Read the book: «Arbeitsrecht in der Umstrukturierung», page 22

Font:

Anmerkungen

[1]

Vgl. dazu ausführlich Fitting § 106 BetrVG Rn. 6 und 14 ff. m.w.N.

[2]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 61 ff. m.w.N.

[3]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 59 ff. m.w.N.

[4]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 67 sowie vorstehend unter Rn. 42.

[5]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 68 sowie vorstehend unter Rn. 70.

[6]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 69 ff. sowie vorstehend unter Rn. 73.

[7]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 78 ff. m.w.N.

[8]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 80 ff. m.w.N.

[9]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 130 m.w.N.

[10]

Vgl. dazu ausführlich Fitting § 106 BetrVG Rn. 34 ff. m.w.N.

[11]

Vgl. dazu ausführlich Fitting § 106 BetrVG Rn. 36 ff. m.w.N.

[12]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 30 m.w.N.

[13]

Vgl. zu etwaigen Pflichten von Konzernunternehmen, sich Informationen über Maßnahmen, die in der Konzernspitze geplant werden, zu verschaffen Fitting § 106 BetrVG Rn. 30 m.w.N.

[14]

Vgl. Fitting § 106 BetrVG Rn. 33 m.w.N.

[15]

Vgl. dazu ausführlich Fitting § 106 BetrVG Rn. 103 m.w.N. und Rn. 110, wonach eine Unterrichtung im Bieterverfahren schon vor Abschluss einer dem Bieterverfahren vorgelagerten Zusage über Eckpunkte der Übernahme der Zielgesellschaft angezeigt sein kann.

[16]

Vgl. Fitting § 106 Rn. 133 und § 108 BetrVG Rn. 40 m.w.N.

[17]

Vgl. Fitting § 109 Rn. 1 m.w.N.

[18]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 414 m.w.N.

[19]

Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 418 m.w.N.

[20]

Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 419 m.w.N.

[21]

So zutreffend Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 419 m.w.N.

[22]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 420 m.w.N.

[23]

Vgl. dazu ausführlich Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 426 ff. m.w.N.

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › V. Konsequenzen einer Betriebsänderung für den Fortbestand des Betriebsrates

V. Konsequenzen einer Betriebsänderung für den Fortbestand des Betriebsrates

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › V. Konsequenzen einer Betriebsänderung für den Fortbestand des Betriebsrates › 1. Abgrenzung zu bloßen Veränderungen auf Unternehmensebene

1. Abgrenzung zu bloßen Veränderungen auf Unternehmensebene

349

Im Rahmen von Umstrukturierungen kann es infolge einer Neuordnung von Unternehmens- bzw. Betriebsstrukturen zu Auswirkungen auf den Bestand oder die Zuständigkeiten bestehender Betriebsräte kommen. Änderungen, die lediglich auf Unternehmensebene erfolgen, also insbesondere solche, die sich auf einen reinen Gesellschafterwechsel beschränken, können indes vollständig ohne Auswirkungen auf die betriebsverfassungsrechtlich relevanten Strukturen ablaufen.[1]

350

Dies gilt es rechtzeitig zu klären und stets auch bei Asset Deals, aber auch Share Deals mit anschließender Integration in den Konzern sowie umwandlungsrechtlichen Vorgängen zu berücksichtigen, ob und inwiefern diese „Transaktionen“ Auswirkungen auf den Fortbestand der bestehenden Betriebsräte (einschließlich der Verpflichtung, unter Berücksichtigung des neu hinzukommenden Betriebs künftig einen Gesamtbetriebsrat zu bilden) bzw. deren Zuständigkeiten haben können.

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › V. Konsequenzen einer Betriebsänderung für den Fortbestand des Betriebsrates › 2. Zusammenschluss von Betrieben

2. Zusammenschluss von Betrieben

351

Eine Fallkonstellation, in der es regelmäßig zu Änderungen der betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen kommt, ist der Zusammenschluss von Betrieben oder Betriebsteilen i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG.[2] In diesem Fall endet das Amt der bisherigen Betriebsräte. Nach § 21a Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils ein Übergangsmandat, d.h. er hat unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen.[3] Besteht in dem größten Betrieb oder Betriebsteil kein Betriebsrat, ist von einer Zuständigkeit des Betriebsrats des nächstgrößeren Betriebs auszugehen.[4]

352

Während der Dauer des Übergangsmandats bleibt der Betriebsrat in seiner personellen Zusammensetzung bestehen und ist als solcher für die neu gebildete Einheit zuständig.[5] Die Anzahl der Mitglieder ändert sich nicht dadurch, dass durch den Zusammenschluss weitere Arbeitnehmer hinzukommen, da die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der letzten Betriebsratswahl maßgeblich ist.[6] Die sich daraus ergebenden Konsequenzen erscheinen aufgrund des vorübergehenden Charakters des Übergangsmandats hinnehmbar.

353

Grundsätzlich ist der Betriebsrat aufgrund des Übergangsmandats nicht nur zuständig für die Bestellung der Wahlvorstände. Fallen in die Zeit des Übergangsmandats etwaige mitwirkungs- und mitbestimmungspflichtige Maßnahmen (z.B. personelle Einzelmaßnahmen), ist er auch hierfür der zuständige Ansprech- und Verhandlungspartner. Auch der Abschluss von Betriebsvereinbarungen sowie die Fortsetzung bzw. Einleitung von Beschlussverfahren fällt unter seine Zuständigkeit.[7]

354

Das Übergangsmandat endet nach § 21a Abs. 1 Satz 3 BetrVG, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung. Hinsichtlich des Beginns der Frist ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Das Gesetz selbst stellt auf das „Wirksamwerden“ der betrieblichen Änderungen an. Damit ist die tatsächliche Umsetzung gemeint, d.h. der Übergang der Leitungsmacht auf den Inhaber der neuen Einheit.[8]

355

Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann das Übergangsmandat um weitere sechs Monate verlängert werden (§ 21a Abs. 1 Satz 4 BetrVG).

356

Bei Streitigkeiten über das Bestehen oder die Ausübung des Übergangsmandats entscheidet das Arbeitsgericht im Beschlussverfahren. Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der Betrieb gelegen ist, für den das Übergangsmandat ausgeübt wird.[9]

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › V. Konsequenzen einer Betriebsänderung für den Fortbestand des Betriebsrates › 3. Spaltung bestehender Betriebe

3. Spaltung bestehender Betriebe

357

Wird ein Betrieb gespalten, etwa im Zuge eines Betriebsteilübergangs oder aufgrund der Beendigung eines Gemeinschaftsbetriebs, ist hinsichtlich der verschiedenen Formen der Spaltung und den daraus resultierenden Folgen für bestehende Betriebsräte wie folgt zu unterscheiden:

358

Bei einer Spaltung werden entweder einer oder mehrere Teile des Betriebs bzw. einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit ausgegliedert (sog. Abspaltung) oder die betriebsratsfähige Einheit wird vollständig aufgeteilt (sog. Aufspaltung).

359

Bei der Abspaltung besteht die ursprüngliche organisatorische Einheit auch nach der Spaltung fort. Die ausgegliederten Teile werden (ggf. durch den Erwerber) als eigener Betrieb fortgeführt oder in einen anderen Betrieb eingegliedert. Die Aufspaltung in mehrere Betriebe bedeutet in der Regel den Verlust der Betriebsidentität des Ursprungsbetriebs, wenn bzw. weil der Betrieb „atomisiert“ wird. Die neu gebildeten Organisationseinheiten bilden ihrerseits neue Betriebe oder werden in bestehende Betriebe eingegliedert während der ursprüngliche Betrieb aufgrund der Spaltung unter Verlust seiner Identität aufgelöst wird.[10]

a) Folgen für bestehende Betriebsräte

aa) Abspaltung

360

Wird ein Betrieb (ab-)gespalten und werden die dadurch geschaffenen Einheiten fortgeführt, ohne dass sie in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem bereits ein Betriebsrat besteht, entsteht in Bezug auf die neuen Einheiten ein sog. Übergangsmandat (§ 21a Abs. 1 BetrVG).

361

Der Betriebsrat des Ursprungsbetriebs, der das Übergangsmandat wahrnimmt, hat insbesondere die Aufgabe, im Betrieb des Erwerbers unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen (§ 21a Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Das Übergangsmandat endet, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist, gemäß § 21a Abs. 1 Satz 3 BetrVG jedoch spätestens sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung. Eine Verlängerung ist durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung um weitere sechs Monate möglich (§ 21a Abs. 1 Satz 4 BetrVG).

362

Werden die abgespaltenen Einheiten in einen anderen Betrieb eingegliedert, bei dem schon ein Betriebsrat besteht, wird dieser auch für die eingegliederten Einheiten zuständig. Für ein Übergangsmandat ist dann kein Raum,[11] denn nach dem Schutzzweck des § 21a BetrVG entsteht ein Übergangsmandat nur dann, wenn sich Umstrukturierungen auf die Identität des Betriebs auswirken und zum Verlust der betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation führen würden.[12]

363

Entsprechendes gilt bei der Übertragung des ganzen Betriebs auf einen anderen Rechtsträger. Der Betrieb wird nicht „gespalten“, sondern besteht unverändert fort. Für ein Übergangsmandat besteht in diesem kein Bedarf, soweit der Betriebsrat nach den allgemeinen Regeln für den gesamten Betrieb regulär im Amt bleibt.[13] Das gilt selbst dann, wenn dem Übergang einzelne[14] oder sogar alle[15] Arbeitnehmer widersprechen. Hierin liegt insbesondere keine Spaltung des übergegangenen Betriebs.[16]

364

Hinsichtlich der Folgen für den Betriebsrat im Ursprungsbetrieb ist danach zu unterscheiden, ob die organisatorischen Änderungen, die regelmäßig mit der Spaltung einhergehen, noch die Annahme rechtfertigen, dass dieser Betrieb dennoch identitätswahrend fortgeführt wird.[17] Ist dies der Fall, bleibt der bestehende Betriebsrat im Ursprungsbetrieb im Amt.[18] Ihm steht dann kein Restmandat, sondern sein bisheriges Vollmandat zu. Für den Fortbestand der Identität des Betriebs und damit die Kontinuität des Betriebsratesamtes ist dabei nach Ansicht des BAG entscheidend, ob das betriebliche Substrat, auf das sich das Betriebsratsamt bezieht, weitgehend unverändert geblieben ist, ob also insbesondere ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang mit dem Ursprungsbetrieb noch besteht.[19]

bb) Aufspaltung

365

Geht ein Betrieb hingegen durch die Spaltung unter (sog. Aufspaltung), d.h. wird der ursprüngliche Betrieb aufgrund der Spaltung unter Verlust seiner Identität aufgelöst, greift die Regelung des § 21b BetrVG ein und es besteht ein sog. Restmandat.[20] Danach bleibt der Betriebsrat des Ursprungsbetriebs nur so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.

366

Wenn der Betrieb allerdings als Ganzes gemäß § 613a BGB durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Arbeitgeber übergeht und seine Identität beibehält, behält der Betriebsrat sein Vollmandat zur Vertretung der dem übergegangenen Betrieb zugehörigen Arbeitnehmer und zur Wahrung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben.[21] Er ist bei dem Erwerber als solcher für die übergeleiteten Arbeitnehmer zuständig. Für ein Restmandat nach § 21b BetrVG ist in diesen Fällen grundsätzlich kein Raum.[22]

Das gilt auch dann, wenn infolge der Ausübung des Widerspruchsrechts lediglich einzelne Arbeitnehmer bei dem bisherigen Arbeitgeber verbleiben. Diese können sich regelmäßig nicht auf eine nach § 102 BetrVG i.V.m. § 21b BetrVG unterlassene Anhörung berufen, wenn sie von dem bisherigen Arbeitgeber gekündigt werden. Der im übergegangenen Betrieb fortbestehende Betriebsrat hat insoweit weder ein Übergangsmandat, noch ein Restmandat.[23]

367

§ 21b BetrVG begründet kein allgemeines Mandat für alle im Zeitpunkt der betrieblichen Umstrukturierung noch nicht erledigten Betriebsratsaufgaben.[24] Das BAG betont vielmehr zutreffend, dass das Restmandat kein Vollmandat, sondern lediglich ein nachwirkendes Teilmandat ist. Es soll bei Eingreifen eines der in § 21b BetrVG beschriebenen Tatbestände (Untergang des Betriebs durch Stilllegung, Spaltung, oder Zusammenlegung) gewährleisten, dass die zur Abwicklung nötigen betrieblichen Regelungen noch getroffen werden können.[25] Es setzt daher einen funktionalen Bezug zu den durch die Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung ausgelösten Aufgaben des Betriebsrats voraus.[26] Das beinhaltet auch die Pflicht, einen bereits abgeschlossenen, aber noch nicht erfüllten Sozialplan an veränderte Umstände anzupassen.[27]

368

Beendet wird das Restmandat entweder mit dem Ausscheiden des letzten Betriebsratsmitglieds oder mit Erledigung aller von dem Restmandat erfassten Aufgaben.[28]

369

Bei Streitigkeiten über das Bestehen oder die Ausübung des Restmandats entscheidet das Arbeitsgericht im Beschlussverfahren. Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der Betrieb gelegen ist, für den das Restmandat ausgeübt wird.[29]

b) Besonderheiten bei Gemeinschaftsbetrieben

aa) Spaltung und Fortführung als gemeinsamer Betrieb

370

Zwar entstehen durch eine Spaltung regelmäßig zwei eigenständige nebeneinander bestehende organisatorische Einheiten, sprich Betriebe. Denkbar ist aber auch, dass sich die Unternehmensleitungen, z.B. im Zuge eines konzerninternen Asset Deals, dazu entschließen, die Betriebe auch nach dem Übergang unter einheitlicher Leitung als Gemeinschaftsbetrieb fortzuführen. In diesem Fall scheiden eine „Spaltung“ und damit ein Restmandat bereits aufgrund der Fortführung als ein Betrieb aus.[30]

371

Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird nach § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet, wenn zwei Unternehmen die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen oder mehrere einheitliche arbeitstechnische Zwecke zusammenfassen, ordnen, gezielt einsetzen und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.

372

Greifen die Vermutungstatbestände nicht ein, besteht dennoch ein gemeinsamer Betrieb, wenn sich mehrere Unternehmen – ausdrücklich oder konkludent – zur Führung eines gemeinsamen Betriebs rechtlich verbunden haben. Dabei kann auf die Existenz einer Führungsvereinbarung aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden.[31] Die Personenidentität in der Unternehmensleitung kann ein wesentliches Indiz für das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats auch auf betrieblicher Ebene sein. Daraus allein kann aber nicht zwingend auf eine einheitliche Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten geschlossen werden. Der Umstand, dass eine Person Geschäftsführer mehrerer Unternehmen ist, bedeutet noch nicht, dass sie diese Aufgaben für alle Unternehmen einheitlich wahrnimmt.[32]

373

Entscheidend ist insoweit, ob sich die einheitliche Leitung auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt. Die Bejahung eines Gemeinschaftsbetriebs setzt damit regelmäßig voraus, dass die beteiligten Unternehmen eine einheitliche Leitung in wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten etablieren, die insbesondere die Entscheidungen über Einstellungen, Entlassungen, Abmahnungen, Überstunden, Urlaub etc. trifft[33] und insofern Ansprechpartner des Betriebsrats ist.

374

Ob eine einheitliche Leitung in diesen Angelegenheiten vorliegt, beurteilt sich stets nach der konkreten innerbetrieblichen Entscheidungsfindung und ihrer Umsetzung.[34] Eine einheitliche Leitung liegt nicht schon dann vor, wenn die Arbeitgeber bei der Durchführung ihrer Unternehmenstätigkeiten aufeinander angewiesen sind und diese aufeinander bezogen ausüben (z.B. bei einer Just-in-time-Produktion,)[35] oder bei konzernrechtlichen Weisungen (z.B. aufgrund von Beherrschungsverträgen).[36]

375

Soll die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs mit Blick auf den Fortbestand des Betriebsrates, die Konsequenzen eines Betriebsteilübergangs für die bestehenden Betriebsvereinbarungen oder die damit verbundene Möglichkeit eines unternehmensübergreifenden Einsatzes von Arbeitnehmern jenseits der Vorgaben des AÜG für Leiharbeitnehmer bewusst eingesetzt werden, empfiehlt es sich, im Zuge oder im Anschluss an die Übertragung des Betriebsteils ausdrücklich eine Führungsvereinbarung abzuschließen, die das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparates dokumentiert.[37] Eine solche Führungsvereinbarung muss allerdings nicht ausdrücklich geschlossen werden, es genügt auch eine konkludente Vereinbarung.[38]

bb) Spaltung eines Gemeinschaftsbetriebs

376

Die Auflösung der bisherigen Führungsgemeinschaft (ggf. unter ausdrücklicher Aufhebung der Führungsvereinbarung) und die anschließend getrennte Fortführung der beiden dadurch entstandenen Einheiten ist als Spaltung i.S.d. § 21a Abs. 1 BetrVG zu bewerten und löst daher regelmäßig ein Übergangsmandat aus.[39]

c) Stilllegung

377

Geht ein Betrieb durch eine Stilllegung unter, gilt nichts anderes als im Falle einer betriebsverfassungsrechtlichen Aufspaltung. Der Betriebsrat bleibt nach § 21b BetrVG nur so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist (Restmandat).

378

Das Restmandat ist von dem Betriebsrat auszuüben, der bei Beendigung des Vollmandats im Amt war. Waren es zu diesem Zeitpunkt bereits weniger Mitglieder als in § 9 BetrVG vorgesehen, so steht diesen verbliebenen Mitgliedern das Restmandat zu.[40] Die das Restmandat ausübenden Betriebsratsmitglieder können ihr Amt niederlegen. Besteht der Betriebsrat nur noch aus einem Mitglied und ist eine Belegschaft nicht mehr vorhanden, so kann die Amtsniederlegung gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden.[41] Zum Umfang des Restmandats s. vorstehend Rn. 357 ff.

379

Die Stilllegung i.S.d. § 21b BetrVG ist abzugrenzen von den Fällen, in denen der Betrieb selbst weiter besteht, aber alle Mitglieder sowie die Ersatzmitglieder des Betriebsrates ausscheiden, z.B. aufgrund eines Betriebsteilübergangs. In diesem Fall endet ihre Amtszeit, es entsteht aber kein Restmandat.[42] Auch die Übertragung des Betriebs als Ganzes im Wege eines Betriebsübergangs löst, anders als eine Stilllegung, grundsätzlich kein Restmandat aus. Stilllegung und Betriebsübergang schließen sich auch im Rahmen des § 21b BetrVG grundsätzlich gegenseitig aus. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Arbeitnehmer oder alle dem Betriebsübergang widersprechen und vom bisherigen Arbeitgeber gekündigt werden müssen.[43]

Anmerkungen

[1]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Hohenstatt Rn. D 1 ff.

[2]

Vgl. zur Qualifizierung als Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG ausf. vorstehend Rn. 73 ff.

[3]

Vgl. dazu ausführlich Fitting § 21a BetrVG Rn. 11 m.w.N.; Richardi/Thüsing § 21a BetrVG Rn. 11.

[4]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 19 m.w.N.

[5]

Vgl. zu den Kostenfolgen und dem Freistellungsanspruch der Betriebsratsmitglieder ausf. Fitting § 21a Rn. 27 m.w.N.

[6]

Vgl. ebenso Fitting § 21a BetrVG Rn. 18 und Rn. 27 m.w.N., der allerdings zugleich davon ausgeht, dass ein höherer Freistellungsbedarf nach § 37 Abs. 2 BetrVG bestehen kann.

[7]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 20 m.w.N.; ErfK/Koch § 21a BetrVG Rn. 5 m.w.N.

[8]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 20 m.w.N.; ErfK/Koch § 21a BetrVG Rn. 6 m.w.N.

[9]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 30 m.w.N.

[10]

Vgl. ErfK/Koch § 21a BetrVG Rn. 2.

[11]

Vgl. ebenso Fitting § 21a BetrVG Rn. 14 m.w.N.; ebenso HWK/Willemsen/Müller-Bonanni § 613a BGB Rn. 285 m.w.N.

[12]

Vgl. dazu Hidalgo/Kobler NZA 2014, 290 ff.; Fitting § 21a BetrVG Rn. 9.

[13]

BAG NZA 2015, 889.

[14]

BAG NZA 2015, 889; ebenso Hidalgo/Kobler NZA 2014, 290, 292 f., die zutreffend darauf hinweisen, dass der widersprechende Arbeitnehmer auch nicht automatisch zum Hauptbetrieb oder zu irgendeinem anderen Betrieb des Unternehmens gehört.

[15]

Hidalgo/Kobler NZA 2014, 290, 291 ff.

[16]

BAG NZA 2015, 889.

[17]

Vgl. dazu auch Fitting § 21a BetrVG Rn. 9a m.w.N.

[18]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 91; ebenso HWK/Willemsen/Müller-Bonanni § 613a BGB Rn. 284 m.w.N.

[19]

BAG NZA 2013, 277–284, BAGE 142, 36–54 m.w.N.

[20]

Vgl. etwa BAG NZA 2013, 277–284, BAGE 142, 36–54 m.w.N.; ebenso HWK/Willemsen/Müller-Bonanni § 613a BGB Rn. 285 m.w.N.

[21]

Vgl. ebenso HWK/Willemsen/Müller-Bonanni § 613a BGB Rn. 284 m.w.N.

[22]

Vgl. etwa BAG NZA 2015, 889.

[23]

BAG NZA 2015, 889, 892 f. m.w.N.; BAG NZA 2013, 277–284, BAGE 142, 36–54 m.w.N.;ebenso Hidalgo/Kobler NZA 2014, 290, 291 ff.

[24]

BAG NZA 2013, 277–284.

[25]

BAG NZA 2002, 109–110; BAG AP Nr. 5 zu § 21b BetrVG 1972.

[26]

BAG NZA 2002, 109–110, AP BetrVG 1972 § 21b Nr. 1, EzA BetrVG 1972 § 24 Nr. 3; BAG NZA 2013, 277–284, BAGE 142, 36–54 m.w.N.

[27]

Vgl. BAG NZA 2001, 849–853; dazu ausführlich Fitting § 21b BetrVG Rn. 17 m.w.N.

[28]

Fitting § 21b BetrVG Rn. 19 m.w.N.

[29]

Fitting § 21b BetrVG Rn. 21 m.w.N.

[30]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Hohenstatt Rn. D 18 m.w.N.; ebenso HWK/Willemsen/Müller-Bonanni § 613a BGB Rn. 291 m.w.N.

[31]

BAG NZA 2004, 618–620; BAG DB 2005, 1914–1916; ErfK/Koch § 1 BetrVG Rn. 14 m.w.N.

[32]

BAG DB 2005, 1914–1916 m.w.N.; BAG NZA 2004, 618–620.

[33]

Vgl. etwa BAG DB 2005, 1914–1916.

[34]

Vgl. ebenso ErfK/Koch § 1 BetrVG Rn. 14 m.w.N.

[35]

Richardi/Richardi § 1 BetrVG Rn. 67; ErfK/Koch § 1 BetrVG Rn. 14 m.w.N.

[36]

Vgl. ebenso ErfK/Koch § 1 BetrVG Rn. 4 m.w.N.

[37]

Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Hohenstatt Rn. D 20 m.w.N.

[38]

ErfK/Koch § 1 BetrVG Rn. 14 m.w.N.

[39]

Vgl. Fitting § 21a BetrVG Rn. 9 m.w.N.

[40]

Vgl. BAG NZA 2000, 669–671.

[41]

Vgl. BAG NZA 2000, 669–671.

[42]

Fitting § 21b BetrVG Rn. 5; ErfK/Koch § 21b BetrVG Rn. 2; vgl. dazu bereits ausf. Rn. 367.

[43]

Vgl. dazu unter Rn. 366.