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3. Geriatrische Institutsambulanzen

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Zum Zwecke der Verbesserung der geriatrischen wohnortnahen Versorgung wurden auf Grundlage des PsychEntgG die geriatrischen Institutsambulanzen mit § 118a in das SGB V eingeführt.[295] Strukturell sind sie angelehnt an die psychiatrischen Ambulanzen i.S.v. § 118 SGB V. Voraussetzung für die bedarfsabhängige Ermächtigung ist, dass das Krankenhaus entweder ein geriatrisches Fachkrankenhaus oder ein Allgemeinkrankenhaus mit selbstständigen geriatrischen Abteilungen ist. Auch wenn die Behandlung geriatrischer Patienten in der stationären Versorgung vom allgemeinen Versorgungsauftrag eines Krankenhauses erfasst wird,[296] bedeutet dies aufgrund der Vorgaben in § 118a Abs. 1 S. 1 SGB V nicht, dass jedes Krankenhaus eine geriatrische Institutsambulanz betreiben darf. Vielmehr ist erforderlich, dass die Abteilungen von Krankenhäusern nach § 108 SGB V entsprechend im Krankenhausplan aufgenommen wurden oder ein entsprechender Versorgungsvertrag abgeschlossen wurde. Bei den geriatrischen Rehabilitationskliniken existiert eine solche Planung nicht; vielmehr muss das Krankenhaus den entsprechenden Nachweis für den Bereich der Geriatrie erbringen. Ziel einer Institutsermächtigung ist, eine strukturierte und koordinierte ambulante Versorgung geriatrischer Patienten zu ermöglichen; dies insbesondere durch eine frühzeitige Diagnose, die Aufstellung eines Behandlungsplanes und auch gegebenenfalls der Behandlung.[297] Auch besteht die Möglichkeit nach § 118a SGB V, einen einzelnen Krankenhausarzt zu ermächtigen. Generelle Voraussetzung ist, dass entweder der Krankenhausarzt oder die fachärztliche Leitung die Zusatzbezeichnung „Geriatrie“ führt oder die fakultative Weiterbildung „Klinische Geriatrie“ besitzen.[298]

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Auf Grund der allgemeinen Vorgaben in § 118a Abs. 2 SGB V wurde durch das erweiterte Bundesschiedsamt die „Vereinbarung nach § 118a SGB V (Geriatrische Institutsambulanz – GIA)“ festgesetzt. Dort wird in § 1 Abs. 1 ausdrücklich auf die Subsidiarität der Ermächtigung hingewiesen. Des Weiteren werden in § 1 Abs. 2 Vereinbarung-GIA die Möglichkeiten des § 118a Abs. 1 S. 1 SGB V für eine Antragstellung auf Erteilung einer Ermächtigung insofern erweitert, als auch fachärztlich-geriatrisch geleitete Bereiche innerhalb einer Abteilung ermächtigt werden dürfen. Interessant ist im Übrigen in § 1 Abs. 4 Vereinbarung-GIA, dass – entgegen der ansonsten geltenden Regelungen – die Institutsermächtigung Vorrang gegenüber der Einzelermächtigung haben soll.[299] In die Versorgung dürfen auch Ärzte in Weiterbildung eingebunden werden, soweit sie den Facharztstandard erbringen; ausgeschlossen sind jedoch abschließende Diagnosestellung und leitende Therapieempfehlungen für die Ärzte in Weiterbildung (§ 1 Abs. 6 Vereinbarung-GIA).

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In der Versorgung darf jedoch nicht jeder Patient die GIA aufsuchen, sondern nach § 2 S. 1 Vereinbarung-GIA nur die Patienten, die älter als 70 Jahre sind und eine geriatrietypische Morbidität aufweisen. Letztere wird in § 2 S. 2 Vereinbarung-GIA konkreter beschrieben. Der Zugang in die Versorgung durch die geriatrische Institutsambulanz kann nur auf Grundlage einer Überweisung vom Hausarzt erfolgen, in Ausnahmefällen auch von Nervenärzten, Neurologen bzw. Psychiatern in Kooperation mit Hausärzten. Der Behandlungsumfang ergibt sich aus § 4 Abs. 2 i.V.m. mit Anlage 2 Vereinbarung-GIA. Weiter ist zu beachten, dass auf Grundlage von § 4 Abs. 4 Vereinbarung-GIA von der ermächtigten Einrichtung bzw. von dem ermächtigten Arzt keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die Anordnung der Hilfeleistungen anderer Personen, keine Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen sowie keine Verordnung der Kranken- und Pflege- oder Soziotherapie ausgestellt werden können. Damit ist der Leistungsumfang in der geriatrischen Institutsambulanz äußerst eingeschränkt. Ob dies tatsächlich im Sinne der Versorgung von geriatrischen Patienten ist, muss bezweifelt werden.

8. Kapitel Vertragsarztrecht › G. Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung › IX. Sonderformen von zugelassenen Einrichtungen

IX. Sonderformen von zugelassenen Einrichtungen

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Als Sonderformen von zugelassenen Einrichtungen sind die


Hochschulambulanzen gemäß § 117 SGB V,
psychiatrischen Institutsambulanzen nach § 118 SGB V,
sozialpädiatrischen Zentren nach § 119 SGB V,
ambulante Behandlung in Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V,
ambulante Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 119b SGB V sowie
medizinischen Behandlungszentren nach § 119c SGB V

zu nennen.

1. Hochschulambulanzen

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Das Recht der Hochschulambulanzen wurde durch das GKV-VSG vollständig überarbeitet. Die Hochschulambulanzen bedürfen nunmehr keiner Zulassung durch die Zulassungsgremien mehr, sondern sind kraft Gesetzes zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nach § 117 Abs. 1 S. 1 SGB V zugelassen. Dabei umfassen die Hochschulambulanzen die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulen, der Begriff der Hochschulambulanz geht weiter als der Vorgängerbegriff der Poliklinik.[300] Diese Regelung umfasst auch Institute, die nicht der Hochschulklinik, sondern der Hochschule selbst zuzuordnen sind.[301]

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Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Hochschulambulanzen nunmehr nicht nur für den Umfang von Forschung und Lehre kraft Gesetzes ermächtigt sind (§ 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V), sondern des Weiteren noch berechtigt sind, Personen zu behandeln, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen (§ 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V).

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Die Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V dient dazu, für Lehr- und Forschungsaufgaben das erforderliche Patientenklientel zur Verfügung zu stellen. Soweit die Versorgung der Versicherten auf Grundlage von § 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V vorgenommen wird, nehmen die Hochschulambulanzen an der Regelversorgung teil. Damit haben sie grundsätzlich auch das Recht, Überweisungen auszustellen; § 24 Abs. 2 S. 4 BMV-Ä steht dem nicht entgegen.[302]

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Komplexer ist die Situation bei der Ermächtigung zur Behandlung von solchen Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen (§ 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V). Hierzu bedarf es eines dreiseitigen Vertrages zwischen KBV, DKG und Spitzenverband Bund der Krankenkassen, um diese Regelung inhaltlich mit Leben zu erfüllen (§ 117 Abs. 1 S. 3–5 SGB V). Entsprechendes wurde durch die „Vereinbarung über die Patientengruppen in den Hochschulambulanzen gemäß § 117 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB V realisiert. Diese Regelung ist sehr schwammig und offen formuliert; bereits in der Präambel der Vereinbarung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, auf Grund der Komplexität der Thematik und der derzeit begrenzten Erkenntnis könne eine abschließende Beschreibung der Patientengruppe nicht vorgenommen werden. In § 1 dieser Vereinbarung wird der Gegenstand dieser Regelungen beschrieben, wobei unter kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten in rechtlich unzulässiger Weise die Vereinbarung auch für den zahnärztlichen Bereich gelten soll, obwohl die KZBV an den Verfahren – soweit aus der Vereinbarung ersichtlich – nicht beteiligt war. In § 2 Abs. 2 der Vereinbarung werden detailliert die Patientengruppen abstrakt zusammengefasst, die im Rahmen der Ermächtigung behandelt werden dürfen. Zugang für diese Patienten ist jedoch nicht die Krankenversichertenkarte; vielmehr bedarf es nach § 3 der Vereinbarung und § 117 Abs. 1 S. 2 SGB V der Überweisung eines Facharztes. Ausgenommen von dem Überweisungsvorbehalt werden jedoch nach § 3 Abs. 4 der Vereinbarung Patientengruppen bei weiteren Kontakten für die nächsten drei Folgequartale, und weitere Patienten im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung bei speziellen Begleiterkrankungen oder Erkrankungen/Erregern nach § 6 IfSG. Ferner besteht noch die Möglichkeit nach § 117 Abs. 1 S. 6 SGB V, dass die Hochschulen oder Hochschulkliniken mit KV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich Abweichungen von dieser Vereinbarung vertraglich regeln dürfen.

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Speziell für die Hochschulambulanzen an einem psychologischen Universitätsinstitut bzw. für Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG ist es gem. § 117 Abs. 2 SGB V erforderlich, dass eine entsprechende Untergliederung innerhalb des Faches bzw. Fachbereiches einer Universität mit dem Studiengang Psychologie existiert; des Weiteren muss die Einrichtung eine Ausrichtung auf den Bereich von Forschung und Lehre im Gebiet der Psychotherapie aufweisen.[303] Auch hier sind die Ambulanzen kraft Gesetzes ermächtigt.[304]

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Auf Grund der Reform der Ausbildung von Psychotherapeuten wurde bezüglich der Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG das Recht nochmals geändert. Dies betrifft nur die Ambulanzen, die zwar bereits anerkannt wurden, jedoch bis zum 26.9.2019 noch keine Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht hatten, weil das von ihnen angewandte psychotherapeutische Behandlungsverfahren noch nicht vom G-BA anerkannt worden war oder aber Ambulanzen, die nach dem 26.9.2019 staatlich anerkannt wurden. Für diese Ambulanzen bedarf es nach § 117 Abs. 3a SGB V eine Ermächtigung, die bedarfsabhängig zu erteilen ist (§ 117 Abs. 3a S. 2 SGB V). Nach § 117 Abs. 3b SGB V gilt für Ambulanzen an Einrichtungen, die nach Landesrecht für die Weiterbildung von Psychotherapeuten oder Ärzten in psychotherapeutischen Fachgebieten zugelassen sind, gleichfalls eine Bedarfsermächtigung. Hinsichtlich der Dauer der Ermächtigung dürfte wohl kaum auf die übliche 2-Jahresfrist zurückgegriffen werden, weil die Behandlungsdauer in der Psychotherapie regelmäßig längerfristig ist.

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Für sämtliche Einrichtungen nach § 117 Abs. 3c SGB V wird über § 120 Abs. 2 SGB V die Vergütung von den Krankenkassen an diese Einrichtungen auf Grundlage einer gesonderten Vereinbarung unmittelbar gezahlt.

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Bisher wenig Beachtung in der Rechtsprechung bzw. Literatur hat § 117 Abs. 4 SGB V bezüglich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gefunden. Das ansonsten innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung unter Beachtung der Richtlinien des G-BA übliche Verbot mit Erlaubnisvorbehalt im Zusammenhang mit neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gilt hier nicht; vielmehr findet eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt unter Beachtung der Beschlüsse des G-BA nach § 137c SGB V statt. Des Weiteren sieht § 117 Abs. 4 S. 2 SGB V vor, dass § 137c Abs. 3 SGB V entsprechend zur Anwendung gelangt. Zwar hat das BSG[305] den Anwendungsbereich von § 137c Abs. 3 SGB V massiv eingeengt, jedoch wurde durch das Implantateregister-Einrichtungsgesetz § 137c Abs. 3 SGB V als Reaktion des Gesetzgebers auf diese Rechtsprechung geändert, und mit seiner Änderung in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt nochmals leistungs- und leistungserbringerrechtlich verdeutlicht. Zwar nimmt § 117 Abs. 4 SGB V keinen Bezug auf § 39 SGB V, man wird jedoch auf Grundlage der Gesamtkonzeption und der Gleichstellung mit der stationären Versorgung – was durchaus methodenwidrig ist – davon ausgehen müssen, der Gesetzgeber habe auch hier einen entsprechenden Anspruch des Versicherten bejaht. Ungeklärt bleibt jedoch wegen des abschließenden Charakters des EBM die Abrechnungsfähigkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, weil regelhaft diese Leistungen nicht im EBM erfasst sind und der EBM abschließenden Charakter hat.

2. Psychiatrische Institutsambulanzen

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Bei den psychiatrischen Institutsambulanzen ist zwischen den Tatbeständen der § 118 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V zu differenzieren. Psychiatrische Krankenhäuser haben einen Rechtsanspruch auf die Zulassung zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten. Dabei können nur nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser überhaupt ermächtigt sein bzw. werden.[306] Dabei zählt auch eine Tagesklinik als Krankenhaus, insbesondere wenn sie durch einen Feststellungsbescheid als Krankenhaus anerkannt worden ist.[307] Sie sind von dem Zulassungsausschuss zu ermächtigen, wobei die Behandlung sich auf die Versicherten auszurichten hat, die wegen der Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung aufgrund zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten auf die Behandlung durch diese Krankenhäuser angewiesen sind (z.B. schizophrene Psychosen, Suchterkrankungen und psychische Alterserkrankungen).[308] Dabei erfolgt keine Prüfung des Bedarfs; der bereits dargestellte Vorrang der Einzelermächtigung vor der Institutsermächtigung spielt ebenfalls keine Rolle.[309] Die Ermächtigung wird jedoch nicht umfassend erteilt, vielmehr ist es erforderlich, sie nur für die in § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V aufgeführten Patientengruppen zu erteilen.[310]

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Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung sind kraft Gesetzes ermächtigt zur Behandlung von psychiatrischen und psychotherapeutischen Krankheitsbildern.[311] Die Ermächtigung betrifft nicht sämtliche Krankheitsbilder, vielmehr richten sich die Krankheitsbilder nach der „Vereinbarung gemäß § 118 Abs. 2 SGB V“ zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der KBV.[312] Es handelt sich hierbei um Patientengruppen, bei denen einerseits in der Regel langfristige, kontinuierliche Behandlung medizinisch notwendig ist, und andererseits ein mangelndes Krankheitsgefühl und/oder mangelnde Krankheitseinsicht und/oder mangelnde Impulskontrolle der Wahrnehmung dieser kontinuierlichen Behandlung entgegenstehen. Dabei sollen die psychiatrischen Institutsambulanzen in der Regel auf Überweisung tätig werden. Bei der Tätigkeit der Krankenhäuser nach § 118 SGB V ist es auch zulässig, dass die Tätigkeit nicht nur am Sitz des Krankenhauses erbracht wird; vielmehr ist es auch zulässig, wenn die Versorgung durch räumlich getrennte und nicht unmittelbar angebundene Einrichtungen des Krankenhauses erfolgt (§ 118 Abs. 4 SGB V). Dies bedarf einer ausdrücklichen Ermächtigungsentscheidung durch den Zulassungsausschuss.

3. Sozialpädiatrische Zentren

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Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Sozialpädiatrischen Zentren ist § 119 SGB V. Die Sozialpädiatrie ist ein Bereich der Kinderheilkunde, bei dem es um die Erforschung und die soziale Eingliederung pränatal oder frühgeschädigter Kinder geht. Dabei ist das interdisziplinäre Zusammenwirken von Ärzten, Psychologen, Sozial- und Heilpädagogen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Heilpädagogen und ähnlichen Berufsgruppen erforderlich.[313] Leistungsrechtlich ist § 43a SGB V zu beachten.

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Eine entsprechende Ermächtigung ist aufgrund von § 119 Abs. 1 S. 2 SGB V befristet zu erteilen, wobei eine Beschränkung auf 2 Jahre, wie sie für die Ermächtigung nach § 116 SGB V gilt, nicht zur Anwendung gelangt.[314] Des Weiteren muss ein Bedarf existieren. Diese Bedarfsprüfung hängt unmittelbar damit zusammen, dass eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen ist; hierfür bedarf es der Prognose einer ausreichende Zahl von Patienten.[315] Die Bedarfslage ist umfassend zu klären, eine Beschränkung auf einen Planungsbereich darf nicht stattfinden. Dabei geht das BSG[316] dem Grunde nach davon aus, dass die Überprüfung der quantitativen und qualitativen ausreichenden Versorgung durch Kinderärzte auf jeden Fall durchgeführt wird; wegen der interdisziplinären Tätigkeit darf dies als nicht ausreichender Prüfungsmaßstab angesehen werden. In der Bedarfsprüfung nach § 119 Abs. 1 S. 2 SGB V ist ferner das quantitative Verhältnis zu anderen bereits existierenden Sozialpädiatrischen Zentren zu beachten,[317] wobei die Sozialpädiatrische Zentrum in einem Umkreis von ca. einer Stunde Fahrtzeit einzubeziehen sind.[318] Bei der Erteilung der Ermächtigung ist die Angabe der konkreten Krankheitsbilder erforderlich, für die das Sozialpädiatrische Zentrum ermächtigt wird. Ferner ist es zulässig, den Zugang zum Sozialpädiatrischen Zentrum auf bestimmte Fachgruppen zu beschränken.[319] Bewerben sich mehrere Sozialpädiatrische Zentren um eine Ermächtigung, wobei nur für eines Bedarf existiert, ist eine Auswahlentscheidung zu treffen, die sich nicht nach den Kriterien von § 103 Abs. 4 SGB V richtet.[320]

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Im Übrigen ist eine Gewähr für eine fachlich medizinische und wirtschaftliche Leistungserbringung erforderlich. Hierbei kann sich an den „Gemeinsamen Empfehlungen zur Ermächtigung Sozialpädiatrischer Zentren“ der KBV und der Spitzenverbände der Krankenkassen orientiert werden.[321] Ferner ist bei der Entscheidung, welchem Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung bei mehreren Bewerbern zu folgen ist, eine umfassende Abwägung durchzuführen, welches die „bessere“ Einrichtung ist; hier kann im Einzelfall die Einholung ein Sachverständigengutachten erforderlich sein.[322] Ein Sozialpädiatrisches Zentrum kann keine Zweigstelle bzw. Zweigpraxis nach § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV betreiben, gleichfalls ist eine analoge Anwendung von § 118 Abs. 4 SGB V nicht möglich.[323]

4. Ambulante Behandlung in Einrichtungen der Behindertenhilfe

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§ 119a SGB V wurde durch das GMG in das SGB V implementiert und dient speziell der Zulassung von Einrichtungen der Behindertenhilfe, um die Lücke in der speziellen Versorgung von geistig Behinderten zu schließen. Aus Sinn und Zweck der Norm ergibt sich, dass die Einrichtungen keine formale Zulassung, sondern lediglich eine Ermächtigung erhalten. Dies ergibt sich daraus, dass eine Versorgungslücke bezogen auf ein spezielles Versichertenklientel geschlossen werden soll.[324] Bei der Prüfung der Ermächtigung kommt es im Übrigen darauf an, dass die in der Einrichtung tätigen Ärzte besondere Kenntnisse haben, die für die Behandlung der geistig Behinderten eine hinreichende Qualifikation besitzen.[325]

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In der Abgrenzung zur klassischen Ermächtigung wird man bei der Bedarfsprüfung lediglich die Frage zu stellen haben, ob für die geistig Behinderten eine ausreichende spezielle Versorgung existiert oder innerhalb einer zumutbaren Entfernung ein entsprechendes Leistungsangebot durch niedergelassene Ärzte vorhanden ist. Sollte dies zu verneinen sein, besteht eine entsprechende Versorgungslücke.

5. Ambulante Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen

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Die ambulante Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen findet ihre Rechtsgrundlage in § 119b SGB V. Ferner ist die „Vereinbarung nach § 119b Abs. 2 SGB V zur Förderung der kooperativen und koordinierten ärztlichen und pflegerischen Versorgung in stationären Pflegeheimen“ als Anlage 27 zum BMV-Ä zu beachten. Funktion dieser Regelung ist die medizinische Versorgung von teil- oder vollstationär in einer Pflegeeinrichtung nach § 71 SGB XI untergebrachten Personen, während die Pflegeeinrichtung die Pflege nach dem SGB XI vornimmt. Gleichzeitig dient diese Regelung dazu, die Schnittstellenproblematik zwischen Pflegeheim und Krankenhaus bzw. zwischen SGB V und SGB XI zu lösen.[326]

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Primäres Ziel von § 119b Abs. 1 SGB V ist, dass diese Pflegeeinrichtungen Kooperationsverträge mit vertragsärztlichen Leistungserbringern schließen. Unter Berücksichtigung von § 2 der Anlage 27 des BMV-Ä dürfte es sich hier im Wesentlich um Hausärzte handeln. Da es häufig Probleme gibt, geeignete Vertragsärzte für die Versorgung der Pflegeeinrichtungen zu gewinnen, ist die KV gemäß § 119b Abs. 1 S. 2 SGB V verpflichtet, auf Antrag der Pflegeeinrichtung interessierte vertragsärztliche Leistungserbringer zu vermitteln, die bereit sind, einen Vertrag mit der stationären Pflegeeinrichtung für die Versorgung abschließen. Dies gilt nur dann, wenn die Pflegeeinrichtung von sich aus keinen geeigneten Vertragspartner für die medizinische Versorgung findet.

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Sollte innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Antragstellung durch die Pflegeeinrichtung kein vertragsärztlicher Leistungserbringer gefunden werden können, besteht für die Pflegeeinrichtung nach § 119b Abs. 1 S. 3 SGB V die Möglichkeit, selbst einen Arzt anzustellen und eine Institutsermächtigung zu beantragen. Voraussetzung für die Ermächtigung des Arztes im Zusammenhang mit der Versorgung in der Pflegeeinrichtung ist, dass er im Arztregister eingetragen wurde und geriatrisch fortgebildet sein soll. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung, eine Bedarfsprüfung findet nicht mehr statt.[327] Dies lässt sich damit begründen, dass es der KV innerhalb der sechsmonatigen Frist nicht gelungen ist, einen interessierten vertragsärztlichen Leistungserbringer zu finden, der einen Vertrag mit der Pflegeeinrichtung abschließt. Neben der Institutsermächtigung bedarf es zusätzlich der Genehmigung der Anstellung durch den Zulassungsausschuss; es sind mithin zwei Verwaltungsakte zu erlassen.

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Neben der Institutsermächtigung ist nach § 119b Abs. 1 S. 4 SGB V auch eine auf den Arzt bezogene Ermächtigung möglich, wenn der Arzt bei mehreren Pflegeeinrichtungen angestellt werden soll.

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9783811492691
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