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Corona Magazine #355: Dezember 2020

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From the series: Corona Magazine #355
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Gut als Einzelroman zum Reinschnuppern zu lesen und sehr empfehlenswert ist Sternfinder (PR 3080). Er erzählt die Geschichte des Raumschiffs CHYLLITRISS, dessen Jülziish-Besatzung bei einem aufopferungsvoll durchgehaltenen Generationenprojekt in eine tragische Situation kommt. Perry Rhodan erfährt von ihrem Schicksal auf der Jülziish-Hauptwelt Gatas, das im zweiten Zweig des Dyoversums als lebensfeindliche Ödwelt existiert.

Horror (PR 3081) knüpft schließlich bewusst an die gleichnamige Hohlwelt im Meister der Insel-Zyklus an, von der aus damals der Aufbruch nach Andromeda startete. Die Begegnung mit den Staubfürsten bekommt stetig steigende Relevanz. Sind sie der Schlüssel zur Heimkehr?

Die vier Romane zeichnen sich weniger durch Actionhöhepunkte aus als durch Begegnungen mit fremden Orten und Zivilisationen. Sie erinnern an frühe Romane von PR 900, als die kosmische Ebene ausgeprägt war und die Handlungsführung simpler als heute. Aquamarin-Stelen bilden Orientierungspunkte. Besonders wichtig sind die Begegnungen mit den geheimnisvollen Staubfürsten, die sich als eine Art Pfleger des Dyoversums entpuppen. Diese wiederum interessieren sich sehr für Rhodans Begleiter Iwán/Iwa Mulholland, jenes doppelgeschlechtliche Wesen, das Männern als Mann und Frauen als Frau erscheint. Er bekommt einen neuen Titel: Geiststreiter. Mehr darüber werden wir wohl im vierten Quartett erfahren.


Die drei Haluter (PR 3082 bis 3085)

Immer noch sind Dancer, Schlafner, Chione McCathey, Lionel Obioma und der TARA-Psi – ein Terraner, dessen Bewusstsein in einem Roboterkörper sitzt – im Sternenrad verschollen. Da treffen an der Bleisphäre 300 große Haluterschiffe ein, um die Flotten der Galaktiker zu verstärken. Sie bringen mit der Intervalldopplerkanone eine neuartige Waffe mit, die den Augenraumern der Cairaner gefährlich werden kann - und sie bringen sich selbst mit. Wie Michelle Stern in PR 3085 denken lässt: Jeder Haluter ist eine Armee für sich.

Tatsächlich sind die schwarzen Riesen von Halut in besonderer Weise prädestiniert für ein für sie durchaus unterhaltsames Himmelfahrtskommando: Diese dreieinhalb Meter großen und vierarmigen Wesen schauen aus drei glühenden roten Augen in die Welt. Sie können ihren Körper zur Dichte von Terkonitstahl verhärten, so dass sie im Vakuum überleben und dickste Stahlwände durchschlagen können – und den Durchgang durch den Weißen Schirm an einer im Vorfeld geschwächten Stelle zu überleben.

Ihre Spezies hat eine Doppelnatur: Ursprünglich durch Genmanipulation als Kampfmaschinen geschaffen, machte eine frühere Menschheit, die Lemurer, sie durch Bestrahlung friedlich. So kamen die eingeschlechtlichen Riesen als gütige Wissenschaftler und Helfer mit ausgeprägten Mutterinstinkten in die Serie. Sie brauchen aber regelmäßige Phasen der Wildheit, die sogenannte Drangwäsche, um ihre Balance zu halten. In den Bänden, die ihre Expedition beschreiben, hatte jeder der Autoren genug Gelegenheit, ihre diversen Fähigkeiten und Charakterzüge zum Tragen kommen zu lassen.

Kai Hirdt legt in Ein kalkuliertes Risiko. Fünf Flotten belauern sich beim Sternenrad – Krieger und Spione streiten für Arkon (PR 3082) besonders viel Wert auf strategische Erwägungen. Bei ihm beginnt die Expedition: Bouner Haad, Kro Ganren und Madru Bem, drei Haluter aus Icho Tolots Schule, durchdringen den Weißen Schirm und beginnen mit der Erforschung der Bleisphäre. Haad hat, ungewöhnlich für einen Haluter, auch eine Mutantengabe: Als Parapassant kann er Materie sowie Energieschirme passieren und dabei andere mitnehmen. Sobald die qualvolle Passage hinter ihnen liegt, erfahren die drei Haluter – und wir mit ihnen – viel über den inneren Aufbau des Sternenrads. Es kann Planeten transportieren!

Der titelgebende Handlungsstrang spielt jedoch unter Arkoniden, ergo einem weiten Netz aus strategischen Erwägungen, Verrat und Zufällen. Das Sternenrad hat in die Schlacht eingegriffen und in einem Moment 39 große Arkonidenraumer zerstört. Das reicht, um einen Oberbefehlshaber zu ruinieren – oder ganz hoch steigen zu lassen, wenn die Gerüchte einen günstigen Verlauf nehmen. Die Flotten mehrerer Völker stehen um die Bleisphäre. Kann man den großen Knall vermeiden, und ist es sinnvoll, ihn zu vermeiden?

Michael Marcus Thurners Die drei Haluter. Eine gemischte Truppe im Einsatz – ein erbarmungsloser Jäger ist auf ihrer Spur (PR 3083) und Uwe Antons Brigade der Sternenlotsen. Ein Konstrukteur des Sternenrads – er erzählt die Geschichte eines ungeheuren Verrats (PR 3084) muss man zueinander in Beziehung setzen, um die Relevanz der Geschehnisse zu erfassen. Verfolgt von einer Jägerin, erleben unsere Helden eine unheimliche Reise ins Innere einer Enzephalotronik, die auf das »menschliche Element«, das Individuum, nicht verzichten kann und es dabei in ein Gestänge zwängt, das jede Individualität zerstört. Die Cairaner zeigen im Umgang mit den einzupassenden Galaktikern und Posbis eine sachliche Grausamkeit, die jeden ihrer Friedensschwüre ad absurdum führt.

Bouner Haad schickt seine Gefährten weiter. Von einer Ahnung getrieben, bewegt er sich durch die Anlage und findet ein von einer Flüssigkeit namens Bendo gefülltes, zwei Meter hohes Gefäß namens Bendoleath. Darin steckt ein Benshér. Diese geschuppten Wesen gelten als tot – und dieser bezeichnet sich selbst als tot, er braucht das Bendo zum Leben. Trotzdem soll der Haluter ihn aus der Flüssigkeit holen. Haad tut das. Mit seinem neuen, todgeweihten Freund beginnt eine weitere Phase der Flucht, denn er hat eins der vier Wesen erwischt, die für die Steuerung des Sternenrads unverzichtbar sind.

Der Folgeband ist wesentlich ruhiger. Im Stil einer klassischen Lebensgeschichte erfahren wir von der Entstehungsgeschichte des Sternenrads, und wie es durch einen Verrat, der zutiefst humanistischen Prinzipien verpflichtet zu sein scheint, zur Vernichtungswaffe in den vier Händen der cairanischen Friedensfreunde wird. Von den Grausamkeiten im Innern kommt wenig zur Sprache, wohl aber geht es um persönliche Machtkämpfe und Beziehungsnuancen.

Michelle Stern setzt die Geschichte fort mit Der verurteilte Planet. Die Cairaner lassen die Maske fallen – eine Welt wird dem Tod überlassen (PR 3085). Sie knüpft am ehesten an Verena Themsen an mit der feinen individuellen Zeichnung der Charaktere. Die Cairaner demonstrieren die Fähigkeit des Sternenrads, zur Strafe Planeten zu versetzen, und tatsächlich stiften sie Frieden, weil die Zusammenarbeit der Galaktiker mit dieser Untat so richtig in Schwung kommt.


Ausblick

Die Milchstraßenebene wird weitergeführt. Arndt Ellmer verfasste Aipus Spur. Eine Cairanerin in Nöten – Haluter und Terraner erkunden das Sternenrad (PR 3086). Oliver Fröhlich erzählt Lausche der Stille! Die Geschichte des Bergs – der zu den Sternen reisen wollte (PR 3087). Der entführte cairanische Junge Aipu rangiert als Hauptperson.

Den spektakulärsten Roman dieses Abschnitts verfasste Michael Marcus Thurner mit Gucky kehrt zurück. Der Mausbiber kämpft sich durch – es geht um die THORA (3088). Wir sind gespannt!

Kai Hirdt verfasste Das Atlan-Update. Der Mascant findet eine neue Bestimmung – der Plan der Cairaner bringt eine Bedrohung (PR 3089). Nachdem der unsterbliche Arkonide sich sehr veränderte, seit er sich für schuldig an Guckys Tod halten musste, und dieses Anderssein in seiner Umgebung wiederholt auffiel, ist eine neue Bestimmung für ihn sicher eine sinnvolle Lösung. Und danach beginnt das vierte Quartett im Dyoversum.

Mit Band 3100 beginnt der neue Zyklus. Er soll im Zeichen der Chaotarchen stehen, jedenfalls geben sie ihm den Namen.

Lese- und Hörproben der Romane finden sich auf der Verlagsseite https://perry-rhodan.net/für-einsteiger/unsere-produkte

Comic-Kolumne: Große Erwartungen ... nur zum Teil erfüllt


von Uwe Anton

Wenn heutzutage die Comic-Fassung eines Klassikers erscheint, wird sie meistens modernisiert, der heutigen Zeit angepasst. Das ist mitunter dringend nötig und geboten, manchmal nimmt es aber auch seltsame Auswüchse an. Man könnte fast glauben, wenn man heute einen Film über die zwölf Aufgaben des Herkules dreht, muss die Hauptdarstellerin eine rebellische Frau sein, die Zeus mal so richtig zeigt, wo der Hammer hängt, und ihn vom Thron stößt. Ganz ähnlich ergeht es auch der Comic-Neufassung von Die Insel des Dr. Moreau von H. G. Wells, einem Roman, der vor ziemlich genau 125 Jahren erstmals veröffentlicht wurde. Es ist nicht so einfach, so ein Buch in die Gegenwart zu versetzen, nicht zuletzt wegen der Glaubwürdigkeit: Heute gibt es einfach keine kleinen unentdeckten Inseln mehr, auf denen ein genialer, wenn auch ein wenig verrückter Wissenschaftler seine bahnbrechenden Experimente unbemerkt von der Öffentlichkeit durchführen könnte. Ebenso gibt es heute keine genialen Wissenschaftler mehr, die etwa wie bei Robert A. Heinlein ihre Mondraketen unbemerkt von der Öffentlichkeit und in Heimarbeit auf dem Hinterhof zusammenbasteln. Die Gegenwart holt selbst die utopischsten Denkmodelle ein, und Originale, die früher wahrhaft brisante Themen aufs Tapet gebracht haben, sind so oft durchgenudelt worden, dass sie heute als Abklatsch ihrer selbst angesehen werden.

 

©: Panini

So strandet also kein Edward Prendick als Schiffbrüchiger auf der besagten Insel, sondern eine Ellie Prendick, die das fragile Gefüge durch ihre bloße Anwesenheit durcheinanderbringt, aber auch durch ihre Taten – und ihr Geschlecht. Als Frau hinterfragt sie die Aktivitäten des ehrenwerten Doktors, der wohl das Gute will, aber durch seine Hybris das Böse schafft, und setzt eine Handlungskette in Gang, an deren Ende so ziemlich alle Hauptpersonen tot sind. Eine Frau ist ja auch viel einfühlsamer als ein Mann, der schon mal ordentlich zupackt, und bringt Verständnis für die gequälten Kreaturen auf, die nicht unbedingt im Reagenzglas, doch zumindest auf dem Operationstisch entstehen. Wobei der Kern der Geschichte heute in der Tat vielleicht aktueller denn je ist. Letzten Endes fragt man sich aber: Was soll das? Wieso dieser Geschlechterwechsel, der der Geschichte an sich wirklich keine neuen Impulse gibt?

Grafisch ist das alles schön in Szene gesetzt von Gabriel Rodriguez, der als Zeichner von Joe Hills Locke & Key bekannt wurde: Etwa sechzig Comicseiten, die eine eindringliche, auf das Wesentliche reduzierte Fassung der Geschichte präsentieren. Sie packt den Kern des Buches, zeigt die Umgebung und die neu geschaffenen Wesen vielleicht sogar etwas zu gefällig. Mehr ist inhaltlich leider nicht drin. Das könnte eine schöne, wenn auch etwas schmale Broschüre oder – vergrößert – ein etwas dickeres Album sein.

Ein typischer Fall von Denkste. Panini veröffentlicht diese Neufassung, genau wie der amerikanische Lizenzgeber IDW, im amerikanischen Comicbook-Format, in dem sechzig Seiten aber höchstens ein etwas dickeres Heft ergeben. Doch man weiß sich zu helfen: Man packt noch ein paar Titelbilder und Rodriguez' Originalzeichnungen drauf, die in wunderschönem Blau zeigen, wie wichtig die Arbeit eines guten Tuschezeichners (Rodriguez selbst) und Koloristen (Nelson Dániel) ist. Sechzig blauweiße Seiten, die eigentlich niemand sehen will (eine oder zwei Beispielseiten hätten hier wirklich gereicht), aber den Umfang mal eben verdoppeln und es ermöglichen, dieses Abenteuer in einem wohlfeilen Hardcover für 25 Euro zu präsentieren.

Solch ein »Erfindungsreichtum« ist bei allen Qualitäten und allem guten Willen der Verfasser einfach nur noch ärgerlich. Aber wie sagen Schiffbrüchige seit jeher? Geld stinkt nicht, Dr. Moreau!


©: Marvel

Hat er es noch drauf? Kriegt Garth Ennis es noch hin, eine neue Story mit dem Punisher Frank Castle zu verfassen, dem Protagonisten einer seiner besten und bekanntesten Serien aus alten Zeiten? Im Gegensatz zu Preacher ist sie ja nicht abgeschlossen. Der Punisher gehört dem Verlag Marvel und wird munter und mit wechselndem, meist geringerem, Erfolg von anderen Autoren fortgesetzt. Wollte Ennis es sich einfach noch einmal beweisen, falls er das überhaupt nötig hat, hatte er die Idee zu einer vielversprechenden Handlung, oder hat man ihm ein Angebot gemacht, das er einfach nicht ablehnen konnte? Wie dem auch sei, mit Punisher: Soviet (Russische Sünden) kehrt Ennis nach Jahren zu einem seiner beliebtesten Stoffe zurück.

Der Punisher ist beunruhigt, zumindest beeindruckt. Die Straßen sind mit Leichen von Mitgliedern der russischen Mafia gepflastert, aber nicht er hat sie umgebracht, und das macht ihn besorgt. Ein Nachahmungstäter? Ein anderer Mann, der vor nichts zurückschreckt, mit einer Mission? Schon bald hat er die Spur des anderen »Bestrafers« aufgenommen. Es ist der Afghanistan-Veteran Valery Stepanovich, der eine ganz ähnliche Geschichte wie Castle selbst hat, nur viele Jahre später, der alles verloren hat und die Schuldigen (und alle anderen in ihrem Dunstkreis und darüber hinaus) nun zur »Rechenschaft« zieht. Frank Castle hat einen Seelenverwandten gefunden, doch dessen Geschichte verläuft etwas anders (und wesentlich kürzer) als die seine. Manche Äußerlichkeiten stimmen überein: Opfer mit abgeschlagenen Unterarmen und -schenkeln, unvorstellbare Grausamkeiten, kaltblütige, menschenverachtende Gewalttaten.

Was will der Autor uns damit sagen? Dass die Menschen sich nie ändern und die Schrecken des Krieges niemals enden? Dass sich gewisse Muster ewig wiederholen werden? Als ob wir das (als langjährige Punisher-Leser und auch sonst) nicht längst wüssten! Ob nun Vietnam oder Afghanistan, Krieg ist die Hölle. Nett, dass Garth Ennis uns noch einmal darauf hinweist. Eine Geschichte mit dem Punisher kann er zwar noch immer erzählen, aber nach irgendeiner Weiterentwicklung der Figur oder auch nur überraschenden Wendungen sucht man vergeblich. Er spult seine Geschichte glatt und gefällig herunter, und der Leser muss sich eingestehen: Der Punisher ist auserzählt und fristet sein Leben nur noch in permanenten Wiederholungen, deren Qualität die der großartigen Ennis-Erzählungen früherer Zeiten bei weitem nicht mehr erreichen. Das trifft auch zu, wenn Garth Ennis noch einmal persönlich zur Feder greift und aus irgendeinem Grund eine eigentlich völlig überflüssige Ergänzung hinzufügt, die letzten Endes leider nicht mehr ist als ein Wiederkäuen alter Themen.


©: Egmont Ehapa

Versucht Egmont mit hochwertigen und preiswerten Alben, mit seinem Imperium der Maus (oder Ente) nun nach der Befriedung des Heftmarkts auch in diesen Bereich vorzudringen? Bei guten Geschichten wären deutsche Schauplätze natürlich ein Renner, und so verschlägt es Donald Duck (mitsamt seinen Neffen und seinem Onkel) in den ersten beiden Ausgaben nach München und Berlin.

Allerdings konnte keins der beiden Debutalben überzeugen oder Lust auf mehr machen. Sowohl Donald Duck in München als auch … in Berlin entstammen der hierzulande eher ungeliebten italienischen Produktion. Die Abenteuer im Land der Weißwürste hat der argentinisch-spanische Zeichner Urios ersonnen, der auch schon in den 80er und 90er Jahren an den Abenteuern aus Onkel Dagoberts Schatztruhe beteiligt war. Die Geschehnisse auf dem Brandenburger Tor und an der Berliner Mauer wurden sogar vorab in einem Lustigen Taschenbuch (und in drei strunznormalen Micky Maus-Heften) geschildert, was bei den Entenfans auch nicht für Begeisterungsstürme sorgen wird, da man in diesen unseren Landen gerade auf die Taschenbücher doch eher etwas verächtlich hinabschaut. Und das, so beweist die »Jagd durch Berlin« wieder einmal, keineswegs zu Unrecht: Die Zeichnungen sind eher bescheiden und sehr grob gehalten, die Handlung versprüht den Reiz eines zu lange gebratenen und daher zähen Enteninnenfilets in verkochter Orangensauce. Da ist nichts originell, witzig, spritzig; eine simple Geschichte wird simpel und mit den erwarteten Ingredienzen abgespult. Auch im Münchener Abenteuer kommt, abgesehen von einigen Dümmlichkeiten, kein echter Lokalkolorit rüber. Do legst di nieda! Aber anders, als der Klappentext es meint. Sogar die Panzerknacker tauchen hier als das auf, für was sie sich ausgeben: als dümmliche und gar nicht lustige Clowns. Die Zeichnungen sind vielleicht einen Deut besser, aber weit davon entfernt, den Band in irgendeiner Hinsicht retten zu können. Das alles wirkt gezwungen, bekannt, ausgelutscht, wie von der Stange.

Ente, bleib bei deinem Braten. Bei den Tollsten Geschichten von Donald Duck zum Beispiel, von denen gerade das 400. Heft erschienen ist. Der harte Fan findet da zwar auch etwas zum Meckern, aber die bunte Zusammenstellung weist immer wieder einige kleine, moderne und ältere Perlen auf, die gelegentlich sogar lustig sind. In Entenhausen machen Donald, Dagobert und die Neffen auf jeden Fall mehr Spaß als in München oder Berlin.


©: DC

Hill House Comics ist ein neues Sublabel beim amerikanischen Verlag DC, bei dem vorerst ein gutes halbes Dutzend Horrorserien angekündigt sind, die zum Teil von Joe Hill geschrieben, zum Teil von ihm »überwacht«, also herausgegeben werden. Die erste davon, das siebenteilige Basketful of Heads, liegt mittlerweile gesammelt als Hardcover vor. Getextet hat die Serie Stephen Kings Sohnmann persönlich, gezeichnet wurde sie von Leomacs; das ist der 1972 in Rom geborene Massimiliano Leonardo, der mit der Serie Lucifer schon einige Erfahrungen auf dem amerikanischen Markt gewinnen konnte.

Featuring incredible artwork, verkündet der Klappentext stolz. Und hier fangen die Probleme mit der Wahrnehmung schon an. Denn so unglaublich sind diese Zeichnungen gar nicht. Man könnte sie als strikt und halbwegs solide bezeichnen. Es fällt auf, dass manche Gesichter gar nicht »ausgemalt« wurden, nur als Umrisse zu sehen sind, ein irritierender und gewöhnungsbedürftiger Effekt. Und alles, was eine Comicseite außergewöhnlich macht, ganz zu schweigen von »unglaublich«, sucht man vergebens. Leomacs zieht seine Seiten kompetent, aber auch ziemlich einfallslos runter.

Das gilt gewissermaßen auch für Joe Hills Story. Den »Korb voller (sprechender) Köpfe« sammelt June Branch, die auf Brody Island in Schwierigkeiten gerät, als ihr Freund, der Deputy Liam, entführt wird und plötzlich vier flüchtige Strafgefangene hinter ihr her sind. Durch Zufall findet sie eine alte Wikinger-Axt, mit der man ganz prima Menschen enthaupten kann, wonach die Köpfe dann jedoch gewissermaßen weiterleben, klug vor sich hin quasseln und ihre eigenen Ziele verfolgen. Joe Hill packt alles in die Story hinein, was ihm in den Sinn kommt: Drogengeschäfte, Geheimnisse der Vergangenheit, jede Menge Andeutungen. Keiner ist, wer er zu sein scheint, jeder hat etwas mit dem schmutzigen Drogenspiel zu tun, und irgendwann werden die Enthüllungen einfach nur noch unglaubwürdig. Aber am Ende wird alles gut: June bekommt doch noch völlig unerwartete Hilfe, die Axt (und die Köpfe) landen auf dem Meeresgrund, und die Sonne geht auf. Wie sie es früher oder später immer tut …

Nun ja. Mit June Branch wird der Leser keine Sekunde lang warm, auch wenn sie eine taffe Frau ist, wie sie heutzutage in solchen Serien einfach vorkommen muss. Dafür stolpert sie dann doch mehr oder weniger unbeholfen durch die Handlung, die sie anfangs so gar nicht verstehen will. Und die beiden Hauptbestandteile der Serie – die magische Axt und das Drogenkartell auf der kleinen Insel – wollen einfach nicht so recht zusammenpassen. Darüber hinaus kommt dem Leser das eine oder andere Setting, die eine oder andere Charakterisierung der Figuren irgendwie bekannt vor. Joe Hill vertraut hier Mustern, die man aus schon anderen seiner Stories und Romane kennt, und sei es nur eine Brücke, die eine symbolische Rolle spielt. »Die ersten vier Hefte schrieben sich praktisch von allein«, führt Hill in einem kurzen Nachwort aus. Genau diesen Eindruck erweckt der Comic: als hätte Hill einfach mal drauflos geschrieben und vier Ausgaben lang eine Geschichte entwickelt, ohne genau zu wissen, wie er sie dann beenden soll. Das Buch ist allerdings hervorragend produziert: ein wohlfeiles Hardcover mit tollem Schutzumschlag, dem obligatorische Abdruck der Variant-Cover und ein wenig Zusatzmaterial. Leider ist das Innere nicht genauso hochwertig wie das Äußere.


©: DC

Ausgabe 44 der Batman Graphic Novel Collection bei Eaglemoss, Neal Adams Teil 3, ist gewissermaßen ein Ende und ein Anfang zugleich. Die Batman Graphic Novel Collection erscheint vierzehntäglich und zielt auf den Abonnenten-Markt ab, ist aber auch in Comic-Fachgeschäften erhältlich. Die von Panini betreute Reihe präsentiert Batman-Geschichten unterschiedlichsten Alters und unterschiedlichster Qualität, von Klassikern wie Moores Killing Joke und Millers Rückkehr des Dunklen Ritters bis hin zu einigermaßen abgeschlossenen relativ neuen Stories aus den Originalserien Batman und Detective Comics. Die Hardcover sind im Originalformat gehalten, also dem der amerikanischen Comic-Books, und machen sich nicht schlecht im Regal – jedenfalls wesentlich besser als Hefte.

Wie der Titel schon verrät, ist der vorliegende Band der dritte mit den klassischen Batman-Geschichten des vor kurzem verstorbenen Autors Denny O'Neil und des Zeichners Neal Adams. Und das ist auch der Haken an der Sache, denn dieses Material ist nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland in letzter Zeit so oft durchgenudelt worden, dass man die Texte fast schon singen kann. Was nicht heißen soll, dass die Geschichten eine weitere Ausgabe nicht verdient hätten. Denn sie sind wahrhaft ikonisch.

 

Mit diesen Stories, den letzten, die Neal Adams Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts für Batman gezeichnet hat, nahm eine Entwicklung das Ende, die der Zeichner wenige Jahre zuvor eingeleitet hatte. Er holte Batman heraus aus der Nische der Bedeutungslosigkeit, in die der Verlag DC ihn bugsiert hatte, aus der Ecke für den eher harmlosen Kinderkram, die lustigen, »humorvollen« und letzten Endes unerträglichen Stories, die sich voll und ganz an der Fernsehserie orientierten, die damals immerhin für einiges Aufsehen sorgte, und gab ihn der Nacht zurück. Denn das ist Batman: ein Geschöpf der Nacht, rätselhaft, bedrohlich, geheimnisvoll.

Damit begann eine Entwicklung, die bis heute anhielt. Auch wenn diese Comics fast 50 Jahre alt sind – Batman wird hier mit einer Meisterschaft dargestellt, die später kaum noch erreicht wurde. Die erste Seite vom Originalheft 251 fängt mehr von der Stimmung ein, die Batman auszeichnet, als es Generationen von Zeichnern vor und nach Neal Adams vollbracht haben, manche Darstellungen des Fledermausmannes sind einfach ikonisch. Hier zeigt sich eine Kreativität, wie man sie zuvor und danach nur selten gesehen hat, und die Stories sind für die Zeit ihrer Entstehung durchaus hart und verspielt zugleich. Wer würde sich heutzutage trauen, einen missgebildeten Jungen mit Flossen statt Armen und Beinen zu zeichnen, wie Adams es in der ersten Geschichte des Buches getan hat? Und wenn Adams' Freund und Kollege Bernie Wrightson ihm die Idee für eine Geschichte gibt, kann er sich auch darauf verlassen, in dieser Story mitzuwirken (wie in der Halloween-Geschichte).

Nach fast fünfzig Jahren hat Batman von Neal Adams nichts von seiner Wucht verloren, seiner graphischen Kraft, seinem Einfallsreichtum. So gesehen ist auch die neuerliche Veröffentlichung dieser Geschichten ihr Geld mehr als nur wert.

H. G. Wells/Ted Adams/Gabriel Rodriguez

Die Insel des Dr. Moreau

Panini, Stuttgart 2020, unpaginiert (etwa 128 S.), 25,00 €

Garth Ennis/Jacen Burrows

Punisher Soviet: Russische Sünden

Panini, Stuttgart 2020, unpaginiert (etwa 136 S.), 17,00 €

Sune Troelstrup/Flemming Andersen etc.

Donald Duck in Berlin

Francesc Bargadà Studios/Urios

Donald Duck in München

Egmont Comic Collection, Berlin 2020, jeweils 48 S., jeweils 9,99 €

Joe Hill/Leomacs

Basketful of Heads

DC Comics, Burbank 2020, unpaginiert (etwa 184 Seiten), € 24,99

Denny O'Neil/Neal Adams

Batman Graphic Novel Collection 44 – Neal Adams Teil 3

Eaglemoss, La Garenne Colombes 2020, unpaginiert, € 13,99