Read the book: «Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung», page 6

Font:

III. Geldwäsche-Verdachtsfälle

58

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen, die die Financial Intelligence Unit Deutschland in ihrem Jahresbericht von 2018 veröffentlicht hat, um ein Gefühl für die aktuelle Lage zu bekommen.[37] Im Jahr 2016 wurden rund 46 000 Verdachtsmeldungen gem. §§ 11 und 14 GwG[38] an die FIU übermittelt, gefolgt von etwa 60 000 im Jahr 2017 und etwa 77 000 im Jahr 2018, wobei jeweils ca. 99 % des Meldeaufkommens auf den Finanzsektor entfiel. Der schon in den Vorjahren zu beobachtende exponentielle Anstieg hat sich demnach fortgesetzt. Die jährlichen Steigerungsraten betragen im Jahr 2016 ca. 40 %,[39] im Jahr 2017 ca. 31 % und im Jahr 2018 ca. 29 %. Die Verdopplungsrate erreicht daher zurzeit etwa 2–3 Jahre.

59

Deutet die jeweils nach 2–3 Jahren verdoppelte Anzahl von Verdachtsmeldungen auf eine sich jeweils in 2–3 Jahren verdoppelte Geldwäschetätigkeit im Wirtschaftsleben hin oder spielen andere Faktoren eine Rolle? Hierzu lassen sich dem Bericht eine Reihe von Indizien entnehmen.

1. Kapitel Einleitung › B. Aktuelle Bedrohungslage › III. Geldwäsche-Verdachtsfälle › 1. Erhöhte Meldezahlen aus dem Finanzsektor

1. Erhöhte Meldezahlen aus dem Finanzsektor

60

Korrespondierend mit dem gleichbleibend hohen Anteil der Verdachtsmeldungen, die der Finanzsektor liefert, verwundert es nicht zu sehen, dass auch der Anstieg der letzten Jahre fast vollständig auf erhöhte Meldezahlen aus dem Finanzsektor zurückzuführen ist. Zwar erfährt auch die Meldetätigkeit aus dem Nichtfinanzsektor gewisse Steigerungen, trägt jedoch auf absoluter Basis kaum zum starken Anstieg bei.[40]

1. Kapitel Einleitung › B. Aktuelle Bedrohungslage › III. Geldwäsche-Verdachtsfälle › 2. Ergebnisse der Verdachtsmeldungen

2. Ergebnisse der Verdachtsmeldungen

61

Ein Blick auf die Ergebnisse, die die Meldepflichtigen mit ihren Verdachtsmeldungen ausgelöst haben, verschafft weitere Klarheit. Betrachten wir zunächst das Jahr 2016, um ein Gefühl für die zeitliche Entwicklung zu bekommen. Hierzu muss man wissen, dass die Verdachtsmeldungen früher Clearingverfahren bei den Landeskriminalämtern auslösten.[41] Dabei wurde untersucht, ob ein hinreichender Verdacht vorliegt, um das Verfahren an eine polizeiliche Fachdienststelle weiterzuleiten, oder ob die Einstellung des Verfahrens bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angeregt wird. Bei den in 2016 abgeschlossenen Vorgängen konnten insgesamt 17 178 deliktische Bezüge festgestellt werden; das sind 43 % mehr als im Vorjahr.[42] Die Steigerungsrate hält also mit der Steigerung bei den Verdachtsmeldungen mit.

62

In der gleichen Größenordnung wie die Zahl der Verdachtsmeldungen und die Zahl der Feststellung von deliktischen Bezügen, die zu weiteren Ermittlungen Anlass geben, stieg auch die Zahl der Rückmeldungen der Staatsanwaltschaften, nämlich um 34 %.[43] Die statistische Auswertung der FIU zeigt jedoch einen entscheidenden Punkt: Der Anteil derjenigen Verfahren, die zu Urteilen, Strafbefehlen oder Anklageschriften sowie Anträgen auf Strafbefehle und Mitteilungen in Strafsachen führen, ist deutlich zurückgegangen, auf nur noch 2 %. Seit 2009 hat die Zahl der Urteile, Strafbefehle, Anklageschriften oder Sonstigen Rückmeldungen tatsächlich stets konstant um die 500 Fälle pro Jahr betragen. Gleichzeitig stieg aber die Zahl der Verdachtsmeldungen exponentiell an, zwischen 2009 und 2016 um das Vierfache. Der Jahresbericht 2017 der FIU bestätigt diesen Trend vollauf: Während die Zahl der Verdachtsmeldungen weiter stieg (um weitere 31 % im Vergleich zu 2016), blieb die Zahl der Urteile, Strafbefehle und Anklageschriften erneut unter 500.[44] Dies entspricht, unverändert zum Vorjahr, einem Anteil von etwa 2 % der Rückmeldungen. Untermauert wird diese Tendenz nochmals, wenn man nun auch den Jahresbericht 2018 der FIU heranzieht: Bei insgesamt nur noch 275 Rückmeldungen auf an Staatsanwaltschaften abgegebene Vorgänge handelte es sich um Rückmeldungen, die Urteile, Strafbefehle und Anklageschriften betreffen; unverändert zu den Vorjahren bilden Einstellungsverfügungen den überwiegenden Anteil der staatsanwaltschaftlichen Rückmeldungen.[45]

1. Kapitel Einleitung › B. Aktuelle Bedrohungslage › III. Geldwäsche-Verdachtsfälle › 3. Zwischenfazit

3. Zwischenfazit

63

Wir können also aus den Zahlen der FIU mit einiger Sicherheit folgern, dass aus der gestiegenen Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle keineswegs der Schluss auf eine größere Bedrohungslage gezogen werden kann. Vielmehr liegt aufgrund der Rückmeldungen der Staatsanwaltschaften das Gegenteil nahe, nämlich dass die Bedrohungslage gleich geblieben ist, weil trotz der Weitermeldung von mehr Sachverhalten im Verdachtsmeldewesen die Zahl der stichhaltigen Hinweise seit Jahren konstant bleibt.

1. Kapitel Einleitung › B. Aktuelle Bedrohungslage › IV. Polizeiliche Kriminalstatistik

IV. Polizeiliche Kriminalstatistik

64

Gehen wir zur Plausibilisierung dieses Zwischenergebnisses auch einmal kurz den anderen Weg, schließen wir von der Zahl der möglichen Vortaten auf die mögliche Aktivität der Einschleusung von inkriminierten Geldern in den Wirtschaftskreislauf. Die Polizeiliche Kriminalstatistik versorgt uns mit den nötigen Daten.[46]

65

Diese Statistiken bestätigen die Ergebnisse, die aufgrund der Zahlen der FIU zu Strafverfolgungsmaßnahmen aufgrund von Verdachtsmeldungen schon oben vermutet worden sind: Die Zahl der Straftaten bleibt in Deutschland seit etwa einem Jahrzehnt konstant mit zuletzt eher fallender Tendenz, bei zwischen 6,3 und 5,4 Mio. pro Jahr, wobei gerade im Jahr 2019 der niedrigste Wert seit Langem aufgetreten ist. Diese Tendenz lässt sich auch mit Blick auf die als Vortaten von Geldwäsche in Betracht kommenden Delikte feststellen. Es gab keine großen Ausreißer in dem relevanten Bereich, weder nach oben noch nach unten. Dies lässt im Wege einer groben Schätzung darauf schließen, dass die aus solchen Vortaten resultierende Geldwäscheaktivität ebenfalls recht konstant geblieben ist.[47] Wir finden also den Trend aus den FIU-Berichten in der Kriminalitätsstatistik wieder: Jahr für Jahr, unabhängig von der Steigerung der Zahl der Verdachtsmeldungen, wird eine etwa gleichbleibende Zahl von Geldwäschedelikten bei und durch Banken im Wege des Verdachtsmeldewesens aufgefunden – egal wie weit die Zahl der Verdachtsmeldungen gesteigert wird.

1. Kapitel Einleitung › C. Effektivität der Regularien

C. Effektivität der Regularien

1. Kapitel Einleitung › C. Effektivität der Regularien › I. Aufdeckung von Geldwäscheaktivitäten

I. Aufdeckung von Geldwäscheaktivitäten

66

Wie wir also soeben feststellen konnten, hat die verstärkte Meldetätigkeit des Finanzsektors in den letzten Jahren nicht dazu beigetragen, tatsächlich mehr Fälle der Geldwäsche aufzudecken. Annähernd 95 % der staatsanwaltlichen Rückmeldungen auf durch Verdachtsmeldungen gekennzeichnete Verfahren sind Einstellungsverfügungen.[48]

67

Besorgniserregend ist außerdem, dass diese Quote sich im Zeitverlauf schon immer ähnlich schlecht dargestellt hat.[49]

68

Es verbleibt ein verschwindend geringer Anteil wirklich relevanter Verdachtsmeldungen. Wie schon erwähnt, blieb seit 2009 die Zahl der Urteile, Strafbefehle, Anklageschriften stets konstant bei oder unter ca. 500 Fällen pro Jahr, während im Betrachtungszeitraum 2009–2018 aber die Zahl der Verdachtsmeldungen um das Siebenfache anstieg.

69

Nun wäre als Erklärung noch denkbar, dass trotz einer Rückmeldung einer Einstellungsverfügung bezüglich der Geldwäsche noch Ermittlungen wegen einer Vortat weitergeführt und möglicherweise auch befördert wurden. Die Rückmeldungen der Staatsanwaltschaften geben hierüber keine Auskunft.[50] Es sind jedoch aus weiteren Zahlen Rückschlüsse möglich: Wenn Verdachtsmeldungen letztendlich trotz Einstellungsverfügung bezüglich der Geldwäsche zu einer verbesserten Verfolgung von Vortaten führen würden, dann wäre zu erwarten, dass Sicherstellungsmaßnahmen im Rahmen von verfahrensunabhängigen Finanzermittlungen – aufgrund des Informationsgehalts der Verdachtsmeldungen – gefördert werden und einen Anstieg erfahren. Verfahrensunabhängige Finanzermittlungen sind solche, bei denen die Sicherstellungsmaßnahmen direkt oder indirekt aus Erkenntnissen resultieren, die die Strafverfolgungsbehörden aus Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz erlangt haben.[51] Ein Anstieg in 2016 gegenüber 2015 ist auch zu verzeichnen, allerdings beträgt dieser mit Blick auf das Volumen sichergestellter Gelder nur 10 %.[52] Das entspricht in keiner Weise der Größenordnung des Zuwachses der Zahl der Verdachtsmeldungen im selben Zeitraum. Zahlen jüngeren Datums werden diesbezüglich nicht mehr veröffentlicht.

70

Trotz eines erheblichen Mehraufwandes der Meldepflichtigen, der insbesondere durch stetige Verbreiterung und Vertiefung der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen ausgelöst wurde, ist es also nicht gelungen, entsprechend mehr Geldwäschefälle im Bereich des Finanzsektors auszumachen und einer strafrechtlichen Ahndung zuzuführen. Die gestiegene Wachsamkeit hat nicht dazu geführt, einen größeren Anteil an Transaktionen als solche mit kriminellem Hintergrund zu enttarnen. Stattdessen liegt der Schluss nahe, dass infolge der gestiegenen regulatorischen Anforderungen nur Verdachtsmeldungen verminderter Qualität produziert werden, die vor allem Aufklärungs- und Verfolgungskosten nach sich ziehen.

71

Formulieren wir vorsichtig: Es gibt keine Hinweise darauf, dass die durch und in der Folge der Dritten GeldwäscheRL in Deutschland eingeführten Neuregelungen die Bekämpfung der Geldwäsche in den hiesigen Instituten verbessern konnten, wenn man auf den Ermittlungserfolg auf Basis des Verdachtsmeldewesens abstellt. Der Mehraufwand an regulatorisch verursachten Kosten hat lediglich dazu geführt, dass zahlenmäßig mehr, aber vielfach unbegründete, Verdachtsmeldungen produziert wurden. Nur als Randbemerkung sei hierzu erwähnt, dass dies auch die Grundrechte der betroffenen Kunden in erheblichem Maße beeinträchtigt, allein schon durch die Tatsache, einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt zu sein.

1. Kapitel Einleitung › C. Effektivität der Regularien › II. Terrorismusfinanzierung

II. Terrorismusfinanzierung

72

Die Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland verweist in ihrem Jahresbericht 2016 schon einleitend darauf, dass es von Juli bis Dezember 2016 mehr Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund in Deutschland gegeben habe als im gesamten Jahrzehnt zuvor.[53] Diese Anschläge haben ein großes Medienecho gefunden und wurden in der Öffentlichkeit und in der Politik intensiv diskutiert. Aufgrund des medialen und polizeilichen Fokus auf das Thema wurde das Risiko, Opfer eines islamistisch-terroristischen Anschlags zu werden, von vielen Menschen ausgesprochen stark überschätzt. Wir wissen heute, ca. vier Jahre später, dass diese Welle von Anschlägen zunächst einmal vorübergehender Natur war und durch eine Welle rechtsradikalen Terrors abgelöst wurde. Dies sollte Anlass sein, den Terror durch Deutsche in den Mittelpunkt der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu stellen.

73

Der Verdachtsgrund „Terrorismusfinanzierung“ wurde über die Jahre konstant in etwa ein bis zwei Prozent der Verdachtsmeldungen angegeben. Im Jahr 2016 betraf das 784 Fälle.[54] Im Übrigen sind jedoch nur wenige Daten veröffentlicht worden. Die Zahl der Verdachtsmeldungen, die von der Abteilung „Polizeilicher Staatsschutz“ des BKA überprüft worden sind, lag in 2016 deutlich höher (1233). In 203 Fällen wurde eine Relevanz für den Bereich „Politisch Motivierte Kriminalität“ festgestellt.[55] Die Zahl der Verdachtsmeldungen mit Bezug auf Terrorismusfinanzierung oder Staatsschutz addierte sich auch im Jahr 2018 auf 6% oder 4516 Stück.[56] Ob sich dagegen im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung oder Staatsschutz aber zielführende Hinweise aus dem Verdachtsmeldewesen erkennen ließen, dazu schweigen leider die Berichte der FIU.

1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit

D. Sicht der Institute und Fazit

1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit › I. Kosten und Nutzen der Geldwäschebekämpfung

I. Kosten und Nutzen der Geldwäschebekämpfung

74

Die Banken müssen vermeiden, sich zur Geldwäsche missbrauchen zu lassen. Die öffentliche Bloßstellung, Geldwäschern oder gar Terrorismusfinanzierern Möglichkeiten geboten zu haben, würde für Institute neben zu gewärtigenden aufsichtlichen Sanktionen und Maßnahmen in einem Imageschaden münden, der sich als Reputationsrisiko auf die Geschäftstätigkeit niederschlägt. Je zahlreicher und/oder voluminöser die Einzelfälle, desto größer dürfte dieser Schaden ausfallen.

75

Infolgedessen ist unbedingt zu fordern, dass Institute sich mit geeigneten und erforderlichen Maßnahmen gegen dieses Risiko wappnen. Der europäische Richtliniengeber und der Gesetzgeber versuchen dies anhand der Vorgaben der FATF um- und durchzusetzen. Über dieses Ziel besteht Einigkeit, die Geeignetheit der gewählten Mittel muss aber stets aufs Neue evaluiert werden. Dass die gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise ihre Schwächen hat, wurde anhand des Zahlenmaterials der FIU oben gezeigt. Die Frage nach der Geeignetheit und Erforderlichkeit gesetzgeberischer und aufsichtlicher Maßnahmen muss daher stets neu gestellt werden, zumal dann, wenn die politische Zielsetzung der Gesetzgebung immer mehr in der Finanzdatentransparenz aller Bürger gesehen wird.

76

Die Frage nach der Kosten-Nutzen-Betrachtung stellt sich auch im Rahmen der Geldwäschebekämpfung. Wenn der Aufwand an Ressourcen der Institute über Jahre hinaus durch steigende Anforderungen erhöht wird, was zu exponentiell steigenden Zahlen von Verdachtsmeldungen führt, auf der anderen Seite aber deren Relevanz für die Strafverfolgung prozentual immer weiter fällt, dann muss im Sinne einer Aufgabenkritik auch einmal die Frage der Effektivität der gesetzgeberischen und behördlichen Vorgehensweise gestellt werden. Wenn man für jedes verpflichtete Institut die Kosten für konservativ geschätzte vier Vollzeitstellen plus weiterer Ressourcen ansetzt, kann man schon ohne genaue Studie eine erhebliche Kostenbelastung in Deutschland unterstellen, die bei den Instituten anfällt. Dieser seit Jahren steigende Aufwand führt immer gleichbleibend zu etwa 500 nachweislich erfolgreichen Verdachtsmeldungen, trotz aller weiteren Anstrengungen der Institute.[57] Der Schluss liegt nahe, dass die gesetzlich geforderte Konzentration von personellen und sachlichen Ressourcen auf das Ermitteln und Melden von Verdachtsfällen ganz grundsätzlich eine Fehlallokation ist, nämlich ein ungeeignetes Mittel zur Verbesserung der Prävention und Aufklärung von Geldwäsche. Oder anders gesagt: Nachdem man seit der Umsetzung der Dritten GeldwäscheRL seitens der Politik auf eine ständige Erhöhung des Ressourceneinsatzes der Institute für die Ermittlung von Verdachtsfällen der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bestanden wurde, dieser erhöhte Ressourceneinsatz aber keinerlei Steigerung der aufgeklärten Fälle zur Folge hatte, mit welcher Annahme ließe sich nun noch begründen, dass eine weitere ständige Steigerung des Ressourceneinsatzes die Lösung der Probleme näher bringen würde?

1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit › II. Fehlende Unterstützung beim Kampf gegen Terrorismusfinanzierung

II. Fehlende Unterstützung beim Kampf gegen Terrorismusfinanzierung

77

Im Bereich der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung werden die Institute von den Behörden bisher weitgehend allein gelassen. Die FIU lässt die Gründe dafür in ihrem Jahresbericht 2016 anklingen. Zwar gibt sie sich optimistisch auf einer übergeordneten Ebene, mehr in Form eines Programmsatzes, wenn sie behauptet: „Durch das Sammeln und Auswerten der Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren, Auswertungen sowie den Erkenntnissen aus dem Monitoring von Geldwäscheverdachtsmeldungen können geeignete Gegenstrategien zur Terrorismusfinanzierung erarbeitet werden“.[58] Wenige Absätze später allerdings muss sie, in der Betrachtungsweise auf der realen operativen Ebene angekommen, allerdings eingestehen: „Aussagen über klassische „Typologien“, wie sie von den Verpflichteten nach dem GwG immer wieder gefordert werden, sind im Bereich der Terrorismusfinanzierung durch die Auswertung von Geldwäscheverdachtsmeldungen weiterhin schwierig. Zwar konnten Erkenntnisse gewonnen werden, wie in Einzelfällen eine Terrorismusfinanzierung durchgeführt wurde, jedoch sind daraus keine Verdachtskriterien genereller Art ableitbar.“[59]

78

Die FIU bleibt also bislang in diesem wichtigen Feld hinter ihrem eigenen Anspruch, und dem Anspruch des Gesetzgebers, zurück. Es klingt sicherlich gut und richtig, wenn der Gesetzgeber die Banken in die Pflicht nimmt, dafür zu sorgen, dass sie die Terrorismusfinanzierung bekämpfen. Die Behörden müssen aber aktuell leider eingestehen, dass sie selbst nicht wissen, wie die Banken dabei zielführend vorgehen sollten.

Anmerkungen

[1]

Der Verfasser ist Direktor Recht des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland e.V. Die nachfolgenden Ausführungen stellen jedoch nicht die Position des Verbandes, sondern die persönliche Auffassung des Verfassers dar.

[2]

The FATF Recommendations, International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation, abrufbar unter www.fatf-gafi.org.

[3]

Nach AT 4.4.2 Textziffer 2 der MaRisk (abrufbar unter www.bafin.de) sind lediglich wesentliche rechtliche Regelungen und Vorgaben, deren Nichteinhaltung zu einer Gefährdung des Vermögens des Instituts führen kann, durch die Compliance-Funktion zu identifizieren. Die FATF-Veröffentlichungen sind keine Regelungen oder Vorgaben in diesem Sinne, weil ihnen der Rechtscharakter fehlt.

[4]

Siehe hierzu www.fatf-gafi.org.

[5]

Hierzu und zu den nachfolgend zusammengefassten Inhalten siehe The FATF Recommendations, International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation, abrufbar unter www.fatf-gafi.org.

[6]

Deutsch: „Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung – Grundsätze und Koordination“.

[7]

Deutsch: „Geldwäsche und Beschlagnahme“.

[8]

Deutsch: „Finanzierung von Terroristen und der Ausbreitung des Terrorismus“

[9]

RL 91/308/EWG des Rates vom 10.6.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABlEG Nr. L 166/77 vom 28.6.1992.

[10]

RL 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.12.2001 zur Änderung der RL 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABlEG Nr. L 344/76 vom 28.12.2001.

[11]

Vgl. die neue Definition des „Kreditinstituts“ gem. Art. 1 Nr. 1 der Zweiten EG-GeldwäscheRL.

[12]

Vgl. die neue Definition der Geldwäsche nach Art. 1 Nr. 1 der Zweiten EG-GeldwäscheRL.

[13]

RL 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABlEU Nr. L 309/15 vom 25.11.2005.

[14]

RL 2006/70/EG der Kommission vom 1.8.2006 mit Durchführungsbestimmungen für die RL 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Begriffsbestimmung von politisch exponierte Personen und der Festlegung der technischen Kriterien für vereinfachte Sorgfaltspflichten sowie für die Befreiung in Fällen, in denen nur gelegentlich oder in sehr eingeschränktem Umfang Finanzgeschäfte getätigt werden, ABlEU Nr. L 214/29 vom 4.8.2006.

[15]

Jedes Opfer des Terrorismus ist in allerhöchstem Maße bedauerlich. Doch wenn man den Terroristen fälschlicherweise zugesteht, die Grundfesten der Gesellschaft erschüttert zu haben, schreibt man ihnen einen „Erfolg“ zu, der für diese Personen unter Umständen eher noch motivierend ist.

[16]

Die nachfolgenden Fundstellen in diesem Abschnitt beziehen sich alle auf die Dritte EG-GeldwäscheRL.

[17]

RL (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der VO (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der RL 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der RL 2006/70/EG der Kommission, ABlEU Nr. L 141/73 vom 5.6.2016.

[18]

Abrufbar unter www.ec.europa.eu.

[19]

Die nachfolgenden Fundstellen in diesem Abschnitt beziehen sich alle auf die Vierte EU-GeldwäscheRL.

[20]

RL (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2018 zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der RL 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABlEU Nr. L 156/43 vom 19.6.2018.

[21]

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der RL 2009/101/EG, S 1 (abrufbar unter www./eur-lex.europa.eu; Pressemitteilung der EU-Kommission vom 19.4.2018, „Kommission begrüßt Verschärfung der GeldwäscheRL“.

[22]

VO (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.11.2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers, ABlEU Nr. L 345/1 vom 8.12.2006.

[23]

The FATF Recommendations, Februar 2012.

[24]

Vgl. „Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers“, abrufbar unter www.eur-lex.europa.eu.

[25]

ABlEU Nr. L 141/1 vom 5.6.2015.

[26]

BGBl I, 3105 ff.

[27]

BGBl I, 1330 ff.

[28]

BGBl I, 1506 ff.

[29]

BGBl I, 288 ff.

[30]

BGBl I, 610 ff.

[31]

Unger The Economic and Legal Effectiveness of Anti-Money Laundering and Combating Terrorist Financing Policy, 2013.

[32]

Zum Beispiel Bussmann S. 16; hierzu mit zutreffenden Bedenken Schneider Der Umfang der Geldwäsche in Deutschland und weltweit: Einige Fakten und eine kritische Auseinandersetzung mit der Dunkelfeldstudie von Kai Bussmann, 2016, S. 5 ff.

[33]

In der Jugendsprache wird ein solches Vorgehen „click-bait“ genannt. Vgl. zum Beispiel Handelsblatt vom 27.7.2018, 50.

[34]

Bundesministerium der Finanzen Erste Nationale Risikoanalyse, Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2018/2019, S. 25.

[35]

S. auch den Überblick bei Schneider S. 16 ff.

[36]

Siehe zum Beispiel Handelsblatt vom 27.7.2018, 50.

[37]

Bundeskriminalamt Jahresbericht 2016 Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland; Generalzolldirektion Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht 2017; Generalzolldirektion Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht 2018.

[38]

Nach damaligem Recht, heute §§ 43 f. GwG.

[39]

Bundeskriminalamt S. 8 f.

[40]

Vgl. Generalzolldirektion Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht 2018, S. 14 f.

[41]

Nach damaligem Recht; inzwischen ist die FIU zwischengeschaltet, die die Verdachtsmeldungen filtern und ggf. an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten soll.

[42]

Bundeskriminalamt S. 13.

[43]

Bundeskriminalamt S. 17.

[44]

S. FIU Jahresbericht 2017, S. 6 und 12.

[45]

Generalzolldirektion Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht 2018, S. 18.

[46]

Abrufbar unter www.bka.de.

[47]

S. auch die verwendeten Datenreihen in Bundesministerium der Finanzen Erste Nationale Risikoanalyse, Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2018/2019, S. 29 f.

[48]

Bundeskriminalamt S. 18.

[49]

FIU Jahresbericht 2017, S. 12.

[50]

Bundeskriminalamt S. 18.

[51]

Bundeskriminalamt S. 14.

[52]

Bundeskriminalamt S. 14.

[53]

Bundeskriminalamt S. 1.

[54]

Bundeskriminalamt S. 24 f.

[55]

Leider enthält der FIU Jahresbericht 2017 keine direkt vergleichbare Angabe.

[56]

Generalzolldirektion Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht 2018, S. 50.

[57]

Das bedeutet Kosten von ca. 1 Mio. EUR pro erfolgreicher Verdachtsmeldung – ein zugegebenermaßen arg verkürzter und plakativer aber gleichwohl erhellender Vergleich von Ressourcenaufwand und Ertrag.

[58]

Bundeskriminalamt S. 23.

[59]

Bundeskriminalamt S. 25.