Kreativitätstechniken

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Kreativitätstechniken
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Egon Freitag

Kreativitätstechniken

So finden Sie das richtige Werkzeug für Ihr Problem

expert verlag · Tübingen

Umschlagabbildung: © iStock.com/Pobytov


Dr. phil. Egon Freitag ist wissenschaftlicher Autor und befasst sich mit Kreativitätsforschung und literarischer Kreativität. Von ihm erschien im expert verlag das „Lexikon der Kreativität“.

© 2020 · expert verlag GmbH

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

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Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen.

Internet: www.expertverlag.de

eMail: info@expert.verlag

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

ISBN 978-3-8252-5553-4 (Print)

ISBN 978-3-8463-5553-4 (ePub)

Inhalt

  Vorwort

  Zur Geschichte und Klassifizierung der Kreativitätstechniken

  Anwendung von Kreativitätstechniken

  Kreativitätstechniken nach ihren Einsatzgebieten

  A

  B

  C

  D

  E

  F

  G

  H

  I

  K

  L

  M

  N

  O

  P

  Q

  R

  S

  T

  U

  V

  W

  Z

Vorwort

»Alles Leben ist Problemlösen.«1

Karl Raimund Popper (1902–1994)

Kreativitätstechniken sind methodische Arbeitsinstrumente und Verfahren zur Anregung und Verbesserung der Ideenfindung, mit dem Ziel, möglichst zahlreiche spontane Einfälle und Vorschläge zu einem Projekt oder zu einem Problem zu erzeugen, um daraus die bestmögliche Lösung zu finden. Sie sollen den Prozess des Problemlösens unterstützen, Kreativitätsblockaden überwinden, verkrustete Strukturen, Denkschablonen sowie eingeschliffene Antworten vermeiden, um der Fantasie freien Raum zu gewähren und das kreative Denken und die Ideenfindung zu unterstützen. Hierbei kommt es meist auf das unbefangene Generieren vieler Ideen an, so abwegig sie auch zunächst erscheinen mögen, um daraus neuartige, originelle Lösungsmöglichkeiten zu gewinnen. Für die Entfaltung schöpferischer Leistungen sind auch spielerische Elemente von großer Bedeutung.

Die psychologische Forschung hat nachgewiesen, dass kreative Leistungen auch erfolgreich erworben werden können. Jeder verfügt über mehr oder weniger unerschlossene kreative Möglichkeiten, Begabungs- und Kreativitätsreserven. Es gibt zahlreiche Trainingsprogramme, in denen Techniken zur Ideenfindung, zum kreativen Denken und Problemlösen vermittelt werden, mit dem Ziel, die kreativen Fähigkeiten zu fördern. Die kreativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource eines Unternehmens, das Human Capital. Sie benötigen jedoch ein innovationsförderndes Betriebsklima, Bedingungen, unter denen sie ihre optimale Kreativität entfalten können. Dazu zählen individuelle Freiräume, der kreative Gedankenaustausch, eine motivationspsychologische Arbeits- und Arbeitsplatzgestaltung sowie kreativitätsfördernde Maßnahmen. Dabei ist es wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren, um ihre Anlagen, Begabungen, Talente, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu steigern und in den Innovationsprozess zu integrieren. Damit wird gleichzeitig die Teamkreativität gefördert. Hohe kreative Leistungen sind vor allem dann zu erwarten, wenn die Lösung einer Aufgabe bzw. eines Problems auch den eigenen Interessen, Neigungen und Bedürfnissen der Beschäftigten entspricht. Die Aufgabenmotivation treibt den Problemlösungsprozess an. Sie entscheidet darüber, ob sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bei der Lösung eines Problems besonders engagiert oder nicht.

Die hier vorgestellten Kreativitätstechniken und Problemlösungsmethoden können individuell oder in der Teamarbeit genutzt werden. Manche Kreativitätstechniken sind auch miteinander kombinierbar. Unterschiedliche Probleme verlangen auch differenzierte Vorgehensweisen bei der Lösungsfindung. Die eigene Kreativität zu entdecken, weiterzuentwickeln und zur vollen Geltung zu bringen, zum eigenen Nutzen und zum Vorteil des Unternehmens, lässt uns an den Aufgaben wachsen. Der Mensch darf sich nicht mit dem Erreichten begnügen, sondern muss über das bisher Erreichte hinausstreben, wenn er kreativ bleiben will. Bereits Johann Gottfried Herder (1744–1803) erklärte: „Der Mensch muss nach etwas Höherem streben, damit er nicht unter sich sinke.“2 Er betonte auch bereits das Leistungsprinzip und war der Auffassung: „Wem viel gegeben ist, der hat auch viel zu leisten.“3 Die kreative Persönlichkeit lädt sich selbst fast übermenschliche Anstrengungen auf. Aber gerade das zeichnet sie vor allen anderen aus, dass sie sich nicht scheut, das Äußerste zu wagen und dabei auch mitunter große Risiken einzugehen.

Aus der Vielzahl klassischer und aktueller Kreativitätstechniken enthält dieser Band eine repräsentative Auswahl, wobei die wichtigsten Problemlösungsmethoden ausführlicher dargestellt werden. Sie können die gesuchte Kreativitätstechnik schnell nachschlagen und sich bei den wichtigsten Methoden über die Durchführung, die Vor- und Nachteile sowie über die Einsatzmöglichkeiten informieren. Auf Varianten und ähnliche Methoden der Problemlösung, die unter einem eigenen Stichwort zu finden sind, wird ausdrücklich [→] hingewiesen. Alle Kreativitätstechniken sind der entsprechenden Fachliteratur entnommen, wobei der neueste Forschungsstand berücksichtigt wird. Bei den Beschreibungen beziehen sich die Bezeichnungen »Teilnehmer« bzw. »Gruppenteilnehmer«, »Mitglieder« oder »Gruppenmitglieder« sowohl auf weibliche als auch auf männliche Personen.

Die Publikation wendet sich an Führungskräfte, Projektleiter, an Trainer, die Kreativitätsseminare durchführen, an Ingenieure, Techniker, Designer, Architekten, Marketing- und Werbefachleute, an freiberuflich Tätige, an die Vordenker der Kreativwirtschaft sowie an alle, die an Erfolg und Karriere interessiert sind.

Dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Kreativität, Herrn Prof. Dr. Jörg Mehlhorn, danke ich sehr herzlich für wertvolle Informationen und Novitäten, die er mir stets per E-Mail zusendet. Er ist auch der Initiator des »Day of Creativity«, der jeweils am 5. September begangen wird, im Gedenken an den US-amerikanischen Psychologen Joy Paul Guilford (1897–1987). Als ihm die Präsidentschaft der »American Psychological Association« übertragen wurde, wählte er für seine Antrittsrede das Thema »Creativity«. Diese berühmt gewordene Rede hielt er am 5. September 1950 am Pennsylvania State College, womit er die moderne Kreativitätsforschung ins Leben rief.

Last but not least danke ich meiner Frau, unseren Töchtern Katja und Stefanie sowie André und Colleen sehr herzlich, dass sie meinen zahlreichen Nachtschichten, in denen ich zur Kreativitätsforschung arbeite, so viel Verständnis entgegenbringen. Bei Stefanie bedanke ich mich, dass sie mich bei technischen Problemen und bei den Internet-Recherchen unterstützt. Einen herzlichen Dank möchte ich Viia Ottenbacher für ihre sachdienlichen Auskünfte übermitteln.

 

Weimar, im Dezember 2019 Dr. Egon Freitag

Zur Geschichte und Klassifizierung der Kreativitätstechniken

Die ersten methodischen Verfahren zur kreativen Ideenfindung entstanden in den USA. Der US-amerikanische Werbepsychologe Alex F. Osborn (1888–1966) gilt als Begründer der angewandten Kreativitätsforschung, die speziell die „Entwicklung von Methoden zur Hervorbringung von wissenschaftlichen Entdeckungen, technischen Erfindungen und anderen Innovationen zum Inhalt hat.“1 Unter seiner Leitung wurden seit 1949 an der State University of New York in Buffalo kreative Problemlösungskurse (Problem-solving-courses) durchgeführt, an denen Studierende aller Studienrichtungen teilnehmen konnten. Bereits seit 1938 hatte Osborn das »Brainstorming« konzipiert, das als Vorbild für zahlreiche Varianten von Kreativitätstechniken und Problemlösungsmethoden dient. 1962 entwarf Osborn eine Checkliste für neue Ideen, die »Osborn-Checkliste«. Gemeinsam mit Sidney J. Parnes (1922–2013) entwickelte er den kreativen Problemlösungsprozess (Creative Problem Solving: CPS), eine strukturierte Methode zur Lösungsfindung von Problemen. Der US-amerikanische Erfinder und Psychologe William J. J. Gordon (1919–2003) schuf 1944 auf der Grundlage intensiver Studien über Denk- und Problemlöseprozesse die Kreativitätstechnik „synectics“ (Synektik). Weitere innovative Techniken wurden von Edward de Bono (*1933) entwickelt, der auch den Begriff „Lateral thinking“ (laterales Denken) prägte. Das bekannte und weitverbreitete Mind-Mapping wurde von Tony Buzan (*1942) eingeführt.

Zwei bewährte Methoden des erfinderischen Problemlösens, TRIZ und ARIZ, wurden von dem russischen Wissenschaftler Genrich Soulovich Altschuller (1926–1998) erarbeitet.

Bekannte Kreativitätstechniken aus Japan sind die Lotusblüten-Technik von Yasuo Matsumura, die KJ-Methode von Jiro Kawakita (1920–2009), die NM-Technik, eine Methode der systematischen Problemspezifizierung, von Masakazu Nakayama, die NHK-Technik von Hiroshi Takahashi, und das Ishikawa-Diagramm von dem japanischen Chemiker Kaoru Ishikawa (1915–1989).

Im deutschsprachigen Raum entstanden die ersten Kreativitätstechniken seit Ende der 1960er Jahre am Battelle-Institut in Frankfurt am Main. Dieses wurde nach dem US-amerikanischen Industriellen Gordon Battelle (1883–1923) benannt. Dort widmeten sich vor allem Horst Geschka (*1938), Helmut Schlicksupp (1943–2010) und Götz Schaude (*1943) der Entwicklung neuer innovativer Methoden sowie der Kreativitätsförderung in den Unternehmen. Dazu erarbeiteten sie eine grundlegende experimentelle Studie, das Multiklientenprojekt „Methoden und Organisation der Ideenfindung in der Industrie“. Im Rahmen dieses Projekts erfassten sie weltweit 47 Kreativitätstechniken und führten rund 170 experimentelle Sitzungen mit den verschiedenen Kreativitätstechniken durch. Auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse entwarfen sie selbst zahlreiche Problemlösungsmethoden und Kreativitätstechniken, die auf ihre Praxistauglichkeit getestet, weiterentwickelt und zum Teil noch heute angewandt werden. Allerdings besteht bei zahlreichen Führungskräften und Mitarbeitern immer noch „ein mangelhaftes Wissen in Bezug auf Kreativitätstechniken.“2 Die beliebtesten Kreativitätstechniken, die in den Unternehmen tatsächlich genutzt werden, sind:

Brainstorming

Mind Mapping

Brainwriting

Walt-Disney-Strategie

Morphologischer Kasten

Storyboarding

Hutwechsel-Methode

Methode 6-3-53

Neuere Techniken zur Ideenfindung, zum kreativen Denken und Problemlösen sowie für die praktische Unternehmensführung, vor allem im Rahmen des Innovationsmanagements, stammen von Kurt Nagel, Annette Blumenschein, Ingrid Ute Ehlers, Michael Luther u. a. Dabei werden auch bewährte Management-Methoden, wie Benchmarking, Portfolio-Analyse, Strategie-Analyse, SWOT-Analyse, Szenario-Technik, Wertanalyse, Wettbewerbsanalyse, Zielgruppen-Analyse u. a. zu den Kreativitätstechniken gezählt. Im britischen und US-amerikanischen Entrepreneurship sowie in der entsprechenden Managementliteratur spricht man nicht nur von „Creativity Techniques“, sondern auch von »The Creative Tool Kit«, vom kreativen Werkzeugkasten.4

Die Umsetzung und Nutzung einer Idee ist eine Marketing-Aufgabe. Der Einsatz von Kreativitätstechniken kann erheblich zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. Kreative Persönlichkeiten arbeiten oft an mehreren Projekten gleichzeitig und nutzen dabei unterschiedliche Methoden. Dies verhindert, dass sie sich langweilen oder abstumpfen und beugt auch Ermüdungserscheinungen vor. Stellt sich beim Recherchieren oder bei der Lösung eines Problems eine Kreativitätsblockade ein, wechseln sie das Aufgabengebiet und arbeiten an einem anderen Vorhaben weiter. Diese Veränderung und Vielseitigkeit „erzeugt unerwartete Querverbindungen, die zu fruchtbaren Ideen führen.“5

Zwischen 1960 und 1990 erfolgte eine „große Flut“ an kreativen Arbeitstechniken. Inzwischen sind weit mehr als 500 Kreativitätstechniken bekannt, die der Problemklärung, Ideenfindung, Ideenentwicklung, Ideenauswahl und Ideenumsetzung dienen, wozu auch Bewertungstechniken sowie Methoden des Projektmanagements u. a. gehören. Dabei werden alle Phasen des kreativen Prozesses einbezogen. Eine von Werner Hürlimann ermittelte Aufstellung umfasst sogar über 3000 Problemlösungsmethoden und Techniken zur Unterstützung geistiger Tätigkeiten.6 Dabei gehören jedoch die meisten dieser Methoden nicht zu den Kreativitätstechniken im engeren Sinne. Es gibt zahlreiche Varianten, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden. Um die Übersicht zu erleichtern und eine Klassifizierung vorzunehmen, entwarf der Kreativitätsforscher und Ideencoach Michael Luther (*1958) ein „Periodensystem der Kreativitätstechniken“ sowie ein „Periodensystem der Ideenfindungs-Techniken“ (PIT). Aus der großen Anzahl der Problemlösungsmethoden hebt er 32 „Leittechniken“ hervor.7 Sie bieten einen systematischen Überblick und eine zielgerichtete Auswahl der geeigneten Techniken. Alle Techniken sind in Gruppen geordnet, die dem Prozess der Problemlösung entsprechen.

Trotz berechtigter Zweifel und Einwände gegenüber zu großen Erwartungen hat sich die Anwendung von Kreativitätstechniken im Prozess der Ideenfindung und des Problemlösens vielfach bewährt. So können z. B. durch Umstrukturierung mögliche Alternativen aufgezeigt werden, um das einseitige konvergente Denken zu überwinden. Auch bewährte, selbstverständliche Sachverhalte sollten in Frage gestellt werden, um zu überprüfen, ob sie unter den neuen gegebenen Umständen noch berechtigt sind. Oft erweist es sich als hilfreich, vorhandene Probleme oder Fragestellungen in einzelne Elemente zu zerlegen, um daraus neue Verbindungen zu assoziieren. Sehr wirksam ist die Suche nach Analogien aus anderen Bereichen, z. B. aus der Natur, um eine Lösung für technische Probleme zu finden (→ Bionik).

Evelyn Boos unterscheidet drei Arten von Kreativitätstechniken, die intuitiven, die diskursiven und die Kombimethoden, die sowohl intuitive als auch diskursive Elemente enthalten.

1 Zu den intuitiven Techniken zählen: Brainstorming und seine zahlreichen Varianten: Anonymes Brainstorming, Destruktiv-konstruktives Brainstorming, Didaktisches Brainstorming, I-G-I-Brainstorming, Imaginäres Brainstorming, Inverses Brainstorming, SIL-Methode, Solo-Brainstorming, Visuelles Brainstorming, Brainwriting, Phillips-66-Methode, And-also-Methode, Creative Collaboration Technique, Bionik, Bisoziation, Kartenumlauftechnik, Collective Notebook, Kopfstand-Technik, Galerie-Methode, Methode 6-3-5, klassische Synektik, Mind Mapping, Reizwortanalyse und semantische Intuition.

2 Zu den diskursiven Kreativitätstechniken gehören: Funktionsanalyse, Morphologischer Kasten, Morphologische Matrix, Osborn-Checkliste, Progressive Abstraktion, Relevanzbaum, SCAMPER-Technik, Ursache-Wirkungs-Diagramm.

3 Kombimethoden sind: Hutwechsel-Methode, TRIZ, Walt-Disney-Strategie, Zukunftswerkstatt.8

Anwendung von Kreativitätstechniken

Für die praktische Anwendung ist es entscheidend, dass wir bei Problemen und konkreten Fragestellungen eine geeignete Kreativitätstechnik zur Verfügung haben, die wir gezielt einsetzen können, um uns bei der Lösungssuche zu unterstützen, denn mit der richtigen Technik kann die Ideenfindung und Problemlösung effektiver gelingen. Die meisten Kreativitätstechniken beruhen auf bestimmten Grundprinzipien. Um die unterschiedliche Herangehensweise zu systematisieren, werden sie in Gruppen eingeteilt:

1 Techniken der freien Assoziation (techniques of free association): Durch freies Assoziieren sollen die Teilnehmer ermutigt werden, ihre Ideen und Vorschläge frei und unzensiert zu äußern und daraus Ideenkombinationen abzuleiten. Dazu gehören Brainstorming, Brainfloating, Brainwriting, Mind Mapping, Kartenumlauftechnik, Methode 6-3-5 (Ringtauschtechnik).

2 Techniken der strukturierten Assoziation (techniques of structured association): Die Ideenentwicklung verläuft innerhalb einer vorgegebenen Struktur, d. h., die Lösungsmöglichkeiten werden nach bestimmten Denkrichtungen systematisiert. Das Problem wird somit systematisch aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Zu diesen Techniken gehören: Walt-Disney-Strategie, Hutwechsel-Methode, semantische Intuition.

3 Konfigurationstechniken (configuration techniques); auch Kombinationstechniken genannt (combination techniques): Das Gesamtproblem wird in Teilprobleme aufgeteilt (Dekomposition), für die Einzellösungen gesucht werden. Die Teillösungen werden zu einer neuen Gesamtlösung zusammengeführt (Komposition). Dazu gehören: Morphologischer Kasten, Morphologische Matrix, Attribute Listing, systematisches erfinderisches Denken (Systematic Inventive Thinking (SIT).

4 Konfrontationstechniken (confrontation techniques): Die Teilnehmer werden mit Bildern, Begriffen oder Orten konfrontiert, die sie zu kreativen Ideen und Lösungen anregen sollen. Der Gruppe werden z. B. einige Fotos gezeigt. Danach sollen die Teilnehmer die Bilder beschreiben. Anschließend kehren sie zu ihrer eigentlichen Aufgabenstellung zurück. Dadurch sollen sie sich von ihrer mitunter festgefahrenen Denkweise lösen, die Motive auf den gezeigten Bildern mit dem Problem verbinden und dadurch auf neue Einfälle und Ideen kommen. Anstelle von Fotos werden auch bestimmte Reizworte eingesetzt. Zu dieser Gruppe der Techniken gehören: Reizwortanalyse, Synektik, Visuelle Konfrontation, Bildkarten-Brainwriting, Provokationstechniken, TRIZ, ARIZ u. a. technische Lösungsprinzipien, Lösungsprinzipien der Natur (Bionik).

5 Imaginationstechniken (imagination techniques): Diese Techniken sollen das visuelle Vorstellungsvermögen stärken und unbewusste Erfahrungen mit in die Lösungsfindung einbeziehen. Die Anwendung erfolgt in der Gruppe. Dazu gehören z. B. Take a picture of the problem (Mach dir ein Bild von dem Problem), Try to become the problem (Versuche, das Problem zu werden), die geleitete Phantasiereise (guided fantasy journey). Der Moderator animiert die Teilnehmer bei einer Phantasiereise, gedanklich Bilder, Erlebnisse und Geschichten aneinanderzureihen. Diese Methode soll helfen, Stress abzubauen, sowie Offenheit und Kreativität zu fördern.

Der Psychotherapeut und Kreativitätsforscher Rainer M. Holm-Hadulla (*1951) weist darauf hin: „Die Kreativitätstechniken sind aber nur wirksam, wenn sie die individuelle Situation der Teilnehmer, ihre Begabungsschwerpunkte, Motivation und Persönlichkeit berücksichtigen. Der kreative Prozess ist viel zu verschlungen und individuell, um durch flüchtige Ratschläge und oberflächliche Motivationstrainings nachhaltig gefördert zu werden.“ Von den Moderatoren, Beratern und Coaches werden hohe Kompetenzen bei der Lösung folgender Aufgaben verlangt:

1 „Einschätzung individueller Begabungsprofile

2 Anregung von Neugier und Interesse

3 Verstärkung von Selbstvertrauen und Frustrationstoleranz,

4 Entwicklung von Kooperationsfähigkeit und

5 Realisierung kreativitätsfördernder Rahmenbedingungen“1

Aber nicht alle Kreativitätstechniken sind dazu geeignet, die schöpferischen Kräfte zu aktivieren. Die meisten dieser Methoden beeinflussen zunächst nur das Denken, und tragen dazu bei, nicht nur in gewohnten Bahnen zu denken und Nahe-beieinander-Liegendes zu verknüpfen, sondern auch entferntere und ungewohnte Vorstellungen miteinander zu verbinden. Welche Kreativitätstechnik im konkreten Fall anzuwenden ist, hängt immer von der Zielsetzung und von der Spezifik des zu lösenden Problems ab. Die Schwierigkeit besteht im Erkennen der Problemstrukturen. Ohne eine gründliche Problemanalyse ist eine befriedigende Lösung kaum möglich. Ein weiterer Ansatz, um die geeignete Technik zu ermitteln, ist die Klassifizierung des Problems. In der Praxis werden meist fünf Problemgruppen unterschieden:

 

1 AnalyseproblemeEin Analyseproblem setzt große Sachkenntnis voraus. Die Schwierigkeit besteht im Erkennen der Problem-Strukturen. Diese sind sichtbar zu machen und die Zusammenhänge aufzuzeigen. Ohne gründliche Problemanalyse ist eine befriedigende Lösung kaum möglich.

2 SuchproblemeSuchprobleme zielen auf das Suchen von alternativen Lösungen, wobei Analogien, Assoziationen und Bisoziationen von großer Bedeutung sind. Um ein Suchproblem handelt es sich auch, wenn die Schwierigkeit darin besteht, bestimmte Lösungen aus einem bereits existierenden Lösungsspektrum zu selektieren. Mit Hilfe von Suchkriterien, die durch die Definition des Problems vorgegeben sind, wird der Suchvorgang durchgeführt. Die Wahrscheinlichkeit, neue Lösungen zu finden, wird dadurch erhöht. Suchkriterien (auch Suchregeln genannt) sind:Die Zerlegung von Problemen in ihre Bestandteile, um eine systematische Strukturierung zu erreichen.Abstrahierung vom Ursprungsproblem. In diesem Stadium kommt es vor, dass das Problem nicht mehr bewusst durchdacht, aber unbewusst weiterbearbeitet wird, also die unbewusste Kombination von Gedanken und Informationen erfolgt. Das vorübergehende Außerachtlassen des Ursprungsproblems lenkt den Blick auf das kreative Umfeld.Bildung von Analogien, um die Ähnlichkeit oder Entsprechung von Gegenständen, Ideen, Sachverhalten oder Problemstellungen aus anderen Bereichen zu prüfen, denn auch in anderen Wissensbereichen können Lösungen für ein Problem liegen.Anknüpfung und Assoziation, mit dem Ziel, möglichst zahlreiche verwertbare Ideen durch einen ungehinderten Gedankenfluss zu erreichen.Bildliches Denken: Gut visualisierte Probleme sind anschaulicher und lassen sich dadurch einfacher lösen. Damit wird gleichzeitig die rechte Gehirnhälfte genutzt.

3 KonstellationsproblemeBei Konstellationsproblemen geht es um die Anwendung vorhandenen Wissens an neue Gegebenheiten.

4 KonsequenzproblemeBei Konsequenzproblemen wird durch die Befolgung erkannter Gesetzmäßigkeiten das Problem bzw. die Aufgabe gelöst.

5 AuswahlproblemeBei einem Auswahlproblem werden Alternativen nach bestimmten Kriterien auf ihren Nutzen für ein vorgegeben Ziel hin untersucht.2

Es wird auch zwischen gut- und schlechtstrukturierten Problemen unterschieden. Bei schlechtstrukturierten Problemen sind nicht alle Bestandteile eines Problems bekannt und Zusammenhänge nur begrenzt erkennbar. Dies erfordert eher eine intuitive, ungerichtete Suche nach Lösungsmöglichkeiten.

Der Problemlösungsprozess ist ein Vorgang aktiver Informationsaufnahme und -verarbeitung bei der Bewältigung eines Problems. Er wird auch als Prozess der Strukturerkennung und Umstrukturierung gekennzeichnet. Die Problemlösung erfolgt, ähnlich dem kreativen Prozess in mehreren Phasen.

Das Vier-Phasen-Modell lautet:

1 Problemanalyse

2 Ideenfindungsphase

3 Bewertungsphase

4 Umsetzungsphase

Der Kreativitätsforscher Helmut Schlicksupp (1943–2010) gliedert den kreativen Problemlösungsprozess in neun Phasen:

1 Auseinandersetzung der Person mit ihrer Umwelt: Dabei werden Unzulänglichkeiten bzw. Probleme erkannt, die nach einer Lösung verlangen und damit kreatives Denken und Handeln auslösen. Völlige Zufriedenheit mit der vorhandenen Situation wirkt sich dagegen kreativitätshemmend aus.

2 Problemanalyse: Dabei werden die Größe und Bedeutung des Problems für die eigenen Interessen, Absichten und Ziele eingeschätzt. Danach erfolgt die Visualisierung des Problems, z. B. durch Ablaufanalyse, durch Pfeil- oder Blockdiagramm oder durch → Mind Mapping®; anschließend Zerlegung komplexer Probleme in Teilprobleme, die in eine sinnfällige Reihenfolge der Bearbeitung gebracht werden.

3 Problemdefinition

4 Informationssammlung zur Lösungsvorbereitung

5 Erste Lösungsansätze und Absinken des Problems in das Unterbewusstsein (Inkubation)

6 Plötzliche Erleuchtung (Geistesblitz)

7 Überprüfung und Ausarbeitung der Ideen

8 Präsentation der ausgewählten Idee

9 Realisierung der Lösung3

Bei mehreren Kreativitätstechniken sind die Einsatzmöglichkeiten jedoch nicht eng begrenzt, so dass auch Mehrfachnutzungen möglich sind. Daneben gibt es Kombitechniken, die miteinander verknüpft werden können. Bei allen Kreativitätstechniken ist die Ideenfindung von der Ideenbewertung strikt zu trennen. Um die Ideenfindung nicht vorzeitig zu beenden, wird das Stretching empfohlen. Der Moderator kann neue Aspekte zur Diskussion stellen, die bereits vorgeschlagenen Anregungen und Lösungsansätze wiederholen und die Teilnehmer auffordern, über weitere Ideen nachzudenken. Eine Kreativsitzung, bei der nur eine Methode zur Anwendung kommt, kann je nach der ausgewählten Technik und der Komplexität der Aufgabenstellung etwa ein bis zwei Stunden dauern. Für die eigentliche Phase der Ideenfindung werden etwa 20 bis 40 Minuten eingeplant. Die restliche Zeit dient der Einführung, Problemklärung, Bewertung und Auswahl der Lösungsvorschläge. Für komplexe Aufgaben werden auch Kreativ-Workshops empfohlen, die ein oder mehrere Tage dauern können, wozu öfters auch Experten aus anderen Bereichen eingeladen werden.4

Eine Kreativitätstechnik ist erst dann „erfolgreich, wenn die Kreativität der Nutzer sehr hoch und ungehemmt fließen kann und dadurch viele Ideen entstehen.“5 Kreativsitzungen sollten nicht spontan stattfinden, sondern mindestens eine Woche vorher angekündigt werden. Da die Teilnehmer durch termingebundene Aufgaben meist sehr ausgelastet sind, ist eine längere Vorlaufzeit empfehlenswert. In der Einladung ist das Thema der Sitzung bekannt zu geben. Eine spezielle Vorbereitung darauf ist nicht erforderlich.

Die Teamarbeit wird empfohlen für:

 Arbeits- und Organisationsabläufe

 Produktionsabläufe

 Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen

 Verkaufsfördernde Maßnahmen

 Fragen der Qualitätssicherung

 Fragen der Kooperation und Kommunikation zwischen Arbeitsgruppen und Abteilungen

 Sicherheit am Arbeitsplatz

Vorteile der Teamarbeit sind:

 Synergieeffekte

 Lerneffekte

 Motivation und Identifikation

 Qualität und Akzeptanz der Entscheidungen

Nachteile der Teamarbeit sind:

 Hierarchie- und Konkurrenzdenken (Gruppenkonflikte, Angst vor Vorgesetzten)

 Fehlende Risikobereitschaft

 Killerphrasen

 Mangelnde Sachbezogenheit

 Mängel in der Organisation

 Zeitaufwand

Die optimale Gruppengröße für die Kreativsitzungen beträgt zwischen fünf und sieben Teilnehmern. Bei der Auswahl der einzuladenden Mitarbeiter sind diejenigen zu bevorzugen, die mit dem Thema vertraut sind, aber aus verschiedenen Abteilungen kommen, um das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu diskutieren. So können z. B. für anstehende Innovationskonzepte oder technische Verbesserungen Vertreter aus der Produktentwicklung, der Vorentwicklung, der Fertigungsplanung, der Unternehmensentwicklung sowie aus dem Marketingbereich zu einer Kreativsitzung zusammenkommen, aber auch Auftraggeber und Verbraucher, an die sich das Produkt richtet, sollten vertreten sein. Die Zusammensetzung des Teams bestimmt das Kreativitätspotenzial. Die Gruppenmitglieder treten in einen Ideenaustausch, ergänzen sich und verknüpfen ihr Fachwissen und ihre Denkstrategien, um in Problem zu lösen. Somit kann im Team auch das kreative Potenzial des Einzelnen gefördert werden.

Als Hilfsmittel zur Ideenpräsentation dienen Flipcharts, Pinnwände, Beamer, Moderationskarten, vorbereitete Workshop-Blätter, Papier, Stifte, Klebeband und andere Arbeitsmittel. Für die Vervielfältigung der Formblätter und der angefertigten Protokolle für die Teilnehmer sollten Kopierer zur Verfügung stehen. Zunehmend kommen auch digitale Medien zum Einsatz (Präsentationssoftware, Powerpoint-Präsentation, Snapshot, digitale Folien, Animationen, Fotoshow u.ä.). Neben den klassischen Kreativitätstechniken gibt es auch webbasierte Methoden, die mit Hilfe einer speziellen Software durchgeführt werden.