Die natürliche Stimmführung für Jazz- und Populargesang

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Die natürliche Stimmführung für Jazz- und Populargesang
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DIE NATÜRLICHE STIMMFÜHRUNG
für Jazz- und Populargesang
ein Lernbuch für den Anfang

von

Ulrike Behringer

Impressum

Die natürliche Stimmführung

für Jazz- und Populargesang

ein Lernbuch für den Anfang

Erstveröffentlichung 2017

Verantwortlich für den Inhalt:

Ulrike Behringer

Messings Garten 20

45147 Essen

E-Mail: ulrike-behringer@freenet.de

Titelbild: © aleutie - Fotolia.com

Konvertierung: Sabine Abels | www.e-book-erstellung.de

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften, des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Textteile sowie der Übersetzung in andere Sprachen.

Inhalt

Impressum

Vorwort

Jeder Mensch hat eine Stimme

Kapitel 1

Los geht's

Körperhaltung

Atmung Bauchatmung (Tiefatmung)

Atemführung

Warum täglich üben?

Kapitel 2

Der erste Ton

Eine kleine Melodie auf „chieee“

Kapitel 3

Resonanzräume

Knochenschall

Töne fühlen

Kapitel 4

Der Ton entfaltet sich auf dem Vokal

Stimmklang

Die Verengung des Kehlkopftrichters

Resonanzräume 2

Vokale 2

Vokale 3

Kapitel 5

Der Stern

Die Konsonanten

Das „Babbeln“ oder auch „Liproll“ genannt

Kapitel 6

Intervalle

Die Wechsellinie

Wie kommt das „h“ in die C-Dur-Tonleiter?

Kapitel 7

Ich erarbeite mir meinen Song

Gebunden singen

Phrasierung

Beginnen Sie mit der Weiterbildung Ihres Gehörs

Nachwörtchen

Vorwort
Jeder Mensch hat eine Stimme

Wir sind mit einer gesunden und kräftigen Stimme zur Welt gekommen. Als Baby beherrschten wir die Technik des lauten und ausdauernden Schreiens perfekt, ohne heiser zu werden. Als Kind konnten wir den ganzen Tag lang laut rufen oder singen, ohne dass unsere Stimme ermüdet wäre. Leider wird das vielen Menschen mit den Jahren aberzogen (nicht so laut, schrei' nicht so, sprich leiser…) oder besondere Lebensumstände haben eine gesunde Stimmentwicklung verhindert. Unser Körper jedoch stellt nach wie vor alle Voraussetzungen zur Verfügung, um die verlernte Technik wieder zurück zu erlangen.

Jeder Mensch kann singen lernen! Diesen Slogan habe ich schon oft gehört. Grundsätzlich ist das auch richtig. Die Frage lautet jedoch: In welcher Zeit? Um erfolgreich und in einem Zeitraum singen lernen zu können, der nicht zu Frustrationen führt, halte ich ein ausreichend musikalisch gebildetes Gehör für wichtig. Optimal bildet es sich in der Kindheit und Jugend. Wenn Sie als Kind schon viel gesungen haben, etwa im Kindergarten, in der Schule oder vielleicht sogar in einem Chor, oder wenn Sie als Kind schon ein Instrument erlernt haben, können Sie davon ausgehen, dass Ihr musikalisches Gehör ausreichend gebildet ist.

Ich möchte Sie nicht entmutigen. Natürlich kann man sein Gehör auch noch im Erwachsenenalter bilden. Unmusikalische Menschen gibt es gar nicht. Aber wenn dieses Potential in der Kindheit falsch oder gar nicht gefördert worden ist, wird es länger dauern, bis ein Erfolg beim Singen erzielt werden kann. Vielleicht hat man Sie in der Schule aus dem Chor geworfen, oder Sie haben in Ihrer Jugend von anderer Seite gehört, dass Ihr Gesang "unerträglich" sei. Das muss nicht heißen, dass Sie überhaupt kein musikalisches Gehör entwickelt haben, sondern möglicherweise nur, dass Sie das Gehörte zunächst nicht nachsingen können. Wenn Sie Freude am Singen haben und etwas Geduld mitbringen, kann Ihnen dieses Buch auch dabei helfen, Ihr musikalisches Gehör weiter zu entwickeln.

Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass viele meiner Schüler/innen beim Singen mit Verspannungen zu kämpfen hatten, die den Zugang zu einem freien und strahlenden Stimmklang unmöglich machten. Daher habe ich in diesem Buch einen besonderen Schwerpunkt auf dieses Thema gelegt und weise bei den Übungen immer wieder darauf hin.

Können Sie einen Tee kochen? Klar können Sie das - ist doch ganz einfach. Stellen Sie sich aber einmal vor, Sie müssten jemandem, der noch nie in seinem Leben irgendetwas gekocht hat, eine genaue Anleitung schreiben, wie er einen Tee kochen soll: „Öffnen Sie den Küchenschrank und finden Sie dort eine Packung, auf der „Pfefferminztee“ steht. Entnehmen Sie dieser Packung einen der sich darin befindlichen Beutel…“ Das würde alles in allem eine ziemlich lange Anleitung ergeben. Die Person, die zum ersten Mal in ihrem Leben einen Tee kochen möchte, wird beim ersten Lesen möglicherweise etwas verwirrt sein. Aber wenn sie erst einmal die gesamte Anleitung Schritt für Schritt befolgt hat, wird am Ende ziemlich sicher Tee dabei herauskommen. Spätestens nach dem dritten gekochten Tee wird die Person die Anleitung nicht mehr brauchen. Und so ist es auch mit den Übungen, die Sie in diesem Buch finden. Es wird zwar länger dauern, als drei Mal Tee zu kochen. Doch wenn Sie die Übungen regelmäßig machen, brauchen Sie die Anleitung irgendwann nicht mehr.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude mit der natürlichen Stimmführung.

Ulrike Behringer

Kapitel 1
Los geht's

Zu Anfang benötigen Sie kein zusätzliches Instrument. Sie können die folgenden Übungen nahezu überall ausführen.

Los geht’s - aber richtig. Und richtig heißt immer, mit korrekter Körperhaltung zu beginnen - wenn sie fit sind. Aber vielleicht sind Sie nach einem arbeitsreichen Tag zu Hause angekommen, haben etwas gegessen und wollen sich nun mit Ihrer Stimme beschäftigen. Energetisch gesehen ist dieser Zeitpunkt dem Punkt Null recht nahe und der so ziemlich unglücklichste, um mit dem Singen zu beginnen. Ihr Magen ist voll und Sie fühlen sich müde. Bitte warten Sie nach dem Essen mindestens eine halbe Stunde und regen Sie dann Ihren Kreislauf an. Vielleicht verwenden Sie die halbe Stunde für einen Spaziergang oder Sie nutzen eine Ihnen vertraute Methode, um Ihren Kreislauf anzuregen.

Hier zwei Möglichkeiten, wie Sie Ihren Kreislauf anregen können:

1.

Stellen Sie sich aufrecht hin. Heben Sie nun Ihr linkes Knie und führen Sie es mit Ihrem rechten Ellbogen vor dem Bauch zusammen. Nun umgekehrt. Der linke Ellbogen trifft auf das rechte Knie. So geht es immer abwechselnd. Bitte stoßen Sie Knie und Ellbogen nicht zusammen. Kommen Sie auf insgesamt zwanzig Bewegungsabläufe. Wenn es Ihnen schwerfällt, Ellbogen und Knie sehr nahe aneinander zu bringen, führen Sie die Bewegung soweit aus, wie es Ihnen möglich ist. Das reicht vollkommen aus. Achten Sie darauf, während des Bewegungsablaufes den Rücken gerade zu halten.

2.

Klopfen Sie mit Ihrer linken Hand auf das rechte Bein. Beginnen Sie über dem Fuß und klopfen Sie hinauf bis zur Leiste. Führen Sie nun Ihre Hand innen herum und klopfen Sie die Rückseite Ihres Beines von oben nach unten bis zur Ferse ab. Wiederholen Sie diesen Ablauf noch zwei Mal. Wechseln Sie dann zur anderen Seite. Linke Hand, rechtes Bein, über dem Fuß beginnen, usw. Auch hier das Bein insgesamt drei Mal abklopfen.

 

Nun sind die Arme dran. Sie beginnen wieder mit der rechten Hand und klopfen ihren linken Arm, beginnend über dem Handgelenk, auf der vorderen Seite von unten nach oben bis zur Schulter ab. Führen Sie Ihre Hand innen herum und klopfen Sie zurück bis zum Handgelenk. Auch hier den Arm insgesamt drei Mal abklopfen. Und - Sie ahnen es schon - nun genau umgekehrt. Beginnend mit der linken Hand klopfen Sie nun den rechten Arm ab, wieder drei Mal. Wenn Sie Linkshänder sind, beginnen Sie das Klopfen mit der linken Hand.

Sollten Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sein, diese Übung im Stehen auszuführen, machen Sie es im Sitzen. Klopfen Sie die Körperpartien wach, die Sie gut erreichen können.

Wie fühlen Sie sich?

Körperhaltung

Ihr Körper ist ihr Instrument. Es muss gut gestimmt sein, um gut klingen zu können. Ein schlecht gestimmtes Instrument klingt auch schlecht. Um einen klangvollen Ton erzeugen zu können, bedarf es einer entspannten Körperhaltung. Zu Anfang muss man diese Haltung immer wieder trainieren, damit sie in Fleisch und Blut übergeht. Am besten beginnen Sie im Stehen. Es geht auch im Sitzen, doch sollten Sie stets darauf achten, aufrecht zu sitzen.

Eine aufrechte Haltung beim Singen ist immer notwendig, damit Ihre Atmung korrekt funktionieren kann.

Vielleicht haben Sie den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen und Ihre Schultern und Ihr Nacken haben sich im Laufe des Tages immer mehr angespannt. Eine solche Verspannung behindert Ihre Atmung und überträgt sich auf Ihre Hals- und Zwischenrippenmuskulatur.

Hier zwei Möglichkeiten, wie Sie Nacken und Schultern entspannen können:

Wenn Sie im Stehen trainieren, stellen Sie Ihre Füße parallel zueinander. Der Abstand der Füße sollte bei Frauen so breit sein wie die Hüften, bei Männern so breit wie die Schultern. So haben Sie einen stabilen Stand.

Die Lokomotive

Richten Sie sich auf. Beschreiben Sie nun mit Ihren Schultern einen Kreis. Kreisen Sie mit beiden Schultern gleichzeitig und kreisen Sie langsam von vorn nach hinten - wie die Räder einer rückwärts anfahrenden Lokomotive. Beschreiben Sie den Kreis langsam sieben Mal. Kreisen Sie nicht zu ausladend. Nur soweit, dass es Ihnen angenehm ist. Tun Sie sich gut. Wenn sich Ihre Schultern noch immer angespannt anfühlen sollten, machen Sie es ruhig noch etwas länger.

Achten Sie auch einmal auf das Gefühl in Ihrem Brustkorb. Spüren Sie, wie Sie sich innerlich weiten?

Das Kopfkreisen

Beschreiben Sie mit Ihrem Kopf einen Kreis. Zunächst im Uhrzeigersinn, dann umgekehrt. Wenn Sie ein leises Knacken im Nacken verspüren, ist das in Ordnung. Machen Sie es wieder sieben Mal oder länger, wenn es Ihnen guttut.

Entscheiden Sie selbst, wie lange Sie eine Entspannungsübung durchführen wollen, um sich gut zu tun.

Der Zweizentimetertrick

Denken Sie sich innerlich zu Ihren Schulterblättern. Können Sie sich vorstellen, auf welcher Höhe sie sich ungefähr befinden? Nun lassen Sie Ihre Schulterblätter um zwei Zentimeter nach unten sacken. Wenn Ihre Schultern damit noch ein wenig tiefer gesackt sind, ist dies das Zeichen, dass Sie jetzt tatsächlich entspannt sind. Haben Sie keine Bewegung verspürt, war nichts mehr zu korrigieren.

An manchen Tagen ist nicht viel zu erreichen. Lassen Sie sich nicht entmutigen, dann muss es an so einem Tag erst einmal so gehen.

Es ist auch möglich, dass Sie Ihre Schultern nicht vollkommen lockerlassen können, weil Sie unter einer chronischen Verspannung leiden. In diesem Fall möchte ich Ihnen empfehlen, sich helfen zu lassen. Es gibt viele Therapieformen, die dabei helfen, chronische Verspannungen zu lösen.

Wohin mit meinen Händen? Hände und Arme hängen entspannt herab. Überlassen Sie Ihre Arme ihrem eigenen Gewicht. Im Moment brauchen Sie sie nicht.

Der Kopf

Bei einigen meiner Schüler/innen konnte ich beobachten, dass Sie beim Einatmen und Singen dazu neigen, hier besonders bei höheren Tönen, den Kopf nach hinten zu neigen.

Es gibt immer eine optimale Haltung für den Kopf. Eine zu starke Abweichung führt zu Verspannungen verschiedener Muskeln im Hals, und diese übertragen sich auf den Ton. Probieren Sie es einmal im Extrem aus:

Legen Sie Ihren Kopf weit in den Nacken, atmen Sie ein und versuchen Sie, eine Zeile aus einem Ihnen bekannten Lied zu singen.

Nun umgekehrt: Legen Sie Ihren Unterkiefer auf die Brust, atmen Sie ein und singen Sie wieder eine Zeile.

Ich nehme an, in beiden Fällen war es ein eher unangenehmes Gefühl und es klang beengt, gequetscht, oder gepresst. Auch das Spannungsgefühl im Nacken und im Schulterbereich war nicht förderlich für Ihren Gesang.

Eigentlich bin ich der Meinung, dass positive Erlebnisse beim Lernen förderlicher sind, als eine schmerzliche Erfahrung. Aber in einigen, wenigen Fällen halte ich es für hilfreich, auszuprobieren, was passiert, wenn eine Grenze überschritten wird.

Bilden Sie nun mit Ihrer Unterkieferpartie und der vorderen Halslinie ungefähr einen Winkel von 90°. Das ist eine gute Ausgangsposition. Manche neigen den Kopf noch etwas mehr nach unten. Das ist auch okay.

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