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4.11 Roger Melis

Der in der DDR lebende Berliner Fotograf Roger Melis (1940-2009) war ein Mitbegründer des ostdeutschen Fotorealismus. Er arbeitete in der Mode- und Reisefotografie. Er legte ein Städteportrait von Paris vor und war im Kaukasus mit seiner Kamera unterwegs. Bekannt wurde er durch seine Portraitbilder von Schriftstellern wie Heiner Müller, Christa Wolf, Günter Grass und Aufnahmen der Schauspieler Katharina Thalbach und Manfred Krug. Melis hatte den Anspruch, frei und unabhängig von Ideologie und Zensur zu arbeiten. Er nahm den ungestellten Alltag der Menschen in der ehemaligen DDR auf, war als Straßenfotograf aktiv und fotografierte Hinterhöfe. Melis dokumentierte das Waldsterben im Erzgebirge. Als Chronist seiner Zeit erzählte er mit seinen Bildern Geschichten, die Einsichten über den Zustand seines Landes lieferten. Seine Reportagefotografien wurden u.a. in der WOCHENPOST, der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, der ZEIT und in GEO veröffentlicht (vgl. Melis 1986, 1992, 2007, 2008, 2010).

4.12 Sebastião Salgado

Der 1944 in Brasilien geborene Fotograf, Fotoreporter und Umweltaktivist Sebastião Salgado arbeitete u.a. für die Magnum Agentur in New York. Er steht in der Tradition der sozialdokumentarischen Fotografie und übte seinen Beruf in mehr als 60 Ländern, u.a. in Lateinamerika und Afrika aus. Mit Unterstützung von Sponsoren verfolgte er seine Großprojekte über mehrere Jahre, zeigte Einwanderer in Frankreich und dokumentierte die Hungerkatastrophe im Sahel. Sein Engagement gilt der Entwicklungspolitik. Er machte Alltagsaufnahmen von Festen in ländlichen Gebieten, dokumentierte Arbeitsprozesse von der maschinellen Bleiverhüttung in Kasachstan und der Ölförderung in Aserbaidschan, wobei er stets einen respektvollen Abstand zu seinen Motiven einhielt. Seine Bilder zeigen die grausamen Konsequenzen von Kriegen, Wirtschaftskrisen und Terror, die zu Fluchtbewegungen geführt haben. Salgado war zufällig in Washington vor Ort, als am 30. März 1981 ein Attentat auf den damaligen amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan verübt wurde. Mit den Bildern von dem Anschlag hat er seine Projekte finanziert, bei denen er auch für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zusammengearbeitet hat. Er setzte sich gegen die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes ein. Neun Jahre arbeitete Salgado am Projekt Genesis, bei dem er unberührte Landschaften zeigte. Die Aufnahmen wurden im Natural History Museum London und in einem Bildband gezeigt. Der Dokumentarfilm Das Salz der Erde (2014) von Wim Wenders liefert ein Porträt über Salgado, dass bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2014 mit dem Spezialpreis ausgezeichnet wurde. 2019 wurde der Fotograf mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet (vgl. Stepan 2008, Koetzle 2017, Salgado 2019).

4.13 Robert Mapplethorpe

Der Amerikaner Robert Mapplethorpe (1946-1989) galt als Kulturfotograf der 1980er Jahre. Er arbeitete u.a. mit Porträts, Blumenstilleben und Körperstudien. (vgl. Koetzle 2017). Seine Arbeiten wurden als Provokation wahrgenommen:

„Das eigentlich Schockierende bestand dann in der formal perfekten Inszenierung von Praktiken, zu der auch S & M und Bondage gehörten. Er bediente sich der Ikonographie des Pornos und zelebrierte mit höchstem fotografischem Raffinement: eine beißende Synthese.“ (Stepan 2008, S. 145)

Die umstrittenen Bilder des Fotografen zeigten explizite Männerakte, erotisch aufgeladene Blumenstudien, Totenschädel, einen Zyklus über die erste Weltmeisterin im Frauen-Bodybuilding, sowie Portraits und Selbstbildnisse des Künstlers (vgl. Mapplethorpe 1983). Besonders viel Empörung haben seine Aufnahmen männlicher Geschlechtsteile ausgelöst. Derartige Bilder wurden als pornografische Provokation wahrgenommen.

4.14 James Nachtwey

Der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfotograf und Kriegsberichterstatter James Nachtwey wurde 1948 geboren und hat „als unerbittlicher Schilderer internationaler Kriege und Konflikte“ (Koetzle 2017, S. 418) weltweit Aufnahmen vom Leid der Menschen in den Krisenregionen gemacht. Er hat u.a. aus Rumänien, Nord-Irland, Israel, Tschetschenien, Bosnien, Ruanda, Zaire, Somalia und dem Sudan berichtet, Bilder von Hungernden, Verstümmelten und Toten sowie deren Angehörigen gezeigt. Er war bei Kampfhandlungen dabei und hat Hinrichtungen fotografiert. Seine Aufnahmen zeigen weiterhin Gefängnisinsassen, Aids-Kranke und Umweltverschmutzungen. Bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 war er Augenzeuge und bei den Rettungsarbeiten am Ground Zero dabei. Er wurde im Irakkrieg 2003 selbst schwer verwundet (vgl. Funk 1997). Seine Arbeiten, die u.a. in GEO, dem STERN, TIME, LIFE und NATIONAL GEOGRAPHIC, aber auch in Fotobänden erschienen sind, dokumentieren das Mitgefühl mit den Opfern von Kriegen und Armut. Sie verfolgen den Anspruch als Anti-Kriegsbilder in Erscheinung zu treten (vgl. Koetzle 2017).

4.15 Andres Serrano

Tod, Sexualität, Armut, Gewalt und Religion gehören zu den Themen die der 1950 geborene US-amerikanische Fotokünstler Andres Serrano, der als Maler und Bildhauer gearbeitet hat, in seinen Arbeiten aufgreift. Er verwendet dafür Körperflüssigkeiten wie Blut, Urin und Sperma und hat Bilder von verstorbenen Menschen aus dem Leichenschauhaus vorgelegt. Das Einverständnis der zuständigen Gerichtsmediziner lag zwar vor. Die Verstorbenen und Angehörigen haben die Erstellung und Veröffentlichung dieser Fotos jedoch nicht autorisiert. Die Identität der Toten ist auf den Aufnahmen nicht zu erkennen.

„Viele Fotografien zeigen eine Konzentration auf Körperöffnungen: Augen, Ohren, Mund, Wunden. Oft sind es auch Teile des Körpers, die mit der Todesursache in Verbindung stehen. Eine Folge davon ist, dass es sich meist um extreme Nahaufnahmen handelt. So lenkt Serrano den Blick der Betrachtenden weniger auf die abgebildeten toten Menschen als Individuen, als auf deren Todesursache und deren Sterben. Dabei hat Andres Serrano nicht die Absicht zu schockieren.“ (Guthmann 2002)

Neben Bildern aus der Pathologie hat der Fotograf Aufnahmen von Obdachlosen publiziert und Plattencover der Band Metallica gestaltet. Zu den Werken von Serrano gehört die Aufnahme Piss Christ aus dem Jahr 1987, in der ein Kruzifix in einem mit Urin gefüllten Plexiglas präsentiert wird. Es gab Proteste aus dem Kreis der Kirche und von zwei amerikanischen Senatoren (vgl. Koetzle 2017).

4.16 Martin Parr

Skurrile Urlaubs-, Konsum- und Freizeitszenen mit komischen Elementen in grellen Farben gehören zu den Motiven des im Jahr 1952 geborenen Fotografen Martin Parr, der Mitglied der renommierten MAGNUM-Fotoagentur ist (vgl. Koetzle 2017). Er zeigt u.a. gut genährte Familien in England beim Sonnenbaden am Strand und beim Verzehr fettiger Speisen.

„Von Empfängen der Aristokratie bis zur Würstchenbude flaniert er durch die verschiedensten Lebenswelten. […] Das Rot der Sonnenbrände kommt Parr zu Passe, um die Farben von Leibern, Handtüchern und Meer ins Unwirkliche zu steigern.“ (Stepan 2008, S. 161)

Parr hält das Hässliche und geschmackliche Entgleisungen im Bild fest. Er zeigt seine Eindrücke des Massenkonsums und folgt nicht dem gängigen Muster der Verschönerung durch Retusche derartiger Motive. Seine Aufnahmen können als Sozialkritik interpretiert werden. Kritiker werfen ihm vor, dass sein Fotostil zu provokant sei und er sich über die von ihm in peinlichen Alltagssituationen fotografierten Menschen lustig mache. Insofern stellt sich die Frage, ob die von Parr aufgenommenen Personen damit einverstanden sind, dass deren Fotos veröffentlicht werden.

4.17 Bettina Rheims

Die 1952 in Paris geborene Fotografin Bettina Rheims hat in der Werbung, der Musik- und Filmbranche, der Modefotografie sowie als Fotomodell gearbeitet, aber auch Aktporträts, Bilder von Stripperinnen, Akrobaten, Transsexuellen und androgynen Jugendlichen vorgelegt. Ihre Arbeiten, die an erotische Aufnahmen von Helmut Newton und Robert Mapplethorpe erinnern, provozieren, sind verstörend, werden als Tabubruch und vulgär klassifiziert. Geschlechtliche Identität wird ebenso thematisiert wie der Exhibitionismus und Voyeurismus. Die Bilder von Rheims erschienen in großen Magazinen wie ELLE und PARIS MATCH und wurden u.a. im Deutschen Historischen Museum in Berlin ausgestellt (vgl. Kienzle 2017).

4.18 Cindy Sherman

Die 1954 geborene Künstlerin Cindy Sherman hat sich in ihrer Performance selbst ins Bild gerückt. Sie setzt sich aus einer feministischen Perspektive konzeptionell mit Aspekten der Identität, Inszenierung, Körperlichkeit und Sexualität im Rahmen ihrer Fotoserien auseinander, die medien- und kulturkritisch interpretiert werden. Dabei zeigt sie weibliche Stereotypen und Klischees gängiger Frauenbilder u.a. als Sexsymbol und Opfer auf. Im Rahmen fotografischer Selbstportraits schlüpft sie in unterschiedliche Kostüme und nutzt dabei Masken, Schminke und Perücken, die Entfremdungseffekte erzielen. Insofern verfügt sie bei jeder Aufnahme über ein anderes Aussehen. In Arbeiten, die durch den Einsatz von Prothesen und Schaufensterpuppen sexuelle Handlungen simulierten, wurden Schockeffekte erzeugt, die Kritik hervorgerufen haben.

 

„Shermans Spiel mit kollektiven Mythen und Stereotypenlenkt die Aufmerksamkeit der Betrachterinnen (ebenso wie der Betrachter) auf ihre wirklichkeitskonstituierende Funktion, eingebaute Irritationsmomente lösen zusätzliche Reflexionsprozesse aus.“ (Rimmele/Stiegler 2012, S. 97)

Sherman ist sehr erfolgreich. Sie gehört zu den höchstdotierten Vertretern der postmodernen Fotografie und hat im Jahr 2000 den Hasselblad Award für ihr Gesamtkunstwerk als Auszeichnung erhalten (vgl. Busch 1995, Knape 2000, Galassi/Sherman, Schor 2012, Schirn Kunsthalle Frankfurt 2014, Koetzle 2017).

4.19 Andreas Gursky

Der 1955 geborene Andreas Gursky gehört zur sogenannten Becher-Schule und ist einer der weltweit erfolgreichsten zeitgenössischsten Fotografen. Dabei nutzt er die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung.

„In Gurskys Bildern sucht man detektivisch nach den Schnittkanten der montierten Einzelbilder und nach Scharnieren seiner Perspektivwechsel. Die Vervielfachung der motivischen Module gibt dem Betrachter unterhaltsame Bilderrätzel auf. Fotografischer Illusionismus und filmische Effekte vor allem sind es, die immer wieder Eindruck machen.“ (Stepan 2008, S. 165)

Der Künstler arbeitet mit extremen Großformaten. Er fotografiert u.a. Landschaften, Gebäude, Innenräume, Hafenszenen, Straßen, Hochhäuser, Kulturereignisse, Messen und Sportstätten aus einer größeren Distanz (vgl. Koetzle 2017). Seine farbigen Bilder werden durch Montagetechniken computergestützt bearbeitet. Insofern verfolgend die komponierten Werke über keinerlei Authentizitätsanspruch. Gursky Vorgehen ist nicht problematisch, da er als Fotokünstler keinen dokumentarischen Anspruch erhebt und seine Bildbearbeitungstechniken transparent macht (vgl. Syring 1998, Kunstmuseum Basel 2008).

4.20 Juergen Teller

Der 1964 in Erlangen geborene Fotograf Juergen Teller arbeitete zunächst in der Musikbranche und porträtierte Musiker wie Björk, Elton John und Herbert Grönemeyer für Plattencover. Er ist als Modefotograf und in der Werbung tätig. Seine Bilder finden sich u.a. im Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, im STERN und der VOGUE. Teller gestaltete Kampagnen für HUGO BOSS, LOUIS VITTON und CALVIN KLEIN. Die ungeschönten Aufnahmen zeigen nicht nur makellose und durch digitale Technik bearbeitete Fotomodelle, sondern auch Hautunreinheiten und Narben. Es liegen zahlreiche Aufnahmen von Prominenten wie Charlotte Rampling, Kim Kardashian, Victoria Beckham und Kate Moss von ihn vor. Es hat sich selbst unbekleidet fotografiert. Seine Bilder wurden in den Museen in Paris, Wien, London und Erlangen ausgestellt (vgl. Koetzle 2017).

4.21 Terry Richardson

Der 1965 geborenen US-amerikanische Fotograf Terry Richardson war als Modefotograf u.a. in Paris und London tätig. Es arbeitete u.a. für die Unternehmen MERCEDES BENZ, HUGO BOSS, GUCCI, DIESEL, BULGARI, ESPRIT, H&M, MANGO und SISLEY. Richardson verfolgt in seinen Arbeiten eine sogenannte Schnappschuss- oder Knipserästhetik, die bei Privataufnahmen von Amateuren eingesetzt und als Provokation wahrgenommen wird. Seine Darstellungen von Körperlichkeit werden als Porn Chic oder Soft Porno klassifiziert, da er Einzelpersonen oder Paare ablichtet, die sexuelle Handlungen vor der Kamera vollziehen. Seine Fotos seit den 1990er Jahren wurden u.a. in den Magazinen HARPER’S BAZAAR, ROLLING STONE, VAINITY FAIR und VOGUE abgedruckt. Prominente wie Barack Obama, Lady Gaga, Paris Hilton, Miley Cyrus, Rihanna, Mila Kunis, Beyonce und Kate Moss wurden von ihm fotografiert. Es gilt als einer der umstrittensten, aber auch am besten bezahlten Fotografen der Welt. Richardson wurden sexuelle Übergriffe von Models vorgeworfen, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Zwischenzeitig wurden seine Bilder auf dem Titel der amerikanischen VOGUE zumindest vorübergehend nicht mehr abgedruckt. Der Condé Nast-Verlag möchte die Zusammenarbeit mit dem Fotografen beenden (vgl. Glander/Wecker 2017, Koetzle 2017).

4.22 Till Mayer

Der Fotograf und Journalist Till Meyer ist 1972 geboren. Er arbeitet mit dem Roten Kreuz/Roten Halbmond, Handicap International und anderen Hilfsorganisationen zusammen. Mayer bereiste zahlreiche Kriegs- und Krisenländer sowie Katastrophengebiete in Afrika, Asien und Europa. Seine Aufgabe als Informationsdelegierter des Roten Kreuzes führte ihn unter anderem auf den Balkan, in die Türkei, nach Sri Lanka, in den Irak und den Iran. Mayer arbeitet er für SPIEGEL-ONLINE sowie weitere Zeitungen und Magazine. Seine Fotos werden weltweit in Ausstellungen gezeigt. Er ist Autor mehrerer Bildbände und hat zahlreiche Auszeichnungen für sein humanitäres Engagement erhalten (vgl. Mayer 2014).

5 Fotojournalismus

„Fotojournalisten leben und arbeiten heute in einem sehr komplexen Berufsfeld. Auf der einen Seite werden von ihnen extrem hohe ethische und moralische Stand abverlangt, die vom Umgang mit den Fotografierten, über die Recherche und die Garantie der Wahrhaftigkeit der übermittelten Informationen bis zum Bann jeglicher digitalen Manipulation reichen. Auf der anderen Seite sind sie in einem hoch kompetitiven Geschäftsfeld tätig, in dem nur eine Finanzierung über verschiedene Kanäle das eigene Auskommen sichert.“ (Koltermann 2014, S. 56f.)

Die Fotojournalismusforschung ist nicht so etabliert wie andere Wissenschaftsdisziplinen. Koltermann (2019, S. 211) weist darauf hin, dass die „Erforschung von Akteur_innen und Strukturen des Fotojournalismus in der Kommunikationswissenschaft immer noch vernachlässigt“ ist, obwohl der Fotojournalismus neben der Amateurfotografie, der Werbung und der Kunst nach wie vor das führende Genre der Bildvermittlung darstellt.

Bild- oder Fotojournalisten sind der Definition des Deutschen Journalisten-Verbandes zufolge ebenso Berichterstatter wie Wortjournalisten. Zu den bildjournalistischen Darstellungsformen gehören das Einzelfoto als Nachricht, das spezielle Ereignisse dokumentiert, das Feature-Foto, das Personen- und Reportage-Foto und die Fotoserie. Das Foto kann als Ergänzung einer Nachricht dienen, als eigene Nachricht in Bildform, „als grafisches Element oder als auflockerndes Element mit Unterhaltungscharakter“ (Mast 2004, S. 335).

Der Fotojournalismus übernimmt aber eine wichtige Kontroll- und Kritikfunktion, indem er politische Missstände aufzeigt und visuell publiziert. Er kann aber auch reinen Dokumentations- oder Unterhaltungszwecken diesen.

Hierzu liegt eine Vielzahl von Veröffentlichungen vor, von denen nachfolgend einige Bücher, Zeitungen und Zeitschriften exemplarisch vorgestellt werden, um das breite Spektrum der Themenfelder und Zugänge des Fotojournalismus aufzuzeigen.

5.1 Publikationen

Weltausstellung(en) der Photographie (o.V. 1964) liefern Eindrücke von Ländern und Kulturen, die über den Horizont des eigenen Erlebens weit hinausgehen. Das Spektrum reicht von Straßenszenen über kulturelle Ereignisse bis hin zur Hungersnot (vgl. Sandburg/Steichen 1955). Derartige Bilder sind in Werken mit den Titeln Unser Jahrhundert im Bild (Mann u.a. 1964), Die Fotos des Jahrhunderts (Robin 1999), Das Jahrhundert der Bilder (Paul 2008) publiziert. Dabei geht es um Bilder, die Geschichte schrieben (Paul 2011).

Terra Magica (vgl. Wolf/Wolf 1993) ist das Markenzeichen für international ausgerichtete Bildbände über Länder, Städte und Völker der Welt, der vor allem beeindruckende Landschaftsaufnahmen der Erde zeigt und dazu aufruft, sich für den Natur- und Umweltschutz zu engagieren.

Die Deutsche Presseagentur (2004) hat weiterhin mehr als zehn Millionen Schwarzweißmotive und über zwei Millionen Farbbilder u.a. aus den Rubriken Politik, Wirtschaft und Arbeit, Alltag und Gesellschaft, Kunst und Religionen, Kino und Medien, Mode und Design sowie Wissenschaft und Technik archiviert.

Ferner (1983) zeigt Bilder aus 140 Jahren, die vom Ullstein-Bilderdienst festgehalten worden sind. Dazu gehören Portraitaufnahmen Prominenter ebenso wie Bilder des Krieges und politische Inszenierungen.

Die Zeitschrift BILD DER ZEIT präsentierte – so der Titelvermerk – monatlich Bilder von den „besten Foto-Journalisten der Welt“ über gesellschaftliche, politische, sportliche und medizinische Ereignisse, sowie Karikaturen von Promienten (vgl. Mössler 1972).

Bildbände zeigen zudem spezifische Regionen. Abgebildet sind dort u.a. Landschaftsaufnahmen, Fotos von Werktätigen und Familien. Der Bergbau und die Industrie werden ebenso gezeigt wie Naturaufnahmen, Sportaktivitäten sowie Festivitäten im Rahmen der Freizeitgestaltung (vgl. Kommunalverband Ruhrgebiet 1985). Ein ähnliches Konzept verfolgt das Fotobuch Ein Tag Deutschland (Fischmann 2010). Hierfür haben sich 432 Fotografen am 7. Mai 2010 an verschiedenen Orten in den Städten und Dörfern versammelt, um alltägliche Ereignisse mit ihrer Kamera festzuhalten. So entstanden Aufnahmen in Schulen und Wohnzimmern, auf Fußballplätzen und Flugplätzen sowie in Parlamenten und Diskotheken.

Weitere Bände nehmen längere Zeiträume ins Visier. Das Buch Deutsche Fotografie (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland 1997) präsentiert Aufnahmen von 1870-1970. Hier werden Alltagsaufnahmen von Fotoamateuren ebenso gezeigt wie Propagandabilder der Nationalsozialisten und Bilder der ehemaligen DDR. Auszüge der Amateurfotografie liefert die Zeitung VOLKSFOTO, die zwischen 1976 und 1981 erschienen ist und private Aufnahmen zeigt (vgl. Hacker/Seltzer 1981).

Eine Publikation des STERN hat ausgewählte Bildbeispiele der Fotoreportage dokumentiert, die in 40 Jahren von 1949-1988 innerhalb der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind (vgl. Bremer/Suhr 1990). Das Spektrum der Aufnahmen reicht vom Aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg über den Umbruch durch die Studentenproteste bis zum Robbensterben.

50 Jahre im Bild ist der Titel des Bandes von Daniel Kosthorst und Ulrich Lappenküpper (1999). Hier werden zentrale politische Ereignisse von der Besatzung der Alliierten über verschiedene Regierungskoalition bis hin zur Wiedervereinigung in Deutschland visuell dokumentiert. Diesen Zeitraum umfasst ebenfalls der Sammelband von Willms (1999). Auch hier werden markante Momente aus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vom WM-Sieg der Fußballnationalmannschaft 1954 über den millionsten Gastarbeiter 1964 bis zum Regierungsumzug von Bonn nach Berlin im Jahr 1999 festgehalten.

Die Bonner Republik wird in dem Bildband des Fotografen Josef H. Darchinger in ausgewählten Fotos vorgestellt. Hier steht nach dem Aufbau der Bundesrepublik Deutschland die Zeit bis Mitte der 1990er Jahre im Mittelpunkt des Geschehens. Neben Aufnahmen mit Politikern wurden Alltags- und Arbeitsszenen festgehalten. Altbundeskanzler Helmut Schmidt beteiligt sich in dem Buch mit einer Danksagung mit dem Titel „Meinem Freund Jupp Darchinger“ (Darchinger 1998, S. 12).

Bilder, die einen sehr langen Zeitraum dokumentieren, zeigt der Band 150 Years of Photojournalism von Yapp (1995). Hier werden internationale Abbildungen u.a. in den Rubriken Industrialisierung, Sport, Entertainment, Kunst und Krieg seit 1850 präsentiert.

Bis in die 1990er Jahre haben Unternehmen wie Agfa (vgl. Agfa Aktiengesellschaft Leverkusen Bayernwerk 1962), Canon (vgl. Kaeppeler 1979) und Leica (vgl. Leica Camera GmbH 1994), die technische Geräte und Zubehör zur Fotografie angeboten haben, Zeitschriften und Kataloge zu ihren Produkten und Fototechniken mit ausgewählten Aufnahmen publiziert.

Weitere Bildbände widmen sich preisgekrönten Aufnahmen und Karikaturen einzelner Jahre (vgl. Landesvertretung Rheinland-Pfalz, Berlin/SPIEGEL-Verlag, Hamburg 2007) oder kompletten Jahrzehnten (Yapp 2001). Sie zeigen Schlüsselbilder im Bereich kriegerischer Konflikte, kultureller, politischer und sportlicher Ereignisse sowie technischer Entwicklungen (vgl. Lescott 2012).

 

Das von PRO 7 herausgegebene Magazin GALILEO SPECIAL HISTORY zeigt Bilder von Schlüsselereignissen der 1970er Jahre, die von der Ölkrise über den Kniefall Willy Brandts in Warschau bis hin zu Aufnahmen des von Terroristen entführten Hanns Martin Schleyer reichen. Weiterhin werden Sportereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 1974 und technische Entwicklungen des Jahrzehnts in Bildern dokumentiert (vgl. Bosse u.a. 2019). Auf dem TV-Kanal von PRO 7 ist auch die Senderreihe Galileo Big Pictures zu sehen, die u.a. Jahresrückblicke, Legenden, Mutproben und Heldenbilder zeigt.

Traditionell geben Printmedien turnusmäßig Jahresrückblicke heraus. Während von der BILD-Zeitung ein Band mit dem Titel Das Jahr 2017 – Was uns bewegte (Reichelt 2018) mit monatlichen Schlüsselbildern des Boulevardblatts herausgeben hat, rückt der STERN bedeutende Personen und Ereignisse ins Bild.

Abb. 4:

Titelbild des STERN- Sonderheftes 2/2019

Bildbände können sich also auf bestimmte Zeiträume, Ereignisse und Themen konzentrieren. Alternativ erfolgt eine Fixierung auf spezifische Gebiete. So sammelt das 2003 gegründete Pixelprojekt Ruhrgebiet serielle Fotoaufnahmen zu einzelnen Regionen in Nordrhein-West, die im Internet und in Büchern publiziert werden, um das fotografische Gedächtnis dieses Teils von Nordrhein-Westfalen sichtbar zu erhalten (vgl. Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr/Reese 2010). Bücher mit dem Titel Schönes Ruhrgebiet (Münch 1995) konzentrieren sich hingegen auf den werblichen Charakter einer Region, die ausschließlich positiv im Bild präsentiert wird, um den Tourismus zu fördern.

Schöne Bilder aus Deutschland werden von offizieller Regierungsseite in Deutschland publiziert. So hat das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2009) ein Fotoband produziert, der neben feierlichen Anlässen wie der Illumination des Reichstagsgebäudes attraktive Landschaften und fröhliche Menschen mit unterschiedlichen Berufen in der Bundesrepublik zeigt. Bilder, die diesen Mustern folgen, finden sich ebenfalls in Wahlwerbespots der Parteien, die ein positives Image des Landes vermitteln wollen, ohne damit irgendwelche politische Aussagen verbinden (vgl. Dörner/Schicha 2008, Schicha 2019d).

Ausgezeichnete Aufnahmen finden sich in der Publikation Zeitbilder (Buell 2000). Die Fotos sind mit dem Pulitzer-Preis prämiert worden. Die Bilder zeigen Kriege und Katastrophen, sowie Momente der sogenannten friedlichen Revolution in Deutschland von 1989 und bedeutende Sportereignisse.

Die Edition der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hat einen Band publiziert, in dem Fotos der Schauspieler und Regisseure abgebildet sind, die seit 1951 auf der Berlinale aufgetreten sind. Auf Texte wird verzichtet. Die einzige zusätzliche Information des Buches liegt darin, dass die Namen der abgebildeten Protagonisten mit dem Jahr des Auftritts ergänzt worden sind. Eine weitere Einordnung der Ereignisse erfolgt nicht (vgl. Deutsche Kinematek-Museum für Film und Fernsehen/Internationale Filmfestspiele Berlin 2010). Hier zeigt sich, dass Fotos von Prominenten für das Publikum als Eyecatcher dienen können. Sie erhalten eine große Aufmerksamkeit und stellen zusätzlich ein zentrales Geschäftsfeld für den Boulevardjournalismus dar.

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