DER RITTER VON TORN

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DER RITTER VON TORN
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EDGAR RICE BURROUGHS

Der Ritter von Torn

Roman

Apex-Verlag

Impressum

Copyright 1914 © by Edgar Rice Burroughs.

Der Roman The Outlaw Of Torn ist gemeinfrei.

Copyright dieser Ausgabe 2021 © by Apex-Verlag.

Übersetzung: Dr. Helmut W. Pesch (OT: The Outlaw Of Torn).

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.

Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.

Satz: Apex-Verlag.

Verlag: Apex-Verlag, Winthirstraße 11, 80639 München.

Verlags-Homepage: www.apex-verlag.de

E-Mail: webmaster@apex-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Das Buch

Der Autor

DER RITTER VON TORN

Vorwort

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Fünfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Das Buch


England, im 13. Jahrhundert n. Chr.: Das Land wird erschüttert durch die Machtkämpfe zwischen König Heinrich III. und Simon de Montfort. Norman von Torn ist der angebliche Sohn des Franzosen de Vac, des ehemaligen Schwertmeisters des Königs, der einen tiefen Groll gegen seinen früheren Herrn hegt und den Jungen zu einer einfachen, brutalen Tötungsmaschine mit einem Hass auf alles Englische erzieht...

Der historische Roman Der Ritter von Torn aus der Feder des Tarzan-Autors Edgar Rice Burroughs erschien erstmals 1914 als fünfteilige Serie im New Story Magazine; eine Buch-Veröffentlichung folgte im Jahr 1927.

Der Apex-Verlag veröffentlicht Der Ritter von Torn als deutsche Erstveröffentlichung in der Übersetzung von Dr. Helmut W. Pesch, der auch das Vorwort verfasste.

Der Autor


Edgar Rice Burroughs - * 01. September 1875, † 19. März 1950.

Edgar Rice Burroughs war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der bekannt wurde als Erzähler diverser Abenteuergeschichten, die sich vor allem dem frühen Fantasy- und Science-Fiction-Genre zuordnen lassen. Die bekanntesten von ihm eingeführten - und in der Folge von anderen in zahlreichen Filmen und Comics etablierten - Heldencharaktere sind Tarzan, John Carter, Carson Napier.

Der Sohn des Fabrikanten und Bürgerkriegsveteranen Major George Tyler Burroughs (1833–1913) und der Lehrerin Mary Evaline Zieger (1840–1920) verlebte nach dem Besuch mehrerer Privatschulen den Großteil seiner Jugend auf der Ranch seiner Brüder in Idaho.

Nach seinem Abschluss auf der Michigan Military Academy im Jahr 1895 trat Burroughs in die 7. US-Kavallerie ein. Als ein Armeearzt bei ihm einen Herzfehler diagnostizierte und er deshalb nicht Offizier werden konnte, verließ Burroughs die Armee vorzeitig im Jahr 1897 und arbeitete bis 1899 wieder auf der Ranch seines Bruders. Danach ging er zurück nach Chicago und arbeitete in der Firma seines Vaters.

Am 1. Januar 1900 heiratete Burroughs seine Jugendliebe Emma Centennia Hulbert. Das Paar bekam drei Kinder: Joan Burroughs Pierce (1908–1972), Hulbert Burroughs (1909–1991) und John Coleman Burroughs (1913–1979). Da die tägliche Routine in der Fabrik seines Vaters Burroughs nicht zufriedenstellte, verließ das Ehepaar 1904 Chicago, um abermals in Idaho zu leben. Mit seinen Brüdern, die inzwischen ihre Ranch aufgegeben hatten, versuchte er sich erfolglos als Goldgräber. Kurze Zeit später arbeitete er als Eisenbahnpolizist in Salt Lake City. Auch diesen Job gab Burroughs auf und zog mit seiner Frau wieder zurück nach Chicago, wo er eine Reihe Jobs annahm, unter anderem als Vertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in einer Handelsagentur für Bleistiftanspitzer und scheiterte.

Burroughs, der zu dieser Zeit an schweren Depressionen litt und, nach einigen seiner Biographen, an Selbstmord dachte, kam auf die Idee, eine Geschichte für ein Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen für seine Bleistiftanspitzer geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars (unter dem Pseudonym Normal Bean für das All-Story-Magazin von Thomas Metcalf geschrieben) wurde zwischen Februar und Juli 1912 als Fortsetzung veröffentlicht.

Metcalf hatte sein Pseudonym in Norman Bean geändert, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs Beschwerde bezüglich der Änderungen, lenkte Metcalf ein und bot an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz For all Rights auf seinem Honorarscheck. Nach längerem Briefwechsel erreichte er, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Burroughs zweite Geschichte, The Outlaw of Torn, wurde jedoch von All-Story abgelehnt. Der große Erfolg kam mit Burroughs drittem Anlauf, Tarzan of the Apes.

Die Geschichte von Tarzan wurde ebenfalls 1912 von All-Story veröffentlicht. Burroughs schrieb in der Folgezeit immer wieder neue Tarzan-Geschichten und konnte sich - kaum zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Tarzan of the Apes - ein riesiges Stück Land in der Nähe von Los Angeles kaufen. Selbst nach Burroughs Tod im Jahr 1950 erschienen weitere Tarzan-Geschichten. Das Landstück bei Los Angeles ist heute die Gemeinde Tarzana.

In den frühen 1930er Jahren wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.

In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.

Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.

Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.

E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht.“

 

Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück), Neu-Übersetzungen des Tarzan- und des John Carter-Zyklus sowie als deutsche Erstveröffentlichung die Pellucidar-Serie.

DER RITTER VON TORN

Vorwort

Der Ritter von Torn ist der zweite Roman, den Edgar Rice Burroughs in seinem Leben schrieb, und er ist bis heute weitgehend unbekannt. Dahinter steckt eine längere Geschichte.

Edgar Rice Burroughs, geboren 1875, war der jüngste Sohn eines Chicagoer Batteriefabrikanten, der früher als Major im Bürgerkrieg gedient hatte, und besuchte als Kind mehrere Privatschulen, darunter eine Kadettenschule. Mit sechzehn verbrachte er ein halbes Jahr als Cowboy auf der Ranch eines seiner Brüder in Süd-Idaho. Nachdem er 1895 bei der Aufnahmeprüfung für die Militärakademie in West Point durchgefallen war, wurde er Soldat der 7. US-Kavallerie in Fort Grant, Arizona, aber 1897 aufgrund eines Herzproblems als dienstuntauglich entlassen. Er gehörte also zu der letzten Generation von Männern, die den Wilden Westen als Cowboys und in der Auseinandersetzung mit Indianern erlebt hatten.

Danach arbeitete er eine Zeitlang in der Fabrik seines Vaters in Chicago und heiratete im Januar 1900 seine Jugendliebe Emma Hulbert. 1903 schloss sich Burroughs erneut seinen Brüdern in Idaho an. Als sich die Goldmine, deren Leitung er übernommen hatte, als erfolglos erwies, verschafften die Brüder ihm eine Stelle bei der Eisenbahn in Salt Lake City. Doch Burroughs gab diesen Job nach kurzer Zeit auf und zog mit seiner Frau zurück nach Chicago, wo er sich in einer Reihe von Tätigkeiten versuchte, unter anderem als Handelsvertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in eine Handelsagentur für Bleistiftanspitzer, mit mäßigem Erfolg.

In dieser Situation kam Burroughs auf die Idee, eine Geschichte für ein Pulp-Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars, unter dem Pseudonym Normal Bean – womit er andeuten wollte, dass er trotz der fantastischen Geschichte kein Spinner sei –, wurde von Februar bis Juli 1912 in mehreren Teilen im All-Story-Magazin veröffentlicht und war auf Anhieb ein Erfolg.

Burroughs erhielt für seine erste Geschichte 400 Dollar, war aber nach dem Erscheinen unzufrieden mit dem Ergebnis. Durch den Setzer oder Korrektor war sein Pseudonym zu Norman Bean geworden, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs’ Beschwerde wegen der Änderungen hin bot der Herausgeber Thomas Metcalf an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz Für alle Rechte auf seinem Honorarscheck. Metcalf gestand ihm zu, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Schon zu diesem frühen Zeitpunkt machte Burroughs deutlich, dass man es bei ihm nicht nur mit einem Schriftsteller, sondern auch mit einem Geschäftsmann zu tun hatte, der sich nicht scheute, hart zu verhandeln, und dessen Arbeit wie jede andere Ware, die auf den Markt gebracht wird, einen gebührenden Preis verdiente, der sich am Aufwand und am Erfolg maß.

Aber wir greifen vor. Metcalf, der Burroughs Talent erkannt hatte, versuchte, ihm schmackhaft zu machen, seine nächste Geschichte in einer anderen Umgebung spielen zu lassen:

»Ich habe darüber nachgedacht, ob Sie nicht ein romantisches Serial schreiben könnten, so etwas wie Ivanhoe oder zumindest aus der Zeit, als jeder eine Rüstung trug und schöne Frauen rettete. Wenn sie sich ein Serial in dieser Art vorstellen können und Sie es für lohnend halten, würde ich mich sehr freuen, von Ihnen zu hören.«

Unter Serial versteht man eine episodische Fortsetzungsgeschichte, wie sie in den damaligen Magazinen gängig war und um diese Zeit auch im Kino populär wurde. Burroughs griff Metcalfs Vorschlag sogleich auf. Bereits einen knappen Monat nach Erhalt des Briefes schickte er ihm das neue Werk zu: The Outlaw of Torn.

Über seinen Helden, den fiktiven zweiten Sohn Heinrichs III., schrieb er: »Die Geschichte seines abenteuerlichen Lebens und seiner Liebe zu einer Tochter des historischen Simon de Montfort, Graf von Leicester, bietet reichlich Gelegenheit für aufregende Situationen und haarsträubende Begegnungen.« Die Begrenztheit seines Wissens um die damalige Zeit versuchte er mit dem Hinweis zu kaschieren, dass »die Geschichte zwar in gewisser Weise von historischen Fakten im Zusammenhang mit dem Krieg der Barone jener Zeit abhängt, ich aber nicht genug Geschichte, Landschaft oder Wetter in sie einfließen lasse, um das Interesse an der Erzählung in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.« Auch Bertrade de Montfort im Roman ist fiktiv; es gab zwar eine historische Bertrade, Tochter eines Vorfahren von Simon de Montfort gleichen Namens, aber sie starb mehr als ein Jahrhundert vor den dort geschilderten Ereignissen.

Aber wenn Burroughs angenommen hatte, dass der schnelle erste Verkauf ihn auf den einfachen Weg zum Erfolg bringen würde, sollte er enttäuscht werden. Metcalf gab am 19. Dezember 1911 eine Zusammenfassung der Mängel des Romans:

»Ich bin sehr skeptisch, was die Geschichte angeht. Der Plot ist ausgezeichnet, aber ich denke, Sie haben ihn zu hastig ausgearbeitet. Die pittoreske Wirkung von Torn kommt nicht wirklich zum Tragen. Gelegenheiten für Farbe und Prunk haben Sie völlig verpasst. Den Wert einiger Figuren, aus denen man viel machen könnte, scheinen Sie nicht zu erkennen. Wie zum Beispiel der alte Fechtlehrer, den Sie etwa drei Kapitel verwenden und dann bis zum Ende der Geschichte völlig ignorieren. In ihm haben Sie eine Art bösartigen Geist, der das ganze Buch durchdringen könnte.«

Burroughs ließ sich dadurch nicht entmutigen. »Ich sehe keinen Grund«, schrieb er zurück, »warum ich die Geschichte nicht zu Ihrer Zufriedenheit gestalten könnte, denn die von Ihnen angeführten Fehler sind reine Auslassungen, die sich leicht beheben lassen.« Er räumte ein, dass die Geschichte, da sie so kurz nach seiner ersten fertiggestellt wurde, beim Leser den Eindruck erwecken könnte, sie sei in aller Eile geschrieben worden; das sei aber nicht der Fall: »Ich arbeite den ganzen Tag und bis spät in die Nacht hinein, um abwechselnd meine Referenzen zu studieren und zu schreiben.«

Burroughs’ Zuversicht wurde ein wenig erschüttert, als Metcalf in seinen zweiseitigen Brief vom 21. Dezember zu einer vernichtenden Analyse des Romans ausholte. Seiner Meinung nach hätte das erste Kapitel von Burroughs »voller Farbe und Aufregung« sein müssen. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Handlung ging Metcalf auf das Ende ein: »Ich bin mir nicht sicher, ob das Happy-End einen besonderen Wert hat. Es scheint legitimer zu sein, dass sowohl de Vac als auch der Geächtete am Ende sterben und die Dame in Tränen aufgelöst zurückbleibt, möglicherweise auf dem Weg, Nonne zu werden.«

Metcalfs Brief überzeugte Burroughs offensichtlich von der Notwendigkeit einer gründlichen Überarbeitung. Am 2. Februar 1912 sandte er eine neue Fassung ein – mit zwei Enden, einem glücklichen und einen »eher gegenteiligen, das aber dem Leser überlassen bleibt«. Seine eigene Vorliebe war jedoch klar:

»Aus kommerziellen Gründen neige ich zu dem ›glücklichen‹ Ende, denn da alle gesellschaftlichen Schichten Belletristik zur Entspannung und zum Vergnügen lesen, nehme ich an, dass sie sich nicht besonders für Geschichten interessieren, die einen schlechten Geschmack hinterlassen. Aber ich überlasse es Ihrer größeren Erfahrung.»

Die Antwort ließ auf sich warten. Erst am 4. März erhielt Burroughs die Entscheidung. Metcalf lehnte The Outlaw of Torn erneut ab. Doch weil er »so sehr« an die Handlung glaubte, schlug Metcalf vor, den Text jemandem in New York zu übergeben, der über ein umfassendes Wissen über mittelalterliche Geschichte verfüge. Der Herausgeber bot 100 Dollar für die Rechte und versprach, dass man Burroughs bei Erscheinen der Geschichte als Co-Autor nennen würde.

Obwohl Burroughs’ finanzielle Lage alles andere als rosig war, schrieb er zurück: »Es tut mir sehr leid, dass Ihnen The Outlaw of Torn in der vorliegenden Form nicht gefällt. Ich danke Ihnen für Ihr Alternativangebot, das ich jedoch angesichts der Zeit, die ich in die Geschichte investiert habe, nicht anzunehmen vermag.«

Viel von dem Optimismus, den der erste Verkauf geweckt hatte, war verflogen. Burroughs kämpfte weiter um seinen Lebensunterhalt. In einem Brief vom 30. Mai an Metcalf legte er seine Unzufriedenheit offen: »Ich wünschte, es gäbe genug zu schreiben für mich, sodass ich meine ganze Zeit dem widmen könnte, denn ich mag es. Meine beruflichen Aktivitäten, Werbung, Marketing und Verkauf, bringen mir zwar ein stattliches Gehalt ein, aber sie bereiten mir kein großes Vergnügen.« Das stattliche Gehalt war sicherlich übertrieben, aber der Wunsch war klar.

Als Metcalf, der immer noch an Burroughs glaubte, im Herbst nach neuen Werken fragte, schickte dieser die Geschichte erneut ein, gab jedoch gleich zu verstehen, dass er wenig Hoffnung habe: »Ich weiß, dass sie Ihnen nicht besser gefallen wird als vorher«, und fügte hinzu: »Es ist aber komisch, denn jeder, der sie gelesen hat, außer Ihnen, hat sie für die bei weitem interessanteste Geschichte gehalten, die ich geschrieben habe.«

Die Ablehnung war unvermeidlich, aber Burroughs ließ sich trotzdem nicht entmutigen: »Ich werde das Ganze noch einmal überarbeiten, wenn ich Zeit habe. Ich werde an The Outlaw of Torn festhalten, bis es veröffentlicht ist – ich stamme aus einer sehr langlebigen Familie.«

Inzwischen gab es den Roman in drei Fassungen: der handschriftlichen Originalfassung; einem Typoskript, das dieser ziemlich ähnlich war, aber kleinere Korrekturen enthielt; und der erweiterten Fassung vom Februar 1912. In allen drei wird der Leser direkt in die Handlung eingeführt:

»De Vac war im Dienste der Könige von England alt geworden, aber er hasste alles Englische und alle Engländer. Den toten König hatte er geliebt, aber mit den Gebeinen des toten Königs war de Vacs Loyalität zu dem Haus, dem er diente, in Westminister begraben worden.«

Ende 1912 war The Outlaw of Torn immer noch nicht verkauft. Entmutigt, aber nicht geschlagen, machte sich Burroughs an eine weitere Überarbeitung. Die auffälligste Änderung betraf die einleitenden Absätze. Der Anfang lautete nun wie folgt:

»Hier ist eine Geschichte, die seit siebenhundert Jahren im Dunkeln liegt. Zuerst wurde sie von einem der Plantagenet-Könige von England unterdrückt. Später wurde sie vergessen. Ich habe sie rein zufällig ausgegraben. Der Zufall wollte, dass der Vetter meiner Frau einen hier nicht näher benannten Abt in einem sehr alten Kloster in Europa kannte. Dieser ließ mich in einer Menge von schimmeligen und muffigen Manuskripten herumwühlen, wo ich darauf stieß.«

Edgar Rice Burroughs hatte seine Erzählerstimme gefunden.

Erst acht Monate später zahlte sich Burroughs’ Hartnäckigkeit aus. In einem Brief vom 18. August 1913 erklärte sich A. L. Sessions, der Herausgeber des Magazins New Story, bereit, The Outlaw of Torn für 500 Dollar für die ersten Rechte als Fortsetzungsroman zu kaufen und zwei Cent pro Wort mehr zu zahlen, wenn sich die Geschichte als erfolgreich erweisen sollte. Das war mehr, als Burroughs für »Under the Moons of Mars« erhalten hatte. Allerdings war Burroughs, der in den ersten Jahren seiner Tätigkeit als Schriftsteller eine immense Produktivität an den Tag legte, zu diesem Zeitpunkt bereits ein etablierter Autor, dessen Werke allein schon wegen seines Namens begehrt waren.

Aus der Sicht eines Geschäftsmannes war The Outlaw of Torn angesichts der darauf verwendeten Zeit eine schlechte Investition. Dennoch hatte Burroughs die Genugtuung eines weiteren Verkaufs erlangt und die Macht der schieren Hartnäckigkeit unter Beweis gestellt. In Buchform sollte der Roman erst 1927 erscheinen, beim Verlag A.C. McClurg, und bereits im gleichen Jahr eine zweite Auflage erleben.

Burroughs’ Probleme mit The Outlaw of Torn im Jahre 1912 erwiesen sich jedoch als unbedeutend, denn bereits Ende 1911 hatte er sich in eine neue Geschichte vertieft. Diesmal war er etwas vorsichtiger mit der Tatsachenbehauptung:

»Diese Geschichte habe ich von jemand, der keinen besonderen Grund hatte, sie mir oder einem andern zu erzählen. Ich dachte anfänglich, der Erzähler sei in einer angeheiterten Stimmung, und ich konnte auch die folgenden Tage nicht recht an die Geschichte glauben. … Ich behaupte nicht, dass die Geschichte wahr ist, denn ich war nicht Zeuge der darin geschilderten Ereignisse, aber ich glaube bestimmt, dass sie wahr sein kann, und deshalb habe ich den darin beteiligten Personen andere Namen gegeben.«

 

Es sollte sein größter Erfolg werden und seinen Weltruhm begründen. Die Rede ist von Tarzan of the Apes. Das Einzige, war Burroughs aus dem früheren Roman für seinen Tarzan übernehmen sollte, ist, nach einer handschriftlichen Änderung während der Abfassung, der Name Greystoke, der in The Outlaw of Torn einem der Ritter zugedacht ist, die Norman von Torn als Jugendlicher im Zweikampf tötet.

Auch die Burroughs-Kritik hat The Outlaw of Torn eher stiefmütterlich behandelt. Richard A. Lupoff hat in seiner Monografie Edgar Rice Burroughs: Master of Adventure nur einen Satz dafür übrig: »In diesem eher durchschnittlichen historischen Roman, der im England des dreizehnten Jahrhunderts spielt, geht es um Sachsen gegen Normannen, ein entführtes Prinzenkind, die Aufstellung einer Armee von Geächteten, blutige Schlachten und eine tränenreiche Versöhnung.« Was er verschweigt, ist, dass The Outlaw of Torn bereits alle Elemente zeigt, die für Burroughs’ Erzählweise typisch sind: unglückliche Zufälle, romantische Missverständnisse, die unerwiderte Liebe einer weiblichen Nebenfigur, die in diesem Fall tragisch endet, und die große Enthüllung am Ende.

Dass man daran nicht den Anspruch historischer Genauigkeit legen darf wie an heutige historische Romane, sondern ihn eher wie einen Hollywood-Film sehen sollte, tut der dramatischen Handlung keinen Abbruch. Im Vergleich mit Autoren wie Talbot Mundy oder Harold Lamb, die ein ganz anderes Wissen um historische Zusammenhänge und Details mitbrachten, war Burroughs sicherlich gut beraten, den Schwerpunkt seines Schaffens auf die fantastischen Sujets zu verlegen, die zu seinem Markenzeichen wurden. Auch Tarzans Afrika, das sich als geradezu durchsetzt mit vergessenen Zivilisationen erweisen sollte, ist nicht minder eine Phantasiewelt als Burroughs’ Mars und Venus oder die Hohlwelt Pellucidar.

Burroughs versuchte sich in der Folge auch noch an Western und Kriminalromanen, sollte in seinem Leben aber nur noch einen einzigen weiteren historischen Roman schreiben, I Am a Barbarian, der aus der Sicht eines germanischen Sklaven und Gladiators aus der Zeit des römischen Kaisers Caligula erzählt. Er wurde erst 1967, siebzehn Jahre nach dem Tod des Autors, veröffentlicht.

Helmut W. Pesch

Alle Daten und Brief- und Manuskriptzitate nach Irwin Porges, Edgar Rice Burroughs: The Man Who Created Tarzan.