Kasan via Moskau

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Kasan via Moskau
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© 2018 Ute Wiegand

1. Auflage

Umschlaggestaltung, Illustration: BookDesigns, Potsdam

Autor und Herausgeber: Ute Wiegand

Verlag und Druck: epubli GmbH, Berlin

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

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Vorwort und Einführung

KASAN

1. Etappensiege und Stolpersteine oder: Kurzer historischer Überblick

2. Superstars oder: Die Persönlichkeiten der Stadt

3. Streifzug oder: Touristische Highlights

4. Ausflüge oder: Etwas abschweifen

5. Fanmeile oder: Infos zu den Fußballstätten

6. Am Ball bleiben oder: Ihr Navi durch den öffentlichen Verkehr

7. Pfad der Erleuchtung oder: Praktische Tipps

8. Immer der Nase nach oder: Schnurstracks zum leiblichen Wohl

9. Abseits und Absacker oder: Tipps zum Ausgehen

10. Kinderspiel mit Luftsprung oder: Shoppen

MOSKAU

1. Etappensiege und Stolpersteine oder: Kurzer historischer Überblick

2. Superstars oder: Die Persönlichkeiten der Stadt

3. Streifzug oder: Touristische Highlights

4. Ausflüge oder: Etwas abschweifen

5. Fanmeile oder: Infos zu den Fußballstätten

6. Am Ball bleiben oder: Ihr Navi durch den öffentlichen Verkehr

7. Pfad der Erleuchtung oder: Praktische Tipps

8. Immer der Nase nach oder: Schnurstracks zum leiblichen Wohl

9. Abseits und Absacker oder: Tipps zum Ausgehen

10. Kinderspiel mit Luftsprung oder: Shoppen

Vorwort und Einführung

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Mein herzlicher Dank gilt Nina und Vlada aus Kasan. Ohne die Ortskenntnisse und Hilfsbereitschaft dieser beiden netten Russinnen wäre dieser Führer nie zustande gekommen! Mein Dank gilt ferner den Mitarbeiterinnen des Tourismusbüros in Kasan, die mich mit vielen wertvollen Informationen versorgt haben.

Zwei Städte stehen im Fokus dieses Reiseführers: KASAN und MOSKAU. Kasan steht im Mittelpunkt, weil es bisher eher wenig über diese tolle Stadt zu lesen gibt, Moskau, weil man die beiden Städte wunderbar verbinden kann und sollte, wenn man sich schon einmal auf die Reise nach Russland begibt.

Moskau und Kasan waren bereits unter den vier Städten des Konföderationen-Cup 2017, den Deutschland gewonnen hat, und unter den elf Städten der Fußballweltmeisterschaft 2018. Für diese sportlichen Großereignisse wurden die Städte gründlich aufpoliert. Daher ist jetzt auch ein guter Moment, um nach Russland zu reisen!

Vielleicht haben Sie schon das offizielle Poster der WM 2018 entdeckt: Zu sehen ist der bereits 1990 verstorbene Lew Jaschin, russischer Torwart (Dynamo Moskau) bei den Weltmeisterschaften 1958, 1962 und 1966. Er erhielt 1963 den „Goldenen Ball“.


Russland – die „Russische Föderation“

Als Peter der Große (1682–1725) die Niederlande besuchte, entschied er sich, die dortigen Landesfarben Weiß, Blau, Rot auch für die russische Flagge zu verwenden. Mit den Farben werden Frieden, Glauben und Energie assoziiert.

Auch die Wurzeln Russlands liegen im europäischen Teil des heutigen Landes: Seit dem 6. Jahrhundert dringen die Waräger aus Schweden in das ostslawische Gebiet vor und errichten Siedlungen. 879 gründet der Warägerfürst Rurik „Nowgorod“. Als sein Nachfolger Oleg 882 Kiew erobert und mit Nowgorod vereinigt, entsteht das ostslawische Staatsgebilde „Kiewer Rus“, die Keimzelle Russlands.

988 lässt sich Wladimir I. in Kiew taufen und führt damit das Christentum ein. Alle anderen Gebiete des russischen Reiches, vor allem im asiatischen Raum, kamen später dazu.

Heute ist das flächenmäßig größte Land der Erde, das etwa 11,4 % der Landfläche unseres Planeten bedeckt, ein Vielvölkerstaat mit 130 Nationen. Mehr als 80 % seiner 143 Millionen Einwohner leben in dem viel kleineren europäischen Teil des Landes. So sind wir also geografisch und historisch schon lange mit Russland verwoben. Sportliche Großereignisse bieten eine gute Gelegenheit, dieses faszinierende und bedeutende Land näher kennenzulernen.

Dieser Reiseführer soll Sie dabei unterstützen. Auf seiner Fahne steht: Begeisterung entfachen für Sport, Land und Leute.

Apropos Riesenreich:

Das flächenmäßig größte Land der Erde gliedert sich in über 80 sogenannte Subjekte. Darunter versteht man Städte, Regionen und 21 Republiken. Republiken sind dabei die Einheiten, in denen mehrheitlich nichtrussische Völker leben wie zum Beispiel in den Republiken Tschetschenien oder Tatarstan.

Ein Fremdenführer verglich einmal Russland mit einem Fisch:

„Der Kopf ist Europa, die Kiemen sind der Ural, der lange hintere Rest ist Asien.“

Um die Struktur zu verdeutlichen: Moskau und Sankt Petersburg sind Städte mit Subjektcharakter, Sotschi gehört zur Region Krasnodar, ein Subjekt, Kasan ist Hauptstadt der Republik Tatarstan, ein weiteres Subjekt.

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Durch die FIFA-Fußballweltmeisterschaft ist Kasan stärker in den Mittelpunkt des Interesses der Menschen auch außerhalb Russlands gerückt. Aber Fußball hin oder her: Kasan ist immer eine Reise wert, jede Wette! Bei meinen verschiedenen Besuchen der Stadt konnte ich erfreulicherweise sehen, wie Kasan zunehmend an Glanz gewinnt. Jedenfalls war es eine gute Entscheidung, sich mit diesem persönlichen Führer schon einmal einzustimmen.

Kasan ist die Hauptstadt der Republik Tatarstan und auch weltweit die Hauptstadt der Tataren. 800 Kilometer östlich von Moskau zwischen Wolga und Uralgebirge gelegen, leben hier 1,2 Mio. Menschen, etwa zur Hälfte Russen und Tataren sowie kleinere Minderheiten. Diese Bevölkerungszusammensetzung spiegelt sich auch im Stadtbild wider: Moscheen und orthodoxe Kirchen sorgen für eine lebendige Mischung der Bauwerke. Im Kreml symbolisiert die Nähe der orthodoxen Kirche zur Moschee die Einheit des russischen und tatarischen Volkes und die bisher im Allgemeinen friedliche Koexistenz beider Bevölkerungsgruppen.

Neben seinem bewundernswerten Markenzeichen „Welt-religionen in seltener Harmonie“ hat Kasan noch viele andere Trümpfe: wichtige Industriezweige wie Luftfahrtindustrie, Schiffbau, Öl- und Chemieindustrie und Automobilbau – vor den Sanktionen gegen Russland gab es hier auch viele deutsche Unternehmen –, Hochschulen, ein reiches historisch-kulturelles Erbe, Architektur aus Moderne und Vergangenheit, Kunst in allen Facetten, internationale Sportevents wie die Sommeruniversiade 2013, die FINA-Schwimmweltmeister-schaften 2015 oder die FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2018 ... Das alles kann Kasan.

Erfreulicherweise steigen auch die Touristenzahlen: Kamen 2015 1,7 Mio. Besucher, waren es 2016 schon 2,5 Mio. Besucher.

Interessanterweise spazieren Sie auch auf den Spuren deutscher Bewohner: ob der ehemalige Besitzer der alten Apotheke in der Baumanstraße, ob der Mediziner und Professor Karl Fuchs, ob Katharina die Große oder die evangelische Kirchengemeinde, ob die Architekten Konstantin Thon, Karl Müfke oder Heinrich Rusch, deren Vorfahren aus Deutschland stammten, oder Alexander von Humboldt, der 1929 nach Kasan kam und sich mit Karl Fuchs traf ... Schon vor langer Zeit zog es Deutsche nach Kasan. Sie sind also doch nicht die ersten und sicherlich auch nicht die letzen, die sich aufmachen nach Tatarstan. Trotzdem: Schön, dass Sie gekommen sind! Willkommen und добрόпожа́ловать!

 

Apropos Alexander von Humboldt:

Im Auftrag des Zaren Nikolaus I. unternahm Alexander von Humboldt 1829 eine Expedition nach Russland. Es sollte seine letzte sein. Der Zar finanzierte die Reise, weil er von Humboldt mehr über die Bodenschätze in seinem Reich erfahren wollte, insbesondere über die Vorkommen von Gold, Platin und Diamanten. Im 18 Jahrhundert war Russland einer der größten Erz-exporteure und Eisenproduzenten Europas, doch das industrialisierte England hatte es längst überholt. Schuld daran waren veraltete Fördermethoden, aber auch die Erschöpfung einiger Bergwerke.

Seine Reise führte Humboldt von Sankt Petersburg nach Moskau und weiter ostwärts nach Sibirien. Auf dieser Route besuchte er auch Kasan. Wie man durch die Reiseberichte von Humboldt erfährt (A. v. Humboldt: Reise durchs Baltikum nach Russland und Sibirien 1829, aufgezeichnet von Hanno Beck) zählte Kasan damals 50.000 Einwohner, wovon ein Drittel Tataren waren. Die Holzhäuser der Stadt hatten nur ein Stockwerk und häufig einen Garten. Schließlich fand Humboldt aufgrund seines geologischen Wissens erstmals auch Diamanten in Russland (aus: Andrea Wulf, Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, Bertelsmann, 2016).

Die Republik Tatarstan

Lage/Klima

Die Republik Tatarstan liegt inmitten des europäischen Teils Russlands noch vor dem Uralgebirge. Die geografische Lage machte die Region schon immer zur Handelsdrehscheibe Nord-Süd und West-Ost. Das Klima ist gemäßigt kontinental mit warmen Sommern und kalten bis strengen Wintern.

Bevölkerung

Im engeren Sinne umfasst der Begriff „Tataren“ heute mehrere verwandte Turkvölker, die im eurasischen Raum siedeln. Von den weltweit 8 Mio. Tataren leben 5,8 Mio. in Russland und davon mehr als 2 Mio. in der Republik Tatarstan. Heute sind die Tataren die zweitstärkste Bevölkerungsgruppe der Russischen Föderation.

Sprache

Auch wenn das Russische Alltagssprache ist, ist die tatarische Sprache – eine mit dem Türkischen verwandte Turksprache – laut der Verfassung der Republik Tatarstan gleichberechtigte Amtssprache.

Religion

Die Religion der Tataren ist der Islam. Die praktische Ausübung der Religion wird in Kasan liberal gehandhabt. Die russische Bevölkerungsgruppe gehört dem russisch-orthodoxen Glauben an.

Etappensiege und Stolpersteine

oder: Kurzer historischer Überblick

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Wussten Sie, dass zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert auf dem heutigen Gebiet Tatarstans bereits ein Staat mit dem Namen Wolgabulgarien bestand? Und wussten Sie, dass dieser Staat zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert ein hochentwickeltes Handels- und Handwerkszentrum mit blühender Landwirtschaft war? Darauf können die Tataren als Nachkommen der Wolgabulgaren auch heute noch stolz sein.

922 wurde der Islam offizielle Religion. Die erste schriftliche Erwähnung Kasans stammt aus 1177. Wolgabulgarien nutzt sowohl die Seidenstraße als auch die Wolgaroute und entwickelt sich zu einem internationalen Handelszentrum (Leder, Pelze, Eisenwaren, Gold- und Silberschmiedekunst). Über die Seidenstraße wurden südlich von Russland auf einem Netzwerk verschiedener Routen zwischen China über die zentralasiatischen Länder und der Türkei Waren ausgetauscht. Die Wolgaroute verlief vom Norden Russlands bis zum Kaspischen Meer.

1236 unterwirft Batu Khan, Enkel des legendären mongolischen Herrschers Dschingis Khan, mit seiner Goldenen Horde die Wolgabulgaren, die damit ihre Unabhängigkeit verlieren.

1445 entsteht nach dem Untergang der Goldenen Horde das Kasaner Khanat aus verschiedenen Volksgruppen. Als Hauptstadt des Khanats entwickelte sich Kasan zur Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem wichtigen Handels- und Handwerkszentrum. Die an Handelsrouten gelegene Stadt war bekannt für ihre prächtigen Paläste und Moscheen, ihre Lederwaren und Goldschmiedearbeiten.

Nach mehreren Feldzügen gelang es Ivan IV., der sich 1547 zum ersten Zaren krönen ließ, 1552 Kasan zu erobern und dem russischen Reich einzugliedern. Kasan war die erste nichtrussische Stadt, die der Zar dem russischen Reich einverleibte. Die vielen Revolten der muslimischen Bevölkerung gegen die russische Verwaltung führten dazu, dass dieser Bevölkerungsteil in einem besonderen Distrikt leben musste, im Tatarskaja Sloboda. Diese Zweiteilung der Stadt blieb bis 1917 erhalten.

1714 erhält Kasan das Stadtrecht.

1718 kommt es durch Peter I. zum Bau der Schiffswerft.

1722 besucht er die Stadt. Ihm zu Ehren errichtet man in Kasan die Peter-und-Paul-Kathedrale.

Als Katharina II. 1767 Kasan besucht, gesteht sie den Tataren das Recht zu, Moscheen zu bauen. In der Fußgängerzone steht eine Replik der Kutsche, mit der sie damals reiste, das Original steht im Nationalmuseum Tatarstans (siehe Museen).

In den 1770er-Jahren wurde Kasan zu einem Zentrum des Pugatschow-Aufstands (1773–1775, Erklärung weiter hinten). Ein Feuer zerstörte zum dritten Mal große Teile der mehrheitlich aus Holz erbauten Stadt. Der Wiederaufbau Kasans erfolgte nach einem von Katharina II. autorisierten Generalplan. In einer Mischung aus östlicher und westlicher Architektur wurde das Stadtzentrum in Stein neu aufgebaut und die Straßen begradigt. Kasan entwickelte sich schnell wieder zu einem Handelszentrum für Porzellan, Keramik, Gewürze, Stoffe, Lederwaren, Wein und Früchte. Der Handel brachte Wohlstand in die Stadt. 1791 eröffnete das erste ständige Theater.

1804 wurde die Universität von Kasan gegründet, an der später auch Lenin Jura studierte, bis er schließlich 1887 ausgeschlossen wurde, da er sich einer Studentenbewegung angeschlossen hatte.

Im Jahre 1870 erschien in Kasan die erste gedruckte Version des heute in viele Sprachen übersetzten Buches „Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“,eines Klassikers der ostkirchlichen Spiritualität, in dessen Mittelpunkt das Jesusgebet steht. Es ist auch in deutscher Sprache im Herder Verlag erschienen.

Das Buch erklärt das Jesusgebet – wie man es betet, wie es sich von der Bibel ableitet und was es bewirkt – anhand der Reisen eines Pilgers. Das Gebet selbst ist kurz und lautet: „Herr, Jesus Christus, Gottes Sohn, erbarme dich meiner!“

Nach der Oktoberrevolution von 1917 begann der russische Bürgerkrieg. Seit dem Zerfall der Sowjetunion ist Kasan Hauptstadt der Autonomen Republik Tatarstan innerhalb Russlands.

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