Carsten Both
Redewendungen: Sinnloses mit Federn
Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 56
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Titel
Episode 56
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Sinnloses mit Federn
Heute gibt’s kein Vorspiel! Ich werde nicht zaudern oder zögern; ohne viel(e) oder große Umstände zu machen, lege ich gleich los, gehe unverzüglich in medias res [siehe Episode 9], starte sofort durch – ich werde folglich nicht viel Federlesens machen! Zum hurtigen Zursachekommen kann man auch sagen: ohne langes Federlesen oder ohne viel Federlesens.
Das Verb „federlesen“, als kompakte Form von „Federn (ab)lesen“, steht für das Abzupfen und Abstreifen von Federn, Flocken, Fusseln etc., die sich auf der Kleidung niedergelassen haben; und zwar nicht auf irgendwelchen Fummeln, sondern auf den Mänteln, Gewändern, Anzügen und Kostümen von vornehmen, hochgestellten, adligen, vorgesetzten, besonders wichtigen Herrschaften. Die unschönen Immissionen wurden schon im Spätmittelalter vom dienenden Personal mühsam von den samtenen Roben geklaubt, etwa, wenn sich Obrigkeiten herabgelassen hatten, in niedrige Etagen hinabzusteigen und dem einfachen Volke einen offiziellen Besuch (auf dem Lande) abzustatten. Da flog sicherlich so manches Federchen unkontrolliert durch die Landluft, von dem selbstverständlich der hohe Gast unverzüglich befreit werden musste. Zum Federklauben fanden sich (nicht nur damals) sofort einige professionelle Speichellecker, um sich damit (beim Chef) beliebt zu machen, sodass die ältere Redewendung „einem die Federn lesen/klauben“ (noch) für „jemandem schmeicheln“, „sich anbiedern“, „liebedienern“, „umgarnen“ und „um Gunst werben“ stand. Folgerichtig ist laut Grimmschen Wörterbuch ein Federleser oder Federklauber ein Schmeichler; in extremen Fällen kann man solche Schleimer getrost A....kriecher nennen. Um nicht vor Gericht zu landen, sollte man jedoch die Kriecherei lieber euphemistisch umschreiben, etwa mit Wendungen wie „Jemandem Honig um den Bart schmieren“ [siehe Episode 42] oder „Einen Kotau machen“ [siehe Episode 22].