Unter der Sonne geboren, 1. Teil

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Unter der Sonne geboren, 1. Teil
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Walter Brendel

Unter der Sonne geboren

1. Teil

Unter der Sonne geboren

Walter Brendel

1. Teil

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Übersetzer: © Copyright by August Zoller

Illustrationen: © Copyright by Gunter Pirntke

Verlag: Das historische Buch, 2021

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Der kleine König

Einleitung

Die Bereiter des Weges Ludwigs XIV.

Kindheit

Der verhasste Vater

Die geliebte Mutter

Der Pate

Königin-Mutter und Kardinal

Die Erziehung des kleinen Königs

Der junge König

Die Pocken

Bürgerkrieg

Fronde

Die königliche Großjährigkeit

Die Machtkämpfe gehen weiter und der König stirbt fast

Hat der Pate versagt?

Königlicher Sexualunterricht

Die erste Vaterschaft

Der kleine König
Einleitung

Was die umfangreichen Recherchen und die Auswertung der vorhandenen Literatur ergaben, soll den verehrten Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten werden. Es wird ein Personenbild des „Sonnenkönigs“ voller Widersprüche sein, aber auch das Porträt eines Mannes, der Frankreich zur führenden Nation in Europa des 17./18.Jahrhunderts führte und dessen politisches Erbe seine Nachfolger verspielten. Es ist aber auch ein Sittengemälde einer längst vergangenen Epoche.

Wie kam es zu den Namen „Sonnenkönig“? Der schmeichlerische Beiname des „Roi Soleil“, des „Sonnenkönigs“, wurde Ludwig XIV. von Frankreich schon zu Lebzeiten angetragen, und Ludwig tat auch alles, um diesem Bild gerecht zu werden. Sonnenbilder und Sonnengötter wie Apoll sind überall im Schloss Versailles zu finden, und wenn Ludwig die Bühne seines Hoftheaters mit seinen allerhöchsten Auftritten beehrte, dann geschah dies selbstverständlich in der Maske der Sonne.

Was hat die Sonne aber mit Ludwig zu tun?

Nun, dass ist Naheliegend: Die Sonne gibt es nur einmal, und als der eine, der größte König, der alle anderen Herrscher überstrahlt, so wollte Ludwig auch in die Geschichtsbücher eingehen.

Das Sinnbild der Sonne bietet aber auch noch andere Parallelen: Die Sonne ist die Quelle von Licht und Wärme, ja des Lebens schlechthin, und von der Sonne ausgeschlossen zu sein, bedeutet so viel wie den Tod. Als Spender aller Würden und allen Ansehens erhob sich nun Ludwig und es gelang ihm etwas Einzigartiges in der Geschichte: Der früher so eigenwillige bis aufmüpfige Adel Frankreichs kuschte am Königshof und modifizierte seinen Rebellengeist zu subtilen Intrigen um die (hof)weltbewegende Frage, wer denn heute den Nachttopf des Königs ausleeren durfte...

Allerdings sah Ludwig seine Rolle als Sonne nicht ausschließlich auf die eigene Person begrenzt: Im Glanz seiner „Sonne“ sollte sein ganzes Land leuchten, sollten Kunst und Gewerbe, Handel, Landwirtschaft und Kultur erblühen. Nur in solcher Widerspiegelung würde der „Sonne“ die wahre Verehrung zuteil, würden sich auch die Menschen anderer Länder nach ihrer Wärme sehnen! Wenn jedoch Nachbarn - oder gar die eigenen Untertanen - es wagten, sich der „Sonne“ zu widersetzen, dann suchte sie die Widerspenstigen mit der vollen Hitze ihrer kriegerischen Macht zu vernichten - und merkte nicht, dass sie damit ihr eigenes Land verbrannte.

Kriege und Repräsentation häuften einen Schuldenberg an, der sich allmählich vor die warmen Strahlen schob. Die Schatten über Frankreich wurden länger und kälter. Und kälter wurde es auch um den Sonnenkönig selbst, der einen Nachfolger nach dem anderen zu Grabe tragen musste. Als sein schwach gewordenes Licht schließlich erlosch, da packte die Franzosen keineswegs Verzweiflung ob des herben Verlustes, sondern blanke Wut, und statt Segenswünsche flogen Steine und Flüche auf den Sarg des vierzehnten Ludwig. Dass die Monarchie in einer blutigen Revolution unterging, kann nicht verwundern; überraschend ist höchstens, dass nach Ludwigs Tod bis dahin noch mehr als 70 Jahre vergingen.

Und trotz des Schattenreiches, das er hinterließ, hat es Ludwig XIV geschafft, der eine und einzige Sonnenkönig zu bleiben. Wenn man von einer „großen Zeit“ der „Grande Nation“ spricht, dann denkt man in erster Linie an das spätere 17. Jahrhundert. Die königliche Sonne hat sich in unser Gedächtnis eingebrannt, doch wenn man ihre Geschichte erzählt, dann darf man auch nicht die Schatten vergessen, die ihr grelles Licht geworfen hat. Das Hofleben von Versailles zu schildern, die Gemälde zu betrachten, die Kostüme zu bewundern - das gehört zweifellos zu den großen historischen Vergnügen und es ist ungetrübt, da wir nicht in der Vergangenheit leben müssen...

Die Bereiter des Weges Ludwigs XIV.

Am 14. Mai 1610 wurde in Paris der „gute König Henri“ auf offener Straße ermordet. Heinrich IV. hatte die unseligen Religionskriege beendet, die Autorität des Königtums wiederhergestellt, die neue Dynastie der Bourbonen gesichert. Und er hatte die Grundlagen einer „Grandeur“ Frankreichs geschaffen, die dann sein Enkel Ludwig XIV. perfekt verkörperte.

Heinrich IV.

Fünf Monate nach dem spektakulären Königsmord wird der neunjährige Ludwig XIII. in Reims gesalbt. Die Regentschaft fällt seiner Mutter, der 37jährigen Maria von Medici, zu. Am Hof fürchtet man die Herrschaft ihrer „Florentiner Clique“. Hatte sich Heinrich IV. den protestantischen Fürsten in Deutschland gegen die Habsburger in Wien und in Madrid angenähert, so wendet sich seine Witwe den erzkatholischen Spaniern zu. Ludwig XIII. wird der Tochter König Philipps III. versprochen, Anna von Österreich, die trotz ihres Namens eine Spanierin ist.

„Der Adel, der im Krieg dem Staat nicht dient, ist nicht nur unnütz, sondern eine Belastung. (Richelieu: „Politisches Testament“, um 1640)

Die innenpolitische Lage in Frankreich ist instabil, und Maria von Medici bemüht sich, die Monarchie in all ihrem Glanz darzustellen: Sie organisiert prunkvolle Feste zur Erklärung der Volljährigkeit ihres Sohnes und für seinen Einzug in Paris. 1614 werden zudem „Generalstände“ abgehalten - eine Versammlung der Vertreter von Adel, Klerus und Bürgertum. Es sind die letzten Generalstände vor der Revolution von 1789. Die „absolutistischen“ Könige werden sie nicht mehr benötigen. Jetzt allerdings prallen die unterschiedlichen Interessen von Adel, Klerus/Kirche und Bürgerschaft noch einmal aufeinander. Der Dritte Stand macht deutlich: „Was zählen, ohne die Arbeit des gemeinen Volkes, der Kirche ihr Zehnter, dem hohen Adel seine Besitztümer...?“ Wegen der Klarheit seiner Diskussionsbeiträge wird man auf einen Vertreter der Geistlichkeit aufmerksam, den jungen Bischof von Lucon, Monseigneur de Richelieu.

Maria de’ Medici, war die zweite Frau des französischen Königs Heinrich IV. und Mutter Ludwigs XIII.

Nach der Ermordung Heinrichs 1610 übernahm sie für mehrere Jahre die Regentschaft für den noch unmündigen Kronprinzen.

Maria von Medici

Sie betrieb im Gegensatz zu ihrem Mann und Vorgänger unter der Leitung zweier Günstlinge aus dem italienischen Gefolge, Leonora Dori Galigaï und Concino Concini, eine spanienfreundliche Politik. Sichtbarstes Zeichen war 1615 die Doppelhochzeit ihrer beiden ältesten Kinder: Ludwig mit der spanischen Prinzessin Anna von Österreich und Elisabeth mit dem spanischen Thronfolger, dem späteren Philipp IV. von Spanien.

Anlässlich der Erklärung der Volljährigkeit Ludwigs und auf Druck von Heinrich II. von Bourbon, Prince de Condé, dem nächsten Anwärter auf den französischen Thron, wurden 1614 – zum letzten Mal vor 1788/89 – die Generalstände einberufen. Der junge König wurde gleichwohl als „das kindischste Kind“ von der Regierung und dem Rat ferngehalten. Die Generalstände wurden die erste öffentliche Plattform für Jean Armand du Plessis, den ehrgeizigen Bischof von Luçon und späteren Kardinal Richelieu.

Am Hof hielt man Ludwig XIII. für einen unfähigen Idioten. Umso größer war die Überraschung, als der kaum sechzehnjährige König am 24. April 1617 Concino Concini ermorden ließ und die Macht an sich riss. Seine Mutter schickte er in die Verbannung nach Blois. Der vormalige Falkner des Königs, Charles d’Albert de Luynes übernahm Titel, Besitz und Position des Ermordeten und wurde bald ebenso unbeliebt.

 

Concino Concini, marquis d’Ancre, auch bekannt als Marschall d’Ancre, war der einflussreichste Mann in Frankreich während der Regentschaft Maria de’ Medicis. Der italienische Abenteurer kam im Hofstaat der Königin Maria de’ Medici nach Paris. 1601 heiratete er ihre Ziehschwester und Hofdame Leonora Dori Galigaï. Sein Einfluss auf die Königin war so groß, dass Heinrich IV. mehrfach drohte, ihn in die Verbannung zu schicken.

Nach Heinrichs Ermordung stieg er zum wichtigsten Berater der Regentin auf und wurde von ihr mit Gunstbeweisen überschüttet. Er brachte Adel und Bevölkerung gegen sich auf, da er sich auf ihre Kosten massiv bereicherte.

Den jungen Ludwig XIII. gängelte er und hielt ihn, auch nachdem Ludwig zum König gekrönt wurde, von jeglichen Staatsgeschäften fern.

Ludwig XIII. entwickelte eine stetig wachsende Abneigung gegen den arroganten Emporkömmling, und im Jahre 1617 verhalf der Favorit Ludwigs, Charles d’Albert, duc de Luynes, seinem Schützling zur Macht, indem er Concini von der Palastwache verhaften ließ. Als dieser um Hilfe rief, wurde sein Verhalten als Widerstand interpretiert, und er auf der Brücke zum Louvre erschossen.

Maria de’ Medici wurde in der Verbannung der Kristallationspunkt für alle Versuche des Hochadels, die Königsmacht zu schwächen, geschickt. 1620 schlug Ludwig mit Waffengewalt eine Verschwörung nieder, in der seine Mutter und der Herzog von Épernon im Mittelpunkt standen. In den darauf folgenden Friedensverhandlungen zwischen Mutter und Sohn machte sich der Bischof von Luçon unentbehrlich. 1621 gelang ihr die Rückkehr an den Hof. Im selben Jahr starb der zum Oberbefehlshaber ernannte, aber glücklos kämpfende Luynes während des Feldzugs gegen die aufständischen Hugenotten in Südfrankreich.

Ludwig XIII.

Ludwig XIII. schwor nach dem Versagen seines Favoriten, Herzensangelegenheiten und Regierungsgeschäfte zu trennen. Maria de’ Medici gewann zunehmend an Einfluss. Sie kehrte in den Kronrat zurück und konnte schließlich den Widerstand des jungen Königs gegen die Berufung ihres Vertrauten und Beraters, du Plessis, in den Kronrat überwinden. Ihre Hoffnung und die Erwartungen aller Beobachter, dass ihr Einfluss und die prospanische Politik dadurch Auftrieb erhielten, wurden jedoch nicht erfüllt.

Maria de’ Medici drängte nach schweren Erkrankungen des Königs auf den Feldzügen gegen La Rochelle und Savoyen auf die Entlassung des Ministers. Am 10. November 1630 kam es zum offenen Bruch zwischen Maria de’ Medici und dem Kardinal. Sie forderte ihren verzweifelt vermittelnden Sohn auf, zwischen Mutter und Minister zu wählen. Einen Tag lang wähnten sich alle Gegner des Kardinals als Sieger. Dann entschied Ludwig XIII. gegen seine Mutter. Ihre Berater wurden verhaftet; am 23. Februar 1631 wurde Maria de’ Medici in die lebenslange Verbannung geschickt.

Concini war aber auch der Mann, durch den Maria de’ Medici auf den jungen Richelieu aufmerksam wurde.

Ludwig XIII. ist erbost, dass ihn seine Mutter praktisch von der Regierung fernhält.

Es kommt zum Hauen und Stechen in Frankreich. 1622 wird Richelieu Kardinal und tritt 1624 dem Rat des Königs bei, dem er bald vorsteht. Von Anfang an hat Richelieu seine Wahl getroffen: Er dient dem König und damit Frankreich. Die Legende zeichnet einen schwachen, vom großen Kardinal gelenkten Ludwig XIII. Sie ist falsch - der König lässt seinen „Prinzipalminister“ allein wegen seiner Fähigkeiten handeln. Richelieu will, dass der ganze zerstrittene, aufgeblasene, stolze Adel nur einen Dienst kennt: den des Königs. Wenn er per Gesetz Duelle verbietet, dann einzig deshalb, weil ein Adeliger künftig nur aus einem Grund frühzeitig sterben darf (und soll): im Dienst seines Königs... Der Kardinal hat aber auch die Religionsfrage ungelöst geerbt. Nach neuen Rebellionen führen die Einnahme der Hafenstadt La Rochelle (1628) und die Vernichtung der Hugenotten im Süden zum „Gnadenfrieden von Ales“ (1629). Darin werden zwar die religiösen Freiheiten der Reformierten bestätigt; ihr „Staat im Staat“ aber wird zerschlagen.

Armand Jean du Plessis, Herzog von Richelieu, eigentlich für den „Dienst in Waffen“ vorgesehen, wird nach dem Verzicht seines Bruders Bischof von Lucon (1607). Er verwaltet seine Diözese energisch und wird Abgesandter des Klerus bei den Generalständen von 1614. Maria von Medici wird auf ihn aufmerksam; 1616 wird er Staatssekretär, 1622 Kardinal. Nach dem Bruch Ludwigs XIII. mit seiner Mutter folgt er Maria von Medici ins „Exil“, spielt eine wichtige Rolle bei der Versöhnung mit dem König und tritt 1624 dem königlichen Rat bei. Richelieu bleibt bis zu seinem Tod Mini-ster und verfolgt zwei Ziele: Die Stärkung der königlichen Autorität und die Förderung der Vorherrschaft Frankreichs in Europa.

Kardinal Richelieu

Bis 1629 hat Richelieus Aufmerksamkeit der Herstellung von Ruhe und Ordnung im Königreich gegolten. Jetzt gewinnt die Außenpolitik Priorität. Richelieu wendet sich gegen Habsburg, das in Deutschland und in Spanien herrscht und Frankreich „umklammert“. Das ist ein altes Trauma Frankreichs, aus der Zeit von Franz I. (1515-1547) herrührend.

Bei Hofe stehen sich nun die Parteien der Königsmutter Maria von Medici und des Kardinals gegenüber; Intrigen und Komplotte sind an der Tagesordnung. Jeder weiß: Einer von beiden - Maria oder Richelieu - wird gehen müssen. Am 12. November 1630 wird der Kardinal nach einem dramatischen Showdown öffentlich in seinen Ämtern bestätigt. All jene, die zu früh über seinen Sturz frohlockt haben, beißen politisch ins Gras; man spricht vom „Tag der Düpierten“.

Richelieu weiß, dass Frankreich für einen Krieg nicht hinreichend gewappnet ist. An vielen Fronten - in Spanien, Deutschland, den Niederlanden - führt er deshalb einen „verdeckten Krieg“, unterstützt alle, die sich von Habsburg bedrängt fühlen. Erst 1635 kommt es mit Spanien, 1636 mit dem Deutschen Reich zum offenen Krieg.

Die Kosten sind enorm, die Staatskassen erschöpft. Richelieu reagiert mit einer durchgreifenden Verwaltungsreform und setzt im ganzen Königreich „Intendanten“ ein, Berufsbeamte mit weitreichenden Kompetenzen und dem Auftrag, die Autorität des Königs durchzusetzen, Steuern einzutreiben und die „guten Städte“ des Königs nicht nur zu verwalten, sondern auch prächtig - wie es sich für einen großen Herrscher gehört - zu gestalten.

Das gefällt den lokalen Adelsherren natürlich nicht. Es gibt Revolten, aber letztlich stellt Frankreich seinem König Finanzmittel zur Verfügung, wie sie kein anderer Monarch in Europa erhält. Schon zu Zeiten von Kaiser Karl V. hatte man halb bewundernd, halb neidisch bemerkt, wie diese Franzosen - murrend zwar, aber letztlich solidarisch - zu ihrem König standen. Frankreich ist auch reich. Es zählt 20 Millionen Einwohner (mehr als England, Italien und Spanien zusammen). Seine Wirtschaftskraft ist stark genug, die steigen-den Bedürfnisse des nun mehr und mehr auf Paris hin ausgerichteten Staates zu befriedigen.

Die eigentliche Bedrohung kommt von den geschwächten großen Herren aus den Provinzen, aber auch aus der Mitte der königlichen Familie, die sich vom Kardinal in ihren Interessen verletzt sieht. Zahllose Komplotte werden gegen Richelieu geschmiedet – alle scheitern an der Rückendeckung durch Ludwig XIII. und an dem Netzwerk von Günstlingen, das er geschaffen hat. Viele sind – und in den Augen der Zeit ist das keine Beleidigung - „seine Kreaturen“: effiziente Diener des Staates, die um den Monarchen eines neuen Typus herum entstanden sind, manche von ihnen wahre „Musketiere des Königs“.

Richelieu stirbt im Dezember 1642, im März 1643 folgt der König. Sein Sohn und Nachfolger Ludwig XIV. ist erst vier Jahre alt.

Die Witwe Ludwigs XIII. wird Vormund des kleinen Thronfolgers. Zum Erstaunen vieler wählt Anna als Nachfolger Richelieus dessen Vertrauten Giulio Mazarin(i), der seit 1641 Kardinal ist, ohne je Priester gewesen zu sein. Frankreichs Zukunft, so sagen ihre Widersacher, läge nun in den Händen einer spanischen Regentin und eines italienischen Ministers - beide „Ausländer“, beide katholisch.

Königin-Witwe Anna von Österreich

Kindheit

Kardinal Richelieu, der große Staatsmann ist tot. Der König liegt im Sterben. In Frankreich rumort es. Der Adel strebt zur alleinigen Macht, das Parlement will mehr Einfluss, das Volk stöhnt unter den Steuern, Katholiken und Hugenotten liefern sich blutige Schlach-ten. Das Chaos ist vorprogrammiert oder? Kann es einen neuen Richelieu oder gar einen neuen, besseren König geben……?

Ludwig XIV. wurde am 5. September 1638 in der französischen Residenzstadt Saint-Germain-en-Laye geboren.

Das Schloss Saint-Germain-en-Laye ist eine Schlossanlage in der französischen Stadt Saint-Germain-en-Laye im Département Yvelines etwa 19 Kilometer westlich von Paris. Seit seiner Errichtung als Burg im 13. Jahrhundert diente es bis in das 17. Jahrhundert als Residenz der französischen Könige, ehe Ludwig XIV. 1682 mit sei-nem Hof nach Versailles umzog.

Eigentlich hatte keiner mehr damit gerechnet, dass aus der Ehe zwischen Ludwig XIII. und Anna von Österreich noch Kinder entstehen.

Das Paar, das unterschiedlicher nicht sein konnte, lebte in verschiedenen Welten. Ludwig bevorzugte die Jagd und wohl auch die Jäger. Anna war dem Theater Tanz und der leichten Muse zugetan.

Ludwig XIV. als Zehnjähriger

Nach dreiundzwanzig Jahren unfruchtbarer Ehe in wachsender Verbitterung kam es am 5. Dezember 1637 zu einer schicksalhaften Begegnung der Eheleute. Der König der eigentlich auf dem Weg in sein Jagdschloss war musste wegen eines Unwetters seine Reise unterbrechen und im Louvre übernachten. Dort hatte sich die Königin für den Winter eingerichtet. Zur damaligen Zeit wurden die Schlösser nur dann möbliert wenn der König anreiste sonst standen sie meist leer. Der König sah sich also gezwungen das einzige vorhandene Bett aufzusuchen, das der Königin. Neun Monate später brachte Anna von Österreich im Alter von achtunddreißig Jahren ihr erstes Kind den Dauphin Ludwig XIV. zur Welt der jedoch bei der Geburt so schwach war, dass sofort eine Nottaufe vollzogen werden musste.

So glücklich der König sich über sie Geburt des Stammhalters zeigte so wenig nahm er Anteil an seinem Leben. Der Grund für sein mangelndes Interesse an seinem Sohn war Ludwigs neuer Favorit Henri Cinq-Mars. In dieser Zeit gebar Anna trotz der homosexuellen Phase ihres Mannes am 5. September 1640 ihren zweiten Sohn Philipp.

Das Verhältnis des Königspaars verbesserte sich dadurch zwar nicht, aber aus der kinderlosen, leicht angreifbaren Spanierin mit ungewisser Zukunft war die Mutter des zukünftigen französischen Königs geworden, und das festigte ihre Stellung ungemein. Anders als bei den Beziehungen Katharinas zu ihren Kindern oder gar Marias zu ihrem Sohn entwickelte sich zwischen Anna und dem kleinen Ludwig ein inniges Mutter-Kind-Verhältnis. Im Gegensatz zu Katharina und Maria von Medici war die spanische Königstochter allerdings auch selbst in einer harmonischen Familie aufgewachsen. Ausdrücklich riet Anna den Erziehern, das Kind nur im äußersten Notfall auszupeitschen und dann darauf zu achten, dass es keine anderen Zeugen gab, um es nicht unnötig zu beschämen. Tatsächlich war Hausarrest die schlimmste in der Erziehung des Dauphins jemals angewandte Strafe, und Anna zog es ohnehin vor, ihn durch gutes Zureden und vernünftige Erklärungen zu überzeugen.

Kinderporträt Philippes (rechts) und seines Bruders Ludwig

Von Geburt an war Ludwig ein mürrisches Kind gewesen, das stundenlang schrie und den ständig wechselnden Ammen mit seinen Kiefern die Brüste zerfetzte, da es ja unstatthaft war, dass eine Königin selbst stillte. Die Geburt des jüngeren Bruders hatte seine Unzufriedenheit noch verstärkt: Philippe, der schon als Säugling die Herzen eroberte, der so früh lachte und den alle liebten, obwohl er doch niemals König sein würde wie Ludwig, der sich seiner künftigen Erhabenheit bereits bewusst war, als er noch in Mädchentracht bei den Frauen erzogen wurde.