Das Projekt Gott

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Das Projekt Gott
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Der Autor:

Jahrgang 1958, lebt seit Jahren mit seiner Familie in München. In seinem Hauptberuf Elektronik hat er jahrelang Handbücher und detaillierte illustrierte Reparaturanleitungen verfasst. Zuletzt arbeitete er als gefragter Ideengeber für komplizierte elektronische Anlagen und Prozesse. Einige beachtliche Comicbücher und Kurzgeschichten zählen zu seinem Portfolio.

Die rasante technische Entwicklung der Neuzeit faszinierte den Autor seit langem. Die unglaublichen Fähigkeiten der Menschen auf sich und ihrer Umwelt Einfluss zu nehmen gleichermaßen.

Noch verbieten es Hemmschwellen den Menschen grundlegend zu verändern. Aber Wissenschaftler sind dem Altern und der Lebenszeit auf der Spur. Einige Bücher die sich mit diesen Themen beschäftigen, sind bereits von diesem Autor erschienen und als Paperback und Ebook erhältlich.

München, 2012

Professor Dr. Johann Baptist Schellberg

Das

Projekt Gott

Ein Roman

von

Christian Manhart

Impressum:

Das Projekt Gott

Christian Manhart

Copyright : © 2012 Christian Manhart

published by epubli GmbH, Berlin,

www.epubli.de

ISBN: 978-3-8442-1722-3

Kapitel 1

Vorwort

Dies ist die Fortsetzung und dritte Teil der Geschichte um Professor Dr. Johann Baptist Schellberg.

Seit einigen Wochen schon lag Johann im Krankenbett. Akute Lebensgefahr bestand nicht mehr, aber sein gesamter Organismus hatte enorm unter den Belastungen seines Zukunftsgedächtnisses gelitten. Die Ärzte konnten dauerhafte Schäden, vor allem in seinem Verdauungssystem nicht ausschließen. Johann musste sich damit abfinden, dass sein unüberlegter Selbstversuch gravierende Spätfolgen für seine Gesundheit hervorgerufen hatte.

Immer noch war er zu schwach und damit unfähig sein Bett zu verlassen. Er bekam ständig spezielle Infusionen die sein ausgezehrtes Reservoir an Energie wieder auffüllen. Gerade sein Magen und Verdauungstrakt hatte durch das übermäßige Essen Schädigungen fortgetragen. Johann vertrug immer noch kein normales Essen. Die Ärzte, die Klaus zu Rate zog, rechneten damit, dass es Monate dauern könnte, ehe ihr Patient wieder in der Lage sei, normale Nahrung zu sich zu nehmen. Sie empfahlen Klaus Timmen, ihn zur Abklärung in eine Spezialklinik zu verlegen. Sie rieten Johann zu einer Magenoperation um die krankhaften und entzündeten Stellen in dem geschundenen Organ zu entfernen. Doch Klaus lehnte im Namen von Johann diese Ansinnen rundweg ab. Der geachtete Professor Dr. Johann Baptist Schellberg war zu seinem persönliches Eigentum geworden. Johann sollte sich keinesfalls in die Behandlung von fremden Ärzten begeben.

Stattdessen besorgte sich Klaus Timmen über Nick Messco eine spezielle Heilnahrung, die eine amerikanische Firma im Auftrag der NASA herstellte.

Damit schaffte es Johann wieder ein paar Kilo zuzunehmen.

Klaus Timmen war insgesamt nicht unglücklich darüber, dass Johann in einem so schlechten Allgemeinzustand war. Das machte ihn zu einem gewissen Grade hilflos und damit steuerbar. Johann Schellberg war auf die Pflege von Klaus Timmen angewiesen. Klaus hatte überdies seinen Frieden mit Johann gemacht. Es hatte ihm zwar viel Überwindung gekostet, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Aber die Aussicht auf einen phänomenalen wissenschaftlichen und geschäftlichen Erfolg hatte ihm dabei viel geholfen. Und wer außer Johann konnte ihm das garantieren?

Johann Schellberg spürte seinen Tatendrang langsam zurückkehren. Während er im Krankenbett lag und rund um die Uhr versorgt wurde, hatte er genügend Zeit gehabt, über die Vergangenheit nachzudenken. Er hatte Fehler gemacht. Große Fehler sogar. Zu sehr hatte er sich von Emotionen leiten lassen. Natürlich war ihm der Tod der vertrauten Personen nahe gegangen. Aber er gestand sich auch ein, dass diese freundschaftlichen Verbindungen und Beziehungen für seine Arbeit eher hinderlich waren. Diese intensiven sozialen Kontakte entsprachen im Grunde nicht seinem wahren Naturell.

Die Vertiefung in die Forschung der Molekularbiologie war wichtiger und viel dankbarer und problemloser als zwischenmenschliche Beziehungen. Es war besser sein Leben der Wissenschaft zu schenken, als krampfhaft zu versuchen Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen und zu pflegen. Die Menschen waren lange nicht so perfekt wie sie sich selber immer sehen.

Immer wieder kehrten seine Gedanken zu der Aussicht zurück, etwas Neues, Eigenes zu schaffen. Sollte ihm das gelingen, war der Weg frei, auch den Menschen grundlegend zu verbessern.

Vielleicht gab es sogar einen genetischen Weg, die Menschen einander anzugleichen. Keine Verbrechen mehr. Keine Kriege. Kein Hass. Aber auch keine Liebe. Keine Trauer. Keinen Verrat...

In einer Welt mit diesen neuen genetisch optimierten Menschen war dann alles erlaubt. Umfassende ausgeklügelte Geburtenkontrolle. Ein strenges Ausleseverfahren. Nur das beste Menschenmaterial würde weiterentwickelt. Die Menschheit könnte einen riesigen Sprung machen auf eine neue Stufe der Evolution.

Ja, das waren auf den ersten Blick keine Ziele die einem freiheitlichen Gedankengut entsprachen. Ausleseverfahren, Elitezüchtungen und diese Dinge hatten einen hässlichen braunen Beigeschmack. Doch für Johann ging es nicht um politische Ansichten oder Ideologien. Johann träumte davon, die Schwachstellen der Menschen genetisch auszuschalten.

Aber vorher musste er versuchen, seine Ideen an anderen Produkten der Natur unter Beweis stellen.

Es musste ihm nur gelingen auf der Basis von bestehenden, einfacheren Lebewesen etwas Neues aufzubauen. Bei Züchtungen auf den Zufall zu warten, würde mit seiner Technik überflüssig werden.

Man stelle sich vor, den Menschen zu verändern und weiter zu entwickeln! War dieser Schritt erfolgreich, konnte ihn niemand mehr stoppen. Ab diesem Punkt war theoretisch alles möglich. Danach stand das Tor weit offen. Wenn er diese Hürde überwunden hatte, konnte es ihm egal sein, ob irgendwelche Kritiker oder ewig besserwissende Moralapostel ihre Stimmen erheben werden.

Denn Niemand würde Johann Schellberg aufhalten können, hinein zu treten in die einzigartige Welt des Göttlichen. In die Welt der Erschaffer von Leben und Natur. Herr sein über die Naturvielfalt auf dieser Erde! Zugegeben eine verrückte Idee, aber für einen wie Johann Schellberg durchaus erreichbar.

Aber vor diesem Ziel lag viel Arbeit und das Hindernis seines ramponierten Körpers.

Über seinen mutigen phantastischen Zukunftsplänen wurde er müde und schlief zufrieden ein.

Die Menschheit brauchte Einen wie ihn. Er fing an seine Visionen weiter zu träumen.

Kapitel 2

Die Armee

Dr. Klaus Timmen hatte intensive Vorarbeit geleistet. Er hatte schon vor längerer Zeit, Dokumente zugespielt bekommen, in denen zu Lesen stand, dass sich Militärstrategen über neue Wege in den Waffentechnologien ausgetauscht hatten. Die Geheimakten erzählten von den Visionen der Kriegsforscher. Eines dieser Gedankenspiele hatte seine besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dieses Kriegsszenario handelte von vernetzten, biologischen Elementen die die Soldaten benutzten. Computerchips, die den Soldaten eingepflanzt wurden und sündhaft teuere Technik, spielte dabei eine große Rolle.

An diesem speziellen Thema blieb Klaus hängen. Immer wieder musste er bei biologischen Elementen an Johann denken. Das ganze Durcheinander mit Johann, Karin Grodberg und dem verkleinerten Winston, der Verlust seiner geliebten Carol, all diese Ereignisse hatten ihm kurzzeitig den Blick auf das Wesentliche versperrt.

Und das Wesentliche war der geschäftliche Erfolg. Klaus träumte davon so erfolgreich und unsterblich zu werden, wie der inzwischen verstorbene Steve Jobs, das geniale Gehirn von Apple. Gerade das Schicksal von Steve Jobs zeigte ihm, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. Das Leben konnte schnell eine unangenehme Wendung nehmen, davor war niemand gefeit.

Zu diesem frühen Zeitpunkt wusste Klaus allerdings noch nicht, wie er an Johann herankommen könnte. Der Zufall wollte es, dass sich Karin Grodberg an ihn wandte, mit der Bitte, er, Klaus Timmen, möge sie vor Johann zu schützen. Dieser war offensichtlich nach einem Experiment durchgedreht und fühlte sich verfolgt und bedroht.

Es hatte sich wieder einmal gezeigt, dass man einfach Glück haben musste im Leben. Diese Frau Grodberg hatte sich ohnehin als ein schlechter Umgang für Johann erwiesen. Johann Schellberg war ein sonderbarer Einzelgänger und Eigenbrötler. Er war nicht geschaffen für eine Lebensgemeinschaft oder einer Beziehung zu einer Frau. Das war nicht seine primäre Aufgabe, sich mit Partnerschaftsproblemen herumzuschlagen. Besser war es, ihn unter eine besondere Aufsicht zustellen und ihn Tag und Nacht arbeiten zu lassen. So wie damals in Tübingen, wo er wirklich Großes geleistet hatte. Doch diesmal drängte die Zeit.

So hatte er über seine Firma die ,Prometheus‘ in Blaue hinein der US Regierung ein Angebot gemacht. Das war riskant, da er noch nicht wusste, ob sich der Gesundheitszustand von Johann dauerhaft bessern würde. Er liess trotzdem durchblicken, dass er wissenschaftliche Kapazitäten beschäftigte, die den Militärs und Sicherheitskräften ihre Wünsche nach mehr Einbindung von biologischen Elementen in die Waffentechnik erfüllen könnten. Timmen hatte in der Folge Kontakte um Kontakte geknüpft. Immer wieder bemühte er Nick Messco und bearbeitete ihn, seine Beziehungen zu den Machtzirkeln in der US-Regierung spielen zu lassen.

 

Mit Hilfe von Johann, den er schon am Krankenbett ständig aushorchte und in aufforderte, Großes und Einzigartiges zu leisten, liess er über seine Firmen weitere Expose`s erstellen. In diesen schilderte er eine völlig neue Welt. Sicherheit auf biologischer Basis. Billige organische Produkte sollten die Polizeien und Armeen unterstützen. Klaus Timmen liess sogar durchblicken, seine Forschungsabteilung wäre in der Lage eine Art Chimäre herzustellen. Ein Lebewesen, das der Soldat von morgen werden könnte. Einfach konstruiert. Ohne Persönlichkeit. Ohne eigene Meinung. Ohne trauernde Eltern oder Familienangehörige. Einfach und leicht zu züchten und abzurichten.

Es dauerte nicht lange und einige einflussreiche Herren hatten tatsächlich angebissen. Die Geheimdienste und Armeeoffiziere begannen ernsthaft über derartige Neuerungen nachzudenken. Allen ethischen und moralischen Bedenken zum Trotz, spielten sie derartige, eventuelle Szenerien durch, in denen Soldaten nur noch in geringer Stärke auftraten.

Einziger Wermutstropfen dieser gesamten Überlegungen war die Abhängigkeit der USA. Niemand aus den Kreisen der Militärs wollte, dass in diesem sensiblen Bereich, unkontrolliert geforscht wurde. Das denkbare Ziel war, wenn es denn eine Forschungsgruppe geben sollte, diese unter eine rein amerikanische Führung zu stellen. Längst wussten die USA von der Existenz eines Johann Schellbergs und dessen genialer Performance. Es war allen Beteiligten klar, dass es auf absehbare Zeit keinen Wissenschaftler geben würde, der ihm folgen oder ersetzen könnte.

Das war der große und einzige Trumpf in der Hand von Klaus Timmen. Und dieser dachte nicht im Traum daran Schellberg wieder herzugeben. Er erhöhte den Druck, indem er durchblicken liess, auch ohne die Unterstützung der US-Regierung forschen zu können. Er war sich allerdings bewusst, dass das ein Spiel mit dem Feuer war. Vor allem die Geheimdienste der USA waren nicht zu unterschätzen.

Klaus hatte sich bei den folgenden Gesprächskreisen für eine überschaubare Anzahl an Teilnehmern ausgesprochen. Es war nicht in seinem Sinne, vor großem Publikum die Details auszubreiten und Johann der Gefahr auszusetzen, von allen möglichen Offerten belagert zu werden. Ein kleiner, eloquenter Kreis von Spezialisten, sollte über das Für und Wider von bioorganischer Waffentechnologie entscheiden. Klaus war sich sicher, das Prometheus, mit diesem Auftrag, die wertvollste und teuerste Firma der Welt werden würde. Denn Niemand außer ihm hatte einen Johann Schellberg. Noch während Johann halb tot im Krankenbett lag, hatte Klaus Timmen, ein erstes Treffen organisiert, bei denen ausgelotet werden sollte, was Machbar und Sinnvoll sein würde.

Kaum hatte sich Johann soweit erholt, dass er transportfähig war, gab Klaus grünes Licht für das erste ernsthafte Sondierungsgespräch im Pentagon. Timmen und Schellberg flogen zusammen nach New York. Johann hatte von den Ärzten ein leichtes Beruhigungsmittel bekommen. So schlief er fast die ganze Reise über. Klaus hatte ein vornehmes Hotel in der Nähe des Central Parks gebucht. Seit jenem verhängnisvollen Abend an dem Klaus die letzte Zeugin, von verkleinerten Menschen getötet hatte, umsorgte er Johann weiterhin wie ein kleines Kind.

Um für ein wenig für Ablenkung zu sorgen hatte er Opernkarten besorgt. In der Metropolitan Opera wurde ,Der Barbier von Sevilla‘ gespielt. Ein wenig Abwechslung und Zerstreuung tat ihnen Beiden gut. Der morgige Tag würde hart genug werden. Die Vertreter der Militärs und Sicherheitskräfte mussten von ihnen Beiden gierig gemacht werden. Gierig und hungrig nach neuen biologischen Technologien. Der Opernabend war ein voller Erfolg. Johann war entspannt und ruhig wie schon lange nicht mehr. Er gestand Klaus auf der Heimfahrt, dass er das erste Mal in seinem Leben in einer Opernaufführung gewesen war.

Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel fuhren sie mit einer gemieteten Limousine nach Washington. Die Besprechung war für 14 Uhr angesetzt. Genug Zeit also für die Fahrt und ein kleines leichtes Mittagessen. Der Nachmittag würde lange genug werden.

Im Pentagon, dem riesenhaften Gebäude mit zehntausenden von Büros wurden sie freundlich empfangen, mit Ausweisen ausgestattet und von zwei hübschen Damen zu den vorbereiteten Räumen geleitet. Klaus Timmen schob Johann vor sich her. Wer konnte schon von sich behaupten, einmal im Pentagon eingeladen gewesen zu sein. Die nächste Stufe in der Gesellschaft, da war sich Klaus sicher, würde das Weisse Haus sein. Wenn seine Hoffnungen durch Johann erfüllt wurden, war eine Unterredung mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr weit. Das würde einen vorläufigen Höhepunkt in seinem beruflichen und gesellschaftlichen Leben darstellen. Schon bei dem Gedanken daran dem Präsidenten freundschaftlich die Hand schütteln zu können wurde er ganz kribbelig.

Sie kamen zu einer Art Lobby. Die Damen stellten sich links und rechts neben einer breiten glänzenden Edelholztüre und machten eine Geste doch einzutreten.

Klaus beugte sich zu Johann hinunter und flüsterte ihm etwas zu. Dann winkte er eine der Damen zu sich.

„Professor Schellberg wartet einstweilen hier. Leisten sie ihm doch bitte ein wenig Gesellschaft.“

„Sehr gerne Mr. Timmen.“

Klaus Timmen betrat sodann alleine den kleinen Konferenzraum. Er wurde dominiert von einem ovalen Tisch dessen Oberfläche auf Hochglanz poliert war. Er war aus sehr dunklem, fast schwarzen und sehr edlem Holz gefertigt.

Es sassen zwölf Männer an dem Tisch. Nur die beiden Stirnseiten waren noch frei. Jeder der Teilnehmer hatte ein kleines Potpourri an Getränken vor sich stehen.

Klaus kannte sich mit Uniformen nicht aus, aber anhand der vielen Sterne und Abzeichen ging er von hochrangigen Vertretern der US-Army und der Bundespolizei aus. Nur drei der Teilnehmer waren in normale dunkle Anzüge gekleidet.

Klaus stellte seine Aktentasche neben den freien Stuhl an der Stirnseite des Tisches. Die leisen Gespräche verstummten allmählich. Klaus zog es vor, gleich stehen zu bleiben. Es war sein Tag. Er nickte in die Runde und fing an, laut zu sprechen.

„Sehr verehrte Herren, meine Name ist Dr. Klaus Timmen. Ich bin Vorsitzender der Gesellschaft Prometheus. Ich bedanke mich für die Einladung.

Das Thema dieser heutigen Sitzung trägt den Arbeitstitel :

,Neue Wege in der Kriegsführung.‘

Was bedeutet dies konkret? Was müssen wir uns darunter in einer hochtechnisierten Welt vorstellen?

Nun, in verschiedenen Gremien und Gesprächskreisen, wurde nicht nur einmal der Wunsch geäußert, über neue, intelligente und wirkungsvolle Waffensysteme zu verfügen. Einige Vertreter vor allem der Armee und Polizei und anderer Sicherheitskräfte, bedauerten schon seit längerem, dass die Entwicklung von herkömmlichen Waffensystemen, wie die gebräuchlichen Schusswaffen, an ihrem Ende angelangt sei.

Ein kurzer Blick in den derzeitigen Status Quo:

Immer wieder gibt es Neuentwicklungen, wie Teaser und EMP Impulswaffen, oder sogar Hyperschallsysteme. Aber der Anwender, der Träger dieser Waffen ist immer noch der Mensch. In der Regel sind das sehr teuer ausgebildete Soldaten oder Polizisten. Menschen sind und bleiben aber fehlbar. Ihre teuren Waffensysteme wenn in die falschen Hände gelangen oder in die des Feindes, schrumpft die technische Überlegenheit auf eine Minimum.

Mittels GPS gesteuerte Präzisionswaffen sind in der Lage, nahezu jedes bekannte Ziel punktgenau zu zerstören. Ein gravierender Nachteil dieser Technologie wird jedoch immer deutlicher sichtbar. Sie ist auf Dauer und bei größeren Konflikten, unbezahlbar! Eine einzige Lenkwaffe kostet mehrere Hunderttausend Dollar. Und was wird mit diesen Waffen zerstört? Vielleicht mal eine Radarstation, ein Lastwagen oder ein Pick up mit einem darauf montiertem Maschinengewehr. Manchmal auch der Teil eines Gebäudes oder Waffendepot. Was tun sie aber gegen Zehntausende von diesen genannten Zielen?

Sie wissen es besser als ich, einen Krieg, einen bewaffneten Konflikt gewinnt man mit diesen Hightech Waffen noch nicht. Es reihen sich nur mehr oder weniger bedeutende, zerstörte Dinge aneinander. Ohne das Kampfgebiet mit eigenen Soldaten in Augenschein zu nehmen, lässt sich eine genaue Beurteilung der Lage nicht sagen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Im angehenden 21. Jahrhundert nähert sich die Zeit der Explosionswaffen dem Ende zu. Etwas völlig Neues wird die kommenden Konflikte dominieren.

Eine weitere Frage, die sie möglicherweise alle intensiv beschäftigt, wird sein:

Was tun wir gegen eine kleine Gruppe gut vernetzter Terroristen, Soldaten, Rebellen oder Verbrecherbanden? Die verschiedenen Kommunikationsebenen abschalten? Mehrere neue unabhängige Netze aufbauen? Selbst wenn dies gelänge, wie schützt man sich vor Hackerangriffen? Das dürfte in unserer modernen technisierten Welt eine gewaltige Hürde darstellen. Bei den Konfliktherden in der jüngsten Vergangenheit hatten die Behörden nicht die Macht z.B. über das Internet oder die Spezialdienste der Mobilphonhersteller. Sogar totalitäre Problemstaaten hatten große Schwierigkeiten mit dem Kappen der Leitungen. Nahezu alle Staaten verfügen über keine sekundäre Netze um den Sicherheitskräften ausreichende und abhörsichere Kommunikation zu ermöglichen.

Meine Herren wir brauchen deshalb eine neue Technologie. Meine Gesellschaft, die Prometheus, kann ihnen das bieten, mit dem sie ihre Strategien in der Zukunft neu ausrichten können. Die Technologie des 21. Jahrhunderts nennt sich Molekularbiologie. Das bedeutet, mit Gentechnik werden wir in der Lage sein Wege zu beschreiten, die aus der heutigen Sicht eines herkömmlichen Polizisten oder Soldaten ziemlich abstrakt sein wird.

Ich werde ihnen aber dazu einige der heute schon verfügbaren Technologien näher erläutern.

In Afghanistan und auch in Libyen werden zahlreiche Drohnen verwendet, um Aufzuklären oder eine Bombe abzuwerfen. Auch unbemannte Drohnen sind ein sehr teures Kriegsgerät. Ein weiterer großer Nachteil unserer technischen Geräte ist die Versorgung mit Energie. Eine Drohne braucht einen Antrieb und damit Treibstoff. Sie braucht elektrische Energie für die Elektronik zur Navigation und Steuerung. Diese Technik ist sehr aufwändig und mitunter auch anfällig für gewollte oder ungewollte Störeinflüsse.

Stellen sie sich vor, das bräuchten sie alles nicht mehr...“

Ein Raunen ging durch die Runde. Klaus Timmen spürte die Spannung und steigende Erwartungshaltung seiner Zuhörer.

„Dazu ein simples Beispiel: Ein Vogel ist in der Lage Hunderte von Kilometern zu fliegen. Wenn es sein muss völlig ohne Nahrungsaufnahme. Bevor sie abwinken, ich weiss, dass man Brieftauben schon für Spionagezwecke missbraucht hat. Doch solche Versuche haben nichts mit moderner Molekularbiologie zu tun. Stellen sie sich doch einmal vor, man könnte Lebewesen erschaffen, wie zum Beispiel solche Vögel, deren einziger Lebenszweck dazu dient, etwas auszukundschaften oder tödliche Ladungen zu überbringen. Ich gehe noch weiter: Ein Hieb mit einem Giftschnabel würde genügen... Oder sie schicken Schwärme von künstlich hergestellten Insekten in ein Krisengebiet... Am Ende der Entwicklung wird aber ein absolut jovialer, auf die wesentlich notwendigen Funktionen reduzierter Organismus stehen, dessen einziger Lebenszweck es ist, einen Auftrag auszufüllen. Das wird der Soldat der Zukunft werden.

Sie glauben nicht, dass solche Szenerien möglich sind?

Bitte begrüßen sie mit mir den bedeutendsten Wissenschaftler der Molekularbiologie Professor Dr. Johann Baptist Schellberg. Bitte meine Herren, stellen sie ihre Fragen an ihn.“

Die Tür ging auf und Johann wurde von einer der Damen in den Raum geschoben. Sie rollte ihn auf die gegenüberliegende Stirnseite des edlen Tisches. Zwölf Augenpaare verfolgten ihn dabei aufmerksam. Die junge Frau verliess den Konferenzsaal wieder. Timmen wartete bis die Türe wieder geschlossen war und meldete sich noch einmal zu Wort.

„Professor Schellberg wurde bei einem hinterhältigen Anschlag auf sein ehemaliges Institut in Tübingen schwer verletzt. Er verlor dabei beide Beine. Momentan laboriert er noch an einer Stoffwechselstörung. Er ist aber bereits wieder auf dem Weg der Genesung. Die Krankheit hindert ihn aber nicht, seine hervorragenden Kenntnisse in dem Bereich der Gentechnik für die Gesellschaft Prometheus zur Verfügung zu stellen. Ich darf sie bitten Professor Schellberg, ihren Zuhörern einen Überblick zum momentanen Entwicklungsstand zu verschaffen.“

 

Johann fühlte sich gut. Er hatte ausgezeichnet geschlafen. Auch seine Magenschmerzen und das Unwohlsein war verschwunden. Er freute sich auf neue Aufgaben. Damit konnte er die Vergangenheit ausblenden.

„Guten Tag, meine Herren. Sie wissen ja bereits wer ich bin. Ich werde ihnen anschließend alle Fragen beantworten, die sich im Verlauf meiner Ausführungen für sie ergeben.

Dr. Timmen hat ihnen bereits angedeutet, dass es für uns Menschen durchaus sinnvoll sein kann, die Bausteine der Natur neu zusammenzusetzen. Die Bausteine des Lebens sind unsere Gene. Die ungeheure Vielfalt der Pflanzen und Lebewesen auf dieser Erde hat mich inspiriert, genauer hinzusehen. Alles was sie an Lebenden auf diesem Planeten sehen, geht auf eine kleine Kombination von Nukleinsäuren zurück, die in Dreiergruppen, Tripletts genannt organisiert sind. Alle Lebewesen benutzen in Grundzügen denselben genetischen Code. Die Aminosäuren werden von den 4³ = 64 möglichen Codons kodiert. In diesen Codons werden jede der 20 kanonischen, in der Translation verwendeten Aminosäuren kodiert...“

Johann blickte zwar in aufmerksame, aber doch ratlose Gesichter. Er beschloss nicht weiter über sein Spezialgebiet zu referieren, sondern den Zuhörern praktische Beispiele aus der Welt der Genetik vorzustellen.

„...Ich möchte sie aber nicht mit Details dieser sehr komplexen Wissenschaft langweilen. Vielmehr sind es die theoretischen Aussichten auf eine Beherrschung der Natur, wie es in der Vergangenheit nicht denkbar war, die ich ihnen näher bringen will. Die Natur hält für uns einen umfangreichen Baukasten bereit, in den wir mittels unseres Wissens und unserer Technologie nur hineingreifen brauchen.

Ein Großteil dieser Organismen unterscheiden sich in ihrem Bauplan nur unwesentlich. Bemerkenswert ist nämlich, dass der genetische Code im Prinzip bis auf wenige Ausnahmen für alle Lebewesen gleich ist, alle Lebewesen sich also der gleichen „genetischen Sprache“ bedienen. Gene von Mensch und Maus sind daher in weiten Teilen völlig identisch. Der Mensch ist also im Grunde nicht so einzigartig wie wir immer alle glauben. Warum also nicht auf diesen Schatz zurückgreifen und etwas Neues daraus erschaffen? Tiere und Pflanzen, die uns dienen und helfen. Schnell und einfach zu produzieren, enorm billig im Unterhalt, hocheffektiv in ihrem Einsatzgebiet.

Dazu stelle ich ihnen ein vereinfachtes Modell vor, wie sich dieser unerschöpfliche Vorrat an einzelnen Genen in der Praxis benutzen lässt:

Insekten werden von Pheromenen gesteuert. Diese Duftstoffe lenken sie an ihr Ziel. Das bedeutet in der Regel Fortpflanzung oder Nahrungsaufnahme, Angriff, Verteidigung oder Flucht. Mit meinen Kenntnissen über den Bauplan von Insekten, ist es durchaus vorstellbar, darauf genetischen Einfluss zu nehmen. Insekten verfügen über organische Sensoren mit denen sie Pheromene erfassen können. Pheromene von Pflanzenblüten bestehen wiederum aus einer festen Molekularstruktur. Würde es gelingen die organischen Sensoren auf ein anderes Spektrum einstellen, so wird das Insekt genau diesem Geruch folgen. Unbeirrbar.

Ich denke da an die Duftstoffe und den Geruch von Sprengstoffen, Rauschgifte oder Brandbeschleuniger. Im Labor haben wir Gene, die für die Ausbildung von Antennen, wie sie Bienen üblicherweise benutzen bereits entschlüsselt. Bei Versuchen ist es gelungen, diese Antennen auf eine einzige Blütenart zu programmieren. Natürlich muss das fertige Tier mit dieser neuen Situation auch leben können, oder mit der Erfassung von nicht lebensnotwendigen Molekularstrukturen eine Reaktion zeigen können.

Ist man aber soweit, ist es nur ein kleiner Schritt zur gewünschten Reaktion des Versuchstieres. Zubeissen, zustechen oder eine Form von Signal abgeben, der Fantasie sind eigentlich keinerlei Grenzen gesetzt...“

Ein grau melierter Uniformträger mit dem gleichen kantigen und strengen Gesicht, wie alle Uniformträger in dem Sitzungsraum, hob seinen Kugelschreiber. Johann hatte sich bereits auf die ersten Fragen eingestellt.

„Dr. Schellberg, mein Name ist Georg Hallyban, ich vertrete das FBI. Ich bin zuständig für den Einkauf und Einsatz von Waffentechnologien. Es ist richtig, wir haben schon vor längerer Zeit Kontakt zu Dr. Timmen aufgenommen. Wir wollten erfahren, ob es Hilfsmittel aus dem Bereich der Medizin und Natur gibt, die uns bei der Bekämpfung von Terroristen und Bandenkriminalität helfen kann.

Mein Frage bezieht sich auf die Steuerbarkeit der eingesetzten Tiere. Wie bringe ich die Tiere zu ihrem Einsatzort? Über welche Art der Kommunikation verfügen wir?“

„Angenommen sie wollen die Anlieferung und Verteilung von Drogen in einem bestimmten Einsatzgebiet überwachen. Sie setzen einige Hundert von extra produzierten Insekten aus, deren Sinnesorgane selbst gut versteckte und verpackte Rauschgifte riechen können. Dafür senden sie Beispielsweise bei Kontakt mit diesen Stoffen, einen unhörbaren, hochfrequenten Pfeifton ab. Den können sie mit normaler Funktechnik empfangen und auswerten. Sie sind in der Lage ein Bewegungsprofil zu erstellen, ohne dass es die Verdächtigen merken. Mittels eines weiteren Lockstoffes sammeln sie die Tiere wieder ein. Sie kehren ohne ihr weiteres Zutun wieder zu ihnen zurück.“

Die Herren waren mucksmäuschen still.

„Wenn Insekten in Massen auftreten werden die Menschen unruhig. Das fällt doch auf. Sie machen außerdem durch ihr Flügelschlagen einen Höllenlärm... Können sie auch bei Dunkelheit und Kälte fliegen? “

Johann hatte den Kommentator nicht gesehen, reagierte aber sofort. Er lächelte freundlich in die Runde.

„Nein, es müssen natürlich keine herkömmlich bekannten Insekten sein. Es gibt genügend Insekten die vorzugsweise nachtaktiv und sehr leise und damit unauffällig sind. Ich spreche im Übrigen auch nicht von herkömmlichen Fliegen oder Faltern. Bienen wären sehr gut geeignet für diese Zwecke. Eine normale Honigbiene wäre sozusagen nur die Rohkarosserie für eine völlig neue, innere Funktion.“

Nun rührte sich ein ranghoher Militärangehöriger mit einer Vielzahl von Auszeichnungen auf der Brust.

„Dr. Schellberg, bei allem Respekt! Mit Bienen gewinnt man gewiss keine Kriege. Unsere Feinde sind in der Regel schwer bewaffnet. Sie fahren mit Sprengstoffbeladenen Autos und Fuhrwerken umher. Sie sitzen in Panzern, Lastkraftwagen und verstecken sich mit Panzerabwehrwaffen in Gebäuden oder auf Bäumen. Was sollen mir da ein paar Bienen nutzen? Im Übrigen habe ich den Eindruck sie wollen wieder zurückkehren zu den vorindustriellen Zeiten in den der Mensch mit Tieren in den Krieg zog. Das Pferd und das Maultier haben doch schon lange ausgedient. Sie sind sich im Klaren darüber, dass ein Pferd etwa Zehn Kilo am Tag Nahrung benötigt. In der heutigen Zeit eine logistische Herausforderung.“

„Sie haben völlig Recht. Ein Pferd ist ein vom Menschen domestiziertes Haustier. Jahrhundertelang diente es als Transportmittel. Pferde waren zu allen Zeiten kostbare Tiere. Doch wir werden kein 500 Kilo schweres Tier herstellen. Wir wollen die Genetik nutzen um Lebewesen zu produzieren, deren einziger Lebenszweck es sein wird spezielle Aufgaben zu erledigen. Die Idee Insekten zu benutzen soll ihnen als anschauliches Beispiel für die Verwendung von Genetik dienen. Natürlich bietet sich die Möglichkeit auf wesentlich einfachere, fast unsichtbare biologische Helfer zu setzen. Stichwort Bakterien. Nur ist der Einsatz von Bakterien meines Wissens verboten. Das würde unter die Kategorie Biowaffen fallen. Ich halte auch persönlich nicht viel von manipulierten Bakterien.