Free

Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge

Text
iOSAndroidWindows Phone
Where should the link to the app be sent?
Do not close this window until you have entered the code on your mobile device
RetryLink sent

At the request of the copyright holder, this book is not available to be downloaded as a file.

However, you can read it in our mobile apps (even offline) and online on the LitRes website

Mark as finished
Font:Smaller АаLarger Aa

XIV. Route: Von Annaberg nach Schwarzenberg

1. Ueber Scheibenberg und Raschau. – Von Annaberg nach Buchholz und hier rechts die alte Schlettauer Strasse hinaus nach Schlettau. Dieser Ort wird auf der Hauptstrasse fast durchschritten, bei der Kirche aber wendet man sich rechts, um auf einem Feldwege einen Bogen der Chaussee abzuschneiden und so etwas rascher nach Scheibenberg zu gelangen. Hier gute Gelegenheit zur Besteigung des gleichnamigen Basaltkegels, der ähnliche Aussicht wie der Bärenstein darbietet. Von der Stadt Scheibenberg immer auf der Strasse hinab in das Mittweidathal, in den sogen. Raschauer Grund, und durch die daselbst liegenden Dörfer und Grünstädtel nach Schwarzenberg. Man wandert hierbei 1½ St. lang zwischen Häusern, da die Ortschaften Oberscheibe, Unterscheibe, Markersbach, Mittweida und Raschau sich dicht an einander schliessen. Bei Bad Raschau nimmt die Mittweida die von Rittersgrün kommende Pöhla auf, während sie selbst bei Schwarzenberg in das Schwarzwasser fällt. – Zwischen Annaberg und Schwarzenberg täglich 3mal Postverbindung; Fahrgeld 15 Ngr.

Buchholz (s. R. XX. S. 103.)

Schlettau, Stadt an der obern Zschopau, 1754´ ü. M., mit 1231 E. Treibt Posamentirerei und Schuhmacherei und hat eine Flachsbereitungsanstalt.

Scheibenberg, Stadt am gleichnamigen Berg, 2094´ ü. M., mit 2231 E. Hatte früher viel Bergbau, dem es auch seine Gründung verdankt; treibt jetzt besonders Posamentenfabrikation u. Klöppelei.

Schwarzenberg 15, alte Bergstadt, auf einer Felsenrippe ob dem Schwarzwasser, 1406´ ü. M., mit 3259 E. Endpunkt der Obererzgebirgischen Eisenbahn. Hat ein altes, doch vielfach umgewandeltes Schloss, dessen Verliessthurm aus dem 11. oder 12. Jahrhundert stammen mag. Einen guten Eindruck macht das vor der Stadt gelegene Bad Ottenstein (Wasserheilanstalt) mit seinen Felspartien und Promenaden. Nicht weit davon ist das Rettungshaus »Albert-Stift«. Die Stadt hat wiederholt, so noch 1824, von grossem Brandunglück zu leiden gehabt.

Die Gegend von Schwarzenberg ist ein Hauptquartier der sächsischen Eisenindustrie. Bei Bermsgrün, Erla und Crandorf, sowie bei Breitenbrunn, Grosspöhla und Rittersgrün treffliche Eisensteinlager und Verhüttung von Eisenerzen. Die Hohöfen, in denen das Feuer ein halbes Jahr nicht auszugehen pflegt, sind meist mit Giessereien, Hammer-, Walz- oder Drahtwerken verbunden. Die geschmolzene Eisenmasse wird aller 12 Stunden »abgestochen«, d. h. aus dem Hohofen abgelassen, und fliesst dann einem Feuerstrom gleich in trogartige Sandgräben, wo sie zu ungefügen Stücken, sogenannten »Gänzen«, erstarrt. Die Hammerschmiede sind derbe, kräftige Leute – ihr Körper scheint fest zu sein, gleich dem Eisen, das sie bearbeiten – und dabei voller Treuherzigkeit, wie die vielen über sie umgehenden Redensarten und Schwänke beweisen.

Durch die Eisenwerke ist eine besondere Industrie, die Blechlöffel-Fabrikation, hervorgerufen worden. Von den Orten Grünhain, Bernsbach16, Lauter und namentlich Beierfeld werden jährlich gegen 300,000 Dutzend Löffel in mehr als 70 Sorten geliefert. Zunächst fertigt der »Plattenschmied« die Platten, d. h. ebene, spatelähnliche Eisenstücke, welche kaum im Groben den Umriss eines Löffels darstellen. Dann teuft der Löffelschmied (»Hohlmacher«) diese Platten aus, wozu er einen Ambos mit stählernen Modellen und verschiedene Teufhämmer gebraucht. Endlich werden die so entstandenen Löffel noch beschnitten, befeilt, gebeizt, gescheuert, verzinnt und polirt: in Allem hat ein Löffel, wenn er fein sein soll, 23mal durch die Hand zu gehen. – Zur Zeit des 7jährigen Krieges war dieser Industriezweig in der höchsten Blüthe: da wurden jährlich 18–20 Millionen Löffel fabricirt.

2. Ueber Elterlein und den Fürstenberg. – Von Annaberg nach Frohnau, in dem Dorfe aufwärts und beim Wegweiser rechts hinaus auf die Fahrstrasse nach Dörfel. Nach Ersteigung der vorliegenden Höhe eine prächtige Rückschau auf Annaberg und die dahinter liegenden Berge. In Dörfel über die Zschopau und dann durch das langgestreckte Hermannsdorf nach Elterlein. Von hier auf einem Fusssteige, erst Schwarzbach links und darnach Waschleite rechts lassend, nach dem Fürstenberge, an welchem den 8. Juli 1455 die Befreiung des Prinzen Albert stattfand. Zur Erinnerung an diese Begebenheit hat man 1822 über dem sog. Fürstenbrunnen einen Granitobelisk errichtet. – Im Walde brauchbare Marmorblöcke. – Unten bei dem Dörfchen Haide die Ruinen der von der Sage umrankten Dudels- d. h. St. Oswaldskirche. Dem Fürstenberge gegenüber der »Graul« mit vielen Berg- und Hüttenwerken. – Zuletzt über Wildenau nach Schwarzenberg.

Elterlein, Stadt, 1919´ ü. M., mit 2307 E. Wahrscheinlich Geburtsort der Barbara Uttmann, der Erfinderin des Spitzenklöppelns.

3. Ueber Grünhain. – Wiederum nach Elterlein, von da aber auf den Ziegenberg und den noch weiter nordwestlich gelegenen Schatzenstein (2361´) und von diesem über Grünhain und Beierfeld (1245 E.), wo viele Löffelschmiede wohnen, nach Schwarzenberg.

Grünhain, Stadt, 1911´ ü. M. mit 1694 E. Von dem früheren, 1238 gestifteten und 1553 säkularisirten Benediktinerkloster stehen noch einige Mauern. Die Klosterbibliothek ist nach Leipzig und Jena, das Archiv nach Kadan gebracht worden. 1429 haben die Hussiten, 1525 die Bauern, 1547 die Kaiserlichen die Stadt geplündert.

XXV. Route: Von Oberwiesenthal nach Schwarzenberg

1. Ueber Rittersgrün. – Man besteigt von Oberwiesenthal, gleich oberhalb der Stadt auf einem Fusswege, den Fichtelberg, geniesst die Aussicht und wendet sich dem Gasthause »Neuhaus« zu, um rechts von Gottesgabe die Fahrstrasse einzuschlagen, welche über Tellerhäuser und Ehrenzipfel nach Rittersgrün führt. Aechte Gebirgswanderung; oft ringsum Wald und weithin nichts als Wald! Auf der Höhe geht es durch dichten Tann', sobald der Weg sich senkt, unter schattigen Buchen hin; eine ziemliche Strecke vor Rittersgrün schäumt immer zur Seite der Pöhlbach (nicht zu verwechseln mit der Pöhla bei Königswalde), von Absatz zu Absatz sich stürzend. Das grosse, etwas zerstreut gebaute Dorf Rittersgrün (2500 E.) wird durchschritten und im Pöhlthal entlang bis Raschau (2297 E.) gegangen, wo der uns begleitende Bach sich mit der Mittweida vereinigt. Dabei berührt man das reizend gelegene, einem Schweizerdorf ähnliche Klobenstein und das durch seine Eisenindustrie bekannte Grosspöhla (1235 E.). In Raschau trifft man die Annaberg-Schwarzenberger Chaussee, auf welcher man über Grünstädtel die Stadt Schwarzenberg in einer Stunde erreicht.

2. Ueber die Crottendorfer Marmorbrüche und Markersbach. – Man besteigt von Wiesenthal wiederum den Fichtelberg, wendet sich aber dann (am besten mit Führer) dem »Reitsteig« zu, den man von dem Aussichtsthurm, mit der Richtung nach Grünhain hin, in ungefähr 10 Minuten erreicht. Auf dem Reitsteig geht man rechts fort, bis ein (in ¼ St.) breiterer Weg fast senkrecht auf ihn stösst. Dies ist der Hirschfalzer Weg, den man gleichfalls rechts verfolgt, um auf die alte Joachimsthaler Fahrstrasse zu kommen. Nunmehr geht es links auf der gewonnenen Strasse, immer im Holze, gegen 2 Stunden dahin. Prächtige Waldwanderung: viele Nebenwege und Schneissen, welche zu benachbarten Revieren, wie »Katzenstein«, »Erbisleite« und »Thalerhaid« führen, kreuzen die Strasse, beirren aber nicht. Bei der ersten Lichtung kann man links in das schöne Mittweidathal hinabsteigen, wir aber bleiben auf unserer Strasse, bis ein Wegweiser rechts nach den Crottendorfer Marmorbrüchen zeigt. Diese Brüche, zu Christian des I. und August des Starken Zeit so geschätzt, sind jetzt ziemlich vernachlässigt und werden erst wieder in Schwung kommen, wenn die Eisenbahn an sie heranreicht. Von den Marmorbrüchen begeben wir uns nach dem im Mittweidathal gelegenen Nitzschhammer und von diesem nach Markersbach, wo wir die Chaussee gewinnen, welche von Annaberg nach Schwarzenberg führt.

XXVI. Route: Von Schwarzenberg über Johanngeorgenstadt nach Wildenthal

Der Weg von Schwarzenberg nach Johanngeorgenstadt geht durch das hochromantische Schwarzwasserthal und lässt sich mit Post, genussreicher aber zu Fuss zurücklegen. Zunächst kommt man nach Erla, wo sich grossartige Schmelzhütten mit Giesserei und Walzwerk befinden. Darnach berührt man Antonshütte und Breitenhof. Bald nach letzterem Ort macht das Wasser eine scharfe Wendung und lässt so die Reize des Thales vortheilhaft hervortreten. Später erweitert sich das Thal, worauf man rechts nach Johanngeorgenstadt hinaufsteigt, während die Strasse im Grunde weiter, am Schiesshaus vorüber, nach Wittigsthal führt. Nachdem man Stadt und Umgegend betrachtet hat, begiebt man sich über Steinbach nach der sog. Sauschwemme, um von da, auf angenehmer Waldstrasse, dem majestätischen Auersberg (3134´), dem dritthöchsten Berge Sachsens, einen Besuch zu machen. Auf dem Gipfel ein dem früheren Oberforstmeister v. Lindenau errichtetes Denkmal. Von dem vorhandenen Aussichtsthurm ein prächtiger Blick auf Böhmen, das Voigtland, die Muldengegend und das sächsische Niederland. Man sieht den Fichtel- und Keilberg mit den umliegenden Genossen, den Rochlitzer Berg, den Petersberg bei Halle, den Kuhberg bei Rothenkirchen, die Schnarrtanner Höhe, den Hirschberg bei Karlsfeld und den Spitzberg bei Friebus, sowie dazwischen viele Dörfer und Städte. In der Nähe dichtes Fichtengrün, allseitig Berg und Hang bedeckend. – Vom Auersberg geht man hinab nach Wildenthal (517 E.) und hat damit das Tagesziel erreicht.

 

Johanngeorgenstadt, Stadt am Fastenberge, ob der Vereinigung des Breitenbaches und Schwarzwassers, 2267´ ü. M., mit 2402 E. Verdankt seine Entstehung evangelischer Glaubenstreue und ist, die jüngste Stadt Sachsens, von böhmischen Exulanten (namentlich aus Platten und Gottesgabe) 1654 erbaut worden. Hatte früher viel Bergbau; treibt aber neuerer Zeit besonders Handschuhmacherei, Bandzäckchenfabrikation und Kunsttischlerei. In der Nähe interessante Felspartien, so die »Teufelskanzel«, der »Schneiderfels« und die »Hefenklöse«. Die Stadt wurde 1867 durch eine grosse Feuersbrunst betroffen, hat sich aber seitdem so ziemlich wieder emporgearbeitet.

XXVII. Route: Von Wildenthal über Graslitz und Markneukirchen nach Bad Elster. (2 Tage.)

Von Wildenthal geht man südlich auf der Strasse nach Weitersglashütte, betrachtet daselbst die wohleingerichtete Glasfabrik und wendet sich dann, die ursprüngliche Richtung beibehaltend, nach dem böhmischen Orte Sauersack, der wegen der öden Lage und Armseligkeit seiner Häuser einen traurigen Eindruck macht. Bald kommt man jedoch wieder in angenehmere Gegend. Von Sauersack steigt man nämlich westlich in ein prächtiges Thal hinab – eine darin gelegene Försterei erinnert so recht an Wald und Waldeseinsamkeit – und geht dann, in erquicklicher Landschaft, einem munteren Bach entlang, über Nancy und Silberbach nach Graslitz, um daselbst Nachtquartier zu nehmen. – Am andern Morgen begiebt man sich über Lauterbach nach Kirchberg, besteigt den in der Nähe liegenden »hohen Stein«, welcher eine gute Aussicht darbietet, und wendet sich, nach Sachsen wieder hineinwandernd, durch Eubabrunn (1111 E.) und Erlbach (202 E.) nach Markneukirchen, dem Hauptort der erzgebirgischen Instrumentenfabrikation. Von hier fährt man mit Post (Fahrgeld 4 Ngr.) nach Adorf, von wo Bad Elster in einem Stündchen erreicht wird.

Graslitz, Stadt, an der Vereinigung des Schwader- und Silberbaches mit der Zwota, 1506´ ü. M. mit 6000 E. Hat viel Industrie: Woll- und Baumwollenweberei, Kattundruckerei, Kammgarnspinnerei und besonders Fabrikation musikalischer Instrumente (Holzblasinstrumente). Schöne Pfarrkirche mit interessantem Hochaltar. Einen Besuch verdient der benachbarte Hausberg, wo sich noch Spuren eines alten Bergschlosses befinden.

Markneukirchen, Stadt an der grossen Elster, 1575´ ü. M. mit 4000 E. Fabrikationsort für einfache und übersponnene Darmsaiten17, für alle Sorten Streich- und Blasinstrumente und für Mund- und Ziehharmonika's. – Engelhardt sagt: »Nach den Klängen Markneukirchner Instrumente marschiren die Regimenter aller Staaten, tanzen die Balldamen aller Erdtheile, und wie sie vielen Kindern als ohrzerreissendes Spielwerk dienen, so ist andererseits kein Concert ohne sie denkbar.« Von Markneukirchen hat sich die Instrumentenfabrikation auf die umliegenden Ortschaften, wie Adorf, Schöneck, Klingenthal, Zwota und Erlbach verbreitet. – In der Umgebung Markneukirchen's zeichnet sich der Galgenberg durch eine gute Aussicht aus.

Adorf, Stadt an der Vereinigung der kleinen und grossen Elster, 1460´ ü. M. mit 3164 E. Hat zur Hebung der Instrumentenfabrikation eine besondere Musikschule. – In der Nähe die Dörfer Marienei und Würschnitz; in jenen ist 1803 der Dichter J. Mosen geboren worden und in diesem hat Ende des 17. Jahrhunderts ein Zimmergesell (Hans Wolf Löw-Kummer) die ersten Kartoffeln angebaut.

Bad Elster: s. R. XXIII. S. 120.

XXVIII. Route: Von Wildenthal nach Karlsfeld, Klingenthal, Schöneck und Falkenstein. (2 Tage.)

Von Wildenthal geht man, den Brückenberg rechts lassend, nach Karlsfeld und gelangt so in den Mittelpunkt des »sächsischen Sibiriens«, welches aber nicht so rauh und kalt ist, als angenommen wird. Ausser der kuppelartig gebauten Kirche, welche leicht in die Augen fällt, betrachtet man in Karlsfeld die Glas- und Uhrenfabrikation und wendet sich dann über die Wilzschhäuser, an einem netten Forsthause vorbei, nach Rautenkranz (347 E.), wo sich bedeutende Eisenwerke und eine Musterbretmühle befinden. In Rautenkrauz hat man die obere Muldengegend erreicht, welche wegen ihres Quellenreichthums und ihres trefflichen Tannenbestandes gern besucht wird. Von Rautenkranz wandert man über Tannebergsthal (341 E.), an den Lattermann'schen Eisenwerken und den Teichhäusern vorüber, nach Steindöbra (330 E.), wobei man zur Rechten den Schneckenstein (2690´) sieht, der als Fundort für weingelbe Topase bekannt ist. Von Steindöbra führt der Weg, eine gute Ansicht des originell und zerstreut liegenden Sachsenberg (2313 E.) gestattend, über Brundöbra (1739 E.) nach Klingenthal, dem diesmaligen Stationsorte. – Am nächsten Morgen nimmt man in Klingenthal die Instrumentenfabrikation in Augenschein und geht dann über Hammerwerk Zwotenthal nach Kottenheide (46 E.), um von da einen Ausflug nach dem Muldenteich zu machen, der als Ursprungsort der (weissen) Mulde Interesse hat. Darnach begiebt man sich, immer durch trefflichen Forst wandernd, über Tannenhaus nach Schöneck, wo mitten in der Stadt ein Fels (»der Stein«) steht, der eine gute Aussicht auf das Voigtland, sowie nach den reussischen Landen, nach Baiern und Böhmen gewährt. Nachmittags fährt man mit Post, fast ununterbrochen durch Nadelwald, über Hofmeister, Neudörfel und Poppengrün nach Falkenstein, womit das Tagesziel gewonnen ist.

Karlsfeld, Flecken an der Wilzsch, mit 1153 E. Der Ort ist dadurch entstanden, dass der Grubenherr Schnorr aus Schneeberg 1678 in der damaligen Waldwildniss – wahrscheinlich billiger Kohlen wegen – Eisenwerke anlegte und dadurch Ansiedler herbeizog. Die Kirche, für welche die Peterskirche als eine Art Muster gedient haben mag, ist 1688, gleichfalls von Schnorr, erbaut worden. Weil 1823 die Eisenwerke zum Erliegen kamen, so führte man 1830 die Schwarzwälder Uhrenfabrikation ein, die bis heute schwungvoll als Hausindustrie betrieben wird. Ausserdem treibt man Tischlerei, Nähterei und etwas Glasfabrikation. – Von Karlsfeld hat die Familie Schnorr von Carolsfeld ihren Namen.

Klingenthal, Flecken an der Zwota, mit 2318 E. Fertigt besonders Conzertino's, Zieh- und Mundharmonika's und hat zur Vervollkommnung der Instrumentenfabrikation eine Musikschule.

Schöneck, Stadt, 2176´ ü. M. mit 2895 E. War sonst ein Freistädtchen, weil es im Jahre 1370 von Karl IV. allerlei Begnadigungen erhalten hatte, wofür es dem Landesherrn bei jeweiligem Besuch 5 ℔ schwäbischer Heller überreichen musste. 1569 kam Schöneck mit dem Voigtlande an Kursachsen. Nach Einführung der sächsischen Konstitution sind die Vorrechte des Orts beseitigt worden. Schöneck lebt besonders von Instrumentenfabrikation, Fabrikation Plauenscher Waaren (Eingelesenes und Gemodeltes), Waldarbeit und Viehzucht. Im Jahre 1856 brannte der Ort fast völlig ab.

Falkenstein, Stadt an der Göltzsch, 1751´ ü. M., mit 4881 E. – Hauptort für die Fabrikation »brochirter« Gardinen. – In der Nähe der Löcherstein, durch welchen man zweimal den Himmel sieht.

XXIX. Route: Von Schwarzenberg nach Eibenstock

1. Ueber Jägerhaus und Sosa. – Man steigt von Schwarzenberg auf der Eibenstocker Strasse aus dem Schwarzwasserthale hinaus und gelangt, Bermsgrün links lassend, nach dem sogenannten Jägerhaus, bei welchem sich unsere Strasse mit der Schneeberg-Johanngeorgenstädter Strasse kreuzt. Vom Jägerhaus, das in der Nähe des Ochsenkopfes gelegen ist, geht es anfangs allmälig, dann rascher abwärts nach dem Dorfe Sosa (1780 E.), wo sich Fusssteig und Fahrstrasse nach Eibenstock von einander trennen. Während die Chaussee über Unterblauenthal (286 E.) nach genannter Stadt führt, leitet der Fussweg hinab zum »Zimmersacher«, einem an der Bockau gelegenen Weiler, und von diesem eine sehr steile Anhöhe, »die Kniebreche«, hinaus, um dann fast eben Eibenstock erreichen zu lassen.

Eibenstock, Stadt auf einem wellenförmigen Plateau, 1975´ ü. M., mit 6362 E. Ist Hauptsitz des Tambourirens, d. h. des Stickens mit der Häkelnadel, welches Clara Angermann vor ungefähr hundert Jahren (1775) daselbst eingeführt hat. Bei dieser Art zu sticken wird das zu verzierende Gewebe (Tüll, Mull oder Musselin) auf einfachem, sägebockartigem Gestelle ausgespannt und von geschickter Frauenhand mit Fäden so durchflochten, dass diese Sterne, Blumen, Ranken u. s. w. in Weiss oder Bunt darstellen. Kinder werden sodann gebraucht, den überflüssigen Maschengrund hinwegzuschneiden. – Um Eibenstock herum, sowie in dem westlich sich anschliessenden Voigtlande regiert überhaupt der Stickrahmen, wie in anderen erzgebirgischen Orten der Klöppelsack. – Von dem grossen Brandunglück des Jahres 1856 hat sich die Stadt völlig erholt und fehlt ihr zu weiterem Aufschwung nichts, als dass bis in ihre Nähe endlich die von den Einwohnern schon längst begehrte Eisenbahn geführt werde.18

2. Ueber Aue und Bockau. – Von Schwarzenberg fährt man mit dem Dampfwagen an den Dörfern Sachsenfeld (600 E.) und Lauter (2684 E.) und dem Blaufarbenwerke Nieder-Pfannenstiel vorüber nach dem Städtchen Aue, welches an der Vereinigung des Schwarzwasser- und Muldenthales reizend gelegen ist. In der Stadt wollen mehrere wichtige Etablissements in Augenschein genommen sein und in der Umgebung verdienen einen Besuch das Dorf Zelle (979 E.) mit Klösterlein, dessen Namen von dem früheren Augustinerkloster Neuzelle (im Gegensatz zu Altzelle bei Nossen) herstammt, und die Zeche »Andreas«, welche bis vor Kurzem die Masse zu dem Meissner Porzellan geliefert hat, nunmehr aber erschöpft ist. Wenn man diesen Ansprüchen genügt hat, beginnt man die Wanderung nach Bockau. Der Weg führt in dem romantischen Muldenthale aufwärts, berührt die Argentanfabrik und Schmelzhütte, geht an der Hirschteufe und dem Teufelswehr vorüber, mitten durch den Wald, immer am Flusse hinauf und stösst zuletzt auf die bedeckte Muldenbrücke, welche – rechts unten erblickt man das Schindler'sche Blaufarbenwerk – nach dem links gelegenen Bockau hinüber leitet. Von Bockau begiebt man sich über Unterblauenthal nach Eibenstock.

Aue, Stadt an der Mündung des Schwarzwassers in die Mulde, 1062´ ü. M., mit 2040 E. Die berühmte Tausend-Gülden-Stube ist 1859 durch Feuer leider zerstört worden. Im Auerhammer hat Dr. Geitner zur Herstellung des von ihm erfundenen Argentans eine besondere Fabrik errichtet.

Bockau, grösstes Arzneidorf Sachsens, mit 1894 E. Hatte früher viel Laboranten, welche Räucher- und Zahnpulver, Pflaster, Pillen, Tropfen, Liquor, »Stockdumm«, Karmelitergeist, Universalbalsam und namentlich Schneeberger Schnupftabak fabrizirten und durch Hausirer mit sogen. Buckelapotheken im Lande vertreiben liessen. Seit Verschärfung der Medizinalpolizei ist das eigentliche Arzneigeschäft in Verfall gekommen, doch baut der Ort noch allerlei Heilpflanzen, wie Angelikawurzel (jährlich 100 °Centner), Baldrian, Rhabarber und Huflattich, auch bereitet er noch manche von der Polizei nicht beanstandete Mittel, wie allein 20,000 Schachteln Schneeberger Schnupftabak.

 

3. Ueber Niederschlema und Schneeberg. – Von Schwarzenberg mit der Eisenbahn über Lauter und Aue nach Niederschlema, um die daneben gelegenen Blaufarbenwerke, die bedeutendsten Sachsens, ja Deutschlands, in Augenschein zu nehmen. Genannte Werke fertigen aus dem Kobalt eine prächtige blaue Farbe, welche je nach der Nuancirung Smalte, Zaffer, Safflor oder Eschel genannt wird. Die Bereitung dieses Farbestoffs – anfangs hiess er das blaue Wunder – soll zu Anfang des 16. Jahrhunderts durch den Franken Weydenhammer aufgebracht und einige Jahrzehnte darnach durch den böhmischen Glasmacher Schürer verbessert worden sein. Ehe der Kobalt zur Farbengewinnung gebraucht werden konnte, war er wegen seiner üblen Eigenschaften bei den Hüttenleuten als »Silberräuber« und als Berggeist »Kobel« verrufen und wurde als nutzlos auf die Halden gestürzt. – Von Schlema bringt uns der Dampfwagen in wenig Minuten nach der angesehenen Bergstadt Schneeberg, deren Umgebung, Marktplatz und Kirche Beachtung verdienen. Später fahren wir mit Post über das benachbarte Neustädtel, über Zschorlau, Burkhardtsgrün und Sachsengut nach Eibenstock.

Schneeberg, Stadt, 1456´ ü. M. mit 8000 E. Verdankt seine Gründung – sie geschah 1477 – dem Bergbau, da man 1471 nicht weit von der jetzigen Hauptkirche mächtige Silberadern erschürft hatte. Am ergiebigsten war die Georgenzeche, in welcher Herzog Albrecht der Beherzte (April 1477) an einer über 40 °Centner schweren Erzstufe gespeist haben soll. Auch heute wird noch etwas Bergbau getrieben und erhalten die Gruben nach wie vor ihr Aufschlagwasser aus dem bei Neustädtel gelegenen Filzteiche. Dieser sprengte 1783 die Dämme und richtete dadurch in Zschorlau und Auerhammer grosses Unheil an. – Hauptbeschäftigung in Schneeberg ist dermalen Spitzenklöppelei und Weissstickerei, wobei indess letztere das Uebergewicht zu erlangen scheint. – Die Stadtkirche, die grösste protestantische Kirche Sachsens, ist im gothischen Style erbaut und enthält am Altar das umfangreichste Gemälde von Kranach dem Aelteren. Auf dem Thurme befindet sich eine 159 Centner schwere Glocke, die sog. Donnerglocke. – Einen Besuch verdient wegen der schönen Aussicht »Herders Ruhe« am Glössberge.

15Zur Zeit des Prinzenraubes war Schwarzenberg noch böhmisch; erst 1459, bei Vermählung Albrechts mit Sidonie von Böhmen, fiel es an die Mark Meissen; Kunz v. Kaufungen war daher am Fürstenberge der böhmischen Grenze schon sehr nahe gewesen.
16Bernsbach bereitet auch Feuerschwamm, wozu das Rohmaterial aus den Karpathen bezogen wird.
17Jährlich werden wohl 100,000 Schock Darmsaiten geliefert, wozu das Material allerorts her, besonders aus Ungarn und Dänemark, bezogen wird.
18Neueren Nachrichten zufolge wird in nächster Zeit von einer Privatgesellschaft oder dem Staate die Eisenbahn von Aue nach Jägersgrün gebaut und dadurch der Wunsch Eibenstocks befriedigt werden.