Beschäftigte im Öffentlichen Dienst I

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Achtung

Mit der Vereinbarung einer Probezeit soll bei den Arbeitsvertragsparteien eine leichtere Lösung gegenüber einem endgültigen Arbeitsverhältnis ermöglicht werden.

194

Von der insoweit üblichen Probezeit zu unterscheiden ist die Möglichkeit, ein befristetes Probearbeitsverhältnis abzuschließen. Der Wunsch, das Arbeitsverhältnis über eine angemessene Zeitspanne zu erproben, ist in § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG als sachlicher Grund für die Befristung anerkannt worden. Da eine anfänglich vereinbarte Probezeit im Zweifel der Beginn eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, muss sich die Befristung auf die Probezeit eindeutig aus dem Vertrag ergeben

b)Einstellung nach Ausbildungsverhältnis

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Eine Probezeit entfällt allerdings kraft zwingender tariflicher Regelung dann, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an ein Ausbildungsverhältnis eingestellt wird. Die Probezeit entfällt, wenn der Beschäftigte gem. § 2 Abs. 4 S. 2 TVöD/TV-L unmittelbar im Anschluss eingestellt wird. Im Gegensatz zur alten Regelung des § 5 BAT wird jetzt nicht mehr ausdrücklich verlangt, dass das Ausbildungsverhältnis bei demselben Betrieb oder derselben Dienststelle abgeleistet wurde. Insoweit ist wohl aber derselbe Arbeitgeber erforderlich. Auf die Abschlussnote kommt es dabei nicht an. Nicht entscheidend hierfür ist eine Verwendung in dem erlernten Beruf. Einer Vereinbarung auf den Verzicht der Probezeit bedarf es in diesen Fällen nicht, da die beschriebene Wirkung aufgrund der tarifvertraglichen Regelung eintritt.

Zwar spricht der Wortlaut – im Gegensatz zu § 5 BAT – nicht mehr von einem „erfolgreich" abgeschlossenen Ausbildungsverhältnis. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Neuregelung wird jedoch am Erfordernis eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses festzuhalten sein, da es ansonsten keinen Grund gebe, einen Auszubildenden zu übernehmen.

Achtung

Übernahme von Auszubildenden ohne Probezeit!

c)Dauer

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Bezüglich der Dauer der Probezeit ist zwingend zwischen dem unbefristeten und dem befristeten Arbeitsverhältnis zu unterscheiden.

aa)Arbeitsverhältnisse auf unbestimmte Zeit (auf Dauer)

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Die ersten sechs Monate der Beschäftigung gelten als Probezeit, soweit nicht eine kürzere Zeit vereinbart ist (§ 2 Abs. 4 TVöD/TV-L). Maßgebend für den Beginn der Probezeit zum Zwecke ihrer Berechnung ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses, nicht dagegen der Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme.

198

Diese bis zu sechsmonatige Wartezeit dient neben der Erprobung des Arbeitnehmers dazu, dem neu begründeten Arbeitsverhältnis nicht vom ersten Tage an die einem bereits längerfristig bestehenden Arbeitsverhältnis entsprechende Bestands- und Inhaltssicherheit zu gewähren. Eine kündigungsschutzrechtlich gesicherte Rechtsposition soll erst nach sechs Monaten entstehen, da der neu eingestellte Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt sowohl hinsichtlich seiner arbeitsbezogenen Leistungsfähigkeit als auch in Bezug auf seine persönlichen Eigenschaften ein „noch ungeschriebenes Blatt" ist. Insofern wird dem berechtigten Arbeitgeberinteresse, die Eignung des Arbeitnehmers überprüfen zu können, Rechnung getragen.

bb)Befristete Arbeitsverhältnisse

199

Der Abschluss befristeter Arbeitsverträge ist gem. § 30 Abs. 1 TVöD unter den Voraussetzungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und anderer Vorschriften, die eine Befristung von Arbeitsverträgen vorsehen, zulässig. Hiernach sind Befristungen zu unterscheiden:

 mit sachlichem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) und

 ohne sachlichen Grund (§ 14 Abs. 2 und 3 TzBfG).

200

Nach § 15 Abs. 3 TzBfG unterliegt ein befristetes Arbeitsverhältnis dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Diesbezüglich enthält der TVöD besondere Regelungen. Im Übrigen ist eine entsprechende Probezeitvereinbarung in den Arbeitsvertragsmustern regelmäßig vorgesehen:

Beispiel

§ 3

(1) ☐

Die Probezeit beträgt sechs Monate.

Die Probezeit beträgt sechs Wochen.

(2) ☐

Für die Kündigung des gem. § 30 Abs. 1 S. 1 TVöD befristeten Arbeitsverhältnisses gilt § 34 Abs. 1 TVöD.

Für die Kündigung des gem. § 30 Abs. 1 S. 2 TVöD befristeten Arbeitsverhältnisses gilt § 30 Abs. 4 und 5 TVöD.

201

Für (übergeleitete und neu eingestellte) Beschäftigte, auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden und deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte, gilt vorrangig das Sonderrecht nach § 30 Abs. 2–5 TVöD. Die Regelungen in § 30 Abs. 2–5 gelten also nicht für die Beschäftigten, die früher als Arbeiter zu betrachten wären (sowohl im Tarifgebiet Ost wie auch West). Zudem gilt dies auch für die Angestellten im Tarifgebiet Ost.

202

Hier ergeben sich Besonderheiten insbesondere für sachgrundlose Befristungen. Bei sachgrundlosen Befristungen eines Arbeitsverhältnisses gelten die ersten sechs Wochen als Probezeit (§ 30 Abs. 4 S. 1 TVöD).

203

Im Fall von Befristungen mit Sachgrund ist eine Probezeit von sechs Monaten vorgesehen (§ 2 Abs. 4 TVöD und § 30 Abs. 4 TVöD/TV-L). Die Kündigungsfrist beträgt innerhalb der Probezeit jeweils zwei Wochen zum Monatsende.

Achtung

Dies führt dazu, dass nach § 30 Abs. 4 und 5 TVöD sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse der Angestellten West im obigen Sinne mit einer Vertragslaufzeit von weniger als zwölf Monaten nur innerhalb der sechswöchigen Probezeit gekündigt werden können.

204

Zu beachten ist ferner, dass – sofern keine vertragliche Vereinbarung vorliegt und § 30 Abs. 2–5 TVöD nicht anwendbar ist – § 2 Abs. 4 TVöD anwendbar bleibt. Unabhängig von der Befristung gelten dann nach § 2 Abs. 4 TVöD die ersten sechs Monate der Beschäftigung als Probezeit.

d)Kündigung in der Probezeit

205

Ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Arbeitsverhältnis kann gem. § 34 Abs. 1 TVöD bis zum Ende des sechsten Monats seit dessen Beginn mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsabschluss gekündigt werden.

Achtung

Diese kurze Frist ist nicht an eine Probezeit gekoppelt, sondern findet vielmehr auf jedes Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten sechs Monate Anwendung.

206

Die Kündigung bedarf jedoch nach § 623 BGB als zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung der Schriftform. Entspricht die Kündigung nicht dem Formerfordernis i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB, ist sie gem. § 125 S. 1 BGB nichtig.

207

Hierdurch hat der Gesetzgeber gerade in Zweifelsfällen Rechtssicherheit herbeiführen wollen. Nicht vom Formerfordernis umfasst ist die Angabe von Kündigungsgründen innerhalb der Probezeit. Während der Probezeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen kündigen. Führt der Arbeitgeber dennoch Gründe an, müssen diese sich insbesondere an den allgemeinen Vorschriften des § 138 Abs. 1 BGB (Sittenwidrigkeit) und des § 242 BGB (unzulässige Rechtsausübung) messen lassen. Hier können die Benachteiligungsverbote des AGG eine besondere Rolle spielen. So hat das BAG eine Kündigung während der Probezeit, die ausschließlich auf die Homosexualität des Arbeitnehmers gestützt war, für unwirksam wegen Verstoßes gegen § 242 BGB erklärt.[44]

208

Handelt es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis, gelten – entsprechend der oben beschriebenen Grundsätze – bei Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund die ersten sechs Wochen, bei Arbeitsverträgen mit sachlichem Grund die ersten sechs Monate als Probezeit (§ 30 Abs. 4 TVöD/TV-L). Innerhalb dieses Zeitraums beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluss; der Arbeitgeber kann sich ohne Angabe von Gründen von seinem Arbeitnehmer trennen. Insoweit haben die Tarifvertragsparteien von der in § 15 Abs. 3 TzBfG genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, wonach ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung unterliegt, wenn dies im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

209

Zwar ist die Probezeitkündigung bereits unter erleichterten Umständen und insbesondere mit einer kurzen Frist möglich, doch schließt dies eine außerordentliche (fristlose) Kündigung i.S.d. § 626 BGB nicht aus. Soweit also ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB vorliegt, ist eine außerordentliche Kündigung denkbar. Einschränkend muss hierbei wohl eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegen, damit dem Arbeitgeber eine Beschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in der Probezeit unzumutbar ist.

e)Berechnung der Probezeit

210

Nach § 2 Abs. 4 TVöD/TV-L wird die Probezeit – ggfs. mit Ausnahme des befristeten, sachgrundlosen Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 30 Abs. 4 TVöD/TV-L – mit Ablauf des letzten Tages der sechsmonatigen Frist beendet.

Für die Fristberechnung, die mit dem Tag der Einstellung und damit des Arbeitsverhältnisses beginnt, finden §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB Anwendung.

 

211

Nicht erforderlich ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit. Zwar muss die Kündigung während der ersten sechs Monate ausgesprochen werden; diese kann jedoch auch noch nach Fristablauf enden.

Beispiel

Einstellung: 1.7.2019

Probezeit: + sechs Monate; Fristbeginn: § 187 Abs. 2 BGB: 1.7.2019.

Fristablauf: 31.12.2019 = letzter Tag der Probezeit; Fristende: § 187 Abs. 2 BGB: 31.12.2019.

Eine Kündigung während der ersten sechs Monate nach § 34 Abs. 1 S. 1 TVöD/TV-L kann folglich noch bis zu diesem Tag ausgesprochen werden. Das Arbeitsverhältnis würde in diesem Fall nach § 34 Abs. 1 S. 2 TVöD/TV-L mit dem 31.1.2009 beendet sein.

Hätte das Arbeitsverhältnis dagegen zum 31.12.2019 beendet werden sollen, wäre der Zugang der Kündigung zwei Wochen vor Ablauf des Monats Dezember, bis zum 17.12.2019, erforderlich gewesen.

f)Verlängerung der Probezeit

212

Eine Verlängerung der Probezeit ist grds. nicht vorgesehen. Anders als bei der vormaligen tariflichen Regelung nach BAT und MTArb bzw. BAT-0 und MTArb-O ist eine Verlängerung der Probezeit durch krankheitsbedingten Ausfall nicht mehr vorgesehen. Krankheitszeiten führen damit nicht zu einer Verlängerung der Probezeit.

213

Auch kann der Arbeitgeber die Probezeit nicht deswegen verlängern, weil es ihm nicht möglich war, die Eignung des Beschäftigten während des Laufs der Probezeit zu erkennen. Das gilt auch in den Fällen, in denen in der Person bzw. in der Leistung des Beschäftigten die Ursachen für eine entsprechende Entscheidungsunsicherheit des Arbeitgebers liegt.

214

Die Rechtsprechung sieht hier die Möglichkeit einer Kündigung in der Probezeit verbunden mit einer besonders langen Frist, die als ein weitere Bewährungszeit betrachtet wird, vor. Der Arbeitgeber kann also dem Arbeitnehmer regelmäßig noch am letzten Tag der Probezeit kündigen. Sieht der Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er sogar im Regelfall, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis während der Wartezeit aus § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer auch eine weitere Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt[45]

Achtung

Kündigung erfolgt hier noch in der Probezeit, das Arbeitsverhältnis soll jedoch nicht innerhalb der kurzen in der Probezeit vorgesehenen Frist enden, was im Ergebnis wie eine Verlängerung der Probezeit wirkt.

215

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Abwesenheitszeiten wie

 Urlaub,

 Arbeitsunfähigkeit,

 Arbeitsbefreiung, aber auch

 unentschuldigte Fehlzeiten

die Probezeit nicht verlängern. Hat der Arbeitgeber Zweifel an der Eignung, so wird er in der Probezeit reagieren müssen!

Achtung

Im Fall eines Teilzeitarbeitsverhältnisses wird die Probezeit nicht anteilig berechnet. Folglich entspricht der zeitlich/kalendermäßige Umfang der Probezeit dem eines Vollbeschäftigten.

g)Verkürzung der Probezeit

216

Auf die Ableistung der Probezeit kann gem. § 2 Abs. 4 S. 1 TVöD/TV-L ganz oder teilweise verzichtet werden. Eine Verkürzung, gleichermaßen auch der Verzicht auf die Fortsetzung der Probezeit, kann noch während ihres Verlaufes erfolgen. Offen bleibt hierbei die Frage, wer an einer solchen Vereinbarung Interesse haben sollte. In der Regel ist dies nicht der Arbeitgeber, obwohl auch hier Fälle denkbar sind, in denen der Arbeitgeber etwa aus Personalbindungsgründen Fakten und Vertrauen schaffen möchte, um Arbeitnehmer an sich zu binden. Was den Arbeitnehmer betrifft, so sei festgestellt, dass ein qualifizierter Arbeitnehmer diesen überschaubaren Zeitraum durchaus unbeschadet überstehen wird. Dennoch ist das Interesse der Arbeitnehmer an einem festen Arbeitsplatz ohne die Besonderheiten der Probezeit ohne weiteres nachvollziehbar.

217

Verkürzung oder Verzicht sind Nebenabreden. Zum Zwecke der Wirksamkeit bedarf eine solche Vereinbarung gem. § 2 Abs. 3 S. 1 TVöD/TV-L der Schriftform.

h)Abschluss neuer Arbeitsverträge während der Probezeit

218

Nicht explizit geregelt ist die Kündigung noch während der Probezeit gem. § 34 Abs. 1 TVöD verbunden mit dem Neuabschluss eines Arbeitsvertrages mit gleicher oder einer verkürzten Probezeit, wenn während der Probezeit des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses Bedenken hinsichtlich der Eignung des Angestellten auftreten sollten.

219

Sofern der Arbeitnehmer mit einem neuen Tätigkeitsbereich betraut wird, wird der Zweck – die Erprobung – sichergestellt werden und damit zulässig sein. Als rechtsmissbräuchlich zu bewerten wäre indes eine neue sechsmonatige Erprobung unter unveränderten Arbeitsaufgaben und -bedingungen.

i)Rechtstellung nach Ablauf der Probezeit

220

Ist von der Kündigung während der Probezeit kein Gebrauch gemacht worden, gelten für das Arbeitsverhältnis danach keine der allein die Probezeit kennzeichnenden Einschränkungen mehr.

Wird ein Arbeitnehmer nach Ablauf eines befristeten Probearbeitsverhältnisses weiterbeschäftigt, wird dadurch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Es genügt insoweit die widerspruchslose Entgegennahme der Arbeit durch den Arbeitgeber § 15 TzBfG.

j)Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit

221

Von dem Probearbeitsverhältnis zu unterscheiden ist die in § 14 TVöD geregelte vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Zulässig ist die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zur Erprobung des Beschäftigten mit dem Ziel, diese Beschäftigten nach erfolgreicher Bewährung auf der fraglichen Stelle dauerhaft einzusetzen und entsprechend einzugruppieren.

222

Dies ist jedoch keine Frage der Probezeit i.S.d. § 2 Abs. 4 TVöD. Hier geht es vielmehr um einen sachlichen Grund, der eine (zunächst) nur vorübergehende Übertragung rechtfertigt. Eines solchen Grundes bedarf es aber, soll diese Übertragung rechtmäßig sein.

223

So kann also eine vorübergehende Übertragung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber sich zunächst vergewissern will, ob der Beschäftigte auch in der Lage ist, sich mit dem neuen Arbeitsplatz hinreichend vertraut zu machen und die anfallenden Aufgaben zufriedenstellend zu erledigen. Hierbei kann eine über sechs Monate hinausgehende Erprobungszeit nur in Ausnahmefällen – bei Vorliegen eines entsprechenden sachlichen Grundes – zulässig sein.

224

Fehlt der sachliche Grund für eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit oder entfällt dieser später, handelt es sich um eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit. Folge dessen ist, dass die Tätigkeit als auf Dauer übertragen gilt, so z.B. wenn die vorübergehende Übertragung nur vorgeschoben wurde, um keine dauerhafte Maßnahme zu treffen.

III.Inhalt des Arbeitsverhältnisses: Rechte und Pflichten

1.Allgemeines

225

Als gegenseitig verpflichtender Austauschvertrag begründet der Arbeitsvertrag, sowohl für den Beschäftigten als auch den Arbeitgeber, die seinem Sinn und seiner Zielsetzung nach für beide Parteien jeweils entsprechenden Pflichten und Rechte.

226

Nach Bedeutung und Verhältnis zueinander unterscheidet man die sogenannte Hauptpflicht von den Nebenpflichten.

227

Während die Hauptpflicht des Arbeitnehmers in seiner Arbeitspflicht (§ 611a Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag) und die des Arbeitgebers in seiner Lohnzahlungspflicht (§ 611a Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag) besteht, obliegen den Vertragsparteien zahlreiche sich aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitende Nebenpflichten, die unter den Oberbegriff Treuepflicht bzw. Fürsorgepflicht gefasst werden.

228

Nebenpflichten können vielfältig wie auch vielschichtig sein. Dabei ergänzen die Nebenpflichten das mit dem Arbeitsverhältnis verbundene Gesamtinteresse des Arbeitgebers. Dennoch können diese Pflichten nicht als „Nebenbei-Pflichten" und somit als solche mit subalternem Charakter definiert werden. Ohne sie hätte das Arbeitsverhältnis eine andere Prägung. Sie sind ein wichtiges Wesensmerkmal des Arbeitsverhältnisses, auch wenn es ihretwegen, hieraus ergibt sich gerade ihre Zuordnung, nicht abgeschlossen wird.

229

Die Nebenpflichten sind ebenfalls eine unmittelbare Folge der eingegangenen Verbindungen. Sie bestimmen und verdeutlichen die höchstpersönlichen Verpflichtungen. Mit anderen Worten, sie runden die Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehung erst entscheidend ab.

230

Entsprechendes gilt für die Pflichten des Arbeitgebers, die sich als Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis darstellen.


2.Direktionsrecht des Arbeitgebers

a)Definition des Direktionsrechts

231

Eine besondere Beachtung im Kontext der Darstellung der Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bleibt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers vorbehalten.

232

Das Direktionsrecht bezieht sich auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen (Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers) und umschreibt die Befugnisse des Arbeitgebers, den Inhalt der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung zu bestimmen. Davon ausgehend, dass die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, ist der Arbeitgeber (nach § 106 S. 1 GewO) berechtigt, die Art, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen unter Beachtung des anwendbaren Tarifvertrages (z.B. des TVöD) sowie der gesetzlichen Vorschriften näher zu gestalten.[46]

Achtung

Rechtsgrundlage des Direktions- oder Weisungsrechts ist der Arbeitsvertrag. Der Gesetzgeber hat in § 106 S. 1 GewO diesen allgemeinen Grundsatz kodifiziert.

aa)Art

233

Der Arbeitgeber kann die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit und auch die Vorgehensweise, die konkret zu verrichtenden Arbeitsschritte und Abläufe bestimmen. So kann er einen Arbeitnehmer, dessen arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung sich allgemein auf Tätigkeiten einer bestimmten Entgeltgruppe erstreckt, wechselnd mit Tätigkeiten dieser Entgeltgruppe beschäftigen. Es können aus dem übertragenen Aufgabenkreis einzelne Arbeitsvorgänge entzogen und andere zugeteilt werden.

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