Fumpp reloaded

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Fumpp reloaded
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Daniela Mattes

FUMPP reloaded

Auf der Jagd nach dem Zauberbuch der BLIMPP

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Impressum

Text: © Daniela Mattes

Umschlag: © Tanja Schröder

Verantwortlich

für den Inhalt: Daniela Mattes

Schwarzwaldstr. 13

78549 Spaichingen

www.daniela-mattes.de

Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Vorwort – zur Erinnerung

Wir wollen uns nur kurz in Erinnerung rufen, was bisher geschah: Die verkommenen Bösewichte im Lande WOMM haben mehr oder weniger unkoordiniert die gesamte königliche Familie gekidnappt und in die vier Verbannungsorte verschleppt.

Der Leibwächter des Königs, FUMPP, musste unter Aufbietung aller magischen Kräfte und mithilfe seiner Freunde das ganze Desaster wieder rückgängig machen und die Königsfamilie wieder im Schwefelgebirge, auf der Monsterinsel, im Wolkenschloss und in der Spiegelwelt einsammeln.

Danach war einigen der Bösewichte das Zaubern mächtig vergangen. Doch auch dem Volk war einiges vergangen. Da hatte man nun schon mal einen berühmten Zauberer – den letzten seiner Art – und der hatte eine große Katastrophe nicht aufhalten können?

Kurz entschlossen musste König Stiffler daraufhin seinen langjährigen Beschützer entlassen, um den Willen des Volkes zu erfüllen. Und hier fängt unsere Geschichte wieder an.

KAPITEL 1

BBB

Wir befinden uns auf der magischen Ferieninsel ›Triple B‹ oder für Nicht-Magier ›Big Blue Bahamas‹, nicht zu verwechseln mit dem ähnlich klingenden Ferienparadies für Normalos.

Fernab vom magischen Lande WOMM vertreibt sich hier der letzte gute Magier aller Zeiten seine Zeit, da er nach dem königlichen Entführungsdesaster leider seinen Hut, seinen magischen, nehmen musste und mit seinem Zeugnis unter dem Arm und seinem treuen Hund Pallina an seiner Seite traurig von dannen ziehen durfte.

Was macht man nun als arbeitsloser Magier auf dem Selbstfindungstrip? FUMPP wusste genau, dass ihm noch der schwere Weg zum LAAM (Landesamt für arbeitslose Magier) bevorstand, doch da er das Amt heimlich LAHM nannte, weil die Angestellten dort sich genauso schwerfällig verhielten, hatte er es damit nicht sonderlich eilig.

Er seufzte. Immer diese bürokratischen Notwendigkeiten. Nicht einmal ein Magier blieb davon verschont. Also musste er sich in sein Schicksal fügen wie mindestens 100 andere Arbeitslose aus TWAAN ebenfalls.

Erst einmal ausspannen und alles verarbeiten, hatte er sich gedacht und einen Saurierflug dritter Klasse (also als Alleinflieger hinter dem windgeschützten ersten Höcker ohne Verpflegung und ohne Wetterschutz) gebucht und sich auf dem großen Saurier- und Teppich-Landeplatz gleich hinter den Ruinen des abgebrochenen Staubsauger-Flugplatzes absetzen lassen.

Pallina war über die Wahl des Transportmittels nicht sonderlich begeistert gewesen, was man ihr auch nicht verdenken konnte, da alle nichtmenschlichen Lebewesen sowie Obst- und Fleischwaren festverschnürt wie die Fliege im Spinnennetz am Bauch des Sauriers befestigt fliegen mussten. Das war Vorschrift. Und solchen Vorschriften ist man ja bekanntermaßen hilflos ausgeliefert.

Pallinas in die Waagschale geworfene Gegenargumente hatten jedoch weder FUMPP noch den Saurier davon überzeugt, sie mit FUMPP zusammen hinter dem ersten Höcker mitfliegen zu lassen. Als Handgepäck quasi. Doch als dem Saurier nach minutenlanger ergebnisloser Diskussion der ohnehin schon dünne Geduldsfaden gerissen war – was Pallina förmlich hatte hören können - hatte er freundlich zähnefletschend angeboten:

»Wie wäre es denn mit einem warmen, windgeschützten Plätzchen für die Reise?«

»Na, also, geht doch!«, hatte Pallina geantwortet und sich suchend umgeschaut. »Und wo wäre dieses Plätzchen?«

»In meinem Magen«, hatte der Saurier geknurrt und sich ganz dicht zu dem kleinen Fusselterrier heruntergebeugt.

Pallina fühlte sich neben FUMPP zwar generell stets in Sicherheit, wollte aber dennoch keine unerfreulichen Zwischenfälle riskieren und gab daher zunächst zähneknirschend nach.

Doch als sie da so in der Luft am übel riechenden Bauch des Sauriers hing und von der Kälte des Flugwindes schon ganz steif war, hatte sie einen gewissen Druck auf der Blase verspürt, dem sie trotz ihrer guten Erziehung mit einem boshaften Grinsen einfach nachgab und dem Drachen so eine feuchte Markierung verpasste.

Nicht, dass der Saurier das wirklich gespürt hatte, aber darauf kam es gar nicht an. Pallina WUSSTE, was sie getan hatte und freute sich diebisch – bis sie merkte, dass sie selbst dank der engen Schnürung auch etwas abbekommen hatte. Aber so geht es im Leben. Wenn man denkt, man kann anderen heimlich ans Bein, Pardon, an den Bauch pissen, dann trifft man sich mitunter auch mal selbst.

Doch genug von der Reise und ihren Hintergründen. Da standen sie also nun auf der Trauminsel Triple B und hatten nichts dabei außer sich selbst. Seine Habseligkeiten hatte FUMPP nicht auf den Flug mitgenommen, er wollte sie später vom Zoll teleportieren lassen.

Denn auf den Triple Bs wurde alles genau geprüft. Ungenehmigt eingezauberte Objekte sorgten hier mitunter für ziemlichen Ärger, doch einziger Grund dafür war letztendlich, dass die Einwohner, die fleißigen Bamahesen und die reichen Bahamiker, noch etwas dazuverdienen wollten.

FUMPP stand über den Dingen. Er wusste genau, dass er mehr konnte als alle Zauberer auf der Insel miteinander, doch er wollte sich an die Spielregeln der einfachen Magier und Zauberer halten, um nicht aufzufallen. Er würde wohl eine ganze Weile hier leben, und wenn er darauf hoffte, hier auch Freunde zu finden, dann nur, wenn er sich auch gut eingewöhnte.

Er schlurfte also über den weichen, warmen Sand zur Zollbehörde, bis ihm einfiel, dass er ja noch gar keine Unterkunft hatte, in die er seinen Besitz hätte teleportieren lassen können.

»Wo sollen wir denn wohnen?«, fragte er Pallina, der er immer ein gewisses Mitspracherecht einräumte. Pallina widerstand dem Drang, sich sofort in den bahamesischen Bach zu werfen, der in der Nähe vorbeiplätscherte, um das unangenehme Gefühl aus dem Fell zu planschen, doch sie konzentrierte sich dann doch einen Moment auf FUMPPs Frage.

»Warum stinkst du denn so?«, fragte FUMPP plötzlich und zog prüfend die Nase und die Augenbrauen hoch. Pallina wurde unter dem Fell rot, was aber niemand bemerkte und schaute verschämt weg. FUMPP murmelte einen kurzen Zauber und Pallina war erfrischt und duftend wie ein kleiner Fliederstrauch.

»So, das ist schon besser«, verkündete FUMPP. »Wer vermietet schon eine schicke Strandwohnung an einen arbeitslosen Magier und einen stinkenden Köter?«

Er grinste dazu, trotzdem hatte Pallina nicht übel Lust, ihn kurz mal in die Wade zu beißen. Sie war kein stinkender Köter, sie war ein reinrassiger Fusselterrier aus der Reihe der Van Fussels. Astreine Abstammung. Mit Papieren. Sie setzte sich aufrecht hin und versuchte, gut auszusehen.

»Wir gehen einfach am Strand entlang und suchen uns ein nettes Häuschen. Und wenn es uns gefällt, erkundigen wir uns hier im Ort nach dem Besitzer und mieten es. Man sollte meinen, dass ein Magier und noch dazu einer in deinem Alter solche Probleme ohne Hilfe eines Hundes bewältigen könnte, oder?«, fragte sie mit ihrer heiseren Stimme zurück.

Für diese Aussage ließ FUMPP sie kurz nach frischem Babysaurierkot riechen, während er überlegte. Als er zu dem Schluss gekommen war, dass das wohl tatsächlich die einfachste Methode wäre, schüttelte er Pallina aus ihrer Ohnmacht wach und verpasste ihr, ungeachtet ihrer Proteste, einen verwegenen Neuwagengeruch.

Dann machten sich die beiden wohnungs-, arbeits- und ahnungslosen neuen Mitbürger der Bahamas auf den Weg, um das Erste der Probleme abzustellen.

Ein-Zimmer-Hängematte

Tief sog FUMPP die gute Meerluft ein, die man nur hier auf den Triple Bs geboten bekam. Das roch wie frisch gewaschene Wäsche mit einem Schuss beruhigendem Opium. Sein Lieblingsaroma bei Duftkerzen.

Pallina tollte am Strand herum und sprang wild hierhin und dorthin, sauste im Eiltempo an ihm vorbei und freute sich ihres Lebens. Wäre sie noch ein wenig größer gewesen, hätte man sie dank ihres Geruches mit einem Smart verwechseln können, doch so blieb sie einfach nur ein Fusselterrier mit gefälschtem Eigenduft.

FUMPP beachtete seinen treuen Hund nicht sosehr, wie die Stroh-Reihen-Häuser am Strand. Alles irgendwie wie ein enges Sträßchen in San Francisco. So unpersönlich und irgendwie unintim. Dafür aber bunt.

Traurig schüttelte er den Kopf. Es musste doch noch etwas Besonderes geben, etwas, dem er seine eigene, persönliche Note verleihen könnte. Es war nach § 34 und 35 ZBauGB (Zauber-Baugesetz-Buch) verboten, im Außenbereich ein nicht der örtlichen Norm entsprechendes Häuschen zu zaubern. Die Strafen dafür waren vielfältig und widerwärtig.

Man müsste damit rechnen, dass ein besonders strenger Bauaufsichtszauberer den stolzen Eigentümer samt dem kleinen Häuschen oder dem Palast, je nachdem, in die hinterste Galaxis auf einen Strafplaneten versetzte, wo man 30 Tage lang in abartig zusammengewürfelter Manier wohnen musste, bevor man reumütig zurückkehren und nochmals ein ordentliches Häuschen bauen durfte. Die Gesetze der Bahamas waren recht streng. Und schon wieder seufzte FUMPP.

 

»Ob ich mal eine Melodie seufzen sollte?«, fragte sich FUMPP, entschied sich dann jedoch dagegen, da er seinem potenziellen Vermieter möglichst positiv gestimmt entgegenzutreten beabsichtigte.

Nach wenigen Metern verbaute ihm ein Schrank von einem Bahamiker den Weg und stellte sich eifrig als Immobilienmakler vor.

»Mein Name ist ›Baha-Man Baushaus-Klaus‹«, sprach der Einheimische beinahe akzentfrei in Twaan-Dialekt.

Pallina kicherte, FUMPP grinste.

»Bau’s Haus, Klaus?«, fragte er zurück.

»Nein, Baushaus-Klaus. Klaus ist mein Mädchenname«, erklärte Baha-Man.

Pallina konnte nur mit Mühe einen Lachanfall unterdrücken und täuschte ein heiseres Kläffen vor, was man ihr auch tatsächlich abkaufte.

»Ach so, ja, Klaus ist also Ihr Mädchenname?«, stellte FUMPP fest und registrierte mit einem Seitenblick auf seinen grinsenden Hund, dass auch Pallina die Albernheit dieser Situation nicht entgangen war.

»Genau«, antwortete Baha-Man beiläufig (er war die Witze über seinen Namen gewohnt und reagierte nicht mehr darauf – was jeder Träger eines ungewöhnlichen Namens wird nachvollziehen können). Dann fuhr er, unbeeindruckt von dem Gekicher seiner Gegenüber, fort:

»Mir gehört hier eine Reihe von Immobilien und ich bin imstande, Ihnen auch einige Angebote im Namen der Insulaner anzubieten. Sehen sie zum Beispiel dort hinten das hübsche rosa Strandhaus mit den Pepita-Applikationen?«

Herr Baushaus-Klaus fuchtelte wild in die angegebene Richtung. FUMPP verzog ungläubig das Gesicht beim Anblick des Objektes. Pallina war weniger kompromissbereit. Sie übergab sich leise auf die Palmblatt-Sandalen von Manuelo Bloßnicht, die der Makler trug.

Angewidert starrte Herr Baushaus-Klaus auf sein beschmutztes 400 Baheller (abgekürzt 400 Bah), teures Schuhwerk. Doch in der Erwartung eines vorzüglichen Geschäftes mit einem so berühmten Zauberer (er hatte selbstverständlich FUMPPS Referenzen bei der örtlichen Mafia eingeholt) sah er großzügig darüber hinweg.

»Wenn Ihnen das Objekt zu unauffällig ist, hätte ich ihnen auch etwas Ausgefalleneres anzubieten«, säuselte er diensteifrig. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«

Er trat beiseite und ließ FUMPP an sich vorbeigehen. Hinter einigen der nächstgelegenen Palmen sahen sie dann das Traumhaus mit Pool und Wikingerflair, das dermaßen deplatziert wirkte, dass FUMPP sprachlos auf die Anlage starrte.

»Ah, ich sehe, Sie sind begeistert«, jubelte Baha-Man Baushaus-Klaus und rieb sich die Hände. »Aber wir hätten selbstverständlich noch etwas in einer etwas höheren Preisklasse mit noch ausgeprägterem Stil!«

»Von welcher Preisklasse sprechen wir denn hier?«, fragte FUMPP schüchtern, immer noch geschockt von dem üblen Anblick.

»Nun, wie viel Geld wollten Sie denn in etwa anlegen?«, beantwortete Herr Baushaus-Klaus die Frage mit einer Gegenfrage. FUMPP zögerte.

»Nun, äh, im Moment besitze ich leider noch kein Bargeld, ich war noch nicht beim LAAM ...«

»WAS?«, schrie Baha-Man Baushaus-Klaus dazwischen. »Sie sind pleite und vergeuden hier meine wertvolle Zeit? Ich glaube, ich spinne.« Wütend stapfte er davon.

»Halt, bitte warten Sie doch!«, rief FUMPP ihm nach. »Ich werde in einigen Tagen mein erstes Geld erhalten und kann doch dann immer noch bezahlen. Ich schwöre es! Ich bin auch gerne bereit, zunächst in einem kleineren Gebäude mit insulanischerem Ambiente auszuharren, bis ich mir etwas Richtiges leisten kann.«

»Insulanisches Ambiente?«, höhnte Herr Baushaus-Klaus. »Na gut, dann erlaube ich Ihnen, in Abschnitt C 3 beim Strandturm gratis im Sand zu schlafen. Mit Ausblick nach hinten auf den insulanischen Flair und nach vorn auf die Weiten des Ozeans.«

Und dann wendete er sich ab und stapfte durch den Palmenhain davon. FUMPP und Pallina hörten ihn noch eine Weile wütend vor sich hin schimpfen.

»Na gut, dann suchen wir Strandabschnitt C3«, seufzte FUMPP erneut und machte sich auf den Weg zurück an den Strand. Pallina war schneller als er und bremste mit voller Wucht, als sie das Schild am Strand sah:

›C3. Geschlossen.

Strandnutzung auf eigene Gefahr.

Magieverseucht‹

»Das kann ja heiter werden«, sagte FUMPP, obwohl er natürlich keine Angst vor der Verseuchung hatte, die er nebenbei bereits mit einem Fingerschnippen beseitigte. Aber würde es nicht Gaffer anziehen, wenn er hier auf einem bekanntermaßen verseuchten Gebiet kampierte? Nun, im Moment hatte er keine andere Wahl.

Er zauberte ein neues Schild ›Home Sweet Home‹ und legte sich daneben in den warmen Sand. Nach einer Weile wurde es jedoch merklich unangenehm, denn die Sonne brannte unbarmherzig auf seine hohe Stirn und der Sand war heiß wie ein Saurierfurz.

Schließlich sprang FUMPP entnervt auf und wischte sich den heißen Hintern ab. Dann zauberte er sich eine schicke zauberblaue Luftmatratze, auf der er Platz nahm und leicht einnickte. Doch plötzlich weckte ihn ein lautes Geräusch gefolgt von einem verdächtigen Zischen, von dem er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermutete, dass soeben die Luft aus der Matte entwich, die in der Sonne geplatzt war.

»Verdammt«, rief FUMPP und sprang erneut genervt auf. Zum Glück hatte er eine spontane Idee.

»Wenn ich schon nicht im Außenbereich bauen darf, dann erstelle ich eine Übergangslösung: eine Ein-Zimmer-Hängematte ohne Bad und WC«.

Flugs zauberte er eine stabile Palme an den Strand und gleich dazu eine Hängematte, die sich zwischen Palme und Strandturm spannte. Überdacht mit einer Zeltplane in Sternhimmel-Optik versteht sich.

Zufrieden trat er einen Schritt zurück. Pallina schaute skeptisch zu ihm auf. Die Hängematte sah nun nicht wirklich wie eine Hängematte aus, denn sie maß rund 12 auf 20 Meter, aber das würden nur Kleingeister und Beamte bemängeln.

Auf die Matte platzierte FUMPP flugs eine schicke Appartement-Einrichtung mit Sofa, Schreibtisch, Bett und TV und auf ein Räuspern von Pallina hin natürlich einen luxuriösen Hundeplatz. So ließ es sich aushalten. Wenn es natürlich auch streng verboten war, diese unverzollten Gegenstände herbeizuzaubern.

»Die verzollen wir gleich morgen früh, zusammen mit dem Rest«, beruhigte FUMPP seine treue Gefährtin und warf sich glücklich auf sein Sofa, von wo aus er seinen Satellitenfernseher einschaltete.

Ah, seine Lieblingsserie: "Charmed", Staffel 100. Nun, die Mädels waren nicht mehr so knackig wie in der ersten Folge, aber jeder altert mal. Betroffen fuhr er sich mit der Hand über die zunehmend größer werdende Stirn, verdrängte den Gedanken jedoch sofort wieder.

Zufrieden lehnte er sich dann zurück und ließ sich in die Welt der Hexen, wie er sie selbst gar nicht kannte, entführen. Wohl oder übel schaute sich Pallina die Serie ebenfalls an, war aber nicht so sehr an den Hauptdarstellerinnen und der Gefolgschaft ihrer Urururenkel interessiert, sondern eher an den magischen Katzen.

Die würde sie gerne mal jagen und zur Strecke bringen! Jetzt seufzte auch Pallina. Und so fand der erste Abend in ihrem neuen Zuhause einen gemütlichen Ausklang, doch sie ahnten ja nicht, dass diese Gemütlichkeit nicht lange anhalten würde.

LAAM oder LAHM?

Schon früh am nächsten Morgen waren die beiden neuen Bahamesen wach und FUMPP ließ vorsichtshalber seine Ein-Zimmer-Hängematte verschwinden. Welches Glück, dass niemand seine Zauberkunst bemerkt hatte, sonst wäre er jetzt irgendwo in den Slums des Strafplaneten aufgewacht. Zufrieden betrachtete er den Strandabschnitt C3. Er sah aus wie vorhin.

»Ob ich ihn auch wieder magieverseuchen sollte?«, fragte er Pallina grinsend, doch die hatte sich bereits umgedreht, um ein morgendliches Bad im Ozean mit anschließendem Suhlen im Sand zu genießen.

Danach konnte man sie beim besten Willen nicht mehr mit einem Smart verwechseln. Sie sah eher aus wie ein alter Geländewagen. Auch der Neuwagengeruch hatte merklich nachgelassen. Weil es mittlerweile auch nicht mehr witzig war, entfernte FUMPP die restlichen Duftatome aus ihrem Fell, zauberte sie sauber und machte sich mit ihr auf den Weg zur Zollbehörde, wo er ungewohnt kompetent und schnell bedient wurde.

Gegen Vorlage seiner letzten Arbeitsbescheinigung und eines polizeilichen Führungszeugnisses durfte er die fälligen Zollgebühren sogar anschreiben lassen, bis er vom LAAM das erste Geld erhalten hatte. Zufrieden schlenderte FUMPP in das gegenüberliegende Einwohnermeldeamt, wo er rasch die Formalitäten erledigte und sich als ›wohnhaft am Strand, Abschnitt C3‹ eintrug.

»Das ist aber mal einfach«, wunderte sich FUMPP. »Da muss ich wohl meine Meinung von den Beamten wieder revidieren. Die sind ja alle sehr nett. Daran könnte man sich beinahe gewöhnen!

Jetzt müssen wir nur noch kurz zum LAAM, dann können wir am Strand ganz regulär und berechtigt unser Häuschen bauen und einrichten.«

FUMPP wedelte vor Pallinas Nase mit der ›Bescheinigung zum Tele-Import magischer Besitztümer, wie aus Anlage 1 bis 3 ersichtlich und beglaubigt.‹

Man hätte nur noch eine notariell beglaubigte Erlaubnis des Baha-Man Baushaus-Klaus gebraucht, aus der das Strandwohnrecht für FUMPP hervorging, doch wie der Zufall es wollte, war der Zollbeamte ein Bruder von Baha-Man Baushaus-Klaus, Zölli-Bat Intrastat, und der hatte von seinem Bruder schon die Geschichte des ›bekloppten Penners‹ gehört, den Baha-Man ›an den ver*****ten Abschnitt C3 verfrachtet‹ hatte, weil da sowieso kein normaler Mensch wohnen will, Zauberer oder nicht.

Zölli-Bat hatte also einen von sich selbst beglaubigten Vermerk eingetragen und Durchschläge angefertigt für den Notar, der die Richtigkeit der persönlichen Beglaubigung später beglaubigen würde, das Einwohnermeldeamt, das LAAM, das Finanzamt (in der Inselsprache ›Zack Zack Baha‹, was soviel heißt wie: ›Her mit dem Zaster!‹) sowie weiteren Durchschlägen für die geheime Insel-Mafia (Tarnname: Die Surfer) und deren Spione.

Das LAAM befand sich in einem mehrstöckigen, versifften Gebäude, wo es vor unfreundlichen Leuten (Klienten und Berater) nur so wimmelte. Die Kunden waren unfreundlich, weil sie es hassten, hier zu sein und die Mitarbeiter waren unfreundlich, weil sie es hassten, hier zu sein. Somit waren alle irgendwie auf einem Level.

FUMPP betrat das LAAM durch den Haupteingang und blieb unschlüssig stehen. Pallina schnupperte angewidert in die ein oder andere Ecke.

»Überhaupt kein Ambiente hier«, kläffte sie enttäuscht und blieb dann bei Fuß, um sich in dem großen Gebäudekomplex nicht zu verlaufen. FUMPP wandte sich an den dicken Mann an der Pforte, der ihn zunächst volle fünf Minuten nicht beachtete, weil er bemüht war, im Zweifingersuchsystem sein Passwort einzugeben, um den PC starten zu können.

Nach einigen Misserfolgen nahm er den Hörer ab, wählte eine 6-stellige Nummer und rief die Kollegin zu Hilfe, die hinter ihm im Zimmer saß und die Post sortierte. Nach ersten telefonischen Ratschlägen, die leider zu nichts führten, bemühte sich die gelangweilte Dame dann zu dem dicken Herrn nach vorn. Als sie zu FUMPP Blickkontakt bekam, sah sie ihn vorwurfsvoll an.

»Was wollen Sie?«, fragte sie dann und blickte kritisch über den Brillenrand.

»Ich wollte nur wissen, wo ich mich arbeitslos melden muss!«, sagte FUMPP freundlich und hätte am liebsten geseufzt. Er ahnte bereits auch ohne Zauberkugel, dass er hier wohl eine ganze Weile beschäftigt sein würde.

»Sie können sich erst melden, wenn sie alle Formulare beisammenhaben, die wir von Ihnen brauchen. Und die Formulare bekommen sie nach ihrer Arbeitslosmeldung hier von der Pforte.

Die Fragebögen nehmen Sie mit nach Hause und bringen Sie dann, wenn Sie soweit sind. Sie erhalten von uns eine Einladung zu Ihrem Vermittlungstermin, was aber nicht dasselbe ist, wie der Termin zur Bearbeitung Ihrer Arbeitslosmeldung.

Den bekommen Sie erst, wenn Sie die Formulare alle haben. Noch Fragen?«

FUMPP hatte nur Bahnhof verstanden. Die Erklärung schien ihm irgendwie wirr und unlogisch, doch als er sich ratlos am Tresen wand, blickte ihn jetzt auch der dicke Mann wieder an.

»Was denn noch?«, fragte er barsch.

»Ich möchte mich arbeitslos melden«, sagte FUMPP entkräftet.

 

»Dann warten Sie hier, bis ich Ihnen die Formulare ausgedruckt habe«, befahl der Dicke und tippte weiter auf dem Bildschirm herum.

FUMPP flehte innerlich zu den Göttern, doch die schienen ihren Spaß daran zu haben, ihn leiden zu sehen und so zog sich die ganze Sache noch eine Weile hin, bevor FUMPP mit einem schweren Bündel verschiedener Formulare und Merkblätter, deren Empfang er jeweils quittieren musste, endlich das Gebäude verlassen konnte.

Aufgrund des Umfangs hatte er sich einen Rucksack herbeigezaubert, der glücklicherweise im Formular ›Bescheinigung zum Tele-Import magischer Besitztümer wie aus Anlage 1 bis 3 ersichtlich und beglaubigt‹ aufgeführt war. Pallina gähnte und grinste ihn schadenfroh an.

»Du brauchst dich überhaupt nicht zu freuen«, herrschte FUMPP sie an.

»Nach der neuen Vorschrift X358 und der Ausführungsverordnung hierzu müssen sich auch ›Hunde der in Absatz 5 Hundegesetz genannten Rassen, die den arbeitslosen Zauberern magisch dienen‹, arbeitslos melden.

Sag danke, denn ich habe die Formulare gleich für dich besorgt, obwohl ich dafür noch beim Hundebeauftragten anstehen musste, der zuerst deine Abstammung geprüft hat! Ach was, ich erspar‘ dir die Details. Viel Spaß beim Ausfüllen!«

FUMPP warf der verdutzten Pallina einen eingerollten Stapel Papiere zu, die diese nach einem prüfenden Blick ins FUMPPS Gesicht fassungslos aufnahm und ihm dann hinterhersprang. Es war kein Witz gewesen, sie hatte jetzt auch den Status eines arbeitslosen ›Hundes, der einem arbeitslosen Zauberer magisch dient‹ und musste als solcher ebenfalls vermittelt werden. Es lebe die Bürokratie!

Steuerberater und Großwildjäger

FUMPP war nach diesem behördenreichen Tag mächtig schlecht gelaunt und wollte nur noch nach Hause zu Abschnitt C3. Zuerst hatte er gar nicht daran gedacht, dass er sein Haus erst noch entwerfen musste, bevor er es bewohnen konnte. Man könnte daraus schließen, dass sich seine Laune auf keinen Fall besserte und so war es auch.

Vor lauter Wut ließ er gleich einen Schwarm Stechmücken implodieren, die sich ihm näherten, auf der Suche nach einem warmen Drink. Dann schmiss er die Aktenmappe vor dem alten Strandturm in den Sand und atmete zunächst einmal tief durch.

Pallina hatte Mühe gehabt, mit FUMPP Schritt zu halten und war noch viel schlechter gelaunt als ihr Herrchen. Sie ließ die Unterlagen in den Sand fallen und sich gleich daneben. Dann hechelte sie laut und vernehmlich.

»Du hättest ruhig auch etwas Rücksicht auf mich nehmen können!«, schimpfte sie drauflos. »Hunde können nicht schwitzen, nur hecheln und das auch nicht mit einem Stapel Behördenformularen im Maul!«

»Mir doch wurscht!«, gab FUMPP unfreundlich zurück. »Ich muss schließlich genau denselben Scheiß ausfüllen! Und dazu habe ich überhaupt keine Lust!«

Wütend kickte er eine leere Muschel aus dem Weg, da hörte er es heftig im kleinen Gebüsch zwischen den Palmen rascheln. Ob das ein wildes Tier war? Gespannt richtete auch Pallina die Ohren auf. Da schälte sich vorsichtig eine kleine Gestalt in schwarzer Hose und aufgeschlagenen weißen Hemdsärmeln aus dem Grün heraus und blickte FUMPP panisch an.

»Herrje«, meinte FUMPP mitleidig. »Das ist einer der seltenen und berühmten wild lebenden Steuerberater. Ich dachte, die sind schon ausgestorben.«

Pallina blickte ihr Herrchen an, als hätte dieser den Verstand verloren. FUMPP fing den Blick auf und begann zu erklären.

»Also da gab es einmal eine berühmte Steuerberater-Elite, das waren die Besten der Besten und die waren so voll mit Aufträgen, dass sie alle gleichzeitig ein schweres Burn-out-Syndrom bekamen und sich mit ihren Schwarzgeldern hierher auf Triple B zurückzogen.

Doch jedes Jahr im April oder Mai ging dann die Jagd auf sie los, wenn verzweifelte Geschäftsmänner ihre Steuererklärung nicht fertigbekamen. Sie reisten mit einem Kaffee-Fahrten-Bus auf die Triple Bs, jagten die Steuerberater mit Betäubungsgewehren und schleppten sie in ihre Büros, um die Steuererklärung fertigstellen zu lassen.

Wenn alles zur Zufriedenheit erledigt war, wurden die Steuerberater wieder ausgewildert und durften zurückkehren. Wenn nicht, wurden sie fälschlicherweise des Steuerbetruges angeklagt und verbrachten ihre letzten Lebensjahre im Knast. Traurige Geschichte.«

Und nach einem Blick auf seine Galaxie-Gesamtzeit-Uhr fügte FUMPP hinzu:

»Und jetzt haben wir Ende April. Die Jagd ist wieder eröffnet!«

Der Steuerberater erkannte dank seiner gut ausgeprägten Instinkte sofort, dass ein arbeitsloser Magier keine Gefahr für ihn darstellte. Der Koffer neben ihm ließ darauf schließen, dass er soeben vom LAAM zurückkehrte und Hilfe brauchen würde beim Ausfüllen der Formulare.

Das war zwar nicht das Spezialgebiet eines Steuerberaters, aber mit ein paar geeigneten Zahlen und Informationen auf den Formularen wären die LAAMs überfordert, was sie nicht zugeben konnten und würden den armen Magier in Ruhe lassen. Das war eine gute Verhandlungsbasis. Schnell huschte der kleine Steuerberater auf FUMPP und Pallina zu und rief:

»Asyl. Bitte. Asyl! Ich helfe dir auch beim Ausfüllen der LAAM-Formulare!«

Flehend sank der Steuerberater in den Sand und blickte sich gehetzt um. Pallina wedelte und schob ihm auch ihren Stapel Formulare zu. Der Steuerberater grinste trotz seiner Verzweiflung und sagte »Ja, und deine natürlich auch, meine Süße!«

Pallina fühlte sich geschmeichelt und war bereit, sich den Verfolgern entgegenzuwerfen, die man schon im Gestrüpp näherkommen hörte. Und auch riechen konnte, fügte Pallina bei der Gelegenheit hinzu und rümpfte die Nase.

»Einverstanden«, sagte FUMPP erleichtert und schüttelte dem Steuerberater die Hand.

Als die Meute Großwildjäger in Nadelstreifen johlend durch das Gebüsch brach und orientierungslos stehen blieb, konnten sie nur einen arbeitslosen Magier und seine beiden Hunde beim Bau eines neuen Hauses entdecken und mussten enttäuscht und unverrichteter Dinge wieder abrücken. Manch einem gingen bei der Gelegenheit die Nerven durch und er begann zu weinen.

Doch die Kollegen sprachen ihm dann Mut zu, rückten ihm die Krawatte zurecht und führten ihn fürsorglich wieder in den Palmenwald zurück, wo es noch andere Exemplare auf der Flucht gab.

Kaum war die Meute außer Sicht und die Gefahr gebannt, verwandelte FUMPP den Steuerberater wieder zurück und bat ihn, in das neue Heim einzutreten, wo er sich am neuen Schreibtisch sofort an die Arbeit machte, während FUMPP und Pallina erleichtert einen kleinen Spaziergang unternahmen. Bereits wenige Meter vom Strand entfernt, sahen sie eine Reihe kleiner Höhlen im Boden, die aber vom Umfang her zu groß waren, um Kaninchen oder Ratten zu beherbergen.

»Das sind bestimmt die Höhlen der Brummbären!«, vermutete FUMPP.

»Was sind denn Brummbären?«, fragte Pallina verdutzt. »Alle Bären brummen doch!«

»Ja, aber das sind ganz besondere Bären, die es nur auf den Bahamas gibt!«, antwortete der Magier.

»Die Brummbären sind Einzelgänger, die durch den Wald wandern und sich nur vermehren, wenn sie einen Brummkäfer sehen. Das löst den biologischen Prozess aus, der dem Bären viele kleine Brummbeeren auf dem Rücken wachsen lässt. Das sieht aus wie Pickel.«

Pallina verzog angewidert das Gesicht.

»Und diese Beeren brummen dann, bis sie eine bestimmte Frequenz erreicht haben. Dann fallen sie ab und rennen schnell zum nächsten Haselstrauch, der hier nicht so sehr verbreitet ist.

Dort klettern sie hoch, verpuppen sich und warten ab. Sobald sie geschlechtsreif sind und ihr Geburtsgewicht von ca. 200 kg erreicht haben, fallen sie einfach ab und sind frei.

Außer, wenn sich mehrere Brummbeeren an demselben Strauch einnisten. Das hat schon zu bösen Unfällen geführt ...«

FUMPP schüttelte traurig den Kopf.

»Aber deshalb gibt es ja nicht so viele Brummbären mehr und das ist ein Glück für die Steuerberater, weil die dann die leer stehenden Höhlen als Versteck nutzen können.

Das hat schon Charlie Derwisch bei seiner Artenlehre vor Hunderten von Jahren erkannt und verbreitet. Damals gab es natürlich auch noch viel mehr Brummbeeren!«

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