Handbuch des Strafrechts

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(4) Rücktritt vom Versuch



106





Die Zweiaktigkeit des Raubtatbestandes eröffnet zusätzliche Rücktrittsmöglichkeiten nach

§ 24 StGB

. Als Aufgabe der Tatausführung bzw. Verhinderung der Tatvollendung sind nämlich auch Maßnahmen anzuerkennen, mit denen der eine (andere) Straftat vollendende Täter dafür sorgt, dass die Tat nicht als Raub vollendet wird. Ein strafbefreiender freiwilliger Rücktritt vom Raubversuch liegt nicht vor, wenn der Täter nach der Nötigung von der Wegnahme der vorgefundenen Sachen absieht, weil er mit lohnenderer Beute gerechnet hat. Nach h.M. handelt es sich dabei um einen Fall des fehlgeschlagenen Versuchs.






bb) Vollendung und Beendigung



107





Vollendet

 ist der Raub mit der Vollendung der Wegnahme, d.h. mit der Begründung neuen Gewahrsams an der Sache, die sich der Täter rechtswidrig zueignen will (

Rn. 70 ff.

). Vollendeter Raub liegt nicht vor, wenn der Täter sich den Inhalt eines gewaltsam weggenommenen Behältnisses zueignen möchte, das Behältnis aber abweichend vom Tatplan leer ist oder andere, für den Täter belanglose Gegenstände enthält. Hinsichtlich des Behältnisses und der vorgefundenen Gegenstände fehlt es dem Täter zum Zeitpunkt der Wegnahme am Zueignungswillen, sodass nur versuchter Raub bezüglich der erwarteten Gegenstände, auf die die Zueignungsabsicht gerichtet war, vorliegt.



108





Beendigung

 tritt wie beim Diebstahl (→ BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 50

) mit Sicherung des Gewahrsams an der Beute ein, wenn hinsichtlich der Beute keine direkten Eingriffsmöglichkeiten des Eigentümers oder eines Beobachters mehr bestehen oder wenn der Angriff auf das betroffene Rechtsgut schon vorher seinen unabänderlichen Abschluss gefunden hat.





c) Konkurrenzen und Wahlfeststellung






aa) Konkurrenzverhältnis zu

§§ 253

,

255 StGB



109





Die Rspr. und ein Teil der Lehre sieht den

Raub als Sonderfall der Erpressung

 und damit als lex specialis an, da das Opfer unter Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels dazu gebracht wird, die Wegnahme der Sache zu dulden. Im Schrifttum wird dagegen überwiegend (und zu Recht) für das Vorliegen des Erpressungstatbestandes eine Vermögensverfügung des Opfers verlangt, sodass zwischen

Raub- und Erpressungsdelikten ein Exklusivitätsverhältnis

 angenommen wird. Dieser Streit hat zwar Auswirkungen auf die Einordnung des Raubtatbestandes, behandelt jedoch die Frage der Voraussetzungen der Erpressungstatbestände, sodass er vorrangig dort zu verorten ist (→ BT Bd. 5:

Heinrich

,

§ 32 Rn. 34 ff.

). Versucht der Täter zunächst eine räuberische Erpressung (

§§ 253

,

255

,

22 StGB

) und nimmt er die Sache schließlich selbst weg, dann liegt auf Konkurrenzebene nur ein vollendeter Raub gemäß § 249 StGB vor. Für die umgekehrte Konstellation verdrängt die vollendete räuberische Erpressung gemäß

§§ 253

,

255 StGB

 den versuchten Raub gemäß

§§ 249

,

22 StGB

. Tateinheit ist lediglich in denjenigen Fällen denkbar, in denen dasselbe Nötigungsmittel dazu eingesetzt wird, die eine Sache wegzunehmen, während damit gleichzeitig die Vermögensverfügung über eine andere Sache erzwungen werden soll.






bb) Konkurrenzverhältnis zu

§§ 242 ff. StGB

 und

§§ 240 f. StGB



110





Systematisch ist der

Raub ein gegenüber dem Diebstahl (

§ 242 StGB

) sowie der Nötigung (

§ 240 StGB

) eigenständiges Delikt

.

§ 249 StGB

 verdrängt

§ 242 StGB

, auch wenn das Regelbeispiel des

§ 243 StGB

 verwirklicht ist. Spezialität besteht gegenüber

§ 244 Abs. 1 Nr. 1

 und

Nr. 2 StGB

, da dann notwendigerweise auch die qualifizierte Form des Raubes gemäß

§ 250 Abs. 1 Nr. 1

 und

Nr. 2 StGB

 erfüllt ist; hinsichtlich des

§ 244 Abs. 1 Nr. 3

 und

Abs. 4 StGB

 dürfte wegen der Verletzung eines weiteren Rechtsgutes (Privat- und Intimsphäre) Tateinheit gegeben sein. Kann nur der Diebstahl nachgewiesen werden, ist keine Wahlfeststellung zwischen Diebstahl und Raub möglich, sondern „in dubio pro reo“ nur wegen Diebstahls zu verurteilen. Zwischen den Diebstahls- und Raubdelikten besteht jedoch wegen der Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz Tateinheit, wenn ein

vollendetes Diebstahlsdelikt und ein lediglich versuchter Raub

 gegeben sind.



111





Gegenüber

§ 240 StGB

 ist

§ 249 StGB

 lex specialis; auch dann, wenn bei Einheitlichkeit des Tatobjektes mehrere Personen genötigt werden, denn die Einheitlichkeit des Raubgeschehens genießt Vorrang vor der Höchstpersönlichkeit der Willensfreiheit der Genötigten.

§ 241 StGB

 ist subsidiär zum Raub.






cc) Idealkonkurrenz



112





Mit folgenden Delikten besteht

Idealkonkurrenz

:








            –





            mit

§§ 177

,

178 StGB

, wenn die beim Raub angewandte Gewalt für die spätere Vergewaltigung aufrechterhalten wird;









            –





            mit

§§ 211

,

212 StGB

, wobei es unerheblich ist, wann die Wegnahme (also vor oder nach dem Tod des Opfers) stattgefunden hat, notwendig ist allerdings ein Töten zum Zwecke der Wegnahme;









            –





            mit

§ 222 StGB

, wenn kein Fall des

§ 251 StGB

 vorliegt;









            –





            mit

§§ 223

,

224 StGB

, da Personengewalt nicht zwingend eine Körperverletzung beinhalten muss;









            –





            mit

§ 237 StGB

;









            –





            mit

§ 239a StGB

;









            –





            mit

§ 21 StVG

;









            –





            mit

§ 316a StGB

; dies gilt auch bei einem versuchten schweren Raub, nicht aber bei einem versuchten einfachen Raub, der von

§ 316a StGB

 verdrängt wird;









            –





            hinsichtlich des

§ 239 StGB

 ist danach zu unterscheiden, ob mit der Freiheitsberaubung noch andere Zwecke als die Verwirklichung der Wegnahme verfolgt wurden (dann Idealkonkurrenz, ansonsten Gesetzeskonkurrenz).











dd) Wahlfeststellung



113

 





Eine

Wahlfeststellung zwischen Diebstahl und Raub

 ist nicht möglich, wohl aber

zwischen Raub und räuberischem Diebstahl

, wenn unklar ist, wann das Raubmittel eingesetzt wurde. Str. ist, ob eine

wahlfeststellende Verurteilung wegen Raubes oder räuberischer Erpressung

 möglich ist, wenn nicht festgestellt werden kann, ob der Täter den erbeuteten Gegenstand weggenommen oder das Opfer diesen weggegeben hat. Dies kommt nur in Betracht, wenn man der Ansicht folgt, dass zwischen beiden Delikten ein Exklusivitätsverhältnis besteht. Eine

Wahlfeststellung mit

§ 259 StGB

 ist nicht möglich, es fehlt wegen des Nötigungselements des Raubes an der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit beider Delikte. Jedoch ist

Wahlfeststellung zwischen

§ 259 StGB

 und dem im Raub enthaltenen

§ 242 StGB

 möglich, wenn man die ungleichartige Wahlfeststellung anerkennt.






d) Rechtsfolgen, minder schwerer Fall



114





Der Raub ist ein Verbrechen (

§ 12 Abs. 1 StGB

); der

Strafrahmen

 reicht von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (

§ 38 Abs. 2 StGB

). Gemäß

§ 46 StGB

 zu berücksichtigende Kriterien sind z.B. die Höhe der Raubbeute und die erkannte Bedeutung für das Opfer, die Brutalität, objektive Gefährlichkeit und die Folgen der Nötigungshandlung für das Opfer und die Sorgfalt bei der Tatplanung und -vorbereitung. Umstände, die zum Regeltatbild des Raubes gehören, dürfen sich nicht straferhöhend auswirken.



115





Für

minder schwere Fälle

gibt

§ 249 Abs. 2 StGB

 einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor; z.B. im Falle des

§ 21 StGB

, wenn das Maß der Gewalt oder die Intensität der Drohung gering ist, wenn der Entschluss zur Gewaltanwendung erst bei der Wegnahme aufgrund der Entdeckung gefasst wird oder die Beute von geringem Wert war. Bei jugendlichen oder heranwachsenden Tätern sind ggf. auch gruppendynamische Prozesse zu berücksichtigen. Ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist für jeden Tatbeteiligten gesondert zu prüfen, das Ergebnis hängt vom jeweiligen Tatbeitrag ab.



116





Gegen den Täter kann (auch im Falle der

§§ 250

,

251 StGB

) die

Sicherungsverwahrung

 angeordnet oder deren Anordnung vorbehalten werden (

§§ 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b

,

Abs. 2

 und

Abs. 3 S. 1

 und

S. 2

,

66a Abs. 1 Nr. 1

,

Abs. 2 Nr. 1 StGB

). Neben der Strafe kann bei Verwirklichung eines Raubdelikts (

§§ 249–251 StGB

) gemäß

§ 256 StGB


Führungsaufsicht

 nach

§§ 68 ff. StGB

 angeordnet werden.





III. Besonderheiten des schweren Raubes (

§ 250 StGB

)






1. Allgemeine Fragen



117





Die in

§ 250 StGB

 enthaltenen

Raubqualifikationen

 sind sehr unübersichtlich und führen zu erheblichen systematischen Verwerfungen. Außerdem ist der Strafrahmen – trotz Möglichkeit der Minderung gemäß

§ 250 Abs. 3 StGB

 – sehr hoch. Nach Ansicht des BGH erkläre die Vorschrift bestimmte Modalitäten der Verwirklichung des Raubunrechts, also den Angriff auf persönliche Freiheit und Eigentum, für besonders verwerflich und deshalb für in erhöhtem Maße strafwürdig. Es gehe nicht darum, eigenständige Unrechtstypen zu schaffen, sondern die Erschwerungsgründe des

§ 250 StGB

 zielten darauf, die Rechtsfolgen zu regeln. Dem widerspricht

Vogel

: Die Qualifikationsgründe des

§ 250 StGB

 seien keine bloßen Strafzumessungs- oder Rechtsfolgenregelungen, sondern vertypten gerade spezifisches Unrecht, das sich nicht in dem Raubgrundtatbestand erschöpft. Hieran ist zutreffend, dass die meisten Qualifikationstatbestände eben nicht nur den Angriff auf die bereits vom Grundtatbestand geschützten Rechtsgüter der persönlichen Freiheit oder des Eigentums sanktionieren, sondern dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Gesundheit dienen. Mit einem solchen Verständnis sind jedoch auch Schwierigkeiten verbunden, insbesondere hinsichtlich der Rechtfertigung der Strafverschärfung in den Fällen des

§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

 (

Rn. 123 f.

).



118








Aufgrund der mehrfachen Umgestaltung der Vorschrift (

Rn. 29 f.

) stellen sich Fragen zur

zeitlichen Geltung

. Zu beachten ist, dass

§ 2 Abs. 3 StGB

 (

lex mitior

-Grundsatz) eine konkrete Einzelfallbetrachtung gebietet und somit auch eine mögliche Strafmilderung zu berücksichtigen ist. Im Verhältnis zu der Fassung vor dem 6. StrRG (

Rn. 30

) ist folglich

§ 250 Abs. 1 StGB

 n.F. wegen der nur dreijährigen Mindeststrafe das mildere Gesetz,

§ 250 Abs. 2 StGB

 n.F. jedoch aufgrund der nun höheren Höchststrafe für einen minder schweren Fall gemäß

§ 250 Abs. 3 StGB

 das schärfere Gesetz.



119





§ 250 StGB

 ist ein Qualifikationstatbestand des

§ 249 StGB

 und kraft Verweisung auch der

§§ 252

,

255 StGB

 („

gleich einem Räuber

“). Anwendungsbereich und Bedeutung sind damit groß.

§ 250 StGB

 enthält in den Abs. 1 und 2 jeweils eigene Raubqualifikationen, wobei Abs. 1 mit seinem Mindeststrafrahmen von drei Jahren als „einfacher“ schwerer Raub und Abs. 2 mit seinem Mindeststrafrahmen von fünf Jahren als „besonders“ schwerer Raub bezeichnet werden kann. Inhaltlich bestehen erhebliche Ähnlichkeiten zwischen

§ 250 StGB

 und

§ 244 StGB

, sodass die Vorschriften „in ihren kongruenten Teilen (

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a

,

b

 und

2 StGB

) parallel ausgelegt werden“ können. Wichtigste Unterschiede zwischen den

§ 244 StGB

 und

§ 250 StGB

 sind, dass körperliche bzw. gesundheitliche Einbußen in

§ 244 StGB

 nicht erfasst werden und

§ 250 StGB

 keinen (

§ 244 Abs. 1 Nr. 3

 und

Abs. 4 StGB

 vergleichbaren) „Wohnungseinbruchsraub“ kennt.

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 entspricht weitgehend

§ 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB

 (→ BT Bd. 4:

Joachim Renzikowski

, Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, sexueller Missbrauch, § 9 Rn. 69);

§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

 dem

§ 177 Abs. 7 Nr. 2 StGB

;

§ 250 Abs. 1 Nr. 1c StGB

 dem

§ 177 Abs. 7 Nr. 3 StGB

;

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

 dem

§ 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB

;

§ 250 Abs. 2 Nr. 3 StGB

 dem

§ 177 Abs. 8 Nr. 2 StGB

.

§ 250 Abs. 3 StGB

 ist eine Strafzumessungsregel für minder schwere Fälle des

§ 250 Abs. 1

 und

Abs. 2 StGB

.





2. Raubqualifikationen nach

§ 250 Abs. 1 StGB





a) Raub durch Beisichführen von Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen (

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

)



120








§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 erfasst die abstrakte Gefährdung von Leib oder Leben anderer Personen durch die bloße Möglichkeit der Verwendung abstrakt gefährlicher Gegenstände. Grund der Strafschärfung ist hier die

gesteigerte objektive Gefährlichkeit

, auch wenn sie nur abstrakt gegeben sein muss. Deshalb ist z.B.

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 erfüllt, wenn der Täter den gefährlichen Gegenstand nur bei sich führt, um im Falle eines Fehlschlags den Rückzug zu decken. Da der Tatbestand ein „Beisichführen“ voraussetzt, können jedenfalls nur bewegliche Gegenstände erfasst sein.

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 entspricht dabei

§ 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB

, sodass insbesondere hinsichtlich der Begriffe der Waffe, des gefährlichen Werkzeugs und des Beisichführens hierauf verwiesen werden kann (→ BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 120 ff.

). Bei

Waffen

 handelt es sich nur um einen Unterfall des Oberbegriffs der „gefährlichen Werkzeuge“, sodass auch bei ihnen eine hinreichende Gefährlichkeit gegeben sein muss (→ BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 120

). Erfasst sind von

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 seit dem 6. StrRG (

Rn. 30

) nicht nur Schusswaffen, sondern alle Waffen (im technischen Sinne), d.h. Gegenstände, die als Angriffs- oder Verteidigungsmittel zur Verletzung von Menschen geeignet und bestimmt sind. Der Begriff des

gefährlichen Werkzeugs

 bei

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 ist umstritten, nach auch hier vertretener Ansicht ist sowohl bei

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 als auch bei

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

 (

Rn. 135

) darauf abzustellen, ob ein Gegenstand bei wertender Betrachtung waffenähnlich ist und aufgrund seiner Beschaffenheit und der Tatumstände aus (objektivierter) Tätersicht dazu bestimmt erscheint, eine „Waffenersatzfunktion“ auszuüben, sodass der Täter auf ihn in einer Bedrängnissituation typischerweise zurückgreifen würde (→ BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 124

).

 



121








Wie bei

§ 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 muss die Waffe oder das gefährliche Werkzeug

bei der Tat bei sich geführt

 werden, d.h. zu irgendeinem Zeitpunkt während der Tat zur Verfügung stehen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Gegenstand während der gesamten Tatausführung griffbereit ist. Frühestmöglicher Zeitpunkt ist der Eintritt des Täters in das Versuchsstadium, sodass etwa ein Beisichführen während der Fahrt zum Tatort nicht genügt. Umstritten ist, wann der Täter oder andere Beteiligte den Gegenstand spätestens bei sich führen muss. Nach ständiger Rspr. und einem Teil der Lehre reicht es aus, wenn der Gegenstand in der

Phase zwischen Vollendung und Beendigung

 bei sich geführt wird. Dafür wird angeführt, dass ein Täter, der den Gegenstand in der Beendigungsphase mit sich führt genauso gefährlich sei. Nach richtiger Ansicht (so die h.L.) ist letztmöglicher Zeitpunkt jedoch die Vollendung des Raubes und die Beendigungsphase nicht mehr erfasst. Das Abstellen auf die Beendigung der Tat ist schon deshalb problematisch, weil sich in vielen Fällen der Zeitpunkt der materiellen Beendigung nicht hinreichend klar feststellen lässt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Phase der Beutesicherung abschließend in

§ 252 StGB

 geregelt, der ebenfalls ein Grunddelikt des

§ 250 StGB

 darstellt und dessen Voraussetzungen nicht umgangen werden dürfen. Die Beendigungsphase gehört gerade nicht mehr zum tatbestandlichen Geschehen des Raubes, an das die Qualifikation anknüpft. Die Frage, ob Qualifikationsgründe noch im Beendigungsstadium verwirklicht werden können, stellt sich auch im Hinblick auf andere Raubqualifikationen. Die neuere Rspr. des BGH verlangt bezüglich

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

, zu

§ 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB

und

§ 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB

, dass in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung das den Qualifikationstatbestand erfüllende Handeln von Zueignungs- bzw. Beutesicherungsabsicht getragen sein muss. Danach fallen etwa Misshandlungen aus Wut über eine zu geringe Beute nicht unter

§ 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB

. Folgt man dieser fragwürdigen Implantation von – den

§§ 249

,

250 StGB

 fremden – Merkmalen aus

§ 252 StGB

, muss man diese Einschränkung auf

§ 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB

 übertragen. Zwar sind die Qualifikationstatbestände in

§ 250 Abs. 2 Nr. 1

,

Nr. 3 StGB

 insoweit enger formuliert, als dass sie ausdrücklich eine Verwirklichung „bei der Tat“ bzw. „durch die Tat“ fordern, doch ist auch in den anderen Fällen des

§ 250 StGB

 ein Bezug zum Schutzgut des Raubes erforderlich, der jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn der Täter keine weitere Beute mehr erlangen bzw. die erlangte Beute nicht verteidigen möchte.



122





Für

Berufswaffenträger

 ist die Vorschrift – parallel zu

§ 244 StGB

 – uneingeschränkt anwendbar, da sich der Grund für die Qualifikation aus seiner abstrakten objektiven Gefährlichkeit ergibt, die so auch beim Berufswaffenträger zu bejahen ist.






b) Raub mit sonstigen Werkzeugen oder Mitteln (

§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

)



123





§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

 ist

gegenüber

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 ein Auffangtatbestand

. Er erfasst die Fälle, in denen keine objektiv gefährlichen Gegenstände i.S.d.

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

, also Waffen oder gefährliche Werkzeuge gegeben sind. Erforderlich ist aber anders als bei

§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB

 subjektiv eine Verwendungsabsicht. Er entspricht auch hinsichtlich der Tatmodalität dem

§ 244 Abs. 1 Nr. 1b StGB

, sodass auf die dortige Erläuterung (→ BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 127

) verwiesen werden kann, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass bei

§ 244 StGB

 ein erhöhtes Unrecht gegeben ist, weil zusätzlich zu dem durch den Grundtatbestand erfassten Angriff auf das Eigentum auch ein Angriff auf die Willensfreiheit vorliegt. Dagegen ist bei

§ 250 StGB

 das Nötigungselement bereits durch den Grundtatbestand des

§ 249 StGB

 erfasst, sodass sich Modifikationen im Hinblick auf den Begriff des sonstigen Werkzeugs ergeben. Sonstige Werkzeuge oder Mittel sind z.B. „Fesselungsgerätschaften“, wie Handschellen, Kabel, Schnüre, Klebeband, Kabelbinder, Gürtel oder Knebelungsmittel; Betäubungsmittel, wie Schlafmittel oder Chloroform.



124





Auch und vor allem von

§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

 erfasst sind de lege lata

Scheinwaffen

, wie Bombenattrappen, Spielzeugpistolen oder ungeladene Waffen aller Art (hierzu auch → BT Bd. 5:

Kudlich

,

§ 29 Rn. 127

). Das sind Gegenstände, von denen weder auf Grund ihrer bestimmungsgemäßen Eigenschaften (Waffe) oder ihrer objektiven Beschaffenheit (gefährliches Werkzeug) noch der konkreten Art und Weise der (beabsichtigten) Verwendung nach eine auch nur abstrakte Gefahr ausgeht und deren Verletzungstauglichkeit lediglich vorgetäuscht wird. Nach der Rspr. genügt die Einschüchterungs- und Bedrohungswirkung für das Opfer. Die gesetzliche Wertung ist „sachwidrig und systematisch verfehlt“, denn das bloße Beisichführen harmloser Gegenstände erhöht weder das raubspezifische Nötigungsunrecht noch entspricht es – bei gleichbleibender Strafandrohung – den anderen Qualifikationstatbeständen. Insbesondere die Annahme der Rspr., Raub mit einer Scheinwaffe indiziere einen „gesteigerten verbrecherischen Willen“, sei „empirisch-kriminologisch unbegründet“. Vielmehr sei der „bluffende Täter nicht selten ein relativ harmloser, auf List setzender und mit ihr sich begnügender Räuber“.

Vogel

 spricht sich deshalb dafür aus, im Hinblick auf das Willkürverbot, das Bestimmtheitsgebot und das Gebot schuldangemessenen Strafens

§ 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB

 auf der Rechtsfolgenseite verfassungskonform auszulegen und in Fällen des Beisichführens von Scheinwaffen regelmäßig einen minder schweren Fall (wie die Rspr. zu § 250 Abs. 1 StGB a.F. mit dem Mindeststrafrahmen von fünf Jahren) anzunehmen. Allerdings ist zu bedenken, dass nach dem Willen des Gesetzgebers des 6. StrRG (

Rn. 30

) durch die Absenkung des Strafrahmens in

§ 250 Abs. 1 StGB

 gerade die Diskrepanz zwischen Normtext und Spruchpraxis aufgelöst wer