Der Erfinder

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Der Erfinder

Emile Erckmann

Inhaltsverzeichnis

Über die Autoren

Der Erfinder

Impressum

Über die Autoren

Aus dem Englischen übersetzt-Émile Erckmann war eine französische Schriftstellerin, die eng mit der Region Elsass-Lothringen verbunden war. Fast alle seine Werke wurden gemeinsam mit Alexandre Chatrian unter dem Namen Erckmann-Chatrian geschrieben.

Der Erfinder

Am 29. Juli 1835 erschien Kaspar Boeck, Schäfer des Dorfes Hirschweiler, seinen breiten Filzhut im Nacken, seinen Quersack von faserigem Leinen über der Schulter und seinen großen gelbhaarigen Hund auf den Fersen, gegen neun Uhr Abends bei dem Herrn Bürgermeister Petrus, welcher eben sein Abendbrot, gegessen hatte und ein Gläschen Kirschwasser trank, um seine Verdauung zu befördern.

Dieser Bürgermeister, lang, hager, die Oberlippe mit einem grauen Schnurrbart bedeckt, hatte vormals in den Armeen des Erzherzogs Karl gedient; er war ein Mann, der einen guten Spaß liebte, und das Dorf parierte ihm auf den Wink.

»Herr Bürgermeister!« rief der Schäfer ganz erregt.

Aber Petrus, ohne das Ende seiner Rede abzuwarten, runzelte die Stirn und sagte:

»Kaspar Boeck, fange damit an, Deinen Hut abzunehmen, laß Deinen Hund hinausgehen und dann sprich deutlich, ohne zu stottern, damit ich Dich verstehe.«

Worauf der Bürgermeister, neben dem Tische stehend, sein Gläschen ruhig leerte und seinen struppigen grauen Schnurrbart gleichgültig abwischte. Kaspar ließ seinen Hund hinausgehen und kam mit dem Hut in der Hand zurück.

»Nun«, sagte Petrus, indem er ihn schweigen sah, »was geht vor?«

»Was vorgeht? Der Geist hat sich in den Ruinen von Geierstein wieder sehen lassen!«

»Ah, hab’ ich mir’s doch gleich gedacht! Du hast ihn gut gesehen?«

»Sehr gut, Herr Bürgermeister.«

»Welche Gestalt hat er?«

»Die Gestalt eines kleinen Mannes.«

»Gut.«

Hierauf langte der alte Soldat eine Flinte herab, die über der Thür hing, sah nach, ob der Schuß in Ordnung sei, und nahm sie am Wehrghenk über die Schulter; dann sagte er, sich an den Schäfer wendend:

»Du wirst den Feldhüter benachrichtigen, daß er mich in der kleinen Stechpalmenallee treffe. Der Geist wird irgend ein Landstreicher sein. Aber wenn er etwa ein Fuchs sein sollte, so würde ich Dir eine Mütze mit langen Ohren aus seinem Balg machen lassen.«

Meister Petrus und der demüthige Kaspar gingen. Das Wetter war ausgezeichnet. Während der Schäfer sich entfernte, um den Feldhüter herauszuklopfen, trat der Bürgermeister in einen kleinen von Hollunderbäumen gebildeten Gang, welcher sich hinter der alten Kirche hinzieht. Zwei Minuten später stießen Kaspar und Hans Goerner, den Säbel an der Seite, zu Meister Petrus. Alle Drei machten sich auf den Weg nach der Ruine von Geierstein.

Diese Ruine, zwanzig Meilen vom Dorfe gelegen, schien ziemlich unbedeutend; es sind einige verfallene Mauerstücke, von vier bis sechs Fuß Höhe, welche sich zwischen dem Haidekraut erheben. Die Altertumsforscher nennen es den Aquädukt des Severus, das römische Lager von Holderloch oder die Überreste des Theodorich, je nach ihrer Laune. Das Einzige, was wirklich bemerkenswerth in dieser Ruine, ist die Treppe einer in den Fels geschnittenen Zisterne. Anstatt daß bei schneckenförmigen Treppen die concentrischen Kreise sich sonst Stufe nach Stufe verengen, erweitert sich umgekehrt bei dieser die Spirale, so daß der Boden des Brunnens dreimal breiter ist als die Öffnung. Hat eine architektonische Grille oder irgend ein anderer Grund diese seltsame Bauart veranlaßt? Uns liegt wenig daran. Thatsache ist, daß daraus jenes dumpfe Brausen in der Zisterne entsteht, welches Jeder hören kann, wenn er sein Ohr an eine Muschel legt; und daß man die Schritte der Wanderer auf dem Kies, das Wehen der Luft, das Säuseln der Blätter, ja sogar die entfernten Worte Derjenigen vernimmt, welche am Fuße des Abhangs vorübergehen.

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