Vergnügen

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Er lachte wie aus tiefer Kehle, durch seine schiere Größe dunkel und beherrschend.

»Eine Tochter aus dem Tempel der Scharlachroten Königin kommt für Verhandlungen.« Seine Feststellung freute ihn.

»Ich bin an einer ganz besonderen Ware interessiert«, begann ich ohne Umschweife, »die sicherlich zu Eurem Besitz gehört. Elfischen Ursprungs, aber dunkel wie die Nacht.«

»Die Nachtelbin ist nicht zu verkaufen«, grollte der Pascha. Er wusste genau, von wem ich sprach.

Lächelnd fuhr ich fort. »Natürlich verstehe ich Euren Unmut, aber es existiert sicherlich ein Preis, der Euch die Ereignisse vergessen lässt und wohlwollend stimmt, den Handel abzuschließen.«

»Was bietet Ihr mir?«, forderte er dröhnend.

»Für die Nachtelbin bin ich bereit, dreißigtausend Goldmünzen zu bezahlen«, verkündete ich mein erstes Angebot. »Und ich möchte die Ware vorher sehen.«

Sein tiefes Lachen grollte über mich hinweg.

»Bringt die Nachtelbin her«, befahl er seinen Lakaien.

Wir warteten schweigsam.

Nach einiger Zeit wurde Permeyah herangebracht. Sie war sehr schwach. Mir fielen breite Bänder an Hals und Gelenken auf, die sicherlich jegliche Magie unterdrückten. Und somit auch ihr magisches Knochengerüst. Ihr schlaffer Körper schwebte langsam bis vor den Pascha. Von ihren stumpfen, silbernen Haaren tropfte Wasser auf den Boden. Ihr äußerer Zustand hatte in den Monaten gelitten, aber ich konnte keine Blessuren erkennen. Auch ihr künstlicher rechter Arm aus Adamant schien unversehrt. Ihm fehlte der Glanz, er wirkte unrein, wie auch die alabasterschwarze Haut.

Mühsam öffnete sie ihre Augen.

›Kein Ton!‹, sandte ich ihr in Gedanken zu.

»Ich fordere das Doppelte.« Der Pascha war aufgebracht. »Sie ist für den Tod eines meiner Kinder verantwortlich und trägt eine Mitschuld am Tod von zwei weiteren.«

»Wenn mit dieser Summe auch ihre Ausrüstung, mit der sie diesen Ort betreten hat, überreicht wird, bin ich einverstanden.«

Erneut lachte er.

»Da müsst Ihr schon etwas drauflegen«, forderte er blasiert.

»Achtzigtausend Goldmünzen sollten reichen, den Verlust auszugleichen«, bekundete ich.

»Warum interessiert sich der Scharlachrote Tempel für diese Nachtelbin?«, fragte der Pascha nach.

»Vielleicht ist es nicht der Tempel, der ein starkes Interesse an ihr hat.« Ich wollte auf keinen Fall den wahren Grund verraten, noch war ich mir sicher, unbemerkt eine Lüge aufzutischen. »Sie ist meine Geliebte.«

Ein zartes Lächeln huschte über Permeyahs Wangen.

»Und da ist sie Euch nicht mehr wert?«, wunderte er sich mit einem Mal interessiert.

»So gut ist sie nun auch wieder nicht!«, grummelte ich.

Der Pascha blieb stur. »Na, dann könnt Ihr ja ohne sie gehen.«

Ich schnaufte zornig, war allerdings weiterer Spiele leid. Gerne hätte ich diesem aufgeblasenen Patriarchen das große Auge herausgekratzt, doch seine Macht war spürbar und nicht zu unterschätzen. »Ich biete einhunderttausend Goldmünzen, aber das ist mein letztes Angebot. Und es schließt die Ausrüstung mit ein.«

»So sei es«, akzeptierte er den Handel.

Aufseher trugen die Ausrüstung in einem Korb herein. Ich zückte die Wechsel, der Pascha levitierte sie unter sich, wo sie in der Säule aus der Sicht verschwanden. Kyriel durfte die Ausrüstung tragen. Permeyah wurde in einen anderen Raum des Komplexes gebracht, wo ihr die Fesseln abgenommen wurden. Magisch wieder erstarkt fiel sie mir in die Arme. Ich drückte sie vorsichtig, da sie sicherlich von der Gefangenschaft ausgelaugt und erschöpft war.

»Es wird Zeit, dass du ein Bad bekommst«, merkte ich Nase rümpfend an. »Das ist übrigens Kyriel, er begleitet mich auf dieser Reise.«

Ohne den Elfen weiter zu beachten nahm Permeyah ihre Ausrüstung entgegen und zog sich an. Ihre bisherige Kleidung war stark zerschlissen. Sie brauchte dringend eine neue Garderobe.

Gemeinsam traten wir ins Freie hinaus.

»Wenn du Gargarhaykal nett bittest, nimmt er dich vielleicht mit auf seinen Rücken«, erklärte ich Permeyah.

Vorsichtig lächelnd tätschelte sie den Egniaygir. Der Hengst schnaufte. Ich stieg auf und zog die Nachtelbin hoch. Zusammen mit dem Elfenmagier erhoben wir uns in die Luft.

»Zu viele Banndespoten hier, lasst uns schnell von hier verschwinden«, meinte ich zu beiden.

Wir flogen in die Nacht hinein. Ich wollte den Sumpf noch an diesem Tage verlassen, und so reisten wir weiter, bis wir mitten in der Nacht auf einem grasbewachsenen Hügel direkt hinter dem Sumpfgebiet landeten und uns für eine Rast vorbereiteten. Das Geisterross löste sich auf, die Magie war verbraucht.

»Du warst ganz schön teuer«, warf ich Permeyah vor, »du kannst dich bei Luzius bedanken.«

»Luzius? Ja, das könnte ich machen«, nickte sie.

Ich baute ein kleines Lager auf. Kyriel ging erfolglos Feuerholz suchen, während ich schon ein kleines Feuer anzündete und Permeyah Wegzehrung gab.

»Wo hast du denn deinen schmucken Begleiter aufgetrieben?«, erkundigte sich die Nachtelbin. Der Angesprochene horchte auf.

»Ich habe ihn in einer Gaststätte des Tempels angeheuert. Kyriel kann dir selbst erzählen, wohin er unterwegs ist, jetzt, wo er seiner Belohnung sicher sein kann.« Mein Lächeln war vieldeutig.

Permeyah bedrängte den Elfen mit ihren Fragen und wollte mehr über ihn erfahren. Dabei entging mir nicht ihr abschätziger Blick dem hellhäutigen Elfen gegenüber.

»Woher ich komme?«, begann der Elf, »ich stamme aus dem Flüsterwald und möchte gerne meine Familie wiedersehen. Meine Reisen führten mich mal hier hin, mal dort hin.«

Viel mehr hatte Kyriel nicht über sich zu sagen.

»Wenn ich eine Anmerkung machen darf«, bat der Elf und sah vorsichtig zu mir hinüber, »war es nicht von Vorteil, dem Pascha zu sagen, dass Permeyah Eure Geliebte ist. Das hat den Preis nur erhöht.«

»Dafür hat es den Pascha von weiteren Fragen abgehalten, die weit unangenehmere Antworten erfordert hätten«, erläuterte ich meine Entscheidung.

»Ist ja nicht mein Geld«, kommentierte er und stocherte im Feuer.

»Oh, meines auch nicht«, lachte ich und Permeyah fiel zustimmend darin ein. In ihren Gedanken konnte ich ihre Phantasien lesen, wie intensiv das Liebesspiel zwischen einem Sukkubus, also mir, und einem Inkubus, in diesem Fall Luzius, ausfallen konnte, um eine Schuld zu begleichen. Sie war noch weit von der Wahrheit entfernt.

»Ich werde die erste Wache übernehmen«, erklärte Kyriel.

»Das ist gut. Ich muss mich etwas ausruhen«, gähnte ich.

»Wir können uns ja gemeinsam hinlegen«, schmachtete Permeyah. Ich spielte an ihrem Bauch und griente.

»Woran hat meine süße Permeyah denn da gedacht?«, neckte ich sie und steigerte mit zarten Berührungen ihr Verlangen.

Eifrig packte sie ihren Schlafsack aus, schlüpfte hinein und warf ihre wenigen Stofffetzen heraus.

»Kommst du mit in meinen Schlafsack? Er bietet genug Platz für uns beide«, bot sie mir an und schlug eine Seite auf.

»Gern, dann ist es schön warm.« Ich zog meine Kleidung aus und krabbelte zu ihr. Ihre Haut war kühl und hitzig zugleich, wie immer eine Sünde, allein die Berührung alle Mühen wert. Ich schmiegte mich an sie und wartete, genoss ihr aufgeregtes Zittern und hielt sie ein wenig hin. Sie war sehr bedürftig und ich forderte sie mit Blicken auf, den Anfang zu machen, doch sie war aus der Übung und drängte zu sehr – sie konnte sich nicht beherrschen. An ihren Fingern knabbernd heizte ich ihr weiter ein.

Kyriel begab sich derweil auf den Hügel und schaute sich dort um, dabei konnte er unser lustvolles Spiel nicht überhören.

Mit meinen geistigen Kräften verstärkte ich Permeyahs Bedürfnis nach meiner Zunge. Sie wehrte sich nicht gegen meine Kräfte, ergab sich mir und bettelte um Befriedigung. Die lange Einzelhaft hatte sie ausgehungert. Ich hatte Vergnügen an ihrem Leiden, ihrer Sehnsucht nach meiner Berührung, ihrem hörigen Schmachten. Dann gab ich ihr die Befriedigung, die sie brauchte, und sie verging an meiner Hand. Ihr Unterleib war nass und willig, zuckte erwartungsvoll. Mit zwei Fingern tauchte ich in ihre Scheide ein, mein Handballen kreiste über ihren Kitzler. Eifrig wie ein kleines Baby saugte ich an ihren harten Brustwarzen, knetete mit der zweiten Hand ihre kleinen, festen Titten.

»Oh, Crish, ja«, Permeyah entlud ihr aufgestautes Verlangen in kehligem Stöhnen.

Dann brüllte Gargarhaykal schmerzhaft auf.

Ich sprang hoch. ›Was ist los?‹, fragten meine Gedanken.

Erneut ein schmerzhaftes Wiehern.

›Ich habe Schmerzen!‹, presste er panisch hervor.

›Verschwinde von hier, wechsle auf die Ätherebene!‹, und sein Körper verblasste.

Dann wurde ich von einem Pfeil in den rechten Arm getroffen. Noch während ich schmerzhaft aufschrie, wirkte ich dämonische Dunkelheit um mich herum. Ich versetzte meinen Blick und suchte nach dem Angreifer. Weitere Pfeile schwirrten heran, zu nah für jemanden, der mich in der Dunkelheit nicht sehen sollte. Permeyah schlich mit dem Bogen in der Hand aus der Dunkelheit. Auf der Grasfläche sah ich niedergedrückte Halme, dort musste sich jemand befinden, auch wenn dieser nicht sichtbar war. Ich sammelte meine geistigen Energien und schleuderte sie in Form einer heißen Plasmakugel auf die Stelle. Als sie zerplatzte, wurde eine humanoide Form im Feuerschein sichtbar. Dann verschwand auch sie in Dunkelheit, diesmal offenbar von der Nachtelbin selbst gewirkt.

Kyriel konnte ich nur erahnen. Auch er hatte sich unsichtbar gemacht und befand sich im Nahkampf mit einem zweiten Angreifer. Ein Klappern war zu hören, als sein Stahl auf etwas traf. Ich feuerte weiter auf die Grasfläche. Permeyah reichte das kurze Aufblitzen der Gestalt und sie gab mehrere Schüsse mit ihrem Bogen in die Dunkelheit ab. Ihre zielsuchenden Pfeile trafen den erkannten Gegner und entfalteten ihre magische Wirkung. Mein dritter Glutball flog, Permeyah hob die Dunkelheit auf und gab drei weitere Pfeile in schneller Folge ab, von denen ein Treffer das Ziel in Eis verwandelte und mit Blitzen überzog. Ich hörte ein lautes Knacken und das sichtbar gewordene Skelett zerbarst in Tausend Stücke.

 

Von Kyriel war immer noch nichts zu sehen, aber anhand der Geräusche konnten wir seinen Standort ausmachen. Permeyah nutze die natürliche Kraft ihres Volkes und legte Feenfeuer über die Unsichtbaren, wodurch ihre Umrisse blau aufleuchteten und sie so für uns sichtbar wurden.

Meine geöffneten Handflächen richtete ich auf das Skelett, das einen Knochenbogen führte. Sengendes Licht ging von meinen Händen aus und traf die bleichen Gebeine. Permeyah hatte ein neues Ziel, was ein schnelles Ende für das Gerippe bedeutete.

Ich kannte unsere Angreifer und musste erschrocken feststellen, dass sich der Pfeil ziemlich tief in meinen Muskel gebohrt hatte. Auch Gargarhaykal mussten mindestens zwei Pfeilen getroffen haben. Sorgenvoll biss ich auf meine Unterlippe. Auch Permeyah hatte das Problem erkannt.

»Hast du eine normale, nicht verzauberte Waffe? Mit einer Schneide?«, fragte ich die Nachtelbin und sah den Elfen nahen. Seine Haut hatte einen gräulichen Ton, ich sah keine Verletzung an ihm.

»Wurdet Ihr von einem Pfeil getroffen?«, erkundigte ich mich bei ihm.

»Nein, wieso?«, fragte er verwirrt.

»Könnt Ihr Untote vertreiben?«, hakte ich nach.

»Nein, aber was ist denn los?« Er wurde nervös.

»Bei den Pfeilen handelt es sich nicht um normale Pfeile. Es sind Untote«, erläuterte ich.

»Na, dann zieht sie doch heraus«, schlug er vor.

»Das nützt nichts«, erklärte Permeyah, »dann bricht der Kopf ab und gräbt sich bis zum Herzen durch, was den Tod bedeutet.«

»Im Tempel gibt es Kleriker«, folgerte ich, »aber ich kann nicht schnell genug wieder hier sein. Wir müssen den Pfeil komplett herausschneiden. Ich brauche einen großen Dolch.«

Kyriel reichte mir sein Kurzschwert. Permeyah half mir, den Arm ruhig zu halten. Vorsichtig schnitt ich in das Fleisch, vertraute auf meine körperliche Resistenz, und löste schmerzhaft den kompletten Pfeil mit viel Fleisch heraus. Dunkles Dämonenblut und allzu menschliche Tränen tropften zu Boden. Auch meine Lippen bluteten, so sehr hatte ich darauf gebissen.

Trotzig wischte ich die Tränen mit einem Handrücken fort und prüfte, ob ich auch keinen Widerhaken vergessen hatte. Die Wunde schloss sich bereits mit der Macht des Abgrundes. Zusätzlich konzentrierte ich mich auf meine psionischen Gaben, nutzte meine geistigen Kräfte zur Heilung. Die Haut sah nun frisch aus, ohne die Spur einer Narbe.

In Gedanken nahm ich Kontakt zu Gargarhaykal auf und rief ihn aus dem Ätherraum zurück auf unsere materielle Ebene. Als er im fahlen Licht erschien, kniff ich meine Lippen zusammen. Aus seiner Flanke ragten zwei Pfeile.

›Wir werden die Pfeile herausschneiden müssen‹, erklärte ich meinem Vertrauten.

›Na, dann leg mal los mit dem kleinen Dolch‹, scherzte er.

Das Kurzschwert konnte dem großen Egniaygir nicht wirklich viel anhaben, aber die Verletzung, die ich ihm zufügen musste, um die beiden Pfeile zu lösen, war ernst zu nehmen. Ich berührte die kaum unter seinem schwarzen Fell erkennbaren Tätowierungen und aktivierte ihre heilende Wirkung. Zum Glück hatte ich diese zuvor bei ihm eingebracht und mit psionischen Kräften gestärkt. Auch meinen Körper zierte dieser nützliche und ansehnliche Hautschmuck.

Die Wunden schlossen sich. Kraftvoll hob Gargarhaykal sein Bein, stampfte auf und verteilte Rauch und Funken.

Die herausgelösten Pfeile zerfielen zu Staub. Ich jagte wütend einige Flammen in die grauen Haufen.

»Das waren nur Späher«, erklärte Permeyah, »da müssen noch mehr sein.«

Ich nickte. Wenn sich andere Skelette in der Nähe aufhielten, konnten wir sie nicht sehen, und wir waren nicht geübt darin, nach Spuren zu suchen. Ich sah zu unserem Begleiter.

»Und nun zu Euch, Kyriel«, funkelte ich, »ich dachte, Ihr hieltet Nachtwache. Habt Ihr nichts bemerkt?«

»Ich habe Geräusche in der Entfernung gehört, sehr dunkel«, erzählte der Elf.

Auf meinen Fingerzeig hin wurden wir alle leise und lauschten. Ein dumpfes, entferntes Dröhnen klang seitlich vom Sumpf an mein Ohr. Dort lag der Süden, und in weiter Ferne die Ostmark.

»Ich frage mich, warum mich die Skelette sehen konnten«, rätselte Kyriel. »Jemand muss sie verzaubert haben.«

»Nein«, erklärte ich, »sie haben selbst gezaubert.« Er sah mich verständnislos an. »Bei diesen Skeletten handelt es sich um freiwillige Untote, die einem eigenen Kult dienen und besondere Kräfte von ihrem Gott erhalten. Sie dienen Xorin, und was wir dort in der Ferne grollen hören, ist eine ganze Armee aus Untoten unter der Kontrolle von Landru, auch einem freiwilligen Untoten, einem Salmagur, der zwar ein Gläubiger von Laird ist, aber nicht minder über die Untoten gebietet.

Und über eine gewaltige Armee aus Konstrukten verfügt, deren Tritte nun die Erde zum Beben bringen. Wir müssen sofort zum Tempel reiten. Los!«

Kyriel erschuf mit seinen Zauberkräften ein neues Geisterross und ich nahm Permeyah mit auf den Rücken von Gargarhaykal. Kaum dass wir über den Boden dahin flogen, sahen wir unzählige Tiere an und unter uns vorbei flüchten. Der Feind war nah.

Von dem dumpfen Dröhnen begleitet entschwanden wir in die Nacht.

2. Kapitel

Noch in meiner Reisekleidung suchte ich meine Gemächer auf, in denen ich Yana und Laana fand, die einem Lied von Jiulie lauschten. Während ich durch das Zimmer ging, verteilte ich meine Ausrüstung und einen großen Teil meiner Kleidung, lockerte mein Haar und schnappte mir ein Glas mit Rotwein. Dann setzte ich mich zu den dreien.

Nachdem das Lied geendet hatte, die bezaubernden Klänge verebbten, begrüßten wir uns freudig.

»Konntest du Permeyah befreien?«, fragte Yana.

»Ich konnte sie freikaufen«, nickte ich, »aber es war ein sehr kostspieliges Vergnügen. Dennoch denke ich, es hat sich gelohnt.«

»Hat ja eh Luzius bezahlt«, lachte sie und wir fielen in ihr Lachen ein. Wir drückten uns und rieben die Nasenspitzen aneinander. »Während du unterwegs warst«, führte Yana fort, »habe ich die kleine Fürstin beobachtet. Sie studiert eifrig Magie.« Sicherlich hatte meine Gefährtin mich auch beobachtet, als ich mit der jungen Adligen im Bett war, und das nagte an ihr.

»In ihr ruht ein großes Potential. Und sie ist sehr ehrgeizig«, erklärte ich eher beiläufig.

»Der Wille allein reicht nicht«, erwiderte die Magierin leicht eifersüchtig, »ich denke, bei deinem nächsten Besuch werde ich mitkommen und sie ausbilden.«

»So viel ich erfahren konnte«, ergänzte ich, »hat Alanja sich auf die gleiche Magie spezialisiert wie du, dieses Anrufen und Beschwören.«

»Hervorrufung, mein Schatz«, korrigierte sie mich schnippisch.

»Ach ja, Hervorrufung und Beschwörung. Ich kann mir das nicht merken. Ich hoffe, wir kommen noch zu diesem Besuch, denn auf meiner Rückreise vom Pascha wurden wir angegriffen. Von Untoten, den unsichtbaren Bogenschützen, mit denen wir schon in den Narbenlanden konfrontiert wurden. Sie waren aber nur eine Vorhut für die Armee, die Landru anführt. Ihr Stampfen war unüberhörbar.«

»Hm, dieser Magier aus der Ostmark, wie hieß er noch?«, sie überlegte kurz, »ach ja, Asanael! Er hat Kontakt mit mir aufgenommen. Vor gut einem Zehntag hat er eine Beobachtung gemacht.«

»Befindet er sich denn noch in der Ostmark?«, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue.

»Nein«, antwortete meine Partnerin, »er hat mittlerweile die Ostmark verlassen, aber seine Beobachtungen stammen von dort.«

»Und was hat er gesehen?«

»Seine Beobachtung ähnelte der, die du gemacht hast, als du Jiulie gerettet hast. Ein geflügelter Teufel mit verbundenen Augen rief die Kreaturen des Ozeans.«

»Ich kenne nur Lieder«, meldete sich Jiulie zu Wort, »die über Kriege der Aquaides berichten. Ihre Schrecken habe ich nicht selbst erlebt, aber die Festungen sind nicht ohne Grund entlang der Küste gebaut worden.«

»Und nun sind nur noch wenige davon übrig«, sagte ich, »und diese sind auch noch kaum mit ausreichend Truppen besetzt. Einem Angriff können sie nicht standhalten.«

»Zudem«, ergänzte Yana, »unterstehen die Festungen drei Regierungen, die kaum zu einer gleichen Aktion zu bewegen sind.«

»Es ist zu spät, weiter darüber zu spekulieren«, schloss ich, »denn der Angriff vom Meer hat bereits begonnen und unsere Armeen befinden sich auf ihrem Kriegszug im Westen.«

»Die Machtgier«, sagte Yana ernst, »wird noch einige Veränderungen bewirken, so oder so, zum Guten oder Schlechten.«

»Zum Glück kommen die Angreifer nicht so schnell voran«, lächelte ich fade.

»Ja«, stimmte Yana zu, »wir sind nicht die einzige Stadt auf ihrem Weg, und auch nicht die erste. Das wird sie noch etwas aufhalten. Und ich habe mir etwas einfallen lassen, um Landru aufzuhalten.« Sie blickte verschwörerisch zu Laana herüber.

»Ich stelle gerade eine Gruppe zusammen«, berichtete die Schattentänzerin, »und werde mit ihr ins Land des Xorin aufbrechen. Durch meine Erkundungen habe ich herausgefunden, wo sich Landrus Festung befindet. Wir werden dort eindringen und sein Seelengefäß zerstören.«

»Als wir in Ustan mit diesem Nefflon zu tun hatten, habe ich erfahren, dass sich die Essenzen auf mehrere Gefäße verteilen. Wird dann diese Mission ausreichen?«, fragte ich.

»Er hat nur ein Gefäß«, berichtete Yana, »da bin ich mir sicher, denn er ist ein Salmagur, kein Teschisalmagur.«

»Gibt es da denn einen Unterschied?«, erkundigte ich mich. »Für mich sind das alles Stinker!«

»Ja, mein Schatz«, lächelte sie verständnisvoll und belehrte mich schnippisch, »bei den stinkenden, die nur noch aus einem Kopf bestehen, handelt es sich um Teschisalmagure, und die können mehrere Gefäße haben. Landru hat einen Körper, der zwar auch faulig ist, bei dem aber nur ein Gefäß existiert.«

»Ach so«, nickte ich und überlegte. »Hm, was Nefflon macht, ist sowieso fraglich. Seine Truppen in der Unterstadt von Ustan warten noch. Ich frage mich, worauf?«

»Das stimmt, er hat sie noch nicht bewegt. Ich kontrolliere es ständig«, bekundete Yana.

»Wann soll denn der Aufbruch sein?«, wandte ich mich an sie.

»Die Auswahl des Gefolges ist noch nicht abgeschlossen, aber im Laufe dieses Zehntages sollte alles vorbereitet sein.« Yana sah mich aufmunternd an. »Ich habe mich mit hiesigen Magiern unterhalten. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Golemarmee stehen bleiben wird, wenn Landru vernichtet ist.«

»Und was ist mit den Untoten?«, warf ich ein.

»Von welchen Untoten sprichst du jetzt?«, fragte sie verdutzt.

»Nun«, sagte ich bedeutungsvoll, »als Moi’ra nach Ostmark zurückkehrte, traf sie auf untote Bürger. Diese wird Landru auch kontrollieren.«

»Sind sie denn mitgezogen?«, gab Yana zu bedenken. »Und selbst wenn, Landru kontrolliert die Golemarmee, er wird allein damit genug zu tun haben. Du musst wissen, die Dinger sind goblinsdämlich.«

»Unseren Spähern zufolge«, fügte Laana hinzu, »wird Landru in zwei Zehntagen vor unseren Toren stehen.«

»Das gibt uns ausreichend Zeit für seine Festung«, sagte Yana.

»Ich will keinen von euch dahin mitnehmen«, erklärte die Gildenführerin mit einem drohenden Funkeln in den Augen, »ihr seid mir alle nicht heimlich genug dafür.« Ihr Blick wanderte umher. »Ich habe zurzeit schon Caelios und Mirtek ausgewählt.« Die beiden Anhänger der Diebesgilde des Mondschatten waren Meister der Verkleidung. Ich kannte sie von meinem Aufenthalt in Ustan. Eine gute Wahl, wie ich fand.

»Ich vertraue ganz auf deine Fähigkeiten«, grinste ich zustimmend.

»Das ist weder eine Aufgabe für Kämpfer«, setzte sie fort, »noch für Magiebegabte. Schnell rein und wieder raus.«

»Lass mich wissen, wenn du losziehst«, forderte ich besorgt. Sie nickte zustimmend.

»Ich werde bei unserer nächsten Trennung nach Djugast gehen und mir die kleine Magierin ansehen«, teilte Yana mit und sah mich an. »Bist du schon bei Luzius gewesen? Er ist sehr nervös.«

 

»Nein«, schüttelte ich meinen Kopf, »ich wollte zuerst euch sehen, das war mir wichtiger.« Sie grinsten alle. Dann klopfte ich auf meine Beine und stand auf. »Ich werde Luzius dann mal nicht länger warten lassen.«

»Sie wollte mich auf der Burg vergiften!«, tönte Imphraziel überraschend und heischte um Aufmerksamkeit, »mit einem uralten Keks! Jawohl, misshandelt hat sie mich!« Anscheinend versuchte er bei den anderen Frauen ein Mitgefühl zu erzeugen.

»So alt war der Keks gar nicht, außerdem stehen dort doch ganz frische«, bedeutete ich ihm und zeigte auf eine kleine Schüssel.

»Oh«, gab er sich überrascht und hüpfte auf den Tisch, »na, die sehen ja lecker aus!« Mit seinem spitzen Schwanz piekte er mehrere Kekse auf.

Ich nutzte seine Ablenkung, um meinen Geliebten innige Abschiedsküsse zu geben, die freudig erwidert wurden.

Dann machte ich mich auf zu den Prinzengemächern.

»Hey, warte!«, rief Imphraziel mir nach und hüpfte hinter mir her. »Diesmal lasse ich dich nicht aus den Augen!« Nach zwanzig Schritten nutzte er seine Flügel und flog auf meine Schulter, wo er weiter an den Keksen knabberte. Zahlreiche Krümel landeten auf meiner geknoteten Bluse.

»Pass doch auf«, ärgerte ich mich, »wo du hin krümelst! Wenn du schon etwas auf den Weg mitnimmst, dann iss wenigstens vernünftig.«

»Was denn?«, nuschelte er mit vollem Mund, weitere Brösel landeten auf dem Stoff. Ich wischte sie mühsam ab.

»Was bist du nur für ein Krümelmonster!« Er horchte auf. »Dabei solltest du bedenken, dass jeder Krümel ein verlorenes Stück Keks darstellt!«

Zunächst zuckte er nur mit den Schultern, als er jedoch den letzten Keks von seinem Schwanz knabberte, besann er sich und stierte nach den Resten, die sich um ihn herum und auf meiner Kleidung verteilten.

»Nicht!«, kreischte er, als meine Hand einige Brocken zu Boden beförderte. »Welch eine Verschwendung!« Eifrig hechtete er den Resten hinterher.

»Hier sind noch ein paar«, deutete ich mit der Nasenspitze und hob meine Brust an. Gierig leckte er sie von dem straff gespannten Stoff. »Oh, ich glaube, einige sind in meinen Ausschnitt gefallen …«

Kaum hatte ich meine Anmerkung gemacht, sprang er auch schon hinterher und brachte mein Hemd beinahe zum Platzen.

»Uh, eng hier«, konstatierte er und versuchte, sich zwischen meinen Brüsten nach oben zu arbeiten. Mit den Oberarmen drückte ich sie etwas weiter zusammen. »He! Lass das, ich bekomme ja keine Luft mehr! War deine Bluse eigentlich teuer?«

Verwirrt zog ich meine Augenbraue hoch. »Natürlich ist sie von guter Qualität, was erwartest du?« Langsam hatte ich Sorge, sie würde unter seiner Last tatsächlich reißen.

»Iiieh, du stinkst ja!«, rümpfte er die Nase, als er sich Platz verschaffte. »Hast du dich noch nicht gewaschen?«

Tatsächlich hatte ich noch keine Gelegenheit gefunden, nach dem Ausflug zum Pascha ein Bad aufzusuchen. Prüfend roch ich an meinen Achseln.

»Scheiße«, fluchte ich, »du hast recht!« Auf meinem Absatz machte ich kehrt.

»Puh, was ist das? Banndespotenspeichel?«, stichelte Imphraziel. »Das ist ja kaum auszuhalten! Hat dich der Pascha abgeleckt, oder was? Was für ein Gestank, schlimmer als Lemurenpisse. Pah!« Er krabbelte auf meine Schulter und hielt seine Nase zu, machte so an uns vorbei eilende Bedienstete auf meinen unreinen Zustand aufmerksam. Ich berührte meine Schulter und beschwor eine kugelförmige Dunkelheit, die seinen Anblick verbergen sollte. Er kletterte auf die andere Seite. Noch bevor er dort ankam, hüllte ich den Bereich ebenfalls in Dunkelheit. Kurzerhand hüpfte er auf meinen Kopf. Um mich nicht völlig der Lächerlichkeit preiszugeben, teleportierte ich mich direkt in mein Bad und zog mein Oberteil aus. Kurz darauf erschien auch Imphraziel und rümpfte seine Nase.

»Wird das wieder länger dauern? Dann werde ich jetzt zu Luzius gehen und mich mit ihm beratschlagen«, versuchte er, mich zur Eile zu bewegen.

»Nur zu«, seufzte ich und tauchte einen Schwamm in das warme Wasser, »es ist vielleicht besser, wenn ihr Männer unter euch seid.«

Er kniff seine Augen zusammen und betrachtete mich abschätzig. »Nein, nein, ich bleibe hier«, bedeutete er, »und halte ein Auge auf dich. Dieses wollüstige Treiben muss ein Ende haben!« Theatralisch hob er einen Arm an seine Stirn. »Dass ich das sagen muss!«

»Stell dich nicht so an«, sagte ich und pustete Schaum in seine Richtung. »Bleib hier und leiste mir Gesellschaft. Ich bade nicht gerne allein.«

»Pah, bemühe dich nicht.« Er wich einer Schaumflocke aus und setzte sich an den Rand des Beckens. »Woran du jetzt nur wieder denkst«, fragte er rhetorisch.

»Du kennst doch meine Wünsche«, beichtete ich ihm.

»Ja«, seufzte er, »leider.«

Belustigt trällerte ich beim Baden ein Lied.

»Och, lieber, lieber Imphraziel«, bettelte ich mit vollen Lippen, »sei doch so nett und schrubbe meinen Rücken. Da ist eine Stelle, da komme ich einfach nicht heran.« Er sah mich verkniffen an. »Bitte, bitte«, gab ich so hinreißend von mir, dass er nicht umhin kam, mit seinem Schwanz eine Bürste zu fassen und anfing, über meinen Rücken zu reiben. »Oh, ja«, frohlockte ich, »noch ein wenig tiefer, dort, ja.«

»Wie tief bin ich gesunken«, bedauerte er sich selbst.

Freudig räkelte ich mich, drehte mich dann zu ihm um und hauchte ein »danke«, bevor ich ihm einen Kuss gab. Er sah leicht errötet weg. Vergnügt griff ich zu den diversen Duftölen, wählte einige passende aus und erhob mich, um die Haut zu trocknen. Sorgfältig cremte ich mich ein.

»Huh, deine Duftaura ähnelt einer dicken Amöbe«, beschwerte sich mein Rückenschrubber.

»So lange sie angenehm ist«, konstatierte ich.

»Na, wohl eher aufdringlich und Atem raubend«, stänkerte er weiter. Ich lächelte nur und zuckte mit den Schultern.

»Dann habe ich doch den Zweck erfüllt. Jetzt noch die passende Kleidung, dann können wir meinen Bruder aufsuchen.« Ich widmete mich noch meinen Füßen, überprüfte den richtigen Schnitt der Nägel und suchte dann die für den Tempel geeigneten, knappen Kleidungsstücke aus. Über den bis zum Oberschenkel reichenden Schnürstiefeln trug ich einen schwarzen, seitlich geschlitzten Rock. Für den Oberkörper begnügte ich mich mit einem knappen Brusthalter aus rotem Stoff mit goldener Verzierung. Den ebenfalls gesäuberten Schmuck drapierte ich zu einem Kurven betonenden Augenschmaus.

Mit mir selbst zufrieden schlenderte ich zu dem Trakt meines Bruders und wurde von seinen Bediensteten in das Gesellschaftszimmer geführt. Luzius saß bequem in einem Sessel. Er trug einen Gehrock und hatte seine Weste geöffnet. Nachdenklich sah er in Richtung einer Wand und hielt dabei ein Weinglas ruhig in der Hand. Ich störte ihn nicht weiter und setzte mich auf eine gemütliche Couch, legte ein Bein hoch und beobachtete Imphraziel, der sich auf den Boden nieder gelassen hatte und krampfhaft konzentriert sein Gesicht verkniff. Zunächst geschah nichts, dann wuchsen seine Beine, es folgten die Arme und nach einigen weiteren Augenblicken stand ein menschlicher Mann vor mir, der recht annehmliche Züge aufwies, wenn nicht sein dämonisches, breites Grinsen alles zu einer Fratze entstellte. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Er schnippte ein Mal mit seiner Hand und wurde in die bunte Kleidung eines Narren samt Schellenmütze gehüllt. Mir fiel sein Stab auf, an dessen Ende ein Harlekinkopf lachte.

»Da guckst du, was?«, griente er.

»Ich wusste immer schon, dass ein ganzer Mann in dir steckt«, konterte ich, »aber wen willst du damit unterhalten?«

Imphraziel achtete nicht weiter auf mich und machte einen Salto rückwärts, hakte sich mit den Kniekehlen am Kronleuchter ein und schaukelte vergnügt. Dabei lugte er immer wieder zu dem Stab, bis er seinen inneren Willenskampf verlor, in den Raum zielte und die Magie des Zepters aktivierte.

Noch bevor ein Effekt eintrat, erkannte ich die chaotische Natur des Gegenstandes. Ein Schwall von unzähligen, bunten Schmetterlingen ergoss sich aus dem Narrenkopf und füllte den ganzen Raum. Imphraziel quiekte.