Das kleinere Schwarze

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Das kleinere Schwarze
Font:Smaller АаLarger Aa

Das kleinere Schwarze

(Gedichte)

André Bunde

Das kleinere Schwarze (Gedichte)

André Bunde

Copyright: © 2014 André Bunde

published by: epubli GmbH, Berlin,

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-7970-2

andreffl@hotmail.com

Inhalt

Tägliches, allzu Tägliches

Unterwegs

Zu uns

– Schweigen –

Ich an dich …

… und über sie

Zwei

Einzelne

Alle(s)

ich

Tägliches, allzu Tägliches

Kampfansage Traum

Sich die Taschen gegenseitig voll-

hauen, andre sammeln

Leergut – Kuckucksnest, doch bisher flog

keiner: Skylinehoch

türmt sich das, um was man nicht herumkommt,

um das, was hier umkommt.

„Mord der Unschuld ging in Serie“ – Soll:

An der Quote hangeln

sich die Trends entlang – zum Gipfel: Stau!

Oben ist gleich Mitte,

Zentrum. Wir sind ab jetzt Kletteraffen,

die den Absprung schaffen!

Und nicht Spiderman, der vor der Stadt

keine Gegner hat.

Ergo: Diesmal wird die weiße Frau

nicht zur schwarzen Witwe!

Käfighaltung

Das Enttäuschende nach der Verheißung

kam Schritt für Schritt. Erst fiel der Stolz weg,

dann der Rest. Es folgte die Verzweiflung

durch Augen, deren Sicht den Holzweg,

auf dem ich stehe, steinigte.

Sie richteten – den Blick auf

Höheres und hielten mich auf

Abstand. Fugen gab ich Silikon,

warf noch mal wütend einige

Münzen in den Schlitz der Illusion.

Die leeren Tetra-Packs

dieser vorerst letzten Nacht

jenes implodierten Abends fügten sich

zu einer abgeschmackten Skyline

auf dem ausgelaugten Küchentisch.

Im Größenwahn. Ich war Godzilla,

ein Geschäftsbezirk danach Ruine

und eine Wohnung Geistervilla:

kriegte wieder das, was ich verdiene.

Und dabei wollte ich bloß frei sein.

Geht es weiter?

Das wandelnde Gewissen zieht

in der Küche Bahnen.

Anschlag folgt auf Anschlag

und im Radio Nachricht

auf Nachricht; die Schwarz-Weiß-Kopie

des Geschehens – Rahmen.

Das Dunkel draußen. Drinnen übt

viel zu Helles Nachsicht

mit einer Messerspitze, die

sich bis an den Rand wagt.

Darunter trägt etwas den Schritt:

Horizont aus Fliesen.

Am Puls der Zeit. Sein Standgericht

geht einher

mit dem Gewissen. Wandel ist

einer jener Riesen,

einer, der

die Möglichkeit mit Füßen tritt.

Grenzgänge

Während des

Auf und Ab am eingefassten Ufer

etwas Klassisches gesichtet:

Jenes Paar

grüner Trauerweiden ließ die schweren

Köpfe fast ins trübe Wasser hängen.

Und schon hatte mich

einer dieser

spiegelglatten Binnenseen,

die für jeden Blick so tun, als wären

sie von aufgebäumten Abgesängen

nicht gerührt, zutiefst erbaut:

Um ein Haar

wurde mein Gefühl,

dass der Frühling hier für sich steht,

von dem Grenzkalkül

tief im Innern falsch gewichtet.

Nach dem Stolpern umgeschaut.

Nur ich hatte hingesehen!

Verschlüsselt

Jeder neue Tag – eine Epoche

für den Aufstieg und Fall. Von Gewinnern, Verlierern

und Großstadtsanskrit.

Jeder Ausblick – nur ein Elefant,

der im Dschungel aus Normen bengalischen Tigern

gegenübertritt.

Sich in der Vergangenheit

spiegelnde Schatten.

Endlose Botschaft.

In ihr verfangen,

voller Erwartung bereit.

Und dann wieder am Ende der Woche

leer ausgegangen,

um mir von einem Glas aus der Hand

lesen zu lassen.

Was in den Himmel wächst

Mich treiben Geister eines alten Bausparkassenwesens.

Noch immer gibt die Hoffnung meiner Zukunft ein Zuhause.

Auch wenn die Straßenlichter unter falscher Flagge segeln,

ist ihre Sternenkarte nichts als meine Ankerklause,

aus der die Zauberbohnen in die Risse des

Asphaltgrunds sinken. Säbelrasselnd, vorlaut schielt

der Wunderglauben unter ein zerschlissenes

Verdachtsmoment aus Nebelresten. Jemand zielt

mit seinem Schlüsselbund auf eine Haustür.

Das Klappern steuert auf die Straßenflucht zu.

Das kalte Lächeln der Sirenen haust hier.

Gefesselt sehen Räder einer Sucht zu.

Nicht anders könnend – Reflexion

der Katzenaugen: längst zu spät

für vieles. Wortlos weiß ich schon,

dass Aufwärts nur geknebelt geht.

Sicherheit

Und das Straßennetz ist

ausgeworfen worden. Eine dunkle Welle

nach der andern zieht

in ihm in die Tiefe einer Nachtbaustelle.

In dem Wasserglas,

das sich Träumen hingab, erntet sie erneut Sturm.

Geisterstunden tauschen

Blicke mit der Außenwelt – ein eignes Leuchtturm-

bauvorhaben. Schlaf

hinter schwarzen Fenstern schafft die Rahmenhandlung

für das Augenrauschen,

das sich weit entfernt vom Lärm der Häuserbrandung

abspielt. Ausgesetztes

lässt sich langsam mit dem zähen Takt des Blinklichts

tiefer sinken, sieht

sich am Boden – in dem Wissen, hier ertrinkt nichts.

Erwachsen sein

Der Abendabglanz: Gebärfreudig schimmert

das Hafenbecken. Kinderleichen treiben

aufs Meer hinaus. Diamantenes Gewässer.

Der Spieltrieb strömt aus dem Casino

in Imbissbudenautomaten und zurück.

Ein aufgeschwemmtes Leben saugt sich Stück für Stück

mit Überstunden voll. Bekenner schreiben

sich Kurznachrichten aus der Nachtschicht.

Der Sandmann setzt auf russisches Roulette.

Die Headline macht sich kopflos selber wett.

Und Urinstinkte flüchten auf ein Kletter-

gerüst. Sie sehen einen Dino

im offnen Streugutkasten schlafen.

Darüber großes Fensterscheibenschweigen –

noch immer Schonbezug fürs Wasserbett.

Darunter niemand, den die Nachricht kümmert.

Falscher Weg

Im Stau vor heruntergelassenen Schranken,

Signallichtern stehend, beschleicht mich

das leise Gefühl, was verpasst

zu haben, als wären

die Züge, die meine sind, ab-

gefahren, die leeren

Bahnhöfe Spielwiese für einen Gedanken:

Egal was ich tue, es weicht nicht!

Auf gut Glück

Den Sommer verschlossen – im Schlafzimmerschrank.

Das ein oder andere Herz in der Hand

nahm das eingeschneite Gleichnis an,

um näherzukommen. Das Schneeballprinzip

erstarb mit dem Winter. Was letztendlich blieb,

war der himmelweite Unterschied.

Animismus

Ist jeder Tag

der Geist von gestern, schließt

der Wimpernschlag

Enttäuschung, die sich zieht,

wird es Zeit,

dass ihm Glauben morgens mit

einem Augen-

zwinkern gegenübertritt.

Wiedersehen

Aus dem Hausflurdunkel drangen Worte.

Und ein offner Fensterladen ließ noch Licht

in den Straßenschatten fallen.

Auch wenn ich erst vorüberrannte,

kam mir die Fassade

doch verdammt bekannt vor

und in mir die Frage

auf: „Bloß von woher?“

Antwort! Dann die nächste:

„Wohnt in ihm noch der,

den ich vor Jahren einmal kannte?“

 

Auf den Klingelplatten rangen Finger

mit der Neugier. Doch trotz allem

Suchen fanden sie den Namen schließlich nicht.

So müde!

Offene Augen für Träume – verstaubte

Straßen. Die Hauswände schreien „No Sleep“,

machen ein wandelndes Schlafdefizit

obdachlos, wo sich in Flecken getauchte

Matratzen vor Eingängen ausstellen.

Das im Entstehen Begriffene lockt mit

Wachstum, das Polster der Sitze in den

Öffentlichen nur mit einer Bequem-

lichkeit, die im Grunde

vom Ausschluss besessen ist. Widerstand tut nichts

zur Sache. Zur Stunde

besteht ein vergessenes Baustellenflutlicht,

das in der Nachmittagshitze vertrocknet,

im Widerstand gegens Vergessen und zeigt auf

die Wunde im Straßenbett – gegen den Kreislauf!

Standhaft geblieben, komplett übersehn.

Boden der Tatsachen

Vorgestellte Bleistiftskizzen schildern,

was der stumpfe Raubtierblick des Jägers sieht.

Ausgehöhlt und ausgehungert wildern

Augen in den Straßen. Stunden später flieht

Sonnenlicht durch Dachgeschosse. Richtung

Himmel setzen blinde Flüchtlingshelfer ein

dunkles Zeichen. Über Grenzen. Sichtung

auf dem Turm aus illegalem Elfenbein.

Augen fallen: Angezogen schaun sie nur

auf den Tag herab (und im Nirwana landen

Träume), morgens sehn sie ihre Traumfigur

wieder mit den eigenen Organen handeln.

Vorgestellte Bleistiftskizzen schildern …[1]

Revision

Der Fluchtpunkt machte Ausnahmen zur Regel.

Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre

des aufgeheizten Treppenhauses setzte

das Raumschiff auf Verortung – Sonnensegel

verloren sich als Wunschtraum. Die Chimäre

aus Dunkelheit und Hitzeschild gab Schutz.

Nach Schuld gesucht. Im starren Blicken fand

ich auf den Stufen Zweifel. Jemand saß!

Die Sternenkarte aus vergilbtem Putz

war hinfällig, das Shuttle unbemannt.

Mechanismen näherten sich Stück

für Stück der Wahrheit. Aufschub bis aufs Letzte

verbraucht und abgestoßen. Während Leere

ins All des Aufstiegs gähnte. Jemand maß

den Weg nach oben aus und Unschuld sank

in die Schwerelosigkeit zurück.

Tinnitus im Treppenhaus

Vor mir: Überfluss an Stufen.

Hall! Fürs Überkommene.

Hab schon vor dem endlos langen

Aufstieg lauthals angefangen,

mir das da noch Kommende

in Erinnerung zu rufen.