Beschäftigte im Öffentlichen Dienst I

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h)Direktionsrecht

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Regelmäßig wird der Aufgabenbereich des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag nur fachlich umschrieben; die Einstellung erfolgt etwa als Gärtner oder kaufmännischer Angestellter. Aufgrund des auch als Weisungsrecht bezeichneten Direktionsrechts nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sodann nach billigem Ermessen näher bestimmen.

Der Umfang des Direktionsrechts und die Grenzen hängen von der arbeitsvertraglichen Tätigkeitsbeschreibung ab. Je konkreter die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag gefasst ist, desto eingeschränkter kann der Arbeitgeber das Weisungsrecht ausüben. Je genauer und konkreter solche vertraglichen Bestimmungen sind, desto eingeschränkter ist also das Direktionsrecht des Arbeitsgebers. Nur in dem Rahmen kann er von diesem Recht überhaupt Gebrauch machen. Weitere Grenzen leiten sich u.a. aus dem TVöD als tarifvertragliche Regelung ab.[13] Zu beachten ist, dass sich das Weisungsrecht nicht auf die Bestandteile des Austauschverhältnisses erstreckt, so dass bspw. das Entgelt nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.[14]

Ferner muss die Konkretisierung der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber billigem Ermessen (§ 315 BGB) entsprechen.[15] Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber die beiderseitigen Interessen (von Arbeitnehmer und Arbeitgeber) angemessen berücksichtigt hat. Letztlich handelt es sich hierbei um eine Interessenabwägung im Einzelfall nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, wenn das Recht des Arbeitsgebers auf Konkretisierung der Arbeitsverpflichtung mit den ebenfalls grundrechtlich abgesicherten Rechtspositionen des Arbeitnehmers kollidiert.

Im Einzelfall ist zu beachten, dass eine Weisung auch dem Mitbestimmungsrecht des Betriebs- bzw. Personalrats unterliegen kann (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bzw. § 75 Abs. 1 Nr. 3, 4, 4a BPersVG). Dies gilt insbesondere bei Versetzungen, aber auch bei der Einführung von Kleiderordnungen oder Rauchverboten.

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Bei der Ausübung des Direktionsrechts sind Weisungen in unterschiedlichen Bereichen denkbar.

Weisungen zur Tätigkeit

 Mit der Weisung wird dem Beschäftigten vorgegeben, welche konkreten Aufgaben er zu erledigen hat.

Weisungen zum Verhalten.

 Grenze des Direktionsrechts ist hier, dass grds. keine Regelungen zum außerdienstlichen Verhalten zulässig sind, sondern Anweisungen des Arbeitgebers/Vorgesetzten im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen müssen.

Weisungen zum Arbeitsort.

 Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich die organisatorische Zuordnung des Beschäftigten zum Betriebssitz bzw. zur Dienststelle. Im öffentlichen Dienst sind hier Änderungen durch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes in der Dienstelle denkbar.

Weisungen zur Arbeitszeit (in der Regel Wochenarbeitszeit).

 Die regelmäßige Arbeitszeit ist in der Regel durch Arbeits- oder Tarifvertrag bestimmt, Konkretisierungen sind denkbar bzgl. Arbeitsbeginn und -ende, Pausenzeiten sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage. Zu beachten sind – insbesondere wenn es um die Anordnung von Mehrarbeit („Überstunden“) geht – jedenfalls die gesetzlichen Vorgaben des ArbZG. Auch hier ist die betriebs- bzw. personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung zu prüfen!

Soweit sich eine Weisung des Arbeitgebers anhand der dargestellten Kriterien als rechtmäßig erweist, hat der Arbeitnehmer der Weisung Folge zu leisten. Verweigert der Arbeitnehmer die konkretisierte Arbeitspflicht, kann ihm ordentlich, unter Umständen aber auch außerordentlich gekündigt werden.

Achtung

Mangels vorläufiger Bindungswirkung einer vermeintlich unbilligen Leistungsbestimmung steht es dem Arbeitnehmer nach der geänderten Rechtsprechung des BAG nunmehr frei, ob er der Weisung des Arbeitgebers Folge leistet. Bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit der Weisung kann der Arbeitnehmer daher ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen. Diesbezüglich ist die Unterscheidung zwischen nichtigen und unbilligen Weisungen für den Arbeitnehmer zunächst einmal hinfällig geworden. In beiden Fällen muss der Arbeitnehmer der Weisung vorerst nicht nachkommen. Nach Auffassung des 10. Senats wird nunmehr dem Arbeitgeber das Risiko der Unbilligkeit der Weisung auferlegt.[16]

Achtung


IV.Tarifbindung

1.Beidseitige Tarifgebundenheit

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Rechtsgrundlage für die Gestaltung von Tarifverträgen sowie deren Form und Inhalt ist das Tarifvertragsgesetz; es regelt darüber hinaus u.a. die Tarifbindung und die sich hieraus ergebende Wirkung tarifvertraglicher Normen auf die Arbeitsverhältnisse.

Nach § 3 TVG sind alle Mitglieder der Tarifvertragsparteien, einerseits Gewerkschaftsmitglieder, andererseits Mitglieder von Arbeitgeberverbänden sowie Arbeitgeber, die selbst Partei des Tarifvertrages sind, tarifgebunden.

Gem. § 4 TVG gelten die tarifvertraglichen Normen ausschließlich zwischen beiderseits Tarifgebundenen. Als kollektives autonomes Recht wirken sie damit auf das dem individuellen Recht zuzuordnende


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Allein der rechtswirksame Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmern, die Mitglieder einer der tarifvertragschließenden Gewerkschaften sind (z.B. Verdi), mit einem Arbeitgeber (z.B. Bund), der selbst Partei des Tarifvertrages ist bzw. einem Arbeitgeberverband angehört (z.B. VKA), bewirkt als Rechtsfolge die Tarifbindung, ohne dass es besonderer oder zusätzlicher Vereinbarungen bedarf – Unmittelbarkeit. Jede der einzelnen tarifvertraglichen Normen gilt so, wie sie vereinbart ist. Die Bestimmungen des normativen Teils eines Tarifvertrages wirken wie ein Gesetz auf die Arbeitsverhältnisse ein. Individuelle Abmachungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder solche, die in der Rangfolge unterhalb des Tarifvertrags anzusiedeln sind, sind rechtsunwirksam – Unabdingbarkeit. Abweichungen von den tarifvertraglichen Regelungen sind nur zugunsten des Arbeitnehmers bzw. nur dann zulässig, wenn es durch Tarifvertrag ausdrücklich zugelassen ist. In diesem Sinne stellen die tarifvertraglich vereinbarten Normen Mindestarbeitsbedingungen dar.

Tarifgebunden sind aber nicht nur die Mitglieder der Gewerkschaften, mit denen die öffentlichen Arbeitgeber die Tarifverträge unmittelbar aushandeln bzw. abschließen, sondern auch die Angestellten kleinerer anderer Gewerkschaften, wie z.B. der Gewerkschaft „Öffentlicher Dienst“ im christlichen Gewerkschaftsbund Deutschland (GöD), mit der der Bund Anschluss-Tarifverträge abgeschlossen hat.

Die Frage, warum die öffentlichen Arbeitgeber nicht auch mit diesen deutlich kleineren Berufsverbänden ebenfalls verhandeln, ist rein zweckmäßig zu werten. Je größer die Zahl der Verhandlungspartner, um so komplizierter und aufwändiger sind erfahrungsgemäß die Verhandlungen.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Arbeitgeber nicht gezwungen werden können, mit bestimmten oder allen Gewerkschaften, auch wenn diese es noch so nachdrücklich fordern, zu verhandeln. Jeder bestimmt selbst, mit wem er direkt verhandeln will. Weder aus Art. 9 Abs. 3 GG noch aus anderen einschlägigen Bestimmungen kann Gegenteiliges entnommen werden.

2.Tarifgebundenheit des Arbeitgebers

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Tarifnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen sind nach § 3 Abs. 2 TVG bereits dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist; insoweit genügt alleine die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers.

Hierbei ist von einer Betriebsnorm auszugehen, wenn diese zum einen unmittelbar die Organisation und die Gestaltung des Betriebes betrifft. Zum anderen ist ein tatsächlicher oder rechtlicher Zwang zu einer einheitlichen Geltung für den gesamten Betrieb erforderlich. Kann eine Regelung folglich, weil dies aus sachlogischen Gründen „evident unzweckmäßig“ wäre, nicht Inhalt eines Individualarbeitsvertrages sein, so etwa, wenn sie dem Arbeitgeber vorschreibt, welcher Prozentsatz der Belegschaft mit einer verlängerten regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt werden darf, handelt es sich um betriebliche Fragen.

Betriebsverfassungsrechtliche Fragen betreffen demgegenüber die Rechtsstellung der Arbeitnehmerschaft und ihrer Organe.

Ist § 3 Abs. 2 TVG einschlägig, setzen die Tarifparteien folglich auch für nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer, sog. Außenseiter, verbindliche Rechtsnormen.

3.Allgemeinverbindlicherklärung

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Wird ein Tarifvertrag nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt, gelten seine Normen auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Von dieser Möglichkeit hat das insoweit zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales für den öffentlichen Dienst bislang keinen Gebrauch gemacht.

4.Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag

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Der größte Teil der Arbeitnehmer ist gewerkschaftlich nicht organisiert. Folglich ist in diesen Fällen – von den zuvor genannten Ausnahmen nach § 3 Abs. 2 TVG und § 5 TVG abgesehen – eine gesetzlich begründete Tarifbindung nicht gegeben. Die in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte negative Koalitionsfreiheit gewährleistet denn auch das Recht des Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben und damit auch den Rechtswirkungen des den Koalitionsverhandlungen zugrunde liegenden Tarifvertrages.

Da eine Unterscheidung nach Gewerkschaftszugehörigkeit, insbesondere unter dem Aspekt – gleiche Leistung, gleicher Lohn –, jedoch zu beträchtlichen innerbetrieblichen Spannungen führen würde, werden häufig Bezugnahmeklauseln in die Arbeitsverträge aufgenommen. Diese haben zur Folge, dass der Inhalt des Tarifvertrages zum Inhalt des Arbeitsvertrages wird. Damit entfaltet der Tarifvertrag nicht normative Wirkung wie bei den Gewerkschaftsmitgliedern, sondern schuldrechtliche. Die Gewerkschaften stehen diesen Vereinbarungen kritisch gegenüber, kommen doch hierdurch auch nicht organisierte Arbeitnehmer – als sog. „Trittbrettfahrer“ – in den Genuss der mühsam erkämpften tarifvertraglichen Leistungen.

Abgesehen von den Ausnahmen des § 1 Abs. 2 TVG werden mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst solche auch als „Unterwerfungsklauseln“ bezeichneten Gleichstellungsabreden vereinbart. Ist eine Bezugnahmeklausel nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden, kann dennoch ausnahmsweise eine Gleichstellung der Außenseiter aufgrund stillschweigender Abrede oder aus betrieblicher Übung bestehen.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist eine unterschiedliche Behandlung gewerkschaftlich organisierter und nicht-gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer in einem Tarifvertrag zulässig. Sie verletzt die negative Koalitionsfreiheit der nicht-gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer nicht, solange sich daraus nur ein faktischer Anreiz zum Gewerkschaftseintritt ergibt, aber weder Druck noch Zwang entsteht.[17] Danach ist bspw. ein Sozialtarifvertrag, der bestimmte Leistungen nur Beschäftigte, die an einem bestimmten Stichtag Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft waren, zulässig.

Zulässig und wirksam sind auch tarifliche Außenseiterklauseln, die umgekehrt auf eine Gleichbehandlung von nichtorganisierten Arbeitnehmern und Gewerkschaftsmitgliedern abzielen, sog. Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB.

V.Tarifverträge
1.Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)

a)Allgemeines

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Im öffentlichen Dienst wird der Inhalt der Beschäftigungsverhältnisse weitgehend durch Tarifverträge bestimmt, die entweder für die beiderseits tarifgebundenen normativ gelten oder aber üblicherweise in den Arbeitsvertrag in Bezug genommen werden.[18] Letzteres aus haushaltsrechtlichen Erwägungen und aus Gründen der gleichmäßigen Behandlung aller Mitarbeiter. Mit der in den letzten Jahren vollzogenen Tarifreform im öffentlichen Dienst wurde die grundsätzlich zuvor bestehende Tarifeinheit des Bundes, der kommunalen Arbeitgeber und der Länder aufgegeben. Nachdem für die Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst über Jahrzehnte der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) maßgeblich war, ist mit der Tarifreform im öffentlichen Dienst im Jahr 2005 ein neues Tarifwerk in Kraft getreten. Der Grundstein für diese umfassende Verhandlung war in der Tarifrunde 2003 mit der sogenannten Potsdamer Prozessvereinbarung über eine grundlegende Modernisierung des Tarifsystems gelegt worden. Eine Lenkungsgruppe, vier allgemeine Gruppen (Mantel, Arbeitszeit, Bezahlung und Eingruppierung) und fünf besondere Gruppen (Verwaltung, Krankenhäuser, Sparkassen, Flughäfen und Entsorgung) wurden gebildet und haben über 25 Monate lang verhandelt. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist aus den anfangs gemeinsam geführten Tarifverhandlungen im Jahr 2004 vorzeitig ausgeschieden. Sie erzielten mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes „ver.di“ und „dbb“ am 12.10.2006 (TV-L, seit 2013 auch in Berlin) bzw. am 1.9.2009 (Hessen) jeweils eigenständige Tarifverträge, welche dem TVöD weitgehend entsprechen.

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Für den Bereich des Bundes und der kommunalen Arbeitgeber (VKA) gilt seit dem 1.10.2005 der Tarifvertag für den öffentlichen Dienst (TVöD)[19]. Der TVöD ersetzt das vorhergehende Tarifrecht des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT-O) und der Bundesmanteltarifverträge für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G/-O) bzw. Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb/-O). Mit dem TVöD wurde die Vereinheitlichung des Tarifwerks für Arbeiter und Angestellte sowie die Abkehr von der dienst-, alters- und familienbezogenen Bezahlung hin zu einem erfahrungsorientierten Entgeltsystem mit einheitlicher Entgelttabelle vollzogen. Der TVöD wurde auf Arbeitgeberseite von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern (BMI), für die Beschäftigten der Bundesministerien und der nachgeordneten Bundesbehörden abgeschlossen. Auf der Gewerkschaftsseite wurde der TVöD mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der tarifunion des dbb beamtenbund (dbb tarifunion), vertreten durch den Vorstand, abgeschlossen. Der TVöD wird ergänzt durch die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund), zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) sowie den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Diese Tarifverträge regeln die Überleitung der am 30.9.2005 vorhandenen Beschäftigten aus dem abgelösten Tarifrecht in den TVöD.[20] Das Eingruppierungsrecht zum TVöD ist beim Bund (TV EntgO Bund zum 1.1.2014) bzw. im kommunalen Bereich (Entgeltordnung in Anlage 1 zum 1.1.2017) erst nach mehrjährigen Verhandlungen in Kraft gesetzt worden.

Durch den TVöD als auch den TV-L wurde ein modernes, leistungsgerechtes, flexibles und einheitliches Tarifrecht für Beschäftigte im öffentlichen Dienst geschaffen. Im Mittelpunkt des neuen Tarifrechts stehen das veränderte Entgeltsystem und die Bestimmungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Leistungsfremde Aspekte, wie das Alimentationsprinzip, wurden abgeschafft. Lebensalterstufen, familienbezogene Bestandteile oder Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege spielen keine Rolle mehr. Es erfolgt die Hinwendung zu leistungsbezogenen Bezahlungselementen. Das Fortkommen in den Entwicklungsstufen ist von den Leistungen des Beschäftigten abhängig. Liegen sie über dem Durchschnitt führt dies zu einem schnelleren Aufstieg in den Entwicklungsstufen und damit zu einem höheren Entgelt. Zusätzliche Leistungsanreize in Form von Leistungsprämien und Leistungszulagen ergänzen die leistungsorientierte Bezahlung. Das neue Tarifrecht ermöglicht zudem ein hohes Maß an Flexibilisierung der Arbeitszeit. Darüber hinaus wurde durch Einführung einer neuen Entgeltgruppe mit einem niedrigen Bezahlniveau den öffentlichen Arbeitgebern ein Instrument an die Hand gegeben, um im Wettbewerb mit privaten Anbietern bestehen zu können.

Für den Bund gilt der TVöD für rund 126.265 Tarifbeschäftigte (Stand 30.6.2016) in der unmittelbaren Bundesverwaltung. Hinzu kommen noch die Tarifbeschäftigten bei Zuwendungsempfängern wie den Großforschungseinrichtungen (z.B. Helmholtz-Gemeinschaft oder Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft), die regelmäßig den TVöD anwenden. Für rund 242.800 Tarifbeschäftigte in der mittelbaren Bundesverwaltung (z.B. Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit) gelten Tarifverträge, die weitgehend an den TVöD (Bund) angelehnt sind.

Mit dem redaktionellen Abschluss der Einkommensrunde am 18.4.2018 mit Bund und VKA, die eine Mindestlaufzeit von 30 Monaten hat, liegt der TVöD aktuell in der Fassung folgender Änderungstarifverträge vor:

 Nr. 16 zum TVöD – Allgemeiner Teil,

 Nr. 25 zum TVöD – Besonderer Teil Verwaltung (BT-V),

 Nr. 13 zum TVöD – Besonderer Teil Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-B),

 Nr. 10 zum TVöD – Besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K),

 Nr. 5 zum TVöD – Besonderer Teil Sparkassen (BT-S),

 Nr. 2 zum TVöD – Besonderer Teil Flughäfen (BT-F),

 Nr. 2 zum TVöD – Besonderer Teil Entsorgung (BT-E).

b)Gliederung/Struktur des TVöD

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Der TVöD für den öffentlichen Dienst besteht aus einem Allgemeinen Teil (TVöD AT) und einem Besonderen Teil (TVöD-BT).

aa)TVöD – Allgemeiner Teil

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Der TVöD – Allgemeiner Teil gilt für tarifgebundene Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zum Bund oder zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist (vgl. § 1 Abs. 1 TVöD).

Die Tarifvertragsparteien können bis zur Grenze der Willkür bestimmte Beschäftigtengruppen aus dem persönlichen Geltungsbereich des TVöD herausnehmen. Dies folgt aus dem insoweit gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG vorrangigen Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG. § 1 Abs. 2 TVöD enthält diese Ausnahmen vom Geltungsbereich (= sog. negativer Geltungsbereich). Für sie gelten in der Regel besondere Tarifverträge.

In § 1 Abs. 3 TVöD eröffnen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, Betriebe, die grundsätzlich in den fachlichen Geltungsbereich besonderer Spartentarifverträge fallen, teilweise oder ganz in den Geltungsbereich des TVöD einzubeziehen.

bb)TVöD – Besonderer Teil

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Die Besonderen Teile des TVöD knüpfen unmittelbar an den Allgemeinen Teil an und führen ihn spartenspezifisch fort. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um die folgend genannten Teile:

 Besonderer Teil Verwaltung – (BT-V); getrennt für Bund und VKA

 Besonderer Teil Pflege- und Betreuungseinrichtungen – (BT-B)

 Besonderer Teil Krankenhäuser – (BT-K)

 Besonderer Teil Entsorgung – (BT-E)

 Besonderer Teil Flughäfen – (BT-F)

 Besonderer Teil Sparkassen – (BT-S)

Sie beginnen, anschließend an den § 39 des Allgemeinen Teils, mit § 40 und schließen ab mit § 56. Unterteilt ist dieser Besondere Teil des TVöD in drei Abschnitte, jeweils für Bund und VKA anschließend an den Abschnitt VI des Allgemeinen Teils, beginnend mit dem Abschnitt VII Allgemeine Vorschriften (Bund und VKA), VII Sonderregelungen Bund bzw. Sonderregelungen VKA, IX Übergangs- und Schlussvorschriften VKA.

Der Allgemeine Teil bildet in Verbindung mit dem jeweils maßgebenden Besonderen Teil den Tarifvertrag für die jeweilige Sparte. Folglich funktionieren beide Teile dieses Vertrages nur im Verbund miteinander, nicht aber nebeneinander. Ihr Verhältnis zueinander ist somit bezogen auf den jeweils in Frage kommenden Besonderen Teil korrelierend. Der TVöD BT-Verwaltung übernimmt dabei für die anderen Spartentarifverträge eine Auffangfunktion, indem seine Regelungen vorbehaltlich einer speziellen Bestimmung in einem anderen Spartentarifvertrag für alle in § 1 TVöD genannten Beschäftigten gelten, vgl. § 40 TVöD BT-V.