Schülerinnen und Schüler kompetent führen (E-Book, Neuausgabe)

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Schülerinnen und Schüler kompetent führen (E-Book, Neuausgabe)
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Albert Meier, Barbara Blanc, Heidi Keller-Lehmann, Jean-Paul Munsch, Ursula Ochsner, Esther Ruffo, Regula Schümperli

Schülerinnen und Schüler kompetent führen

Aufbau von grundlegenden Führungskompetenzen für Lehrpersonen. Ein Arbeitsheft.

Herausgegeben von Barbara Zumsteg, Albert Meier, Ernst Huber, Markus Brandenberg

ISBN Print: 978-3-0355-1260-1

ISBN E-Book: 978-3-0355-1261-8

Dieses Werk erschien von 2010 bis 2017 über die Publikationsstelle der Pädagogischen Hochschule Zürich (Verlag Pestalozzianum).

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com

Vorwort

Einleitung

Aufbau und Arbeitsvorschlag

Führungsverhalten

Einleitung

Übersicht

Fachwissen, Fachdiskurs

Erziehungsstile

Menschenbild

Disziplinverständnis

Vertrauen

Persönliches Führungsprofil

Biografische Erfahrungen und Haltungen

Erinnerung an eine Erziehungsperson

Mein Menschenbild

Mein Verständnis von Disziplin

Eine Vertrauensperson

Erinnerung an Führungspersonen

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung

Echtheit einer Lehrperson

Idealistisches oder realistisches Menschenbild

Spannungsfeld Disziplin

Schülerverhalten beobachten

Vertrauenswürdige Lehrpersonen

Strategien der Klassenführung

Gruppen im Klassenraum

Einleitung

Übersicht

Fachwissen, Fachdiskurs

Orientierung und Ambivalenz

Normen setzen und Wir-Gefühl entwickeln

Abschließen und Abschied nehmen

Definition und Funktion von Rollen

Stärken und Bedürfnisse im Rollenfeld

Rolle des pädagogischen Raumes

Biografische Erfahrungen und Haltungen

Neu in der Gruppe

Zusammenarbeit trotz Zielkonflikten

Eine Gruppe auflösen

Eigene Rollen

Eigene Verhaltensmuster in Gruppen

Mein Platz im schulischen Raum

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung

Erstkontakt mit Klassen

Gruppendynamik erkunden

Gruppenprozesse abschließen

Rollenverhalten von Schülerinnen und Schülern erkennen

Verhalten beim Führen von Schülergruppen

Wechselwirkungen zwischen Raum und Gruppe

Routinen, Regeln und Rituale (3 R)

Einleitung

Übersicht

Fachwissen, Fachdiskurs

Routinen

Regeln

Regeln erstellen

Regeln pflegen

Rituale

Biografische Erfahrungen und Haltungen

Erfahrene Wirkungen von Routinen

Erfahrene Wirkungen von Regeln

Partizipieren

Erlebte Konsequenzen

Erfahrene Wirkungen von Ritualen

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung

Authentische Routinen auswählen und bewerten

Authentische Regeln auswählen und bewerten

Regeln außerhalb des Schulzimmers

Regeln einführen

Wertschätzung und Anerkennung

Reaktionen auf Regelverletzungen

Authentische Rituale auswählen und bewerten

Persönliches Führungsverständnis

Führungsverhalten

Gruppen im Klassenraum

Routinen, Regeln und Rituale

Literatur

Autorinnen und Autoren der Pädagogischen Hochschule Zürich

Vorwort

Das vorliegende Arbeitsheft «Schülerinnen und Schüler kompetent führen» richtet sich hauptsächlich an Studierende des Lehrberufs aller Stufen der obligatorischen Schulzeit. Es eignet sich aber auch als Reflexionsinstrument zur Weiterentwicklung der eigenen Führungspraxis für erfahrene Lehrpersonen.

Mit seinem spezifischen Ansatz zum Aufbau von Führungskompetenzen und dem zugrunde liegenden Lernverständnis vereinigt es aktuelles Wissen zum Führen von Schülerinnen und Schülern. Das Autorenteam beschreibt Vorstellungen und Anleitungen, wie die kompetente Umsetzung dieser herausfordernden Berufsaufgabe kontinuierlich und auf ein eigenes Führungsprofil hin angegangen und erarbeitet werden kann. Grundlagen dazu bilden Auseinandersetzungen mit Vorwissen, Wissen, Erfahrungen, Haltungen sowie Selbst- und Fremdbeobachtungen.

 

Dies reicht jedoch nicht aus, um Schülerinnen und Schüler kompetent zu führen. Das Arbeitsheft versteht sich daher als Ausgangspunkt und Einführung, indem es Kernthemen aufgreift, Bezugsrahmen setzt und zum Beobachten, Handeln und Nachdenken auffordert.

Am Anfang stehen offene praxisrelevante Fragen – am Schluss ein persönliches, selbst erarbeitetes und kommunizierbares Führungsverständnis. Dieses soll eine zunehmend trag- und entwicklungsfähige Handlungsbasis für das Führen von Schülerinnen und Schülern im Berufsalltag sein – und damit auch einen Beitrag zur Freude am Beruf leisten.

Wir bedanken uns bei den Autorinnen und Autoren für ihr großes Engagement und ihre wertvolle Arbeit.

Das Herausgeberteam

Albert Meier, Markus Brandenberg, Ernst Huber, Barbara Zumsteg

Einleitung

Das vorliegende Heft wird Sie beim Aufbau von grundlegenden Führungskompetenzen in Ihrer Rolle als Lehrperson begleiten. Als Arbeitsheft konzipiert hilft es Ihnen, sich in die Thematik der Führung von Schülerinnen und Schülern einzudenken, und unterstützt Sie auf dem Weg zu einer eigenen Konzeption von Führung im Unterricht.

Das Führen von Lerngruppen (bis hin zu ganzen Schulklassen) verstehen wir dabei als einen zielgerichteten (z. B. Unterricht ermöglichen, Arbeitsfähigkeit herstellen, Sozialkompetenz aufbauen) und aktiven (z. B. eingreifen, vorsorgen, aushandeln) Prozess, der sowohl der Lehrperson als auch den Schülerinnen und Schülern eine hohe Leistung abverlangt und sich ständig und im guten Fall konstruktiv entwickelt.

Lehrpersonen sind in vielen Bereichen selbst «Geführte». In ihrer Rolle als Lehrperson sind sie aber auch institutionell mit Führungsaufgaben betraut und ausgestattet mit eigenen Führungskompetenzen gegenüber den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern. Schule ohne führungsgewandte Lehrpersonen kann keine hohe Qualität erlangen.

Fachliches Lernen gelingt nur optimal, wenn die dazu vorgesehene Zeit genutzt werden kann. Dazu führen Lehrpersonen verhaltenswirksame Regeln und Handlungsroutinen ein, von denen sie annehmen, dass sie Lernen begünstigen. Sie sorgen für deren Einhaltung. Sie versuchen vorausschauend Störungen im Unterricht zu verhindern und verfügen über ein Handlungsrepertoire, wie diese gegebenenfalls schnell und effizient zu beheben sind. Lehrpersonen führen, um Lernprozesse zu unterstützen.1

Ausgeprägte Führungskompetenzen sind zudem nötig, um mit Schülerinnen und Schülern an unterschiedlichen und individuellen Zielen arbeiten zu können und anspruchsvolle Lehr- und Lernarrangements einzusetzen.2

Kompetentes Führen ist eine Voraussetzung für den gezielten Aufbau von Sozialkompetenzen und die Gemeinschaftsbildung. Führen bedeutet in diesem Zusammenhang das bewusste Gestalten und Erleben von Regeln des Zusammenlebens. Das Schul- und Unterrichtsklima, ein wichtiges Qualitätsmerkmal einer guten Schule, wird durch die Lehrperson unter Mitgestaltung der Schülerinnen und Schüler geprägt.3

Kinder und Jugendliche jeden Alters handeln als Einzelpersonen oder als Gruppe nicht immer rücksichtsvoll. Mobbing und Ausgrenzungen sind auf allen Stufen und in allen Gruppenzusammensetzungen möglich. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz durch die Lehrperson. Kompetentes Führen garantiert dieses Recht so weit wie möglich.4

Schülerinnen und Schüler, die sich in der Schule sicher fühlen, mit Wertschätzung behandelt werden, in Klassen mit gutem Unterrichtsklima geschult werden, kommen gerne in die Schule. Sie haben es mit freundlichen und führungssicheren Erwachsenen zu tun, die mit ihrem fürsorglichen und die Gerechtigkeit sichernden Handeln stark zum Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler beitragen.5

Wenn es Lehrpersonen gelingt, ihre Schülerinnen und Schüler souverän, mit transparenten Regeln, situationsangepasst und wertschätzend zu führen, werden sie von ihnen als verbindliche Bezugspersonen wahrgenommen. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung steht dabei im Zentrum. Sie genießen bei Lernenden in der Regel eine höhere Akzeptanz, als wenn ihnen dies nicht gelingt.6

Mit dem Ziel, sich dem eigenen Kompetenzaufbau und der Kompetenzentwicklung in Führungsfragen zu widmen, bekunden Lehrpersonen die professionelle Absicht, Mitverantwortung für das Lernen ihrer Schülerinnen und Schüler und das Gelingen von Schule zu übernehmen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Kinder und Jugendliche jeden Alters ein Bedürfnis nach Führung haben, dass sie aber im Zusammenhang mit ihrer Entwicklung Führungsansprüche Dritter unterschiedlich gewichten und in unterschiedlichem Maß akzeptieren. Wie beispielsweise Gehorsam und Ungehorsam begründet werden oder in welchem Grad ein Führungsanspruch akzeptiert wird, hängt auch vom Alter der Kinder ab.7 Diese Tatsache ist im Schulkontext bedeutsam8 und muss demzufolge stufenspezifisch berücksichtigt werden.9

Die Führungsaufgabe fordert angehende, aber auch routinierte Lehrpersonen ständig heraus, sich mit ihrem Wissen, ihrem Verhalten, ihren subjektiven Haltungen, Erfahrungen, Beobachtungen, Handlungspräferenzen und -konsequenzen auseinanderzusetzen. Auf der Grundlage eines differenzierten Führungsverständnisses müssen Folgerungen, Ziele und Vorsätze, die daraus resultieren, in das eigene Führungshandeln transferiert werden.

Das Arbeitsheft greift diese Perspektive konsequent auf. Um handlungssteuernde subjektive Theorien bearbeitbar zu machen10, wird systematisch dazu aufgefordert, die eigenen biografisch bedingten Erfahrungen und Haltungen zu reflektieren. Es werden Vorschläge gemacht, wie das eigene und fremde Handeln im erzieherischen und schulischen Umfeld wahrgenommen und verarbeitet werden kann. Und schließlich werden zentrale Wissenselemente dargeboten, welche als Analyse- und Reflexionshilfen dienen sollen. Transferfragen erleichtern den Bezug zur Praxis des Führens. Die Arbeit mit diesem Arbeitsheft soll ferner eine Hilfe sein, weiterführende Fachliteratur und eigene Beobachtungen – aber auch Erfahrungen und Ratschläge von Kolleginnen und Kollegen – zunehmend als Fachperson zur Kenntnis zu nehmen, kritisch zu reflektieren und in das Planen und Handeln zu integrieren.

Es gibt allerdings kein Idealbild, wie Schülerinnen und Schülern zu führen sind. Wir haben es mit einer Vielzahl möglicher Handlungsoptionen zu tun, aus denen Lehrerinnen und Lehrer für sich selbst ein maßgeschneidertes Führungskonzept generieren müssen, das aus ihren Kompetenzen und Präferenzen11 bestehen wird und sich zugleich im Rahmen des Berufsauftrages bewegen muss. Es gibt auch keine einfachen Rezepte und Werkzeugkisten, aus denen man Instrumente wie Lob, Kritik, Bestrafung, Belohnung, Erzeugen von Schuldgefühlen, Ignorieren, Strafaufgaben, Humor usw. unbedacht herausnehmen und ohne Weiteres damit operieren kann.

Die Autorinnen und Autoren beschränken sich inhaltlich auf wenige zentrale Aspekte: Führungsverhalten als Schwerpunktthema sowie die Themen Gruppen im Klassenraum und Regeln, Routinen, Rituale. Sie gehen davon aus, dass diese geeignet sind, das herausfordernde Berufsfeld «Schülerinnen und Schüler führen» thematisch zu eröffnen, und dass sie gleichzeitig eine Grundlage für erweiternde und vertiefte Auseinandersetzungen bieten. Sie rechnen damit, dass Themengebiete wie Kommunikation, Konfliktbearbeitung, Intervention u. a. flankierend bearbeitet werden, im Vorfeld oder im Anschluss an die Arbeit mit diesem Heft.


Täglich treten Lehrpersonen im Schulfeld den Beweis an, dass Führen gelingen kann und mit Freude an der Arbeit einhergeht. Sie haben ein eigenes Führungsprofil entwickelt, das sich durch ihre persönlichen Stärken, ihr Hintergrundwissen und ihre reflektierten Erfahrungen auszeichnet. Sie haben dort begonnen, wo sie auf der Basis ihrer Ressourcen den größten Erfolg vermuteten, und haben sich darauf aufbauend ständig weiterentwickelt.12 Sie wissen zugleich, dass auch kompetentes Führungshandeln an Grenzen stoßen kann.

Führungsarbeit, die sich an einem persönlichen, gewachsenen Konzept orientiert, und eine überraschungsoffene Grundhaltung13 sind die besten Voraussetzungen, um sich beim Unterrichten in einen gemeinsamen Lernprozess zu begeben, der für alle Seiten gewinnbringend ist.