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Corona Magazine #355: Dezember 2020

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From the series: Corona Magazine #355
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Star-Trek-Darsteller: Tig Notaro – Zwischen Comedy und Ernst

von Thorsten Walch

Wenn diese Ausgabe des Corona Magazine erscheint, dauert es nur noch wenige Tage, ehe die dritte Staffel von Star Trek: Discovery (seit 2017) ihre weltweite Premiere bei CBS All Access in den USA und bei Netflix in Deutschland feiern wird. Aus diesem Grund soll in dieser Kolumne eine weitere Darstellerin aus der sechsten Serie des Star Trek-Franchise vorgestellt werden.

Tig Notaro war in bislang fünf Folgen der zweiten Staffel von Discovery als die ebenso zynische wie energische Commander Jett Reno zu sehen. Die Chefingenieurin der gestrandeten USS Hiawatha wird in Bruder, der Eröffnungsfolge von Staffel 2, von der Crew der Discovery gerettet und an Bord gebracht und hatte bislang eher den Status eines wiederkehrenden Gastcharakters. Dies jedoch könnte sich in der dritten Staffel ändern, da Commander Reno eins der zeitreisenden Crewmitglieder ist, die sich ins 31. Jahrhundert aufgemacht haben.

Die Darstellerin der Figur, Notaro, kann bei alledem weit mehr als nur Star Trek.

Wahrhaft komisch

Mathilde O’Callaghan Notaro wurde am 24.03.1971 in der Stadt Jackson im US-Bundesstaat Mississippi geboren. Den Spitznamen »Tig« (was unter anderem »Klebestreifen» bedeutet) erhielt sie in ihrer Kindheit von ihrem Bruder, mit dem zusammen sie bei ihrer alleinerziehenden Mutter aufwuchs. Als diese nochmals heiratete, zog die Familie nach Texas um.

Die junge Tig war nicht eben eine fleißige Schülerin: Nach der 9. Klasse verließ sie die High School ohne Abschluss, da sie, wie sie selbst betont, lieber ihre Klassenkameraden mit Comedy-Einlagen erheiterte anstatt zu lernen.

Bereits zu dieser Zeit hatte sich herauskristallisiert, dass die Stärken der jungen Frau eindeutig im Bereich des Komödiantentums lagen. Nach einer kurzen Tätigkeit in der Musikbranche in Denver, Colorado, beschloss sie schließlich, Stand-up-Komikerin zu werden und zog aus diesem Grund nach Los Angeles.

Durchstart als Stand-up-Komikerin

Nach anfänglichen Auftritten in verschiedenen Comedy-Clubs, bei denen Notaro ihre offen gelebte Homosexualität zu einem Teil des Programms machte, sah man sie ab den frühen 2000er-Jahren öfters im Fernsehen.

Den Anfang machte 2004 Comedy Central Presents. Es folgten eine Episode der Fernsehserie Dog Bites Man (2006), der Fernsehfilm Held Up (2008) sowie vier Folgen der Serie In The Motherhood. Zwischen 2007 und 2010 sah man Notaro in insgesamt neun Folgen der auch hierzulande gezeigten Sitcom Das Sarah Silverman Programm, 2012 im Fernsehfilm Susan 313 sowie in einer Folge der Comedy-Serie Das Büro.

In der Zwischenzeit trat Notaro jedoch weiterhin als Stand-up-Komikerin auf, recht häufig zusammen mit dem ebenfalls ziemlich bekannten Comedian Kyle Dunnigan. 2011 veröffentlichte sie das Album Good One mit einem Best-of ihrer Nummern.

Ein Schicksalsschlag

Im Jahr 2012 hatte Notaro eine schwere persönliche Krise zu meistern, als man bei ihr Brustkrebs diagnostizierte. Sie entschloss sich zur Flucht nach vorn und baute ihre Erkrankung bereits einen Tag nach der Diagnose in ihr Comedy-Programm ein. Der Komiker und Produzent Louis C.K. bat Notaro, eine Aufzeichnung des vielbeachteten Auftritts als Album veröffentlichen zu dürfen, wozu Notaro schließlich ihre Zustimmung gab.

Das noch im gleichen Jahr veröffentlichte Album Live wurde ein Verkaufsschlager und erhielt gar bei den »Grammy Awards« 2014 eine Nominierung als »Best comedy album«, bekam die Auszeichnung jedoch leider nicht.

In der Folgezeit mussten Notaro beide Brüste amputiert werden, und sie entschied sich gegen die kosmetische Wiederherstellung. Die beiden Filmemacherinnen Kristina Goolsby und Ashley York begleiteten sie während ihrer Krankheit filmisch und machten aus diesen Aufnahmen den Dokumentarfilm Tig, der 2015 beim Sundance Film Festival uraufgeführt wurde.

Über den Berg

Glücklicherweise konnte Notaro den Kampf gegen den Krebs gewinnen und nahm schon bald danach ihre Tätigkeit als Komikerin und Schauspielerin wieder auf.

In der Komödie In a World ... – Die Macht der Stimme (2013) spielte sie die Rolle der Cher (allerdings nicht als die gleichnamige Sängerin und Schauspielerin), während sie im Fernsehen in zwei Folgen der Serie Inside Amy Schumer (2013) mitwirkte.

2014 wurde ein sehr umtriebiges Jahr für Notaro: Nach einem Auftritt in einer Episode von Suburgatory sowie in dem TV-Film Ashes sah man sie in der Rolle der Careen im Psychothriller Kidnapped – Die Entführung des Reagan Pearce, in einer kleineren Rolle in der Romantikkomödie Mädelsabend – Nüchtern zu schüchtern! sowie bis 2015 in fünf Folgen der Dramedy-Serie Transparent, in der es um die Trans-Frau Maura geht. Von 2014 bis 2017 hörte man ferner in fünf Episoden der Zeichentrickserie Clarence Notaros einprägsame Stimme.

Eine eigene Serie

2015 erhielt Notaro mit One Mississippi ihre eigene TV-Serie, die hierzulande beim Streaming-Dienst Amazon Prime Video veröffentlicht wurde. Im Wesentlichen spielte Notaro darin sich selbst und verarbeitete ihren Umgang mit dem Tod nahestehender Personen, die eigene Sterblichkeit sowie familiäre Problemen auf zynisch-bissige Weise. Die Serie brachte es auf 12 Episoden in zwei Staffeln bis 2017.

Notaro schrieb auch die Drehbücher zu dieser Serie, was sie bereits seit 2004 für viele ihrer eigenen sowie für anderweitige Produktionen getan hatte.

Willkommen an Bord!

Nach der kleinen Rolle der Sharon in der Kinokomödie Plötzlich Familie von 2018 beamte Notaro ab 2019 schließlich an Bord der USS Discovery, wo sie den Trekkies als ein Commander, der dem legendären Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley) charakterlich nicht ganz unähnlich ist, hoffentlich noch lange erhalten bleiben wird.

Nach Ende der Dreharbeiten von Discovery war Notaro ebenfalls 2019 in der kleinen Rolle der Kate Mounier in dem Science-Fiction-Streifen Lucy in the Sky zu sehen, der von Noah Hawley inszeniert wurde. Trekkies werden bei diesem Namen hellhörig werden: Hawley soll angeblich gerade den nächsten Star Trek-Kinofilm vorbereiten …

Privatsache – kapiert?

Seit Oktober 2015 ist Notaro mit der ebenfalls als Schauspielerin tätigen Stephanie Allynne (Pacific Rim 2: Uprising) verheiratet. Im Juni 2016 kamen die Zwillingssöhne der beiden im kalifornischen Venice Beach zur Welt, wo die Familie auch lebt.

Live Long And Prosper, tapfere Tig!

Lieblingsfolge: Star Trek: Voyager 6x12: Blink of an Eye – Ein absolutes Highlight

von Björn Sülter

Wie gut kann eine Episode sein, in der Neelix Kaffee einschenkt, Naomi Wildman einen Aufsatz schreibt und der Doktor einen Sohn zeugt? Einfache Antwort: exzellent.

Star Trek: Voyager präsentiert dem Fan mit Blink of an Eye (Es geschah in einem Augenblick) ein absolutes Highlight bezüglich ungebrochenem Forscherdrang, Glauben und Inspiration.

Was passiert?

Die Crew der USS Voyager untersucht einen ungewöhnlichen Planeten und wird im Orbit durch ein Partikelfeld gefangen gehalten. Die Anwesenheit des Schiffs stört jedoch die Gravitation des Planeten, wodurch es immer wieder zu Erdbeben auf der Oberfläche kommt.

Seven of Nine stellt fest, dass die Zeit auf der Oberfläche im Vergleich zu der Zeit außerhalb des Planeten extrem schnell vergeht. Die Voyager wird durch ihre Anwesenheit über die Jahrhunderte zu einer Art Gottheit und zum Antrieb für wissenschaftlichen Fortschritt.

Böses Plagiat oder Auge zudrücken?

Um gleich zu Beginn mit einem Vorurteil aufzuräumen, das man über die Jahre aus diversen Ecken mehrfach vernehmen konnte: Nein, diese Episode ist sicher kein Plagiat. Dass sie sich auf ein Konzept stützt, welches durchaus nicht neu ist, bleibt aber unbestritten.

Vor vielen Jahren erzählte die Episode Wink Of An Eye (Was summt denn da?) der Serie Raumschiff Enterprise (1966–1969) von aggressiven Außerirdischen, deren Zeitwahrnehmung sich vom Rest des Universums unterschied. Der damals beteiligte Produzent Gene L. Coon war zuvor auch an der Serie The Wild Wild West beteiligt gewesen. Dort hatte es ebenfalls eine sehr ähnliche Thematik in der Episode The Night of the Burning Diamond gegeben.

Dass nun gerade Coon diese Idee auch bei Star Trek einbrachte, war ganz sicher schon damals kein Zufall. Doch auch der Autor der genannten The Wild Wild West-Episode bediente sich bereits prominent: nämlich bei keinem geringeren als H. G. Wells und seiner Kurzgeschichte Der neue Beschleuniger. Diese Liste ließe sich beliebig fortführen.

Somit kann man sagen: Voyager-Autor Michael Taylor hat sich hier durchaus einer bereits oft variierten Grundidee bedient – was er dann daraus gemacht hat, ist in diesem Fall aber von größerer Bedeutung.

 

Forscherdrang

Die Episode beginnt als reine Forschungsmission. Die Crew entdeckt einen interessanten Planeten und wirft sich ein wenig sorglos ins Abenteuer. Kaum im Orbit fallen die Triebwerke aus, und man ist vorerst gefangen. Echte Forscher gehen eben nie den leichten Weg. Schade, dass das Schiff durch seine Anwesenheit auch für Probleme auf dem Planeten, genauer gesagt für Erdbeben zu sorgen scheint. Doch auch für die Crew droht Gefahr, sollte es nicht gelingen, den Antrieb wieder in Gang zu bringen. Viel Ärger also für einen derart kleinen Abstecher …

Äußerst positiv ist anzumerken, dass Chakotay dennoch nicht in seinem Enthusiasmus zu stoppen ist und sich brennend für die Zivilisation auf dem Planeten interessiert, deren Bevölkerung – wie Seven herausfindet – durch ein Zeitdifferential einer deutlich schnelleren Zeitwahrnehmung unterliegt. Eine Sekunde auf der Voyager könnte einen Tag auf dem Planeten bedeuten: eine Chance, die Entwicklung einer Kultur im Zeitraffer zu begutachten. Hier bleiben Forscherdrang und Begeisterungsfähigkeit auch unter Druck und in Gefahr intakt; eine schöne Vision.

Wimpernschläge

Die Entwicklung des Planeten wird anhand einer immer wiederkehrenden Szenerie gezeigt. Zuerst gibt es nur Lehmhütten, einen Opferaltar und Einheimische in Tierfellen, die Früchte für ihre Götter bereitlegen, und die das mit einem Erdbeben gerade am Himmel erschienene Objekt (die Voyager) als neue Gottheit ansehen. Sofort passen sie ihren Glauben an die Situation an, bauen einen weiteren Altar und preisen den neuen Stern am Himmel.

Wenig später erlebt der Zuschauer die gleiche Szenerie erneut: Die Lehmhütten sind Burgen gewichen, statt Fellträgern sind Mönche und altmodisch gekleidete Zivilisten zu sehen. Ein sogenannter Protektor plant die Kontaktaufnahme mit dem Himmelsschiff; ein kleiner Heißluftballon soll einen Brief mit der Bitte, die Beben einzustellen, zum Schiff transportieren. Statt einer Gottheit sieht dieser Mann in der Erscheinung nun ein Wesen, das eventuell wie er eine Art Beschützer darstellt.

Ein paar Jahrhunderte später sind Städte entstanden, Verkehrsnetze und ein riesiges Teleskop, mit dessen Hilfe zwei Forscher immer noch daran arbeiten, Kontakt mit dem Himmelsschiff aufzunehmen. Per Funk senden sie Primzahlen und mathematische Konstanten. Eine schöne Spiegelung der Versuche der Menschheit, außerirdisches Leben auf uns aufmerksam zu machen.

Nach einigem amüsanten Geplänkel, in dem der Zuschauer erfährt, dass es in der Kindheit der beiden Figuren sogar Sammelbilder vom Himmelsschiff gegeben hatte, ergänzen sie letztlich noch einen persönlichen Funkspruch. Sie möchten den potenziellen Bewohnern des Himmelsschiffes einfach gerne »Hallo« sagen. Nachdem es Seven gelingt, das Zeitdifferential auszugleichen, vernimmt man auf dem Schiff tatsächlich die Nachricht. Sie beginnt mit den Worten: »Liebe Freunde im Himmelsschiff!«

Aktiv werden

Für die Führungscrew ist das natürlich der Moment, sich näher mit dem Thema zu befassen – zusätzlich zu den akuten Problemen, die sie selber umtreiben.

In einer Besprechung kommt sofort die Oberste Direktive auf den Tisch. Tuvok mahnt zur Vorsicht, doch Tom Paris widerspricht: Der Schaden sei längst entstanden, und der erste Kontakt bereits geschehen. Er plädiert für eine offizielle Kontaktaufnahme. Letztlich überwiegt aber die Sorge, man könnte das Glaubenssystem der Kultur nachhaltig stören und weiteren Schaden anrichten.

Eine Zwischenlösung wird gefunden: Der Doktor soll für nur drei Sekunden Voyager-Zeit auf den Planeten beamen. Er würde somit rund zwei volle Tage dort sein und könnte in dieser Zeit sicher wichtige Informationen sammeln. Nebenbei ist nur er in der Lage, sich und seine Holomatrix sofort an die Anatomie der Bewohner anzupassen.

Doch wie das eben leider so mit Kompromissen ist, gehen diese auch gerne mal schief. Der Re-Transfer misslingt, und der Doktor ist nicht mehr am vereinbarten Ort aufzufinden. Kunststück, wenn man das Zeitdifferential bedenkt. Kaum wird er sich rund um die Uhr über einen Zeitraum von Wochen oder Monaten am gleichen Ort aufgehalten haben. Und nach fünf Minuten Voyager-Zeit wäre schließlich bereits ein gutes halbes Jahr für den Doktor vergangen …

Die rettende Idee lässt jedoch nicht lange auf sich warten: Die Crew weiß um die Leidenschaften ihres Mediziners, sucht nach Opernhäusern und entdeckt, dass sich das kulturelle Zentrum an einer bestimmten Küste erstreckt. Dort lässt sich sein Transmitter auch tatsächlich orten; einen Beam-Vorgang später liegt der Doktor dem verdutzten Captain überschwänglich in den Armen. Neue Kleidung, neue Stirn und viel zu erzählen: Ist das noch das gleiche Hologramm?

Irgendwie schon; und doch nicht. Drei Jahre hat der Doktor auf dem Planeten verbracht und hat doch immer die Hoffnung auf Rettung behalten: Er musste ja nur gen Himmel blicken und sah das Himmelsschiff, sein Zuhause. Eine tolle kleine Idee, die zu einem wunderschönen Dialog führt. Und für den Doktor bot dieser verlängerte Besuch auf dem Planeten eine wundervolle Chance, eine ganz andere Facette der Existenz zu kosten. Toll gemacht!

Der Doktor hat einen Krieg durchlebt, Freunde gefunden, den Frieden begrüßt und scheint sich am Ende gar mit einer Frau eingelassen zu haben. Er wird sicher noch viel über seine Zeit zu berichten haben.

Doch für den Moment belässt er es bei kleinen Häppchen: Die Voyager hat seit jeher Erfindungen begünstigt, die Religion beeinträchtigt und war sogar Pate für Spielzeuge. Inzwischen hat sich ein wahrer Wettlauf entwickelt: Wer würde es zuerst zum Himmelsschiff schaffen? Dass dabei einige Gruppen eher auf einen friedlichen Besuch, andere jedoch auf den Einsatz von Waffen setzen würden, beunruhigt alle durchaus.

Mit den Informationen des Doktors wird eilig ein neuer Versuch gestartet, den Orbit zu verlassen. Schwere Beben auf der Oberfläche führen jedoch zum Abbruch. Die Crew muss weiter warten.

Klopf, klopf

Die Perspektive wechselt erneut: Eine Raumkapsel mit zwei Astronauten ist auf dem Weg zum Himmelsschiff. Offenbar ist den beiden das Konzept des zeitlichen Differentials noch nicht bekannt – als sie die Schwelle überschreiten, hören sie den Funk von unten nur noch als schrillen Ton und wissen nichts damit anzufangen. Uneinig, wie nun vorzugehen ist, wird das unbekannte Schiff schließlich doch betreten.

Die Szenen, bevor die beiden Figuren sich mit der Zeit auf dem Schiff synchronisieren können, sind ansprechend umgesetzt worden. Erstarrte Crewmitglieder, die mitten in der Bewegung verharren, kennt man zwar bereits aus anderen Serien und Filmen – dennoch arbeitet diese Darstellungsform auch hier die fremdartige und erstaunliche Erfahrung für die beiden Besucher angemessen heraus.

Die Leiterin der Mission überlebt den Eintritt in die neue Zeitebene nicht, so muss der verbliebene Pilot namens Gotana-Retz den offiziellen Erstkontakt mit Captain Janeway herstellen. Gut, dass der sympathische Mann äußerst hilfsbereit und unaufgeregt mit den schockierenden Enthüllungen umgeht. Er versteht schnell, dass er in sein altes Leben nie wird zurückkehren können und willigt ein, der Crew bei ihrer Abreise zu helfen.

Leider schreitet die Entwicklung auf der Oberfläche rasant voran. Man muss sich vorstellen, welchen Eindruck die gescheiterte Mission zum Schiff dort hinterlassen haben wird. Vielleicht konnte man sogar verfolgen, dass die Raumfähre ins Himmelsschiff hineinflog und nie mehr jemand herauskam? Erst sind Warp-Signaturen zu erkennen, dann folgen Waffen, die auf die Voyager abgefeuert werden – und diese werden von Minute zu Minute besser und stärker. Gotana-Retz beschließt, zurückzukehren.

Der Doktor beichtet ihm unter vier Augen noch von seinem Sohn – und dass er nach ihm forschen möge, obwohl dieser inzwischen natürlich lange tot sei. Die Logik dieser Information mal nicht hinterfragt, ein herrlicher Moment. Schade, dass es nie weiter thematisiert wurde.

Dass zuerst niemand Gotana-Retz bei dessen Eintritt in die Atmosphäre glauben will, ist eine amüsante Randnotiz; am Ende scheint er jedoch Erfolg zu haben. Der Beschuss endet, zwei Flugobjekte tauchen auf und hieven die Voyager aus dem Orbit. Eine holographische Projektion von Gotana-Retz besucht die Brücke der Voyager ein letztes Mal und verabschiedet sich.

In einer wunderschönen letzten Einstellung sieht man eben jenen Gotana-Retz als sehr alten Mann an genau der Stelle sitzen, die so oft den Fortschritt der Kultur gezeigt hatte. Inzwischen hat man sich zu einer hochtechnisierten Welt entwickelt. Gotana-Retz blickt gen Himmel. Dort, wo jahrhundertelang eine der wichtigsten Inspirationsquellen seines Volkes gewesen war, leuchtet nun ein letztes Mal dieses sagenumwobene Himmelsschiff auf – bevor es für immer verschwindet.

Was macht den Menschen zu einem Forscher?

Wenn man bedenkt, welche Faszination der Mond auf die Menschen der Erde ausgeübt hat und welche technischen Entwicklungen er zutage gefördert hat, kann man sich gut den Einfluss eines solchen leuchtenden und nicht zu erklärenden Sterns am Himmel vorstellen. Schön beschreibt die Episode die sich wandelnde Sichtweise von purer Götterverehrung über ein sich langsam entwickelndes Verständnis bis hin zu einer rein wissenschaftlichen Sichtweise und dem Streben, diesen Ort zu erreichen und zu erforschen.

Und genau wie sich die Crew der Voyager überhaupt erst in dieses Abenteuer stürzt, lassen die Bewohner des Planeten nie locker. Der Drang, etwas Neues zu entdecken und zu verstehen ist die wichtigste Triebfeder der Menschheit und wird hier schön auf diese Spezies übertragen.

Eine fast noch schönere Spiegelung dieses Wunsches, Neues zu entdecken, arbeiten die Autoren in die Geschichte des Doktors ein. Dieser führt als Hologramm auf der Voyager ein durchaus limitiertes Leben, auch wenn er durch den Einsatz seiner Crewmitglieder und den Einsatz des mobilen Emitters bereits in der Lage ist, deutlich über seine ursprüngliche Programmierung hinauszuwachsen. Aufgrund eines technischen Defekts erhält er in dieser Folge dennoch die Chance, etwas zu durchleben, was ihm ansonsten bisher nicht möglich gewesen ist. Er schließt neue Freundschaften, findet eine Partnerin und führte ein scheinbar vollkommen normales Leben. Dass er dieses Leben so abrupt zurücklassen muss, ist natürlich durchaus ein Schlag; dennoch hat er hier ein Geschenk erhalten, das ihn als Individuum komplettiert und weiterentwickelt haben dürfte. Er hat das Neue nicht im Weltraum oder der Forschung gefunden, sondern in sich.

Und so ist es mit allem im Leben: Der Mensch lebt, er lernt, er sucht. Und jede Erfahrung, alles Neue macht ihn reicher. Dazu muss man weder Astronaut noch Wissenschaftler sein; es reicht, Mensch zu sein und nie aufzuhören, mit Offenheit und ohne Scheuklappen durch das Leben zu gehen. Denn dieses bietet unglaublich viel; sogar unten auf der Erde.

Fazit

Voyager glänzt erneut mit einem spannenden (wenn auch nicht neuen) Science-Fiction-Konzept, welches hier zudem in eine warmherzige, humorvolle und zum Denken anregende Abhandlung über das Forschen und Streben nach höheren Zielen eingebettet wurde. Und obwohl außer dem Doktor niemand dauerhaft von den Geschehnissen geprägt werden dürfte, bleibt eine magische Dreiviertelstunde Star Trek, die inhaltlich und in der Umsetzung ohne Einschränkung überzeugen kann.