Die Frau vom Land 1 + 2

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Die Frau vom Land 1 + 2
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Birgid Windisch

Die Frau vom Land 1 + 2

mit Herz und Verstand (1) und die Tücken des Alltags (2)

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Impressum neobooks

Kapitel 1

Birgid Windisch

Die Frau vom Land

mit Herz und Verstand (1)

und die Tücken des Alltags (2)

Lustiger Erlebnisroman

Für meine Freundinnen und alle Frauen

Aus dem Inhalt:

Die Frau vom Land in der heutigen Zeit, braucht Verstand, Herz und Humor, bei den vielfältigen Anforderungen des modernen Lebens. Sie muss Kinder erziehen, Tiere hüten, den Haushalt versorgen und oftmals noch arbeiten gehen. Außerdem soll sie möglichst noch ihren Mann glücklich machen, so sie einen hat!

In der Ichform erzählt, sind sie hautnah dabei, wenn unsere Frau vom Land ihr Leben mehr oder weniger erfolgreich lebt und meistert und lachen, leben und leiden mit ihr. Denn – trotz aller Widrigkeiten, liebt sie ihr Leben – auch, wenn es ihr und uns ab und zu ziemlich hart an der Grenze erscheinen mag. Aber welches Leben ist das manchmal nicht?

Die Frau vom Land
mit Herz und Verstand

* Band 1*

Die Frau vom Land stellt sich vor

Mein Name ist Anna Hasenpusch, ich bin verheiratet und wohne schon mein ganzes Leben lang auf dem Land – im Hessisch-Bayrischen Grenzbezirk mit zwei hessischen und zwei bayrischen Ortsausgängen. Die Sprache neigt sich eher dem Hessischen zu. Mein Mann, der aus der größten deutschen Stadt kommt, hat so manches Mal Probleme, mich zu verstehen. „Sprich deitsch!“, fordert er dann grinsend und ich komme seinem Wunsch nach, nicht ohne ihn darauf hinzuweisen, dass er dieses vorher nicht verstandene Wort unverzüglich seinem Wortschatz beizufügen hat, denn hier bei uns wird auf Hessanalphabeten keine Rücksicht genommen und ich meine es nur gut, wenn ich mit ihm im Dialekt spreche.

Man findet mich dort, wo sich Spessart und Odenwald begegnen - in einem Dorf mit allem was man braucht, um glücklich zu sein, wie zum Beispiel einer Apotheke, zwei Supermärkten, vier Ärzten, zwei Bäckern, einem Obstgeschäft, sechs Gastwirtschaften, zwei Eiscafés, zwei großen Bekleidungsgeschäften, einer Tankstelle, zwei Gärtnereien und mit viel Wald und Natur drumherum. Tja, die Kinder sind groß und man könnte denken, mir sei langweilig, aber – weit gefehlt - mir ist nie langweilig! Ich habe zum Beispiel Freundinnen, die ich leider nicht so oft sehe, wie ich gern möchte, weil uns unsere vielfältigen, täglichen Verpflichtungen daran hindern. Noch dazu bin ich eine Meisterin, mir immer noch mehr aufzuhalsen und schon einige geplanten Treffen sind meinem Zeitmangel zum Opfer gefallen. Argwöhnisch beobachten meine Freundinnen meine fatale Neigung, zu helfen und so manches über mir schwebende Damoklesschwert wandten sie von mir ab, indem sie mich darauf aufmerksam machten, dass ich doch schon genug an der Backe hätte und noch mehr, gar nicht verkraften könnte. Tja, ich muss zugeben, es ist leider wahr - ich bin nicht mehr so belastbar wie früher. Was mir früher leichtfiel, ist mittlerweile oft richtig anstrengend geworden. So zum Beispiel meine Menagerie. Es ist noch gar nicht so lange her, da war das noch ganz anders. Damals pflegten mich meine Freundinnen, Mutter Anna zu nennen, die Retterin aller Tiere in Not. Diese Zeit - ich will sie die Tier-Zeit nennen - möchte ich, genau wie meine Kinder-Zeit, nicht missen. Inzwischen bin ich im gesetzteren Alter, die Kinder sind ausgeflogen, der Körper zeigt schon einige Ermüdungserscheinungen und auch das Denken funktioniert nicht mehr so schnell wie früher. Alles geht etwas langsamer. Und doch – noch gar nicht so lange - bin ich diese Frau gewesen, diese Frau, die, egal was kam, gestemmt hat und sich von nichts umwerfen ließ. Ja, so war ich einmal und bin es in manchen Dingen, zum Glück, immer noch. Und das was war, mich Kraft kostete, mein Nervenkostüm zerschlissen hat, macht mich aus. Trug dazu bei, mich zu der zu formen, die ich heute bin. Oft nicht in der Norm - und doch - gut genug. So wie alle Frauen, seien sie vom Land, oder von der Stadt! Von diesen vergangenen Zeiten möchte ich euch nun erzählen und ich hoffe, ihr könnt oft herzhaft lachen, über meine Erlebnisse und zahlreichen Missgeschicke.

Kapitel 2
Kinder- Tiere und kein bisschen Langeweile

Als meine älteste Tochter geboren wurde, war ich zwanzig Jahre alt – oder, besser gesagt, jung. Die Frauen von heute kommen mir mit zwanzig noch wie Kinder vor und ich war damals auch nicht anders, aber ich fühlte ich mich doch ziemlich erwachsen, als Mutter einer wunderbaren Tochter. Dennoch war es nicht leicht, denn fühlen reicht oft nicht, was ich jedoch (noch) nicht zugeben wollte. Ich las das Elternheft, besuchte die Mütterberatung und tat alles, um eine gute Mutter zu sein. Meine Oma und meine Eltern fühlten sich dazu berufen, mir Ratschläge zu erteilen, doch da das Wort Schläge nicht von ungefähr darin vorkommt, war ich kein bisschen dankbar dafür. Als meine Juliane 2 Jahre zählte, kam Nina zur Welt, brüllte drei Monate lang, wollte dauernd gestillt und herumgetragen werden und ich begann zu rotieren. Ein Zustand, mit dem ich bald nicht mehr aufhören konnte. Meine dritte Tochter Bille kam nach drei weiteren Jahren, mischte alles gründlich auf und als sie eineinhalb Jahre alt war, wurde bei Nina Diabetes entdeckt – wiederum eine Menge Arbeit und Verantwortung mehr. Damals war das Blutzucker messen noch schwieriger und man benötigte dazu ein überdimensionales Blutzuckermessgerät, sowie Glaskapillaren zum Blut aufnehmen, das man auf den Teststreifen pustete, nicht zu fest, damit es keine Blase gab und nach einer Minute abwischen musste. Auch nicht zu leicht oder zu fest, sonst stimmte die Messung nicht. Für Bille hatte ich also dadurch nicht so viel Zeit wie ich mir gewünscht hätte und ich bemühte mich umso mehr, es trotzdem gut zu machen. So begann die Es-jedem-recht-machen-wollen-Zeit und sie hält leider bis heute an. Scheinbar ist sie inzwischen in eine Art Gewohnheit umgeschlagen und sehr schwer abzulegen. Als Bille dann fast vier Jahre alt war, kam Maximilian zur Welt, ihr geliebter Bruder und das Kleeblatt war perfekt!

Kapitel 3

„Wenn se kloo soin, träre se ohm uff`n Schätz – wonn se grouß soin, uff`s Hätz!“

Zitat meiner Oma

Wenn sie klein sind, treten sie einem auf die Schürz, - wenn sie groß sind, auf´s Herz.

Ein kleiner Bruder für drei Schwestern

Eines Abends, die drei Mädchen lagen schon in ihren Betten – damals schliefen sie noch in einem Zimmer - entschlossen wir uns, ihnen von unserem Geheimnis zu erzählen. Wir hatten einen Kurs für natürliche Familienplanung gemacht, mit Temperatur messen und Körperzeichen beobachten, wobei alles in eine Tabelle eingetragen werden musste, was ich auch gewissenhaft tat. Plötzlich spielte mein Zyklus verrückt – statt 28 Tagen dauerte er plötzlich von Vollmond zu Vollmond und so entstand ganz ungeplant und unerwartet ihr kleiner Bruder. Vor kurzem war mein Opa gestorben und ich dachte, eine Seele geht und eine Seele kommt. Es tröstete mich und ich freute mich auf dieses Kind, auch wenn wir damit zu den kinderreichen Familien gehören würden. Wir betraten das Kinderzimmer und versuchten, ein geheimnisvolles Gesicht zu machen. „Wir wollen euch ein Geheimnis anvertrauen“, sprach der Vater und lächelte rätselhaft. „Ja und ihr dürft es als erste erfahren!“, fiel ich ein. Neugierig hoben sich drei Mädchenköpfe. „Was denn? Habt ihr uns einen Hamster gekauft?“, konnte Juliane ihre Neugier nicht mehr bezähmen. „Nein, es gibt keinen Hamster, ihr wisst doch, dass eure Mama jetzt schon kaum nachkommt mit den anderen Tieren“, wehrte der Vater ab. „Nein, es ist etwas viel Schöneres! Ihr werdet noch ein Geschwisterchen bekommen!“, platzte er heraus. Missbilligend sah ich ihn an. Das hatte ich sagen wollen! Tiefe Stille - nanu? Hatte es ihnen die Sprache verschlagen? Die Mädchen waren anscheinend nicht sicher, ob ein Geschwisterchen so viel schöner als ein Hamster wäre. „Wieso denn das? Wir sind doch schon drei, das langt ja wohl!“, rief Juliane, die Älteste lautstark. „Ja, ich will lieber einen Hamster!“, schrie Bille, die Jüngste. „Wird es ein Mädchen oder ein Junge?“, erkundigte sich Nina, die Mittlere. „Das weiß man vorher nicht, man muss nehmen, was man bekommt“, erklärte ich ihr vorsichtig. „Ich will aber eine Schwester, an Brüder bin ich nicht gewöhnt“, gab sie mir kurz und bündig zu verstehen. „Mama hat euch doch gerade erklärt, dass man sich das nicht aussuchen kann“, mischte sich der Vater wieder ein. „Uns egal, wir wollen eine Schwester und sonst gar nichts!“ In wichtigen Dingen waren die drei immer ausnahmsweise einer Meinung und bildeten eine Front. „Wenn ihr euch nur sonst auch immer so einig wärt“, brummte ich verärgert und drehte mich um. Dann meinte Juliane leise: „Mir ist eigentlich egal was es wird, Hauptsache es ist gesund und hat nicht so eine blöde Krankheit wie Nina.“ „Genau das ist auch unsere Meinung“, antwortete ich freundlich. „Also gut, egal was es wird, wir nehmen es“, lenkte Nina friedfertig ein. Ich musste grinsen. Das konnte ja heiter werden! Bald hatten die drei die Neuigkeit vergessen. Es gab ja auch so viel zu erleben. Es war Sommer und sie tollten den ganzen Tag draußen herum. Wenn das Wetter mitspielte, waren wir sonntags im Schwimmbad. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und alles war wie immer. Nur wenn ich lange stehen musste, wurde mir schlecht und manchmal musste ich wegen Nichtigkeiten weinen. Da erinnerten sie sich wieder an das Geheimnis. Im Winter war es dann nicht mehr zu übersehen, ich wurde dick. „Mama warst du bei uns auch so fett?“, wollte Bille zartfühlend wissen. „Ja natürlich“, gab ich zur Antwort. „Ein Kind braucht viel Platz und daher muss ich auseinandergehen.“ Nina und Juliane wunderten sich nicht darüber. Sie wussten noch, wie Bille in Mamas Bauch gewesen war. Eines Tages brachte ich ein Schwarzweißbild von der Frauenärztin mit. „Schaut mal her, heute hat die Ärztin Ultraschall gemacht und das Baby in meinem Bauch fotografiert.“ „Au toll, wo?“, schrie Juliane begeistert, um dann enttäuscht: „Ich seh ja gar nichts!“, zu sagen. Ich erklärte ihnen geduldig, welche Körperteile darauf zu sehen waren und zeigte dabei auf einen kleinen, abstehenden Strich: „Seht ihr, es wird wahrscheinlich ein Junge!“ „Oh Mist, dann muss ich mich tatsächlich umgewöhnen!“ Nina war nicht erfreut. „Ja, die Buben sind immer so frech!“, murrten Juliane und Bille wie aus einem Munde. „Aber er ist doch viel jünger als ihr“, meinte ich kopfschüttelnd. „Juliane ist neundreiviertel Jahre, Nina gut 7 Jahre und Bille fast vier Jahre älter. Da braucht ihr nun wirklich keine Angst vor ihm zu haben, oder?“ Ich sah sie lächelnd an. Das sahen die drei, nach kurzem Nachdenken auch ein. Weihnachten und Neujahr waren schon vorbei und ich nahm immer noch zu - ging regelrecht auf, wie ein Hefekloß und hatte immer die gleichen drei Hosen und Oberteile an. Zum Fasching musste ich sogar im Schlafanzug gehen, weil mir sonst nichts passte, was zum Verkleiden getaugt hätte. In der Zeit von Ende März bis Anfang April sollte das Baby geboren werden. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, bis dahin. Dann war endlich der März da und Juliane rief eines Tages ganz ungeduldig: „Wann kommt denn jetzt unser Bruder? Dauert es noch lange?“ Sie hopste auf ihrem Bett herum. „Das wüsste ich auch gern“, antwortete ich müde. Die Zeit wurde mir allmählich lang. Wenn ich etwas schneller lief, schnaufte ich wie eine alte Dampflok und Franziska, der Familienhund, sah mich verständnislos an. Konnte ich doch nicht mehr, wie vor meinem dicken Bauch, mit ihr um die Wette zum Briefkasten flitzen. Mit mir war aber auch gar nichts mehr los, schien ihr vorwurfsvoller Blick zu sagen. Dann war es endlich soweit. Um zwei Uhr nachts fuhren wir ein paar Tage später ins Krankenhaus, nachdem wir vorher meine Eltern geweckt hatten, um auf ihre drei schlafenden Enkelinnen aufzupassen. Um 5 Uhr wurde Maximilian geboren! Ich konnte es selbst kaum glauben, schließlich war ich auch keine Jungen gewohnt. Da ich ambulant entbunden hatte, durfte ich schon nach zwei Stunden heim, wo wir schon sehnsüchtig erwartet wurden. Die drei Schwestern warteten schon ganz gespannt, mit ihrer Omi, auf ihren Bruder. Hund Franzi überschlug sich fast vor Aufregung und beim Schwanzwedeln wedelte der ganze Körper mit, so sehr freute sie sich. Dann sahen alle ganz ehrfürchtig ins Körbchen, wo das Baby seelenruhig schlief. „Sieht ja gar nicht aus wie ein Brüderchen“, meinte Nina erstaunt. „Pst, das sieht man ihm auch nicht an“, meinte die Omi lächelnd. „Das ist das schönste Baby von der ganzen Welt!“, freute sich Bille und Franzi schnupperte schwanzwedelnd, vorsichtig an Maximilian. „Tu den Hund weg“, schimpfte meine Mutter. Aber Franzi musste erst ihr neues Rudelmitglied kennenlernen, das sie ab sofort unter ihre Obhut nahm und war kaum vom Körbchen wegzubewegen.

 

Als Maximilian endlich aufwachte, durften die Mädchen ihren Bruder mit mir zusammen auspacken. Jede wollte ihn saubermachen und eincremen und ihm zart die Wangen streicheln. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich betrachtete stolz meine drei Großen, wie zärtlich und vorsichtig sie mit ihrem kleinen Bruder umgingen. Bis heute sind sie liebevolle Schwestern geblieben und lieben ihren Bruder sehr. Überhaupt halten meine Vier immer noch fest zusammen, obwohl sie schon lange erwachsen sind und ihr eigenes Leben leben.

Genauso, wie ich mir immer gewünscht habe!

Kapitel 4

„Wer nicht liebt, Hund und Katz, liebt auch nicht sein Schatz!“

(Zitat meiner Mutter)

Noch mehr Kinder – und Tiergeschichten:

Kaninchen züchten, ein erholsames und nützliches Hobby

In meiner Kinder- und Tier-Zeit lernte ich oft Menschen kennen, die Tiere besaßen, aber wenig Zeit hatten, oder sich damit überfordert fühlten und sie wieder loswerden wollten. So entwickelte sich damals unverhofft eine fruchtbare Kaninchenpopulation - sozusagen fast eine Kaninchenplage. Und das kam so: Ein Bekannter brachte einen kastrierten Bock und ein zartes Löwenkopfkaninchenmädchen zu mir. Zuhause wollte er sie nicht mehr lassen, weil er mit seiner Frau oft Streit hatte - unter anderem der Kaninchen wegen. Also landeten sie bei mir. Ich lebe ja auf dem Land, liebe Tiere, habe Platz und zudem eine Wiese, mit massenhaft Löwenzahn ums Haus. Alsbald zogen sie also zu mir, in einen schönen Kaninchenstall, der gleich mitgeliefert wurde. So weit so gut. Kurz danach trennte sich eine Freundin meiner Tochter Bille von ihrem Freund, wusste nicht wohin mit ihren beiden Kaninchen – woraufhin diese ebenfalls „kurzfristig“ bei mir untergebracht wurden - in einem separaten Stall - den ich ebenfalls geschenkt bekam. Jeden Tag fütterte ich die vier hingebungsvoll - ich bin ja tierlieb und es war unvermeidlich - sie wuchsen mir ans Herz. Die Freundin meiner Tochter fand eine Wohnung, die Kaninchen blieben bei mir. Nach einiger Zeit nahm ein Freund meiner Tochter Nina das Weibchen zu sich, der sich schon immer ein Widderkaninchen mit Schlappohren gewünscht hatte, denn ein solches war die Susi und so war Rocky, ein ganz zahmer Rammler, nun allein in seinem Stall. Im Sommer ließ ich die drei zusammen ins benachbarte Freilaufgehege, wo sie lieb und zierlich umhersprangen und freute mich an ihnen, bis ich eines Tages dazu kam und den lieben Rocky dabei erwischte, wie er gar nicht zierlich und lieb, die zarte Löwenkopfkaninchendame Sissi beglückte. Jetzt wusste ich auch, warum man dazu rammeln sagt. Tja. So fing alles an. Sissi bekam vier Junge, nicht viel für ein Kaninchen - und ich trennte sie, als sie erwachsen wurden, indem ich jedes in einen extra Kasten setzte. Leider, leider, entkam der liebe Moppel, Sissis korpulenter Sohn, meiner hütenden Hand und schwängerte seine Mutter, wodurch das Unheil seinen Lauf nahm. Es war Frühling, wie jeder weiß, erwacht die Natur besonders gern zu dieser Jahreszeit, ob draußen, oder drinnen, bei Mensch oder Tier und meine Kaninchen machten da keine Ausnahme. Das Telefon klingelte - als ich abhob, war meine Freundin Carina dran: „Ei Anna, wie geihts?“ „Wie solls geihn, gut nadierlisch, nur dass isch den Vedocht hebb, dass isch widder junge Hoose kriesch“, antwortete ich aufgeregt. Carina ganz aufgeräumt: „Escht? A hoste donn ni ochtgebaßt? Do muss mer doch owwocht gewwe!“

Tja, Obacht geben? Ich hatte doch Obacht gegeben! „Isch hebb doch uffgebaßt, ewwer die Krippel hewwo än Wääsch funne, sich zu treffe. Isch losse ni mej raus, des hewwe se jetz devoo!“, rief ich zornentbrannt. „Des muss isch miä emol ougucke, wos du do schaffst mit dem Viehzeisch, hahaha…“. grölte Carina mitleidlos. Tja, ich ging hinaus, nach den besagten Übeltätern sehen und siehe da, es bewegte sich schon etwas im Nest. Das Haar, das Sissi darüber gehäuft hatte, wackelte! Ihr Bauch war ganz kahl schon, soviel hatte sie sich herausgerupft. Trotz aller Sorgen - wie soll ich sie trennen - wo soll ich sie hintun, damit nichts mehr passiert usw. - freute ich mich unlogischer Weise. Die Kaninchen wuchsen und gediehen, kamen aus dem Nest und waren, obwohl Inzucht, wunderschön. Acht Stück waren es, buntgemischt, hellbraun mit weiß am Bauch, Löwenkopfpony bei einigen, bei einigen nicht - die Weißen hatten sogar blaue Augen und alle waren wirklich sehr hübsch anzuschauen. Nach und nach liefen meine Freundinnen ein und gaben ihre Kommentare ab: „Wos willsde donn mit denno gonze Viescher mache?“ Das war Judith. „Isch waas doch nit, stöhnte ich. „Fiddern, miste und gern hewwe!“ „Sou en Quatsch!“ rief meine Schulfreundin Sabine. „Sou bleed konnst a blouß du soin!“ Tja, da hatte sie recht. Ich kannte niemanden, der so blöd war wie ich, in der Hinsicht. Meine Mutter erschien auf der Bildfläche: „Sou ä ounnitzes Viehzeisch, schaff des fott!“ „Isch konn se schlochte!“ Das war mein Vater. „Die wern nit geschlocht!“, rief ich wild. „Des soin Zweschkaninschen und die konn mer nit schlochte, außerdem benn isch Vegetarier!“ Ich war außer mir. „Mer konn alles schlochte“, war die ungerührte Antwort. Meine Chorfreundin Ida begutachtete meine Kaninchen. Sie war die einzige, die von der Stadt kam und hochdeutsch sprach - es war nämlich eine Stadt in Nordrhein Westfahlen. „Schön sind sie ja, aber ich möchte sie nicht haben. Immer musst du dich kümmern und Futter beschaffen und da sein, ne, das wäre nichts für mich!“ Da hatte sie recht, das hatte ich schon bemerkt. Die fraßen ganz schön was weg. Meine Freundin Andrea war da und verständnisvoll wie immer: „Jetz hoste se holtemol, do konnste nix mache, ewwer vielleischt konnste e poor verschenge.“ Sie wuchsen und gediehen, mein Schwiegersohn brachte mir mehrere große Hasenställe von seinen Nachbarn vorbei und stellte sie auf und ich druckte mir aus dem Internet die Geschlechtsmerkmale von Kaninchen aus. Dann stellte ich mir einen Stuhl in den Garten, direkt vor die Hasenställe und holte mir meine Enkelin Linchen zu Hilfe. „Gugg emol Linsche, isch glaab, des issn Buu odder?“ Interessiert beugte sich Linchen über das Kaninchen in meinen Händen, das ich auf den Rücken gedreht hatte und dem ich unten das Fell beiseite hielt. „Des konn schtimme Oma, isch glaab aa“, gab sie mir hilfsbereit Antwort. So kämpften wir uns durch 12 Kaninchen und teilten sie auf in die verschiedenen Ställe. Die waren so groß, dass wir einige doppelt besetzen konnten und auch mussten, natürlich nur von gleichgeschlechtlichen Kaninchen - dachten wir jedenfalls! Nach einigen Wochen stellte sich leider heraus, dass wir uns zweimal geirrt hatten. Zwei Irrtümer bei 12 Kaninchen ist an und für sich nicht viel. Eines hatte nur Totgeburten, aber dafür gebar die andere Häsin gleich 12 Junge und ihre Mutter - die liebe Sissi - hatte es geschafft, ganz, ganz kurz, beim Freigang, über den Zaun zu ihren Kindern zu springen, oder wieder zu Rocky? Keine Ahnung, jedenfalls - sie hatte ebenfalls noch einmal 6 Junge. Nun hatten wir 30 Kaninchen. Nicht viel? Naja. Ich musste inserieren und verschenken, was ich auch schweren Herzens tat und heute noch denke ich nicht gern zurück und habe Angst, dass es einige nicht gut getroffen haben könnten. Kaninchen sind nämlich keineswegs pflegeleicht, musste ich erfahren. Sie können allerhand bekommen, lange Zähne, wenn sie zu wenig Heu fressen, Durchfall, wenn sie das Grünfutter nicht vertragen, lange Krallen, die geschnitten werden müssen, und vieles andere mehr. Es wurden nochmals Ställe gebaut, ich nannte sie das Hochhaus, weil es ein sehr hoher Hasenkasten war und ich beim Misten und Füttern sogar halsbrecherisch auf die Leiter steigen musste. Besonders schön im Regen oder im Winter, auf glattem Boden, wenn gefroren ist. Und nun kamen alle ausbruchsicher und züchtig in Einzelhaft. Leider wusste ich mir keinen anderen Rat. Nach und nach würde ich sie kastrieren lassen, dann könnten einige zusammenziehen, aber das Geld dafür, musste ich mir erst zusammensparen. Ich fand auch Niemanden, dessen Traum es war, mir ein Hasenfreigehege zu bauen, nur so, aus Spaß an der Freud. Alle sagten immer nur: „Wos willsde donn mit dem ounitze Viehzeisch? Die mache nix wie Erwet! Wenn mer se wenigstens esse kennt!“ Zwei meiner Kaninchendamen nahm meine, inzwischen erwachsene, mittlere Tochter Nina zu sich und kaufte ihnen ein fertiges Gehege für den Garten, in dem sie begeistert Riesentunnels bauten. Im Laufe der Zeit saßen sie auf einem ständig anwachsenden Hügel, gespeist aus der beiseite geschafften Erde, die sie aus dem Loch buddelten. Ich hatte immer Angst, dass sie eines Tages in der Scheune der Nachbarin aus der Versenkung auftauchen würden - oder noch schlimmer - dass der Traktor in unserer Scheune daneben, in ihr verzweigtes Tunnelsystem einbräche. Mein Hund Felix liebte die Kaninchen. Er half beim Misten, sprang in die Ställe, naschte von den Hasenkötteln (iehhhh) und half mir beim Einfangen, wenn mir wieder einmal eines entkommen war. Die Kaninchen jedoch ließen sich von ihm nicht groß beeindrucken. Wenn man, aus welchen Gründen auch immer, jedoch keinen Misthaufen anlegen kann, wird es problematisch. Ein Misthaufen ist heutzutage nicht mehr überall gern gesehen, nicht einmal auf dem Land. Aber Not macht erfinderisch und ich experimentierte mit Hügelbeeten, die ich bepflanzte, bis sie der Unkrautplage zum Opfer fielen und schaffte mehrere Schnellkomposter an, was mir ein anderer Hasenbesitzer als heißen Tipp empfohlen hatte. Bei mir wurde es weder schnell, noch langsam zu Kompost. Trotzdem kam ich irgendwie klar, kein Problem, auch ohne Misthaufen. Es ist schon eine unglaubliche Menge, die so ein paar kleine Kaninchen an Mist produzieren können!

 
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