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Der König der Zauberer

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Der Lebenstrank

„Kommt mit, meine Freunde, der Gebieter will Euch sehen,“ sagte der Jüngling mit dem Becher, als er die kleine Kabine betrat.



Richard war durch die herzhaften Worte seines Kameraden aus der Träumerei gerissen worden, obgleich derselbe wohl sehr kurze Gedanken haben mußte, daß er das Vorangegangene, ganz Unerklärliche schon vergessen hatte. Denn das war doch kein ‚Hokuspokus‘ gewesen.



Sie wurden nun auf das sehr hohe Vorderteil des Schiffes geführt, auf dem der Greis in einem aus Elfenbein geschnitzten, mit Gold ausgelegten, thronartigen Lehnstuhl saß, während neben ihm der andere Jüngling stand.



„Wer Ihr seid, weiß ich, ebenso, wie Ihr auf den Schoner kommt,“ redete der Alte sie an. „Mir ist nichts verborgen, und wenn ich Euch etwas frage, so thue ich es nur, um Euch zu prüfen und Euch zu überzeugen. Wo befindest Du Dich, mein Sohn?“



„Im polynesischen Archipel,“ entgegnete Richard.



„Wohl, aber siehst Du hier irgendwo eine Insel, eine Küste?“



„Nein, nur Himmel und Wasser.“



„Und doch befindest Du Dich ganz in der Nähe meines Reiches, welches das Land des lebenden Todes ist. So trinke den Trank des Lebens, auf daß Du nicht des ersten Todes stirbst, wenn Du die Grenze meines Landes überschreitest, und laß Deine Augen sehend werden.“



Bei diesen Worten hatte der eine Jüngling den goldenen Becher von seinem Gürtel gelöst, der andere aber füllte ihn aus seiner Flasche mit einer grünen Flüssigkeit und überreichte ihn feierlich Richard.



Einen Augenblick zauderte dieser, denn er dachte an Gift, und die grüne Farbe hatte ihn stutzig gemacht. Doch hier half ja nichts, er mußte trinken, und wenn es auch Gift gewesen wäre. Doch warum sollte man ihn noch nachträglich vergiften? Er leerte also dem Becher, und das Getränk schmeckte gut.



„Himmelbombenelement, was ist denn das?“ rief da staunend neben ihm Gustav, der ebenfalls schon einen Becher getrunken hatte.



Was sie da vor sich sahen, war nämlich eine Hafenstadt, und das Schiff, das darauf zuruderte, war nur noch tausend Meter von der Einfahrt entfernt.



Der Steuermann hatte schon mehrere italienische Häfen gesehen, an denen man noch ungefähr die Anlagen der alten Römer erkannte. Er konnte sich infolge seiner guten Schulbildung auch ungefähr vorstellen, wie ein römischer Hafen im Altertum ausgesehen haben mochte, denn es giebt ja noch Pläne und Beschreibungen von alten Historikern, und moderne Gelehrte haben danach ganze Bilder entworfen. Also solch ein altrömischer Hafen lag zweifellos vor ihm. Charakteristisch waren an ihm vor allem die langen Molen und Steindämme, die sich ins Meer erstreckten und nicht nur zum Schutze der Schiffe, sondern auch als Spazierwege dienten. Sie waren mit Marmorfiguren besetzt, und einige riesige Figuren und Säulen standen mitten im Wasser. Im Hafen lagen nur wenige Schiffe, aber alle von römischer Bauart. Einige waren prächtig geschmückt, sie blitzten von Gold und Silber und bunten Steinen, und dahinter erhob sich die Stadt mit den kleinen weißen Häusern mit platten Dächern, dazwischen großartige Paläste und Säulentempel aus weißem Sandstein oder Marmor, aber – und das ist es, was die römische Stadt gänzlich von einer orientalischen unterscheidet, welche sonst auch solche weiße, platte Häuser hat – alles war mit bunten Steinen in Mosaik ausgelegt oder doch mit bunten Farben geschmackvoll bemalt.



Ehe sich Richard noch von seinem Staunen erholt hatte, legte das Ruderschiff an einer Mole an, und der Jüngling gebot den beiden, ihm zu folgen.



Im Lande des lebenden Todes

In der Stadt und schon auf der Mole herrschte ein reges Leben, überall wurde gearbeitet, doch war alles grundverschieden von dem Treiben in einer anderen Hafenstadt.



Im Hintergrunde der Stadt ragte eine mächtige Pyramide empor, die oben von einer großen Kuppe gekrönt wurde.



Keine Schiffe wurden ausgeladen, keine befrachtet, keine Dampfkräne keuchten, keine beladenen Rollwagen waren zu erblicken, und man mußte sich erst daran gewöhnt haben und näher zuschauen, um zu bemerken, daß alles, was hier geschah, zur Verschönerung oder Verbesserung der Stadt und Hafenanlage diente. Die Arbeiter waren fast nur Maurer und Steinmetzen; in Schubkarren wurden ihnen Steine und Sand zugeführt, während Schmiede an eisernen Schienen zur Befestigung der Blöcke hämmerten und Bildhauer an Statuen arbeiteten.



Dasselbe Bild zeigte sich auch in der Stadt selbst, die sie, durch herrliche Säulengänge schreitend, auf prachtvollen Mosaikwegen durchwanderten, die so künstlich aus winzigen Steinchen zusammengefügt waren, daß man meinen mußte, zur Herstellung nur eines Quadratmeters gehörten einige Jahre. Ueberall nur Pflaster und Bauarbeiten, Bildhauerei und Malerei, und dabei alles ohne Lärm und Hast, wenn man auch in der Sonne tüchtig schwitzte! Nirgends eine Spur von einem modernen Geschäfts- und Marktleben, keine Läden, keine Fuhrwerke, noch weniger elektrische Straßenbahnen, aber dafür Springbrunnen, Monumente und andere überzahlreiche Verzierungen von künstlerischem Geschmack!



Seltsam stachen von dieser klassisch-schönen Scenerie die Arbeiter ab, die alle das altholländische Kostüm trugen, während einige der Künstler, jedoch nicht alle, mit der römischen Toga bekleidet waren. Mehrere von ihnen promenierten auf den Mosaik-Trottoirs und in den Säulengängen, und Richard vermochte höchst gelehrte Worte von ihnen zu erlauschen, andere dagegen ritten auf prächtigen Rossen mit kurzgeschorenen Mähnen, und alle diese Nichtsthuer waren wie Römer gekleidet.



Der Führer betrat jetzt einen prächtigen Palast, in dem viele Diener, alle Holländer, sich vor ihm neigten, und durchschritt einige Gänge, um Richard und Gustav drei Gemächer anzuweisen, mit der Bemerkung, dies seien vorläufig die ihren, und sie sollten nur hier bleiben, bis er wiederkäme.



Es waren drei sehr kleine Zimmer, wie man solche auch in römischen Häusern findet; Boden, Wände und Decke waren mit wunderbarer Mosaikarbeit belegt, und alles stammte von Künstlerhand; die venetianischen Fenster aber waren mit herrlichen Bildern aus Roms Glanzzeit bemalt, und trotzdem war inwendig alles behaglich eingerichtet, jedoch so seltsam, wie es Richard noch gar nicht kannte, besonders die Betten waren ungeheuer breit, und auf den Simsen war das feinste Porzellan aufgestellt. Selbst ein Ständer mit langen Thonpfeifen und Tabak fehlten nicht, und nun wußte Richard plötzlich, welcher Geschmack die Einrichtung bestimmt hatte. Hier war klassische Schönheit mit altholländischer Bequemlichkeit verbunden worden, im großen und im kleinsten, und selbst die Einwohnerschaft trug dieses gemischte Gepräge.



Die beiden Seeleute setzten sich nun in dem Wohngemach auf schön gepolsterte Lehnsessel nieder, und Gustav griff gleich nach Pfeife und Tabak und begann zu schmauchen.



„Na, Steuermann, hatte ich nicht recht?“ sagte er. „Wir sind hier in der That auf einer sogenannten unentdeckten Insel. Hier läßt es sich ganz gut leben.“



„Sogenannte unentdeckte Inseln giebt es gar nicht,“ erwiderte Richard. „Hier handelt es sich nur um ein tiefes Geheimnis. Aber mag das Rätsel noch so unergründlich erscheinen, ich werde es lösen.“



„Was Geheimnis, was Rätsel! Ich lebe, die Pfeife schmeckt mir, und damit basta. Ein Glück nur, daß es nicht der fliegende Holländer war.“



„Du glaubst an den fliegenden Holländer, an dieses alte Ammenmärc