser Hinsicht war das Mädchen spitze, das musste er zugeben. Er fühlte, wie alles in ihm erneut zum Aufstand drängte.

Eine Tür ging auf und schloss sich wieder.

Soso, dachte er. Da war die blonde Giftschleuder also wieder. Er hielt die Augen weiterhin geschlossen und bemühte sich, von nichts Notiz zu nehmen, außer von den Fingern an seinem Pint. Er würde es dieser kleinen Hexe schon noch einmal zeigen, und zwar so, dass ihr Hören und Sehen vergingen. Ihm war eben eine Technik eingefallen, wie er sie gleichzeitig anal und vaginal vernichten würde.

Die Finger an seinem Glied erstarrten.

„Hey? Wer sind Sie denn?“, fragte Laura mit banger Stimme. „Was wollen Sie hier?“

Fred schlug die Augen auf. Seine Kinnlade klappte herunter. Laura krümmte sich und versuchte, vom Bett abzurollen. Fred zog sie zurück, um sie sich wie ein Schutzschild vorzuhalten.

Da erklang ein dumpfes Geräusch, etwa mit dem Auspuff Geknatter eines kleinen Motorrads vergleichbar. Ein Gegenstand schlug gegen Lauras Bauch. Sie wollte schreien, aber ihr ging nur ein schwaches Aufstöhnen über die Lippen. Von einem Loch untermittelbar unterhalb ihres Nabels begann sich ein roter Fleck auszubreiten. Ihr Blick verschwamm und sie sackte gegen Fred.

„Bitte nicht!“, bettelte er. „Bitte nicht schießen!“

Er versuchte, sich hinter Lauras Körper zu schützen, doch seine schlaffen Arme waren ihrem toten Gewicht nicht gewachsen. Die Pistole krachte erneut. Zwischen Freds Augen wurde ein Cent großes Loch sichtbar. Er taumelte rücklings vom Bett. Sein Kopf schlug auf den Teppich. Lauras lebloser Körper blieb nach einer halben Rolle am Bettrand liegen.

Es fielen zwei weitere Schüsse. Die eine Kugel traf Laura hinter dem rechten Ohr, das zweite Geschoss drang in Freds rechtes Auge ein.

Die Tür ging abermals auf und schloss sich wieder. Im Raum herrschte absolute Stille.

Als Marie zehn Minuten später frisch gewaschen und gepudert aus dem Bad kam, fand sie zwei Leichen. Der traumatische Anblick der zwei leblosen Körper setzte ihr derart zu, dass sich in ihrer stehenden Position ihre Blase entleerte. Der Urin rann an ihren Beinen hinunter und bildete zu ihren Füßen eine Lache. Sie riss ihr Negligé von der Sessellehne und stürzte, hysterisch nach Madame Morel schreiend, in der Flur des Dachgeschosses und riss die Tür zum Wartezimmer auf.

Die eine Hand lässig auf die Rückenlehne gelegt, die andere züchtig im Schoß, lag Claire Morel auf dem Plüschsofa. Ihr Körper wies zwei Einschusslöcher auf. Die Augen waren offen.

Madame Morels teure Chanel-Handtasche lag auf dem Tisch. Marie packte die Tasche, wühlte die Schlüssel heraus und stürzte, nichts als ihr Negligé am Leib, wieder in die Diele hinaus. Sie ließ eine Spur uringetränkter Fußabdrücke zurück.

2

München, Arnulfstraße

Samstagnacht

Anna Boves entdeckte den Fernfahrer gegen Mitternacht in einer Bar.

Kurz überlegte sie, ob sie Dr. Emma Gold, ihre Psychiaterin, anrufen sollte, bevor sie erneut diesen Weg beschritt. Bei der letzten Sitzung hatte die Psychiaterin ihr geraten, nicht ihren Trieben nachzugeben. Sie wäre jederzeit für ihre Patienten telefonisch erreichbar. Ach was! Pah. Was wusste schon die blöde Psychiaterin von Trieben? Die Frau saß in ihrer Praxis am Englischen Garten und hielt kluge Vorträge. Nein. Ein Telefonat brauchte sie jetzt nicht, sondern einen harten Schwanz im Arsch. Ja, genau! Nun das konnte helfen, diese Bilder aus dem Kopf zu verjagen.

Nachdem Anna ein gewinnendes Lächeln aufgesetzt hatte, bat sie den Fernfahrer um eine Zigarette. Als er ihr Feuer geben wollte, rieb sie ihre Brust gegen seinen Arm. Er hatte ein eckiges Gesicht mit kleinen grauen Augen und lud sie zu einem Drink ein. Sie ließ es zu, dass er seine Hand auf ihr Knie legte. Während er aus seinem langweiligen Leben erzählte, ließ er seine Finger zwischen ihre Schenkel gleiten.

Er sagte, dass sein Name Rainer sei, dass er aus Hamburg komme und bei der Spedition Kühne + Nagel als Fernfahrer arbeitet. Er verbrachte seinen Ruhetag in München und würde morgen weiter in Richtung Spanien fahren. Zwischen den einzelnen Informationen pfiff er mit demonstrativer Lässigkeit zwischen den Zähnen.

Mittlerweile hatte er seine Hand komplett unter ihren Rock geschoben und strich mit den Fingerkuppen über ihren Slip. Er spürte, wie der Stoff bereits feucht auf den Lippen ihrer Vagina klebte. Anna wusste, dass er kurz vor der Explosion stand. Sie brauchte ihre Hand nur auf seinen Schenkel zu legen, und schon wäre die weit geschnittene Jeans innerlich mit Sperma verschmiert.

Die Bar, in der sie ihn aufgabelte, war eine Nullachtfünfzehn Pinte in der Arnulfstraße, weit genug vom noblen Münchner Innenstadtbezirk entfernt um schäbige Kundschaft anzulocken.

Anna Boves allerdings war alles andere als schäbig. Sie war äußerlich ein prachtvolles Weibsbild mit feuerrotem Haar. Sie hatte üppige Brüste und pralle Gesäßbacken; trug teure Kleidung, die in Material und Schnitt kunstvoll darauf abgestellt waren, die Vorzüge ihrer Figur voll zur Geltung zu bringen. Annas Probleme lagen nicht in ihrem Äußeren, sondern tief in ihrem Kopf verborgen. Das wusste sie, und dass wusste auch Dr. Emma Gold, die Psychiaterin.

Als Anna die Bar betrat, hatten sich alle Blicke gierig auf sie geheftet. Sie setzte sich neben den Fernfahrer, weil er ihr unter allen Gästen der hartgesottenste Bursche schien.

„Wohnst du hier in der Gegend, Puppe?“, fragte der Fernfahrer.

„Nein.“

Sie saßen auf ausgefransten, mit schwarzem Isolier-Klebeband geflickten Barhockern. Unter den herabgeblätterten Farbkrusten war die Decke blank wie eine Glatze. An der Wand über dem unvermeidlichen Barspiegel ging das unvermeidliche Bargemälde: die Kopie eines Renaissancegemäldes, eine üppige Jungfrau, die von einem muskulösen Krieger auf einem schnaubenden Ross entführt wurde. Die Holzregale hinter dem Barkeeper füllten billige Spirituosenflaschen mit den exotischsten Etiketten.

Rainer, der hartgesottene Bursche, sagte: „Ich habe um die Ecke ein Hotelzimmer für diese Nacht angemietet. Wie wär´s?“

Er drückte seinen Mittelfinger gegen den Stoff ihres Slips, genau auf die Stelle, unter der er ihre Klitoris vermutete. Der Stoff schien mittlerweile noch feuchter geworden sein.

„Warum nicht“, antwortete Anna.

Die Rothaarige zeigte keinerlei Regung, als der Finger des Mannes das Höschen in ihre Spalte drückte. Sie schloss kurz die Augen und genoss die Blitze, die durch ihren Körper schossen und ihre sexuelle Lust anhob. Ja, es war soweit, sie brauchte jetzt dringend einen harten Schwanz im Arsch. Hoffentlich hatte der blöde Fernfahrer einen ordentlichen Riemen in der Hose. Sie hasste nichts mehr als kurze Schwänze. Der bescheuerte Satz: Auf die Länge kommt es nicht an, war die größte Lüge der Menschheitsgeschichte. Natürlich kam es auf die Länge und die Dicke an! Nur ein ordentliches Teil konnte ihre Triebe einigermaßen befriedigen.

Der Fernfahrer winkte den Barkeeper heran und tuschelte mit ihm. Der Mann nickte, verschwand und kehrte kurz darauf mit einer Plastiktüte zurück, die sechs Flaschen Bier enthielt. Er gab dem Barkeeper eine gefaltete Banknote und zwinkerte ihm zu.

Dann verließen er und Anna das Lokal. Er wohnte in einem Hotel, das ebenso trostlos war wie die Bar. Das Linoleum in der Eingangshalle war so abgetreten, dass das Muster kaum noch erkennbar war. Ein alter Mann in einer zerknitterten Hose saß in einem verschlissenen Sessel und schnarchte. Ein Nachtportier mit einem übermüdeten Gesicht fummelte hinter einem baufälligen Tresen an einem uralten Radiogerät herum.

Das ungleiche Paar betrat einen Fahrstuhl, der quietschte und ratterte. Der Fernfahrer führte das Mädchen zu einer Tür, die sich mittels einer Schlüsselkarte öffnete. Gemeinsam betraten sie ein schäbiges Zimmer mit einem Eisengestell-Bett, auf dem eine zerbeulte Matratze mit einer verknautschten Decke und zwei Kissen lagen.

Das Zimmer roch nach Schweiß und nach alten, nassen Schuhen...

Fragte man Anna Boves, wer sie eigentlich war, so antwortete sie gewöhnlich wahrheitsgemäß: »Nobody« – niemand.

No body. Kein Körper.

Der Körper war nicht Anna.

Der Körper war ein dicker Handschuh, eine Hülse, ein Panzer aus Knochen und Fleisch, aus Sehnen und Muskeln, der Anna Boves wahres »Ich« schützte. Wie sie es sah, war sie selbst eine Sache, und ihr Körper – eine völlig andere, völlig fremde Sache.

Anna Boves nannte ihren Körper: »Das Ding«.

Das Ding war ein vergänglicher Gegenstand in Raum und Zeit. Sie konnte es zum Lächeln bewegen, indem sie gewisse Gesichtsmuskeln zusammenzog. Sie konnte es von einem Ort zum anderen bewegen. Anna hasste den Körper, hasste ihn, wie eine alternde Frau eifersüchtig junge Mädchen hasst. Sie wusste, dass der Körper sie gegen die prüfenden Blicke ihrer Mitmenschen absicherte. Gleichzeitig fand sie sich in diesem Körper jedoch gefangen. Es hatte Anna viel Mühe gekostet, die nötigen Gegenmaßnahmen gegen die Gefahr zu erlernen, dass sie von ihrem Körper überwältigt wurde. Eine dieser Maßnahmen bestand darin, das Ding regelmäßig von fremden, schäbigen Männern ficken zu lassen. Das war eine gerechte Strafe für das Ding!

 

Ließ Anna das Ding nicht ficken, dann passierte etwas!

Ihr Körper wurde verspannt und nervös wie ein Parasit, der nicht genug zu fressen bekam. Als nächstes wurde er gewöhnlich zornig, und Zorn war eine Art Kraft, eine Anatomie, die Annas Bewegungsfreiheit bedrohte. Folglich ließ sie ihren Körper ficken und sorgte dafür, dass auch seine übrigen Bedürfnisse befriedigt wurden. Sie gab ihm das Fleisch, das er brauchte, sowohl frisches als auch gekochtes. Das Menu jedoch stellte Anna zusammen.

Das hatte sie versucht, der Psychiaterin zu erklären. Aber Dr. Gold wollte nichts von einem Ding wissen, das gefickt werden wollte. Vielleicht sollte sie bei der nächsten Sitzung von ihrer Lust auf analen Sex erzählen? Mal schauen, was die verklemmte Psychiaterin dazu sagen würde. Hm.

„Fick mich in den Arsch!“, wies sie mit schwerer, sexgeräucherter Stimme den Fernfahrer an.

Die gerechte Strafe für das Ding war harter Analsex, am besten so brutal, dass sie einige Tage nicht mehr schmerzfrei sitzen konnte. Ja, so stellte sich Anna die Bestrafung für das Ding vor.

Aber der Mann war bereits seit einer Woche auf den Straßen unterwegs und musste die gesammelte Samenproduktion loswerden. Er hatte nicht die Ruhe, sich so kurz vor dem Ziel mit einer rückwärtigen Ouvertüre noch groß aufzuhalten. Er hatte sich kaum die Kleidung vom Leib gerissen, da zog er Anna, die in BH, Nylons und Slip vor ihm stand, auch schon das Höschen runter und drückte sie rücklings aufs Bett, um ihr seinen Ständer in die feuchte Vagina zu schieben.

Annas Körper drehte und krümmte sich. Das Ding bekam seine Strafe!

Der Fernfahrer kam unverzüglich. Annas Körper hatte seine erste Klimax schon hinter sich, als der Samenerguss des Fernfahrers ihre Vagina überschwemmte, und wollte schon wieder kommen, ja, konnte es kaum abwarten, einem neuerlichen Orgasmus entgegenzusteuern.

Das Ding war ungeduldig, ersehnte die Bestrafung. Nicht so der Kopf.

Stoisch und gefasst wartete der Kopf in aller Seelenruhe ab, bis der schmuddelige Bursche erneut zu Kräfte gekommen war, bis sich sein Glied wieder mit Blut füllte uns sich aufrichtete. Dann wies der Kopf das Ding an, auf den Bauch zu rollen und sich rektal anzubieten.

„Fick mich endlich in den Arsch! Ich brauche deinen harten Schwanz in meinem Darm. Du kannst mich richtig hart rannehmen, das habe ich verdient. Schieb den Riemen ordentlich tief rein.“

Der Fernfahrer packte ihre Hüften und versuchte, seinen Pint in ihre enge, rosarote Afteröffnung zu stoßen. Er konnte seinen Ständer nicht gleich unterbringen. Aber eine schmale Hand langte zurück und platzierte seinen Schwanz mit geübtem Griff an die goldrichtige Stelle des geringsten Widerstands. Noch schlüpfrig von seinem ersten Streifzug und mit unverminderter Spannkraft zwängte sein Pint sich den schmalen Kanal hoch, bis er auf halber Strecke stecken blieb.

Aus Annas Kehle stieg ein tiefes Stöhnen. Das Geräusch veranlasste den Mann, sich mit einem langgezogenen Grunzlaut noch tiefer zu bohren. Annas Körper erbebte lustvoll, das Ding erhielt seine Strafe!

„Fester. Reiß mir den Arsch auf. Fester! Ich fühl dich nicht. Hast du überhaupt einen Pint?“

Der Fernfahrer donnerte mit seinem Becken gegen ihre Gesäßbacken. Sein Hodensack schlug gegen ihre Oberschenkel.

Unter den aufgewühlten Wellen ihres feuerroten Haars war Annas Gesicht ausdruckslos. Ihr Blick verriet nichts. Nur ihre Lippen zeigten eine gewisse Teilnahme an den Zuckungen ihres Körpers. Sie hatten zu zittern begonnen und verzogen sich zu einem lasziven Lächeln. Aber der Kopf, der glaubte, das Ding zu beherrschen, erwischte das Lächeln und sonderte es aus, um das Gesicht erneut zu einer gefühllosen Maske zu glätten.

„Fester. Schieb deinen Schwanz tiefer rein. Was ist denn mit dir los? Ich kann dich nicht fühlen!“

„Halts Maul, du Kröte.“

„Stopf mir das Maul, du schwanzloses Weichei.“

Wäre der Fernfahrer auf der Höhe gewesen, dann hätte er begriffen, dass sie mit ihren Worten weder Wut noch Enttäuschung zum Ausdruck brachte. Die Worte waren lediglich Instrumente zu dem Zweck, im Ablauf ihres Ficks eine gewisse Veränderung zu bewirken. Und sie wirkten!

Er packte einige der roten Haare, zog ihren Kopf zurück, nutzte seinen Griff als Anker und rammte seinen Pint bis zum Anschlag in ihren heißen Darm. Ihre Analmuskeln kontrahierten, worauf er prompt ejakulierte. Sein Samen strömte in ihren Hintern.

Das Ding erschauderte, zuckte und bebte. Anna war mit der Strafe zufrieden.

Sie kehrte um kurz nach zwei Uhr morgens in ihre Wohnung zurück. Marvin, der Sicherheitsmann der exklusiven Wohnanlage, hatte sie mit einem Taxi vorfahren sehen und war ihr beim Aussteigen behilflich. Anna bedankte sich mit einem Lächeln und schritt durch eine mit Teppich ausgelegte Eingangshalle zum Fahrstuhl.

Das Gebäude, in dem sie wohnte, war ein typisches Luxus-Wohnhaus im Münchner Stadtteil Herzogpark. Es hatte eine reich ausgestattete Eingangshalle mit Designmöbel von Jacques-Émile Ruhlmann. Eine Reihe großer Spiegelglasfenster ließen den Blick auf einen Innenhof fallen, in dessen Mitte sich ein niedriges mit Kieseln gefülltes und von farbigen Scheinwerfern angestrahltes Zierbecken befand und der von drei Seiten mit künstlichen Büschen und Gipsstatuen im griechischen Stil eingefasst war.

Der Fahrstuhl war mit einer Holz/Granit Mischung eingefasst, die Beschläge aus blankem Messing. Anna ließ sich in das oberste Stockwerk fahren. Ihre Wohnung war mit der gleichen peinlichen Sorgfalt ausgestattet, die sie auf die Wahl ihrer Kleidung zu verwenden pflegte. Da gab es exklusive Designer Möbel, einen Esstisch aus Aluminium und Glas. Da gab es zu beiden Seiten eines dicken, weißen Teppichs zwei große, lederne Sessel.

An der Wand hinter der Couch hing das Gemälde »Akt mit grünen Blättern und Büste« von Pablo Picasso. Jeder nahm natürlich an, dass es sich um einen perfekten Nachdruck handelte. Wer konnte schon ahnen, dass sich ein Original Picasso in der Münchner Wohnung einer kleinen Angestellten befand? Aber Anna war reich, sehr reich sogar. Sie stammte in direkter Linie aus dem Rothschild Clan, hatte von den verstorbenen Eltern einen Betrag geerbt, mit dem sie Problemlos einen ganzen Straßenzug in München kaufen könnte. Aber daran hatte sie kein Interesse! Das Ding sollte bestraft werden. Und am besten gelang das mit einem einfachen Angestellten Job und mit hartem Analsex. Keiner sollte je erfahren, wie vermögend sie wirklich war. Daher konnte auch niemand ahnen, dass Anna Boves, geborene Rothschild, am 4. Mai 2010 im Auktionshaus „Christie’s“ das Gemälde »Akt mit grünen Blättern und Büste« von Pablo Picasso für 106,5 Millionen US Dollar erworben hatte. Es war nur eine langweilige Transaktion mit dem Handy gewesen.

Der Raum, an dessen Wand das Gemälde hing, war so geometrisch, so sauber und so ausgewogen wie eine technische Zeichnung. Es gab weder unglückliche Ecken noch lose Enden. Kein schmutziges Geschirr im Spülbecken. Keine abgelegten Kleider oder Strümpfe über den Sessellehnen. Ein Raum, und nur dieser eine, zeigte Spuren von Unordnung: das Bad. Und auch in seiner sonst makellosen Sinfonie nützlicher Gegenstand fand sich nur ein einziger Missklang: die Badewanne. Sie war bis an den Rand mit alten Zeitungen, Illustrierten und Werbebroschüren gefüllt.

Anna benutzte die Badewanne nie!

Sie duschte in einer separaten Kabine, einem geräumigen Brauseraum mit drei verschiedenen, individuell nach Druck und Temperatur einstellbaren Wasserquellen.

Anna nahm nie ein Bad und ging nie schwimmen. Einmal hatte das Ding versucht, sie zu ersäufen. Soweit sollte es nicht ein zweites Mal kommen. Nicht im Wasser. Wenn das Ding sie umbringen wollte, und Anna wusste, dass es das vorhatte, dann würde es jedenfalls kein Tod durch Ertrinken sein. Anna hatte vor dem Tod keine Angst – notfalls würde sie zu ihrem eigenen Tod sogar ihren Anteil beitragen -, aber sie hatte eine entsetzliche Angst davor, zu ertrinken.

Das weiße iPhone 7 läutete. Sie nahm das Gespräch an.

„Hallo? Wer ist da? Oh ... Hallo, Dennis ... Was? Erschossen? Wo?... Möchtest du, dass ich komme? Okay, ich kann in zwanzig Minuten da sein, gib mir die Adresse.“

Der einfache Job als Angestellte hatte sie eingeholt. Sie arbeitete als Ermittlerin für eine Privat-Detektei. Es war ein schlechtbezahlter Job mit katastrophalen Arbeitszeiten, einem bescheuerten Chef und dämlichen Kollegen. Genau richtig, um das Ding zu bestrafen!

3

Hotel Andra

Goethestraße, München

Sonntag, vier Uhr morgens

Dennis Oppenheim war der Dienstälteste Mitarbeiter der Tudor Detektei München. Er war ein Quadratschädel, verschwiegen wie Granit und hatte ein scharfes, an Großstadtarchitektur erinnerndes Profil, nichts als Struktur und Schnitt. Sein Haar war alabasterfarben und kurz geschnitten, der Schnauzbart perlgrau. Seine Nase saß ihm wie ein Degen im Gesicht, und seine straff zurückgezogenen Nasenflügel wirkten wie zwei horizontale Ausrufezeichen. Sein Gesicht war ein einziges großes Zeichen des Sturms, der Entbehrung und des Leidens. Alkohol und Drogenkonsum hatten es ein für alle Mal gezeichnet, was nicht etwa hieß, dass sie seine Psyche verschont hätten. Er war ein Monument der Standhaftigkeit und Ausdauer. Ein Monument, das den Sturm, statt ihn zu fürchten, aufgrund seiner Gewalt, seines Donnerns und Blitzens schätzte.

Zu Gregor meinte er: „Hier geschieht mehr, als das Auge wahrnimmt.“

Gregor Janisch, ein weiterer Mitarbeiter der Tudor Detektei, war ein gebildet aussehender Mann Anfang Fünfzig. Er trug ein sportliches Sakko und hatte eine Pfeife in den rechten Mundwinkel geklemmt.

„Haben Sie je einen Mord gesehen, der nicht so schal wie eine Bahnhofstoilette gerochen hätte?“

„Ich spreche nicht von den Morden. Ich spreche von der Ermittlung“, sagte Dennis Oppenheim in einem vertraulichen Tonfall in der Stimme.

Sie standen im Flur des Dachgeschosses vom Andra Hotel. Hinter den Türen herrschte reges Treiben. Kriminalbeamte in Uniform und Zivil, mit Kameras und Messgeräten, notierten Daten und markierten Beweisstücke.

„Was wollen Sie damit sagen?“, fragte Gregor.

„Die Ermittlungen werden von Kriminalkommissar Justin Brimeu vom Kommissariat K 11 geführt. Der Kommissar hat den alten Tudor angerufen und versucht, ihn zum Rüberkommen zu bewegen. Der Alte hat dem Kommissar was gehustet und gesagt, er denke nicht daran, mitten in der Nacht rüberzufahren und eine Leiche zu identifizieren, und schon gar nicht, wenn ich zur Stelle sei. Das hat Brimeu in Rage versetzt. Und deshalb sind Sie hier, Gregor. Der Kommissar will das gesamte feste Personal der Detektei befragen. Er bekommt wohl politischen Druck wegen dem Fall. Ich habe mit Anna gesprochen, sie ist schon auf dem Weg hierher. Und ich habe Karls Mutter gebeten, ihm Bescheid zu sagen. Aber Timo habe ich nicht erreicht.“

„Was, zum Teufel, hat ein Kriminalkommissar bei einer Mordermittlung dieser Kategorie zu suchen?“, fragte Gregor ungläubig. „Warum ist nicht Schubert, der Leiter vom K 11 hier? Nur einen normalen Kommissar haben die geschickt? Das ist doch genau, als würde man eine Keksdose von einer Dogge bewachen lassen.“

„Genau!“, meinte Dennis und lachte grimmig. „Wobei mich nur mal interessieren würde, was in der Keksdose drin ist.“

„Der Name Brimeu kommt mir irgendwie bekannt vor.“

„Er ist einer von der knallharten Sorte. Vor einer Weile war er in eine Affäre verwickelt. Die Münchner Presse hat ihn und noch einen anderen Beamten beschuldigt, Kompetenzen überschritten zu haben. Es hieß, Brimeu und sein Kumpel hätten zwei Leute zusammengeschlagen, die unter Verdacht standen, einen Streifenpolizisten angeschossen zu haben.“

 

„Wie ist das für Brimeu ausgegangen?“

„Als das passierte, war er Kriminaloberkommissar. Heute ist er nur noch Kriminalkommissar.“

Die Tür zu einem Zimmer öffnete sich und zwei Männer in weißen Kitteln schoben eine Bahre zum Fahrstuhl. Unter dem Tuch lag eine Leiche.

„Wen haben Sie da?“ fragte Dennis.

„Das ist Claire Morel, ich glaube, ihr gehörte das Hotel“, sagte einer der weiß bekleideten Männer und schlug das Tuch ein Stück zurück, sodass Dennis einen Blick auf das Gesicht werfen konnte. Die zwei anderen Leichen, sagte der Mann, seien noch drinnen.

Dennis zupfte nachdenklich an seinem Ohrläppchen und wollte eben etwas sagen, als die Tür sich abermals öffnete und drei Herren auf den Flur hinaustraten.

„Das ist Justin Brimeu“, sagte Dennis und deutete auf den mittleren Mann.

„Genauso habe ich ihn mir vorgestellte“, sagte Gregor.

Die Miene von Kriminalkommissar Justin Brimeu war von einer geradezu bedrohlichen Düsternis. Er war ein untersetzter Mann von ungefähr fünfundvierzig Jahren und hatte eine entnervend raue Stimme. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug und eine exklusive Armbanduhr.

Dennis kannte die beiden Männer, mit denen Brimeu sprachen: Kriminalmeister Peter Bach und Kriminalmeister Martin Horn. Sie begleiteten die Ausführungen von Brimeu mit emsigem Kopfnicken und machten sich in kleinen, ledergebundenen Büchern Notizen.

Die Fahrstuhltür öffnete sich und Anna Boves trat heraus. Dennis winkte sie herüber.

„Entschuldigen Sie, dass ich Sie so spät noch stören musste, Anna“, sagte er.

„Was ist passiert?“, fragte Anna, wobei ihr auffiel, dass ihre Stimme irgendwie widerhallte.

„Schaut nach einem Dreifachmord aus. Zwei Frauen und Fred Chen. Wie ich von einem der Beamten hörte, soll diese Etage ein Bordell sein. Bei dem Mörder kann es sich nur um einen Profi gehandelt haben. Kein Schuss ist danebengegangen, alles Volltreffer!“

Justin Brimeu und seine beiden Assistenten traten zu ihnen.

„Wissen Sie irgendetwas über diese Geschichte“, fragte der Kommissar.

„Ich habe sie nicht umgebracht“, meinte Anna mit einem direkten Blick in die Augen von Brimeu, die schiefergrau und unangenehm waren. Sie spürte ein Brennen an ihrem Anus, dass ihr ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Noch immer waren die Bilder von diesem geilen Sex präsent. Hm. Dieser blöde Fernfahrer hatte ihren Arsch schön zum Brennen gebracht. Genauso, wie es das Ding brauchte.

„Wer hat das behauptet!“, knurrte Brimeu. „Und warum grinsen Sie so dämlich?“

„Ich spürte ein unangenehmes Kribbeln, aber das werde ich mit meinem Arzt besprechen. Ansonsten weiß ich nichts über den Fall. Oder sollte ich etwas wissen?“, fragte Anna.

Sie registrierte, dass nur ihre eigene Stimme dieses Echo hatte. Die Stimme von Brimeu klang klar und scharf.

„Sie könnten wissen, warum Fred Chen ermordet wurde! Er arbeitet doch mit Ihnen für die Tudor Detektei. Also, wer hat ihm nach dem Leben getrachtet? Hat er vielleicht an einem Fall gearbeitet, für den er möglichweise sein Leben lassen musste?“

„Was die Fälle von Fred anbelangt, so dürfte Anna Ihnen darüber kaum mehr erzählen können, als ich Ihnen schon gesagt habe, Kommissar“, sagte Dennis. Sein Ton war gelassen und sein Gesicht seelenruhig. „Fred war nur ein Gelegenheitsarbeiter ohne Lizenz. Er hat nur Routinearbeiten ausgeführt, war ein kleiner Fisch.“

Die Augen von Justin Brimeu sahen aus wie Knöpfe, die von einer zu engen Weste jeden Augenblick abspringen konnten.

„Jetzt hören Sie mal zu“, sagte der Kommissar mit kalter, harter Stimme. „Wenn ich die Dame etwas frage, dann möchte ich von ihr die Antwort haben, nicht von Ihnen. Und hier wird außerdem gemacht, was ich sage – nicht Sie!“

„Über Fred weiß ich nichts“, erklärte Anna mit dem melancholischen Anflug eines matten Lächelns. Sie legte eine Hand auf ihre Gesäßbacken in der Hoffnung, das Brennen im Anus so beenden zu können. Bei jeder Bewegung spürte sie ein Kribbeln und Ziehen an ihrem After. Hm. Geil. Das geschah dem Ding recht!

Der Kriminalkommissar rieb sich mit dem Handrücken ungeduldig über die Nase. Er blickte Dennis Oppenheim an.

„Ich werde Ihnen einen von unseren Leuten ins Büro schicken. Ich will Ihre Akten sehen – alles, was dieser Fred Chen im Laufe des letzten Jahres in der Hand gehabt hat. Verstanden? Und es handelt sich um keine Bitte, sondern um einen Befehl!“

Dennis zog ein Taschentuch aus der Innentasche seiner Jacke und begann, mit penibler Genauigkeit seine Brille zu putzen. Im Augenblick wollte er etwas Zeit gewinnen. Nachdem er genau überlegt hatte, was er sagen wollte, klang seine Stimme geradezu apologetisch.

„Es tut mir außerordentlich leid, Kommissar. Aber Sie wissen, dass unsere Akten geheim sind. Sie werden sich mit meinem Boss auseinandersetzen müssen. Ich kann Ihnen die Genehmigung nicht erteilen.“

„Ich habe Sie, verdammt nochmal, nicht um Ihre Genehmigung gebeten. Ich will die Akten sehen, und ob die Dinger geheim sind oder nicht ist mir scheißegal!“

Dennis setzte sich die Brille wieder auf die Nase und rückte die Bügel behutsam zurecht. Er blinzelte trübe und verzog den Mund zu einem störrischen Lächeln. Die Augen von Brimeu zogen sich zu schmalen, bösen Schlitzen zusammen. Er wollte diesem Kerl eben gehörig Bescheid sagen, als die Fahrstuhltür sich öffnete und Karl Auer heraustrat.

Karl war ein kleiner stämmiger Kerl mit Bürstenhaarschnitt und Habichtsgesicht. Er trug einen zerbeulten Filzhut, einen sandfarbenen, um die Taille gegürteten Leinenmantel und sah wie die Karikatur jenes hartgesottenen Detektivtyps aus, den das Kinopublikum aus der Mitte des letzten Jahrhunderts kannte. Er ballte die Hand und ließ sie als Faust in die andere Hand fahren.

„Ich hab´s eben erst erfahren, sonst wäre ich längst hier“, sagte Karl Auer.

Kriminalkommissar Brimeu unterbrach Karl mit der gleichen Frage, die er den anderen schon gestellt hatte: Ob er eine Ahnung hätte, wer Fred Chen erschossen haben könnte?

„Nein“, erklärte Karl erregt, während seine Faust erneut in den Handteller fuhr. „Aber eines kann ich Ihnen sagen: Wer ihn umgelegt hat, ist mir egal, aber diesen Dreckskerl werde ich mir vorknöpfen. Fred war ein prima Kerl. Für einen Freund gab er sein letztes Hemd. Den Scheißer, der das gemacht hat, werde ich mir kaufen!“

Der Kommissar kaute an der Oberlippe und dachte über Karl Auers Ausführungen einen Augenblick nach.

„Heilige Scheiße hier! Die Nacht hat so gut begonnen und jetzt habe ich es mit bekloppten Kaufhausdetektiven zu tun. Was glauben denn sie elender Wicht, womit wir es hier zu tun haben? Mit einer Fernsehshow? Sie werden sich überhaupt niemanden vorknöpfen, sondern die Ermittlungsarbeit den Fachleuten überlassen. Außerdem werden Sie schön den Mund halten und nur etwas sagen, wenn ich etwas von Ihnen wissen möchte, verstanden?“

Das Gesicht von Karl wurde aschgrau, seine Lippen schlossen sich zu einer blutlosen Horizontale. Er ballte die Hände und sah so aus, als würde er dem Kommissar im nächsten Augenblick einen Faustschlag verpassen wollen.

„Wir wollen ja gern helfen, Kommissar“, mischte sich Dennis ein. „Aber Sie machen es uns nicht leicht. Karl und Fred waren Freunde. Sie können ihm nicht übelnehmen, dass er außer sich ist. Wir sind alle stark betroffen.“

Die Blicke von Dennis und Brimeu verkeilten sich einen Augenblick, ohne dass einer nachgegeben hätte.

„Was hat Fred Chen diese Woche erledigen müssen?“, wollte Brimeu wissen.

„Routinekram, wie ich schon sagte. Ein Auftrag der Munich Life Versicherung. Er beobachtete einen Mann, der behauptet hatte, sich bei einem Autounfall die Wirbelsäule verletzt zu haben. Ganz banal. Überwachungen dieser Art haben wir monatlich mindestens ein Dutzend.“

Brimeu lachte gefällig. Anna, eine scharfe Beobachterin von Ausdruck und Gebärde, sah sein Gesicht als eine Maske mit Lippen, Augenbrauen und Nase, die einen guten Zentimeter vor seinem eigentlichen Gesicht lag. Die Maske war gefällig, aber das Gesicht darunter zeigte einen Ausdruck selbstgefälliger Ungehaltenheit.