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Aufgabenorientierte Didaktik

Diese Skizze eines die Lernbedürfnisse aufgreifenden und die neuen Funktionalitäten von Computer und Internet nutzenden virtuellen Lehrens und Lernens zeigt, dass dafür am besten die Konzeption einer aufgabenorientierten Didaktik geeignet und angemessen ist. Denn anders als das Lernen in Präsenzlehrveranstaltungen wird das Lernen in virtuellen Lernräumen erst dann Wirklichkeit, wenn die reflektierte Ausgliederung und Definition der Lernaufgaben zum gemeinsamen Verhandlungsgegenstand im pädagogischen Verhältnis gemacht und die Produkte der Bearbei­tung der vereinbarten Lernaufgaben selbst wiederum zum Gegenstand einer gemein­samen kritischen Reflexion werden. Lernaufgaben führen zugleich zu einer größeren Differenzierung des Lernens nach Fachschwerpunkten bzw. nach zu erwerbenden Kompetenzprofilen. Dies wiederum impliziert die Organisation von kooperativ selbst organisierten Lerngruppen, die gemeinsam an ausgewählten bzw. vereinbarten Lernaufgaben arbeiten, unterstützt durch Lehrende oder andere Experten. Durch die Arbeitsteiligkeit in Lehre, Wissenschaft und Praxis wird den Lernenden nicht nur eine aufgabenbezogene Differenzierung ihres Lernens ermöglicht, sondern auch das Hineinwachsen in wissenschaftlich fundierte und erfahrungs­geleitete Herangehensweisen an aktuelle Problemstellungen in Wissenschaft und Praxis. Alle Differenzierungen beruhen auf gemeinsamen allgemeinen oder fachspe­zifischen Grundlagen, die bezogen auf die ausgegliederten Lernaufgaben notwen­digerweise zu erarbeiten sind, wozu die Inhalte und Methoden gut über interaktive Medien im Kontext der jeweiligen Lernaufgaben zur Verfügung gestellt werden können.

Generelle Anforderungen an digitale Bildungsmedien

Für die Aufgabenorientierung im virtuellen Lehren und Lernen ist daher nicht die Entwicklung abgeschlossener Hightech-Multimediaeinheiten entscheidend, sondern die entwickelten interaktiven Bildungsmedien müssen für die Bearbeitung der vereinbarten Lernaufgaben vor allem in Bezug auf die Ziele, Inhalte, Methoden und erwarteten Ergebnisse angemessen und ergonomisch benutzerfreundlich gestaltet sein. Gerade weil die interaktiven Medien sich auf immer wieder neu verhandelte und vereinbarte und sich daher immer mehr oder weniger unterscheidende Lernaufgaben inhaltlich beziehen müssen, sind ihre Brauchbarkeit und dauerhafte Nutzung in virtuellen Lernarrangements vor allem von ihrer jederzeitigen leichten Erweiterbarkeit und Aktualisierbarkeit abhängig. Ist dies nicht der Fall, können sie von den Lernenden nicht zur flexiblen Nutzung herangezogen werden.

Medienkompetenzen der Lehrenden und der Lernenden

Dies erfordert als weiteren konstitutiven Faktor des virtuellen Lehrens und Lernens von allen Beteiligten – von den Lehrenden wie von den Lernenden – Medienkompetenzen, und zwar nicht nur für die rezeptive Nutzung der interaktiven Medien, sondern auch für deren produktive Nutzung, zumindest für einfache multisymbolische Präsentationen von Informationen. Sicher werden komplexe und umfangreiche interaktive Medien auch zukünftig in einem arbeitsteiligen Prozess, organisiert von Kompetenzzentren, von den Lehrenden in Zusammenarbeit mit Konzeptentwicklern und Programmierern erstellt werden. Aber diese Zusammenarbeit erfordert von den Lehrenden zumindest ein grundlegendes Verständnis des Erstellungsprozesses, weil sie sonst nicht in der Lage sind, die Lerninhalte in der für die virtuelle Präsentation erforderlichen Weise vorzubereiten.

Neue Professionalisierung der Lehrenden

Bei der mediendidaktischen Professionalisierung der Lehrenden geht es aber nicht nur um den Erwerb von Medienkompetenzen, sondern auch um die Veränderung ihrer primären Lehrhandlungen. Von den Lehrenden werden gefordert: die Moderation des Diskurses (in Präsenz und online) zur Ausgliederung von Lernaufgaben, die Aufbereitung der Lerninhalte für die Erstellung der interaktiven Medien, die Anleitung der Teletutoren zur fachlich und methodisch beratenden Unterstützung der Lernenden im Verlauf der Bearbeitung ihrer Lernaufgaben sowie die Moderation des Diskurses über die von den Lernenden erbrachten Ergebnisse im Kontext des Fachgebiets und der relevanten Praxisfelder.

Sicherlich sind diese notwendigen Veränderungen im Lehren am schwierigsten zu erreichen, weil sie im Grunde einen gravierenden Bruch mit den jahrhundertealten Traditionen vorbildlicher Lehre bedeuten. Gleichwohl, das zeigt auch die Untersuchung von Uhl (2003, 43 ff.), ist die – bislang noch immer oft fehlende – medien­didaktische Professionalisierung der Lehrenden für die Konzeptualisierung, Organi­sation und Durchführung eines virtuellen Bildungsangebots der entscheidende konstituierende Faktor, ohne den ein virtuelles Lernen nicht erfolgreich etabliert werden kann. Dies zeigt auch das Verhalten vieler Lernender, die großen Wert auf den Diskurs mit den Lehrenden legen, für den ihnen die digitalen Bildungsmedien keinen Ersatz liefern können und das Internet einen begrenzten medienvermittelten Nutzen bietet. Die Etablierung virtuellen Lernens wird daher nur erfolgreich sein, wenn der Diskurs zwischen Lehrenden und Lernenden in integrierten Präsenzveranstaltungen und virtuellen Bildungsräumen in neuen Formen herausgebildet wird.

Neuordnung der Zeit- und Raumstrukturen im virtuellen Lehren und Lernen

Eine aufgabenorientierte Didaktik, die Integration von Kommunikation und Kooperation, die Professionalisierung der Lehrenden und die aktiv Lernaufgaben ergrei­fen­den Lernenden sind die zentralen konstituierenden Faktoren des virtuellen Lehrens und Lernens. Ihr erfolgreiches Zusammenwirken erfordert die Entwicklung einer neuen Kultur virtuellen Lehrens und Lernens. Dafür konstituierend ist vor allem auch die Herausbildung einer neuen Zeit- und Raumstruktur, in der die Handlungen der Lehrenden und Lernenden zueinander angeordnet werden müssen. Dabei geht es nicht allein um einen Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Phasen, sondern vielmehr darum, wie die neuen Formen der Kommunikation und Kooperation sowie die aufeinanderfolgenden und parallel laufenden aufgabenorientierten Diskursphasen und die damit verbundenen Handlungen der Lehrenden und Lernenden zeitlich und örtlich strukturiert werden. Hierüber gibt es erste Erfahrungen, z. B. über wachsende Kommunikationsbelastungen, aber bislang noch keine allgemeine Lösung, wie die erforderlichen neuen Zeit- und Raumstrukturen für alle Beteiligten so gestaltet werden können, dass sie keine Überlastung, sondern einen deutlichen qualitativen Zugewinn bringen. Denn die klassischen Präsenzlehrveranstaltungen haben durch ihre definierten Zeitgrenzen und räumliche Konzentration für die gemeinsame Arbeit und die je individuell zu definierenden Zeiten und verfügbaren Räume für Vor- und Nacharbeiten ein hocheffizientes Zeitmanagement entwickelt. Eine neue, virtuelle Lehr- und Lernkultur lässt sich nicht herausbilden und zum Erfolg führen ohne die Entwicklung eines neuen Zeit- und Raummanagements, das an der effizienten Erbringung von Ergebnissen in individueller Arbeit wie in kommunikativer und kooperativer Zusammenarbeit orientiert ist.

2.5 Entwicklung der virtuellen Lehr- und Lernkultur
2.5.1 Perspektiven der Entwicklung
Entwicklung der virtuellen Lehr- und Lernkultur noch offen

Die Entwicklung und Nutzung kybernetischer Lehrmaschinen mit dem Ziel der Rationalisierung der Lehr- und Lernprozesse begann bereits in den 1950er-Jahren mit Computer Aided Instruction von IBM und wurde in den 1960er-Jahren, angestoßen und begründet u. a. durch Helmar Frank (1962), zu einem theoretisch intensiv diskutierten Thema mit ersten Versuchen in der Praxis (vgl. Rauner/Trotier 1971). Über viele Jahre wurden Tagungen zur Entwicklung und Implementation technologiegestützter Bildungsprozesse veranstaltet. Schon damals war die Aufspaltung der curricularen Lehrinhalte in kleine Lernbausteine für ein selbstständiges und ent­deckendes Lernen dafür das didaktische Konzept. Denn jeder könne, so die päda­gogische und psychologische Vorstellung, durch Motivierung und zur Verfügung gestellte Inhalte selbstständig am besten und effektivsten lernen. Wenn Bildung erfolgreich durch virtuelles Lehren und Lernen gefördert und ermöglicht werden soll, reicht es aber nicht aus, nur digitale Bildungsmedien zur Verfügung zu stellen. Vielmehr muss umfassend die Entwicklung einer neuen Lehr- und Lernkultur gefördert werden, die die konstituierenden Faktoren virtuellen Lehrens und Lernens aufgreift und die technologischen Potenziale von Computer und Internet zur Unterstützung von Bildungsprozessen zur Entfaltung bringt. Dabei ist zu beachten, dass mit der Art und Weise der Nutzung von Computer und Internet zwei entgegengesetzte Richtungen in der Entwicklung der Lehr- und Lernkultur eingeschlagen werden können.

Transportperspektive des Lehrens ...

Bereits vor zwei Jahrzehnten haben Brown/Duguid (1996) zwei gegensätzliche Entwicklungsrichtungen skizziert: Internettechnologien können in Lernprozessen entweder unter einer Transportperspektive oder einer Gemeinschaftsperspektive eingesetzt werden. Bei knappen Ressourcen können virtuelle Lernangebote als willkommene Möglichkeit zur Rationalisierung des Lehrbetriebs durch die Aufhebung der Subjektivität der pädagogischen Handlungen und ihrer Objektivierung in digitalen Medien aufgegriffen werden. Dabei wird eine Transportperspektive eingenommen, bei der Lernende Wissensempfänger und Lehrende Wissenslieferanten darstellen. Das Internet fungiert dabei als eine geeignete Technologie, um die Durchflussgeschwindigkeit und Verbreitung von Wissen zu erhöhen, unabhängig von den zur Verfügung stehenden Lehrkapazitäten und nachfragenden Lernenden. Dabei kann auf die individuellen Belange der Lernenden, z. B. auf ihre Nachfragen, wie dies im traditionellen expositorischen Lehren möglich war, nicht mehr eingegangen werden. Initiative und Kreativität der Lernenden werden ganz verhindert. Training ist so möglich, erfolgreiche Bildungsprozesse für den Erwerb ganzheitlicher Handlungskompetenzen nicht.

 

... oder Gemeinschaftsperspektive des Lernens?

Soll gelingendes Lernen im Sinne eines Zuwachses an Handlungskompetenzen und gesellschaftlicher Teilhabe durch die Internetnutzung gefördert werden, muss da­gegen eine Gemeinschaftsperspektive die Virtualisierung der Lehr- und Lernkultur bestimmen: Virtuelle Lehr- und Lernformen müssen so gestaltet werden, dass den Lernenden ein Zugang und eine wachsende Teilhabe an Wissen schaffenden Gemeinschaften ermöglicht wird. Konkret knüpft diese Forderung an das zuvor skizzierte Prinzip an, im Lernen den Diskurs zwischen Lehrenden und Lernenden über den Lerngegenstand in den Mittelpunkt zu stellen. Lernenden sollte auch der direkte Kontakt zu Fachexperten und somit ein Hineinwachsen in die Praxis ermöglicht werden. Die durch die Nutzung von Web 2.0 herausgebildete anarchische Form der Kommunikation vieler Lernender im Internet ist dazu in einen planmäßigen Kommunikations- und Kooperationsprozess zur Produktion von Ergebnissen für die Lerngemeinschaften zu verwandeln. Die Qualität des Technologieeinsatzes in Bildungseinrichtungen zur Unterstützung des Lehrens und Lernens ist also daran zu messen, ob und inwieweit er einen solchen Diskurs sowie die Entstehung entsprechender produktorientierter sozialer Gemeinschaften fördert: Lerngemeinschaften, die in Verbindung zu Lehrenden und anderen Fachexperten stehen und in einem diskursiven Prozess ihre Lernaufgaben definieren, ausarbeiten sowie die Praxis und das Ergebnis ihrer Bearbeitung der Aufgaben gemeinsam bewerten und reflektieren und daraus Konsequenzen für das weitere Vorgehen ziehen. Dafür ist es sinnvoll, in der jeweiligen Bildungseinrichtung eine Bildungscloud (Kap. 3.5.1) einzurichten (Meinel 2017, 21).

Lernende als Konsumenten …

Fischer (2002) skizziert unter einem leicht anderen Blickwinkel zwei ähnliche Entwicklungsoptionen der Veränderung der Lehr- und Lernkultur durch virtuelle Studienangebote: Mit dem plakativen Bild „Beyond ‚Couch Potatoes‘: From Consumers to Designers and Active Contributors“ zeigt er auf, dass der Interneteinsatz an Hochschulen einerseits eine Konsumentenhaltung fördern kann, indem eine Vielfalt an Informationen und unterschiedlichen Studienangeboten relativ leicht zugänglich ist. Diese Angebote und Informationen können unaufwendig konsumiert werden, sind aber ohne aktiven Erschließungsaufwand, eigene Informationsbewertung und aktive Aneignung des Studiengegenstands für Bildungsprozesse relativ wertlos.

... oder als Designer und aktive Mitarbeiter?

Andererseits kann der Interneteinsatz aber auch dazu beitragen, dass Studierende zu aktiven Designern von Lehr- und Lernprozessen werden. Mithilfe der Internet­technologie können Lernende eigene Anfragen, Diskussionsbeiträge sowie Arbeits- und Rechercheergebnisse leicht anderen Lernenden und auch Externen zugänglich machen und ihre Beiträge im Rahmen des Studiums zur Diskussion stellen. Darüber hinaus können vollständig selbst organisierte virtuelle Lernkontexte geschaffen werden, die zwar von den Beteiligten nicht notwendig als Lernkontexte bezeichnet werden, in denen aber durchaus erfolgreiches Lernen stattfinden kann. Solche internetbasierten Lerngemeinschaften sind z. B. PerlMonks, ein Zusammenschluss von Perl-Programmierern (Wiley/Edwards 2002), oder die FESA-Community (anonymisierter Name des Fernstudienanbieters in der Fallstudie), ein selbst organisierter Zusammenschluss von Fernstudierenden (Arnold 2003b).

Expansives Lernen ...

Expansives Lernen setzt in Anlehnung an Holzkamp (1993, 187 ff.) bei der Erfahrung eines Kompetenzdefizits an, das Lernende als bedeutsam erleben und durch expansive Lernschritte überwinden wollen. Ihr Lernen erfolgt mit der Intention, einen bedeutsamen Kompetenzzuwachs zur Erweiterung ihrer allgemeinen wie auch ihrer spezifischen Handlungsfähigkeiten zu erreichen. Durch die Individualisierung des Lernens, eine größere Auswahl an Lernressourcen, vielfältige Kontakte sowie die Entstehung sozialer Gemeinschaften kann nicht nur die Reflexion der Bedeutung der Lerngegenstände, sondern auch die Produktion eigener Ergebnisse angeregt werden. Lernende können durch eine größere kooperative Differenzierung ihre Lerntätigkeiten leichter an ihren subjektiven Begründungen ihres Lernens orientieren und damit ihre Kompetenzentwicklung expansiv zu verallgemeinerten Handlungskompetenzen erweitern.

... oder defensives Lernen?

Defensives Lernen entsteht, wenn Lernende keine für sie bedeutsamen Lerngründe finden und ausschließlich aus Angst vor Sanktionen die Expositionen und Anforderungen der Lehrenden mit möglichst geringem Einsatz aufzunehmen und zu erfüllen suchen. Der Verlust des subjektiven pädagogischen Diskurses durch die mediale Objektivierung der expositorischen Lehrhandlungen und erwarteten Lernhandlungen der verallgemeinert vorgestellten Lernenden in digitalen Medien bringt die Gefahr einer weiteren Vertiefung defensiv begründeten und eng begrenzten Lernens mit sich. Die Kompetenzentwicklung der Lernenden findet dadurch quasi in fremdbestimmten Kompetenzkanälen statt und wird durch die in den Medien inhaltlich und methodisch errichteten Kanalwände formiert.

Vision der Veränderung der Lehr- und Lernkultur

Die Entwicklung der neuen, virtuellen Lehr- und Lernkultur – verstanden als sich gesellschaftlich-historisch herausbildende „Muster institutionalisierter Anordnungen pädagogischer Handlungen“ (Zimmer 2001, 121) – erfordert somit

 die Orientierung der Bildungsangebote an einer Gemeinschaftsperspektive,

 die Aktivierung der Lernenden als produktiv Mitarbeitende im Bildungsprozess,

 die Professionalisierung der Lehrenden zu Koordinatoren kooperativer und selbstständiger Bildungsprozesse,

 die Förderung des Erwerbs verallgemeinerter Handlungskompetenzen sowie

 die Beseitigung von institutionellen Behinderungen und Offenheit für die Entwicklung, Erprobung und Implementierung neuer pädagogischer Konzepte für das Lehren und Lernen mit digitalen Medien.

2.5.2 Potenziale virtueller Bildungsangebote
(1) Orts- und Zeitflexibilität im Lernen und Lehren ...

Durch virtuelle Lehr- und Lernformen wird die bisherige „prinzipielle Unmittelbarkeit und Gleichzeitigkeit des Lehrens und Lernens“ aufgehoben (Zimmer 2000b, 103). Lehrende und Lernende gewinnen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bei der Gestaltung ihrer Lehr- und Lernhandlungen neue Freiheitsgrade. Allerdings muss die Orts- und Zeitflexibilität bzw. Orts- und Zeitdistanz durch eine Objektivierung der Lehrhandlungen und erwarteten Lernhandlungen sowie durch eine Intensivierung der technisch vermittelten Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden überbrückt werden. Ein berufsbegleitendes Fernlernen wird dadurch leichter möglich. Lehrende können wesentlich eher als zuvor auch andere Fachexperten in ihre Lehre, z. B. als virtuelle Gastexperten, einbeziehen. Und die Lernenden können auch unabhängig von den Lehrenden kommunizieren, beispielsweise durch Videokonferenzen (Gaiser 2002).

... benötigt aber auch feste Lernzeiten und einen virtuellen Bildungsraum

Zeitliche und örtliche Flexibilität verweist aber auch auf neue Gestaltungsnotwendigkeiten. Ohne feste Lernzeiten werden Lernhandlungen oft extrem fragmentarisiert oder finden ohne Zielvorgaben erst gar nicht statt. Zudem braucht es einen virtuellen Bildungsraum und weiter gehend auch eine vom Lernenden selbst einzurichtende persönliche Lernumgebung, die erfolgreiches Lernen mit interaktiven Medien sowie die Kommunikation und Kooperation mit den Lehrenden und Lernenden ermöglicht (Zimmer 2011b). Insbesondere Videokonferenzen sind gut geeignet für eine zeitgleiche Kommunikation von örtlich getrennten Lehrenden und Lernenden (Gaiser 2002).

(2) Offenheit und Vielfalt von Lernressourcen ...

Offenheit und Vielfalt der Lernressourcen stellen eine weitere entscheidende Veränderung bei virtuellen Bildungsangeboten dar. Selbstverständlich war auch vor der Nutzung von Computer und Internet in Bildungsprozessen jede Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand prinzipiell unabgeschlossen und die Lernmaterialien durch Fachbücher ergänzbar, aber das Internet hat diese Offenheit auf eine qualitativ neue Stufe gehoben: Durch das Internet ist die Recherche und das Auffinden von Materialien ungleich einfacher und beschleunigter, Kontakte können direkt und weltweit aufgenommen werden. Zu den von Lehrenden konzipierten Lernmaterialien kommen Arbeitsergebnisse von Lernenden hinzu, die aufgrund der leichten Veröffentlichungsmöglichkeiten im Internet als Open Content ebenfalls zur Verfügung stehen.

... benötigt aber auch Orientierungshilfen

In dieser Offenheit und Vielfalt der Lernressourcen benötigen Lernende wie Lehrende Orientierung, Recherchetechniken und insbesondere Bewertungskompetenzen, um aus der Informationsflut für ihre Zwecke und mit angemessenem zeit­lichen Aufwand geeignete Ressourcen zu erschließen – und nicht in der Masse unverbundener Materialien unterzugehen. Eine Gestaltungsoption ist dabei die Standardisierung und Katalogisierung von Lehrmaterialien, sodass die jeweilige individuelle Suche danach erleichtert wird. Dieser Lösungsweg beinhaltet aber auch die Gefahr, dass die virtuellen Lerneinheiten immer mehr in ihrem pädagogischen Design angeglichen werden. Nur wenn sie über eine schematisch zu erfassende innere Struktur verfügen, sind sie über automatisierte Suchvorgänge auffindbar.