Handbuch E-Learning

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3.3 Funktionsbereiche im virtuellen Bildungsraum

In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits auf virtuelle Bildungsräume eingegangen, wobei ein Hauptaugenmerk auf den aktuellen Entwicklungen im E-Learning, insbesondere dem Mobile Learning, lag. Auch wenn mit den frei verfügbaren Instrumenten (Internetanwendungen, Lern-Apps, digitalen Endgeräten der Nutzer etc.) bereits Lernen im virtuellen Bildungsraum möglich ist, sollen im Folgenden die Funktionen von LMS (Learning Management Systemen) bzw. LCMS (Learning Content Management Systemen) als Lernplattformen für E-Learning dargestellt werden, da sie für die Gestaltung formaler E-Learning-Angebote eine zentrale Rolle spielen und Möglichkeiten bieten, die für Organisation, Gestaltung, Durchführung und Evaluation der Lehr-/Lernprozesse von anderen Instrumenten kaum oder gar nicht eingelöst werden. Exemplarisch sei darauf hingewiesen, dass in einer Lernplattform z. B. eine hoher Datenschutz gewährleistet ist, Lernende und Lehrende einen gemeinsamen virtuellen Treffpunkt zum Arbeiten haben, gemeinsame Instrumente zum Lernen bereitgestellt werden können, eine Administration möglich ist und anderes mehr.

Durch die technischen Entwicklungen lösen sich die einst strikten Grenzen zwischen Lernplattformen und virtuellem Bildungsraum auf. Lernplattformen behalten jedoch ihre Grundfunktionalitäten, die allerdings erweitert werden um Verbindungen zum virtuellen Bildungsraum (z. B. Informationen aus dem Internet, soziale Netzwerke und Communitys außerhalb der Lernplattform, externe Lernangebote wie MOOCs oder OER usw.). Für die Nutzung zahlreicher Plattformen werden inzwischen Apps angeboten, die auch einen mobilen Zugriff auf die Lernplattform ermöglichen. Damit wird Mobile Learning auch im klassischen E-Learning möglich. Weiterhin bestehen zunehmend Möglichkeiten, aus dem virtuellen Bildungsraum bekannte Instrumente zur Gestaltung des Lernprozesses und der Förderung der Kooperation und Kommunikation (z. B. Wikis, Blogs, E-Portfolio-System etc.) in Lernplattformen zu integrieren und dort in einem geschützten und lerngegenstandbezogenen Kontext einzusetzen. Insofern bieten viele Lernplattformen eine grundständige Flexibilität zur Anpassung an die Lehr- und Lernpräferenzen. Viele Lernende befürworten es, mit bereits aus dem Internet bekannten Werkzeugen zu arbeiten, da diese vertraut sind und einen souveränen Umgang erlauben. Eine Zwangsumstellung und Beschränkung auf die auf einer Lernplattform enthaltenen Grundfunktionalitäten und Instrumente kann auch zur Abwertung oder gar Verweigerung seitens der Lernenden führen. Die einzusetzende Lernplattform sollte daher eher als ein Lernportal gestaltet werden, als ein „Tor ins Internet, das Studierenden Wege zu Lernmaterialien und -werkzeugen weist“, das den Zugriff auf verfügbare Materialien zulässt, „soziale Gruppenprozesse“ unterstützt und „Lernprozesse und Lernergebnisse der Beteiligten“ dokumentiert (Kerres u. a. 2009, 103 f.). Lernportale ermöglichen somit eine Entgrenzung des Lernens (Arnold 2004) über die geschlossenen Lernplattformen hinaus. Durch die Erweiterungen der Funktionalitäten und das Aufweichen der Grenzen ist auch eine scharfe Trennung zwischen Lernplattformen und virtuellem Bildungsraum kaum mehr möglich.

Pädagogische Infrastruktur im virtuellen Bildungsraum

Zur Entfaltung der Bildungspotenziale des E-Learning (Kap. 2) bedarf es nicht nur eines technischen Rahmens, sondern einer pädagogischen Infrastruktur (Zimmer 2000b, 2000c). In der Literatur finden sich hierfür verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Funktionsbereichen. Dabei lassen sich bei den einzelnen Modellen Überschneidungen und Gemeinsamkeiten feststellen. Zimmer (2003, 12 ff.) nennt sechs Funktionsbereiche bzw. Aktivitätsklassen eines virtuellen Bildungsraums, die sich um einen zentralen Arbeitsbereich gruppieren, in dem die Lernmodule bearbeitet werden, und die sich aus den Aktivitäten aller Beteiligten ergeben: (1) Angebot und Auskunft, (2) Planung und Verwaltung, (3) Mediathek und (Arbeits-)Ergebnisse, (4) Schnittstellen zu Anwendungssoftware, (5) Kommunikation und Kooperation sowie (6) Prüfung und Evaluation. Diese Funktionsbereiche werden üblicherweise von Lernplattformen abgedeckt (siehe Abb. 3.2).

Baumgartner/Häfele/Maier-Häfele (2002, 26 f.) schlagen fünf Funktionsbereiche virtueller Bildungsräume vor: (1) Präsentation von Inhalten, (2) Kommunikationswerkzeuge, (3) Werkzeuge zur Aufgaben- und Übungserstellung, (4) Hilfen für die Bewertung und Evaluation und (5) Administration. Der von Schulmeister (2005b, 56 f.) im Rahmen einer Untersuchung von Lernplattformen für Hamburger Hochschulen vorgestellte Katalog mit den wichtigsten Merkmalen umfasst zehn Funktionsbereiche: (1) Administration, (2) Kursmanagement, (3) Didaktik, (4) Kommunikation, (5) Medien, (6) Design, (7) Evaluation, (8) Technologie und Technik, (9) Support und (10) wirtschaftliche Gesichtspunkte. Diese Beschreibungen der Funktionsbereiche weisen unterschiedliche Detailierungsgrade und Gewichtungen einzelner Aspekte auf. Bei genauerem Betrachten sind diese jedoch auch alle in den von Zimmer (2003) vorgeschlagenen Funktionsbereichen enthalten.

Neue Funktionen im virtuellen Bildungsraum

In den vergangenen Jahren fand eine Fortentwicklung der Internettechnologien statt, die auch neue Anforderungen an die Lernplattformen stellen. Kerres u. a. (2009, 105 ff.) reformulieren „die fünf zentralen Funktionen einer ‚Lehrplattform‘ im Licht dieser Entwicklungen“:


1. „Rollen und Rechte in einer sozialen Inszenierung zuweisen“,
2. „Aktivitäten von Akteuren organisieren“,
3. „Lernmaterialien verknüpfen“,
4. „Meta-Informationen für das Lernen bereitstellen“ und
5. „Lernprozesse und -ergebnisse dokumentieren“.

Diese fünf Funktionsbereiche signalisieren die bereits kapiteleinleitend erwähnte Öffnung des bisher eher geschlossenen Systems Lernplattform zum virtuellen Bil­dungsraum. Öffnung meint, dass einerseits Instrumente und Inhalte aus dem Internet in die Lernplattform aufgenommen werden können, andererseits aber auch, dass Lernergebnisse nicht mehr nur durch Prüfungen attestiert werden (Kap. 7.5), sondern auch Artefakte, die im Prozess des Arbeitens mit dem Lerngegenstand entstehen, als Ergebnisse anerkannt werden (Kap. 7.6, Kap. 7.7). Die Öffnung ist Folge der Anpassung an die technischen Entwicklungen des Web 2.0 (Kap. 5.4) und die damit einhergehenden veränderten Verwendungsmöglichkeiten und -gewohnheiten der Nutzer. Weiterhin wird die Bedeutung der sozialen Komponente im Lehr-Lern-Prozess betont.

Diese Funktionen werden in der folgenden Abb. 3.2 verdeutlicht. Dazu wurden exemplarische Anwendungsbezüge von den Lernplattformen in den virtuellen Bildungsraum ausgewählt. Lehrende und vor allem Lernende können über die Grenzen der geschützten Lernplattform und ihrer Funktionalitäten hinausgehen und einen virtuellen Bildungsraum erschließen, um dort Informationen, Lernmaterialien, Werkzeuge und Kooperationspartner zu finden. Diese reichen dabei wieder in die Lernplattform hinein und wirken auf die Lernprozesse und -ergebnisse.


Abb. 3.2: Integration von virtuellem Bildungsraum und Lernplattform (in Anlehnung an Zimmer 2003 und Kerres u. a. 2009)

Design des virtuellen Bildungsraums

Das Design des virtuellen Bildungsraums, das sog. Graphic User Interface (GUI), muss dazu beitragen, dass die Nutzer sich leicht innerhalb des Systems zurecht­finden. Da nicht alle im virtuellen Bildungsraum verfügbaren Ressourcen entsprechend angepasst werden können, gilt dieser Aspekt insbesondere für die Gestaltung der Lernplattform, die vom Bildungsanbieter bereitgestellt wird. Die Lernplattform soll einen übersichtlichen und aufgeräumten Eindruck machen, Symbole und Bezeichnungen müssen eindeutig und verständlich sein. Hierzu trägt auch die Barrierefreiheit (Kap. 5.3) und Mehrsprachigkeit der Funktionsbeschreibungen bei. Darüber hinaus sollte die Lernplattform an das Corporate Design des Bildungsträgers (Schulmeister 2005a, 57) und idealerweise die Nutzungsgewohnheiten der Lernenden und Lehrenden anpassbar sein. Auch wenn weitere genutzte Informations- und Kommunikationswerkzeuge des virtuellen Bildungsraums nur bedingt angepasst werden können, lassen sich die Lernplattformen als zentrale Anlaufstelle für E-Learning-Angebote entsprechend gestalten, sodass eine Orientierung der Lernenden und Lehrenden unterstützt wird.

Sechs Funktionsbereiche im virtuellen Bildungsraum

Bei der folgenden inhaltlichen Erläuterung der Funktionsbereiche eines Lernraums wird auf das erweiterte Modell von Zimmer (2003, 12 f.) und Kerres u. a. (2009) zurückgegriffen (Abb. 3.2). Dabei sei darauf hingewiesen, dass in einem solchen Modell die Funktionsbereiche systematisch beschrieben werden; die konkrete Umsetzung in den unterschiedlichen Systemen kann eine andere Aufteilung enthalten. Wichtig ist jedoch, dass die hier aufgelisteten Funktionen vorhanden sind. Anzumerken ist auch, dass viele Bereiche und die darin enthaltenen Funktionalitäten vor allem auf einer Lernplattform gestaltet werden können und sich die folgenden Ausführungen daher vor allem auf dieses technische System beziehen.

 

(1) Angebot und Auskunft

In diesem Bereich finden die Lernenden zum einen allgemeine Beschreibungen zu den Lernangeboten, z. B. zu Zeitplänen, Zugangsvoraussetzungen, Lernzielen bzw. zu erwerbende Kompetenzen, Prüfungsformen, Zertifikaten und Kosten. Diese können durch Bewertungen durch Lehrende und Tutoren, aber auch durch Mitlernende sowie frühere Lernende, die die Lernangebote bereits absolviert haben, ergänzt werden. Solche Bewertungssysteme können die Lernenden unterstützen, gezielter nach eigenen Bedarfen, Vorwissen oder verfügbarer Lernzeit die entsprechenden Lerninhalte auszuwählen. Manche Bildungsanbieter binden zur Unterstützung der Lernenden bei der Auswahl geeigneter Lernangebote digitale Beratungssysteme ein, z. B. in Form von Online-Studienwahl-Assistenten oder online self assessments (Hardt/Marx 2015; für einen Überblick entsprechender Systeme siehe Iost/Iost 2014; Röder 2017; Kap. 7.2). Aktuelle Ankündigungen zum Lernangebot bzw. den belegten Kursen, etwa über Sprechzeiten, Gruppenarbeitszeiten, Terminverschiebungen etc., die von den Lehrenden eingestellt und aktualisiert oder auch von den Gruppenmitgliedern in Eigenverantwortung koordiniert werden können, werden hier hinterlegt. Eine Anbindung an die Kursverwaltungssysteme eines Bildungsträgers ist empfehlenswert, um die Daten über eine zentrale Datenbank zu pflegen und konsistent zu halten. Es empfiehlt sich, Hinweise und Auskünfte auf erwartbare Fragen der Lernenden in diesem Bereich zu geben. Da jedoch nicht alle Fragen vorhersehbar sind, müssen auch Möglichkeiten für persönliche Auskünfte (z. B. per E-Mail, Chat) implementiert sein. Ein Online-Hilfesystem sollte integriert sein, Listen mit regelmäßig gestellten Fragen (FAQs, Frequently Asked Questions) sind hier einzustellen und regelmäßig zu aktualisieren. Dabei ist es denkbar, dass nicht nur die Lehrenden oder Administratoren diese Listen pflegen, sondern sich die Lernenden gegenseitig bei Fragen und Problemen unterstützen und Lösungsansätze online zur Verfügung stellen, z. B. durch Links auf Diskussionsforen außerhalb der Lernplattform im Netz, in denen das Problem und dessen Lösung besprochen wurden.

Da dieser Bereich zentral für die Orientierung, Planung und Organisation des Lernens ist, ist es hilfreich, wenn die Lernenden die Möglichkeit haben, diese Seite individuell zu gestalten, damit sie die für sie notwendigen Informationen auf einen Blick erfassen können. Die Integration von Push-Medien (Werle 2008, 204) kann helfen, neue Informationen schnell und direkt auf den Bildschirm gesendet zu bekommen.

(2) Planung und Verwaltung

Dieser Bereich dient der Planung individueller und der Abstimmung gemeinsamer Lernaktivitäten. Dazu müssen den Lernenden entsprechende Hinweise und Instrumente zur Verfügung gestellt werden, z. B. die Möglichkeit, über verschiedene Kalenderfunktionen eigene Termine wie auch Gruppentermine einsehen und verwalten sowie passwortgeschützte Informationen zu eigenen Lernaktivitäten und Lernerfolgen sowie anstehenden Aufgaben abrufen zu können.

Schnittstellen zu elektronischen Organisations- und Informationssystemen (z. B. eigener Online-Kalender, ToDo-Verwaltung), die die Lernenden ggf. auch im Alltag nutzen, sollten durch standardisierte Formate (z. B. iCal, XML) gegeben sein. Zur Abstimmung und Information ist die Anbindung an Kommunikationsinstrumente notwendig. Hilfreich ist es, wenn biografische Hinweise zur eigenen Person von Lernenden, Lehrenden und Tutoren sowie ggf. auch externen Fachexperten eingestellt werden können. Diese können als eigene Seite in der Lernplattform angelegt werden. Wahlweise wäre auch eine Verlinkung auf externe Seiten in sozialen Netzwerken oder auf die eigene Homepage möglich. Somit können die Beteiligten in einem Bildungsangebot jeweils eine zentrale Seite zur eigenen Person pflegen und müssen nicht verschiedene Profilseiten auf die Gültigkeit der Daten prüfen.

Darüber hinaus findet in diesem Bereich die Kursverwaltung, wie z. B. die Online-Registrierung, statt. Auch die Zuordnung von einzelnen Nutzern zu bestimmten Gruppen, Aufgaben oder Inhalten erfolgt hier. Lehrende können Informationen über die Kursbelegungen abrufen oder die Erstellung neuer Inhalte weitermelden, damit diese in das System eingepflegt werden, sofern sie selbst hierfür keine Berechtigungen haben. Idealerweise unterstützt das System die Möglichkeit, schnell und unkompliziert Lerninhalte durch die Lehrenden oder Tutoren selbst einzustellen, ohne Umwege über eine administrative Stelle nehmen zu müssen. Günstig ist die Anbindung der Lernplattform an die Verwaltung, um Nutzerdaten und Kursangebote zu portieren, die Teilnehmerverwaltung, die Gebührenerhebung, die Lehrplanung, die Erfassung von Prüfungsleistungen oder das Erstellen von Zertifikaten durchzuführen. Auch hier zeigen sich die Vorteile von Lernplattformen, da diese zum einen eine höhere Datensicherheit mitbringen und zum anderen die Möglichkeit bieten, über entsprechende Schnittstellen mit den technischen Systemen der Verwaltung eines Bildungsanbieters (z. B. dem Campus Management System der Hochschule) gekoppelt zu werden. Interessenten, die sich einen Einblick in ein Bildungsangebot verschaffen wollen, kann ein Gastzugang mit beschränkten Rechten und/oder zeitlicher Begrenzung eingerichtet werden.

(3) Mediathek und Ergebnisse

Hier finden die Lernenden die für sie bereitgestellten Lernmaterialien sowie verschiedene Werkzeuge, auf die sie zur Unterstützung und Gestaltung ihres Lern­prozesses zugreifen können. Dazu zählen z. B. die Möglichkeiten, Lesezeichen zu setzen, um wichtige Inhalte schnell wiederzufinden, oder das Erstellen und Hinzufügen von Annotationen zu den Lernmaterialien. Die Einbindung von Tags (Schlagworten) oder Social Bookmarks (Lesezeichen, die im Internet abgelegt, verwaltet, bewertet und von anderen eingesehen werden können) kann Orientierung schaffen, wenn Lerner sich gegenseitig Hinweise zu weiteren Ressourcen geben. Ein Glossar kann integriert sein, eine Volltextsuchfunktion sowie eine thematische Suche (z. B. Aufgaben, Personen) hingegen sind unverzichtbar. Die Kurse sind mit Inhaltsverzeichnissen und Navigationssystemen zu versehen. Bei umfangreicheren Lernmodulen sollten die einzelnen Kapitel über die Navigation direkt ansteuerbar sein. Einzelne Lerneinheiten sollten so abgelegt werden, dass Lehrende Lernmaterialien leicht auffinden, aktualisieren, ergänzen und erweitern können. Gleichzeitig muss das Verwaltungssystem auch Schutz vor unbefugten Zugriffen und Veränderungen bieten.

Um eigene Arbeitsergebnisse zu präsentieren und mit Kommilitonen und Lehrenden bzw. Tutoren zu diskutieren und ggf. weiterzubearbeiten, ist es selbstverständlich, dass Lernende eigene Dokumente selber einstellen wie auch Dokumente auf ihren eigenen PC herunterladen können. Dafür müssen nicht nur den Lehrenden, sondern auch den Lernenden entsprechende Autorenwerkzeuge zur Verfügung stehen. Weiterhin sollte die Möglichkeit bestehen, Inhalte anderen zugänglich zu machen oder in einer Cloud abzulegen, um sie an anderen Orten selbst weiterzubearbeiten oder aber auch anderen zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung zu stellen. Neben der Arbeit an Dokumenten auf dem eigenen PC empfiehlt es sich, Online-Kooperationsinstrumente für die Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Eine Vorschaufunktion für das Einstellen eigener Dokumente im virtuellen Bildungsraum (Wie sehen meine Ergebnisse auf dem Bildschirm aus?) sowie eine Versionskontrolle – gerade für gemeinsam erstellte Dokumente – inklusive einer Rechtevergabe für die selbst erstellten Inhalte zur Weiterverarbeitung durch andere Lerner ergänzen den Funktionsumfang. Um sich mit anderen Lernenden auszutauschen, Hilfe zu erfragen und Gruppenarbeiten zu initiieren, muss dieser Bereich stark mit dem Bereich der Kommunikation und Kooperation verbunden sein. Bei Lernplattformen sind Schnittstellen ins Internet selbstverständlich, damit auf weitere Informationsquellen zugegriffen werden kann. Dies erfordert eine gewisse Sensibilität und Kenntnis der Urheber- und Nutzungsrechte, über die aufgeklärt werden muss (Kap. 11.2).

Hilfreich ist es, wenn Lernende die Arbeit an dem Punkt wieder aufnehmen können, an dem sie bei der letzten Sitzung aufgehört haben. Damit verbunden ist eine Verlaufsübersicht (History) über bereits bearbeitete Einheiten und eine Fortschritts­anzeige, die den Lernfortschritt und den notwendigen Zeitaufwand für die weitere Bearbeitung anzeigen. Ergänzt werden kann dies durch eine Übersichtsfunktion, mithilfe derer die Lernenden bspw. ihre Anwesenheit, zu erledigende Aufgaben oder Prüfungsergebnisse einsehen können. Benutzeraktionen können durch automatische Protokollierung (User-Tracking) verfolgt und von den Tutoren oder auch von den Lernern selbst ausgewertet werden, um das Lernverhalten und ggf. Lernbarrieren zu analysieren. Hilfreich ist auch die automatische Analyse der Lernprozesse (Learning Analytics), um daraus Hinweise für die Optimierung der eigenen Lernhandlungen zu gewinnen (Kap. 7.9). Dabei ist unbedingt auf die Wahrung des Datenschutzes und der Datensicherheit sowie der Transparenz für die Lerndenden bezüglich der erhobenen und verwendeten Daten zu achten.

(4) Schnittstellen zur Anwendungssoftware

Dieser Bereich bietet Schnittstellen zu den von den Lernenden favorisiert genutzten oder zwingend zum Lernen benötigten Anwendungen. Nicht alle Anwendungen kön­nen serverseitig von einem Bildungsanbieter auf einer Lernplattform installiert und zur Verfügung gestellt werden, wie aus technischen Gründen, aus Kostengründen oder aufgrund individueller Nutzungsgewohnheiten oder Bedarfe der Lernenden. Für diese Anwendungen gibt es idealerweise Schnittstellen, um Arbeitsergebnisse vom heimischen PC in den virtuellen Bildungsraum zu übertragen, zu verteilen und zu diskutieren. Die Lernplattform sollte ebenfalls Schnittstellen zu Programmen aufweisen, die alltäglich von Lernenden genutzt werden, wie z. B. Organisationsprogramme, Texteditoren, Präsentationswerkzeuge etc., sodass sie mit ihren gewohnten Anwendungen effektiv und effizient arbeiten können, ohne sich in neue Werkzeuge mit neuen Funktionen oder fremden Bedienkonzepten einarbeiten zu müssen. Nutzer greifen lieber auf die Anwendungen und Werkzeuge zurück, die ihnen vertraut sind. Mehrere Anwendungen oder Systeme mit gleichen Funktionen parallel zu bedienen wirkt störend oder behindert gar den Lernprozess.

Für Lehrende sollten Schnittstellen zu Autorentools implementiert sein, damit sie Lerninhalte, Arbeitsaufgaben, Übungsblätter usw. erstellen und auf der Lernplattform bereitstellen können. Je nach Aufgabengebiet der Lehrenden sind weitere Schnittstellen notwendig, z. B. zur Teilnehmerverwaltung und Zertifizierung von Lernergebnissen.

Über die Schnittstellen können die Lernenden und Lehrenden (abhängig von den rechtlichen Regelungen, siehe Kap. 11.2) Lernmaterialien auf ihren lokalen Rechner oder auf serverbasierte Anwendungen im Netz laden, dort bearbeiten und wieder auf die Lernplattform bereitstellen, z. B. um die eigenen Ergebnisse in eine Gruppenaufgabe einzufügen.