Irakische Dinar - Mythos oder Mega-Chance

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4.1 Geschichte des Dinar

Im Jahr 1923 wurde der irakische Dinar erstmals durch Großbritannien, die damalige Mandatsmacht, ausgegeben und ersetzte die indische Rupie, die bis zu diesem Zeitpunkt als offizielles Zahlungsmittel im Irak galt. Der Dinar wurde zu einem Wechselkurs von 13 1/3 Rupien ausgegeben. Nachdem der Irak im Jahr 1932 zur Republik wurde, wurde die Bindung des Dinar an das britische Pfund aufgehoben und fortan der US-Dollar als Wechselkurs verwendet. Zum damaligen Zeitpunkt betrug der Wechselkurs 3,3 US-Dollar - gleichbleibend und stabil bis zum ersten Golfkrieg.

Durch die drei großen Golfkriege litt der Wert des Dinar erheblich. Im Jahr 1989 gab der Wechselkurs bis auf 1,86 US-Dollar nach. Zudem hatte der Dinar gegen eine stetige Inflation zu kämpfen, die im Jahr 1992 mit einer Inflationsrate über 8000 Prozent ihren Höhepunkt erreichte. Nach der Inflation wurden die Dinar-Noten, die nach Schweizer Technik hergestellt wurden, durch neue Banknoten ersetzt, die im Irak hergestellt wurden. Dies sollte nicht nur den starken Wertverlust bremsen, sondern auch die eigene Wirtschaft stärken. Der neue Dinar wurde eins zu eins gegen den alten Dinar getauscht. Der irakische Dinar steht, insbesondere seit dem Irak-Krieg, im Fokus vieler Anleger und Spekulanten, da mit einem baldigen Wertanstieg gerechnet wird.

4.2 Sicherheitsmerkmale

Um den neuen Dinar vor Fälschungen zu schützen, wurde er mit einigen Sicherheitsmerkmalen versehen. Diese werden mit neuester Technologie eingebaut und entsprechen denen der Euro-Banknoten. Die wesentlichen Merkmale sind die 3 Pferdeköpfe (25.000 ID), wobei einer in einem Wasserzeichen zu erkennen ist. Weitere Merkmale sind der eingebettete Sicherheitsfaden, die Verarbeitung stellenweise mit Metalltinte, ein Ultraviolettbild mit dem Notenwert sowie weitere sich farblich verändernde Elemente.

Heute zählt eine Dinar-Note zu den fälschungssichersten Geldnoten der Welt. Der Druck der Banknoten obliegt der irakischen Zentralbank und wird durch die Firma "De La Rue" aus England - einer weltweit führenden Firma in der Präventionsarbeit gegen Geldfälschung - ausgeführt.

4.3 Wertentwicklung des Dinar

*) 2003: Wert des Dinars, der im kurdischen Norden benutzt wurde (Schweizer Dinar)

Quelle: Irakischer Dinar - Wikipedia


*) 5 Jahres Chart, eigenes Research

4.4 Schweizer Dinar

Der Begriff "Schweizer Dinar" wurde für den alten Dinar verwendet, da dieser nach Schweizer Sicherheitstechnik hergestellt wurde. Bis in das Jahr 2003 diente der "Schweizer Dinar", trotz Absetzung in beinahe allen Teilen des Irak, als mögliches Zahlungsmittel im kurdischen Norden. Mit der Einführung der neuen Dinar-Noten im Jahr 2003 wurde der "Schweizer Dinar" jedoch auch in den autonomen Zonen im Norden des Irak als Zahlungsmittel abgelöst.


Der Schweizer Dinar blieb in den autonomen Gebieten weitgehend stabil und litt nicht unter dem Inflationsdruck wie der neu irakische Dinar. Da keine neuen Geldscheine mehr ausgegeben wurden, blieb der Wechselkurs sehr stabil. In den von Saddam Hussein beherrschten Gebieten hingegen wuchs die im Umlauf befindliche Geldmenge von 22 Mrd. auf über 580 Milliarden Dinar. Die Inflationsrate betrug zu diesem Zeitpunkt circa 250 Prozent. Zu Beginn des Jahres 2003 betrug der Wechselkurs zwischen dem irakischen Dinar und dem Schweizer Dinar 1:300.

5. Irakische Regierung und Politik
5.1 Irakische Politik und politische Ziele

Seit Gründung einer Staatsregierung im Irak wird die Politik vor allem von zwei entscheidenden Faktoren geprägt:


1 Der Irak besitzt zahlreiche Erdölvorkommen. Die Politik ist daher vor allem abhängig von westlichen Interessen in Bezug auf die im Irak befindlichen Bodenschätze.

2 Im Irak leben zahlreiche verschiedene ethnische- und religiöse Volksgruppen. Die Interessen der Kurden/Turkmenen, Sunniten und Schiiten haben immer wieder entscheidenden Einfluss auf politische Entscheidungen und Zielsetzungen.


Unabhängig von den politischen Einflussfaktoren haben sich im Irak nach dem Irakkrieg und der Besetzung durch die Alliierten einige politische Ziele herauskristallisiert. Die Ziele sollen vor allem helfen, den Irak zurück zu einem funktionierenden Land zu führen und die zahlreichen Probleme, die mit dem Sturz des Hussein-Regimes entstanden sind, zu lösen. Vor allem zwei Themen prägen die irakische Politik der letzten Jahre: Normalität und Sicherheit für die Bevölkerung.


1 Normalität Der Weg zurück in eine Staatengemeinschaft mit den Nachbarn Israel und Iran erweist sich für den Irak für schwieriger als zunächst gedacht. Ziel ist vor allem, als gleichberechtigter Partner neben dem Iran wahrgenommen zu werden. Innenpolitisch bildet vor allem das Spannungsfeld zwischen den zahlreichen ethnischen Gruppen im Landesinneren eine Herausforderung. Vor allem Schiiten und Sunniten streiten seit dem Abzug der USA um die Vormachtstellung im Land. Zudem fordert die kurdische Bevölkerung im Norden des Irak absolute Autonomie. Vor allem der wirtschaftliche Wiederaufbau und die Steigerung der Erdöl-Exporte sollen dabei helfen, die religiösen Gruppen des Irak zu versöhnen.

2 Sicherheit Nach dem Sturz von Saddam Hussein und der Eroberung des Landes durch die Alliierten wurde die irakische Armee komplett aufgelöst. Dies veranlasst zahlreiche Regierungsgegner und extremistische Islamisten beinahe täglich, Anschläge gegen die Regierung und ethnische Minderheiten, wie beispielsweise Christen, zu verüben. Trotz der langen Besetzung durch amerikanische Truppen - zeitweise bis zu 130.000 - gelang es nicht, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Aktuell wird mithilfe der USA und Jordanien eine neue, eigene Armee aufgebaut, welche die Spannungsfelder im Landesinneren beheben soll. Zudem soll ein starker Polizeiapparat Mithilfe westlicher Länder, unter anderem Deutschland, aufgebaut werden. Bislang erweisen sich die durch die Regierung getroffenen Maßnahmen als äußert erfolgreich, wenngleich die Region um Bagdad weiterhin als sehr gefährdet gilt.

5.2 Verfassung

Innerhalb der letzten Jahre existierten im Irak, aufgrund des dritten Irak-Kriegs, zwei unterschiedliche Verfassungen: die Übergangsverfassung und die neue Verfassung.


Übergangsverfassung


Nach dem Sturz Saddam Husseins wurde am 8. März 2004 eine Übergangsverfassung von 25 Mitgliedern des Regierungsrates im Rahmen einer feierlichen Prozedur unterzeichnet, obwohl anfänglich nicht klar war, ob der Verfassungsentwurf von allen Mitgliedern geduldet werden würde. Die Übergangsverfassung enthielt folgende wichtige Punkte:


- Die Verfassung war gültig ab der Machtübernahme am 28. Juni 2004

- Die Staatsform des Irak ist eine parlamentarische Republik und bekennt sich zur Demokratie.

- Grundrechte wie Menschen- und Freiheitsrechte, freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit werden jedem irakischen Bürger anerkannt.

- Der Islam ist Staatsreligion, wobei jedem Bürger das Recht eingeräumt wurde, nach seinem freien Willen seinen Glauben zu praktizieren.

- Arabisch und Kurdisch wurden zwar als Amtssprache genannt, in einigen Regionen wird jedoch auch Assyrisch oder Chaldäisch als zweite Amtssprache geduldet.

- Das Parlament wird im Rahmen von Wahlen durch das Volk bestimmt. Wahlen finden alle vier Jahre statt. Staatsoberhaupt ist der vom Repräsentantenrat gewählte Präsident.

- Die Judikative ist ein unabhängiges Organ und kann nicht durch andere, politische Gewalten beeinflusst werden.

- Die Frau ist gleichberechtigt. Mindestens 25 Prozent der Abgeordneten müssen weiblichen Geschlechts sein.


Erste Wahlen nach der Unterzeichnung der Übergangsverfassung fanden im Januar 2005 statt. Als eindeutiger Sieger dieser Wahl ging Ali as-Sistani, ein Angehöriger der Schiiten, hervor, der die Wahl mit 48 Prozent für sich entscheiden konnte und mit seiner Partei, Vereinigte Irakische Allianz, die Mehrheit im Parlament erreichte. Im Anschluss an die Wahlen wurde durch das neu gewählte Parlament eine 55-köpfige Kommission ernannt, die bis August 2005 eine neue, endgültig bestehende Verfassung für den Irak erarbeiten musste. Da sich vor allem Schiiten und Kurden die Sitze in der Kommission teilten, wurde durch die Außenministerin Rice der USA, heftige Kritik geäußert, was letzten Endes zu einer stärkeren Einbindung sunnitischer Interessen führte.


Neue Verfassung


Am 15. Oktober 2005 wurde unter der irakischen Bevölkerung über die neue Verfassung des Landes abgestimmt und der von der Kommission erarbeitete Entwurf präsentiert.


Die neue Verfassung bestand aus fünf Kapiteln:


1 Grundlegende PrinzipienDer Irak ist eine freie, demokratische Nation. Da der Islam die Staatsreligion ist, darf auch kein Gesetz verabschiedet werden, das gegen den islamischen Glauben verstößt. Die Baath-Partei (Saddam Hussein), sowie Terrorismus und ethnische Säuberungen sind verboten. Die Armee des Irak steht unter zivilem Kommando.

2 MenschenrechteJeder Iraker hat das Recht auf Religionsfreiheit, persönliche Freiheit und Gesundheitsversorgung.

 

3 AutoritätenEs bestehen die vier, unabhängig voneinander operierenden, Autoritäten: Legislative (gesetzgebende Gewalt), Exekutive (ausführende Gewalt), Judikative (rechtssprechende Gewalt) und weitere unabhängige Einrichtungen.

4 Rechte der Bundesregierungan Außen- und Verteidigungspolitik, Finanz- und Budgetwesen, Post, Radio, Fernsehen, Wasser- und Ölpolitik

5 Rechte autonomer Regionalregierungen,wie beispielsweise in den kurdisch autonomen Regionen im Norden des Landes.


Die neue Verfassung wurde mit einer überwältigenden Mehrheit von 78 Prozent der Stimmen vom irakischen Volk angenommen, obwohl sich lediglich 60 Prozent der Bevölkerung an dem Volksentscheid beteiligten. Lediglich in drei der insgesamt 18 irakischen Provinzen wurde die erforderliche zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht.

5.3 Die Regierung

Innerhalb der irakischen Regierung herrschte während der letzten Jahre ein stetiger Wechsel und andauernde Unruhe. Nach dem Sturz der Hussein-Diktatur durch die Koalitionskräfte wurde der Irak am 01. Juni 2004 offiziell als befreit erklärt. Die Besatzungszeit wurde beendet und die Souveränität des Landes wurde wiederhergestellt. Um für eine stabile Regierung nach dem Krieg garantieren zu können, wurde ein neuer Regierungsrat unter der Leitung des US-Zivilverwalters Paul Bremer eingesetzt. Um ethnische Spannungen zwischen den Gruppen zu vermeiden, wurde der Schiite Iyad Allawi als Präsident und der Sunnit Ghazi al-Yawar als Vizepräsident eingesetzt.


Der, durch die Alliierten, von Saddam Hussein befreite Irak durfte am 30. Januar 2005 erstmals seit Jahrzehnten das Parlament im Verlauf freier Wahlen selbst wählen. Da, gemäß der Übergangsverfassung, mindestens ein Drittel der insgesamt 275 zur Verfügung stehenden Sitze von Frauen besetzt werden musste, wuchs die Angst vor terroristischen Anschlägen vor der Wahl ins Unermessliche. Obwohl die Wahl ruhiger verlief als zunächst befürchtet, boykottierten zahlreiche sunnitische Anhänger die Wahl - die Wahlbeteiligung lag bei ernüchternden 58 Prozent.


Aufgrund des Wahlboykotts der Sunniten war es nicht verwunderlich, dass die stärkste, durch Wahlen ernannte, irakische Partei nach Saddam Hussein eine schiitische Vereinigung war: die Vereinigte Irakische Allianz. Ihr folgt die kurdische Partei "Demokratische Patriotische Allianz Kurdistans". Beide Parteien schlossen nach der Wahl ein Parteibündnis und bildeten aufgrund ihrer deutlichen Mehrheit im Parlament auch die Regierung. Die erste Aufgabe dieses Parlaments war es, eine Verfassung für den Irak zu entwerfen, die sowohl von den Koalitionskräften als akzeptabel erachtet, und außerdem vom irakischen Volk mit mindestens zwei-Drittel-Mehrheit anerkannt wurde. Schlussendlich wurde die Verfassung am 15. Oktober 2005 vom Volk mit eindeutiger Mehrheit akzeptiert und trat in Kraft.

6. Religion im Irak


Iraq. Religion Concept © xtock – Fotolia.com


Die überwiegende Mehrheit der irakischen Bevölkerung, circa 97 Prozent, bekennt sich zum Islam. Dennoch ist die islamische Glaubenslehre keine Pflicht, da in der irakischen Verfassung die Religionsfreiheit geregelt ist. Ungefähr 60 Prozent der irakischen Islamisten gehören zu den Sunniten, zu welchen auch der Präsident und viele Parteimitglieder zu zählen sind. Die Schiiten, circa 35 Prozent, sind hauptsächlich im Süden des Landes zu finden. Die Schiiten pflegen gute Verbindungen in den Iran und legen den Islam deutlich strenger aus als die zuvor genannten Sunniten. Beide Lager haben häufig Meinungsverschiedenheiten, die nicht nur in Moscheen und in der Öffentlichkeit diskutiert werden, sondern auch im politischen Alltag Einkehr finden. Ursächlich für die Diskrepanzen sind jedoch keineswegs Themen theologischer Natur, sondern vielmehr die Frage, wer die Gemeinschaft der Muslime leiten soll. Die dritte große islamische Glaubensgemeinschaft sind die Kurden, welche hauptsächlich im Norden des Landes zu finden sind.


Christen und Juden sind im Irak nur noch sehr selten zu finden. Vor allem nach dem Sturz von Saddam Hussein flohen viele Christen aus dem Land.

6.1 Muslime

Schiiten


Es existieren im Irak zwei große schiitische Gruppierungen: Die Dawa-Partei und der oberste islamische Rat. Die im Jahr 1950 gegründete Dawa-Partei ist die bekannteste und zugleich älteste schiitische Bewegung im Land. Die Machtübernahme Sadam Husseins hatte jedoch zur Folge, dass viele Anführer der Dawa-Partei ermordet oder vertrieben wurden. Aus diesem Grund operierten viele Anhänger der Partei zu Zeiten des Hussein-Regimes aus dem Untergrund. Erst nach dem Ende des dritten Golfkriegs kehrte die Partei unter Führung von Muhammad Nasseri in den Irak zurück. Heute hat sich die Dawa-Partei vollständig von der Verfolgung erholt und stellt sogar mit Ibrahim al-Dschafari den Ministerpräsidenten des Irak.


Der oberste islamische Rat (Council for the islamic revolution in Iraq) geriet vor allem in die Medien, als der Anführer der Bewegung, Muhammad Baqir al-Hakim, im Jahr 2003 bei einem Attentat ermordet wurde. Erst wenige Monate zuvor war al-Hakim aus dem Exil in den Irak zurückgekehrt, nachdem er von Saddam Hussein verbannt worden war. Der Platz an der Ratsspitze wurde von seinem Bruder eingenommen, dem seine engen Verbindungen zum Iran schnell einen Platz im Regierungsrat einbrachten. Der oberste islamische Rat besitzt auch einen bewaffneten Flügel, dem schätzungsweise bis zu 10.000 Männern angehören. In der Regierung stellt die Bewegung den stellvertretenden Ministerpräsidenten, Adil Abd al-Mahadi.


Berühmte Führer der Schiiten


Zu den wichtigsten Führern der Schiiten gehört, neben dem schiitischen Anführer des Irak, Ali as-Sistani, auch Muqtada as Sadr.


Der schiitische Führer Sistani verbrachte während des Golfkriegs viele Jahre im Gefängnis, weil er sich weigerte, in, dass von Saddam Hussein auferlegte, Exil zu gehen. Später war er einer der wenigen, die gegenüber den Koalitionskräften freundlich gesinnt war. Er war stets bemüht eine abwartende Haltung gegenüber den Besatzungsmächten zu signalisieren, obwohl er sich häufig für einen schnellen Abzug der bewaffneten Truppen aussprach. Jegliche Kritik, die Sistani am Regierungsapparat äußert, ist friedlich und konstruktiv. Den Einsatz von Waffen verabscheut er auf das Äußerste.


Muqtada as Sadr ist der Anführer der größten, radikal schiitischen Gruppen. Er wurde zum Anführer, nachdem sein Vater im Rahmen der Hussein-Diktatur ermordet wurde. Er lehnt den schiitischen Führer as-Sistani ab, sieht in ihm vielmehr das Gegenstück seiner Bewegung und macht ihn in vielen politischen Reden zu seinem Gegner. Sadr forderte stets islamische Gesetze und einen schnellen Abzug der Besatzungsmächte. Der Hauptsitz der Bewegung liegt in der Stadt Nadschaf, wo sich bereits über 10.000 Milizen in den Dienst von Sadr gestellt haben. Auch im schiitischen Stadtteil von Bagdad kann Sadr auf zahlreiche Anhänger blicken. Von der übrigen schiitischen Glaubensgemeinschaft wird Sadr abgelehnt. Insbesondere die Drohung mit Selbstmordattentaten gegenüber den Koalitionstruppen wurde von vielen Irakern auf das Schärfste verurteilt.


Schiitenaufstand


Im Jahr 1991 verloren viele Schiiten im Irak, im Verlauf eines Aufstands, ihr Leben. Nach der Niederlage Saddam Husseins im zweiten Golfkrieg sahen sich viele Schiiten in der Lage, die blutige Herrschaft des Diktators mit militärischen Mitteln zu beenden. Aufgrund des zuvor vereinbarten Waffenstillstands zwischen dem Irak und den Alliierten verfügte Hussein jedoch über die Schlagkraft, um den Aufstand niederzuschlagen.


Die ganze Wut der überlebenden Schiiten richtete sich jedoch gegen die alliierten Kräfte, welche die erwartete Unterstützung vermissen ließen. Insbesondere da der damalige Präsident Georg H.W. Bush in einer Rede im Februar 1991 dazu aufforderte, sich gegen Saddam Hussein zu erheben. Durch die Rede schlossen sich auch die im Norden siedelnden Kurden dem Aufstand an. Da jedoch wenige Tage nach der Bush-Rede der Waffenstillstand zwischen dem Irak und den USA in Kraft trat, verfügte Hussein über ausreichend Truppen, um sowohl die Schiiten, wie auch die Kurden zu besiegen. Später wurden die Anführer der Revolution in einer öffentlichen Veranstaltung zunächst gedemütigt und im Anschluss unter Hausarrest gestellt. Insbesondere da Bush, bei einem siegreichen Aufstand, eine Spaltung des Iraks befürchtete, erhielten Schiiten und Kurden keine Unterstützung durch die USA - Noch heute ist das Verhältnis zwischen beiden Lagern sehr angespannt.


Wie gegenwärtig der Schiitenaufstand von 1991 auch heute noch ist, zeigt der Hollywood-Film "Three Kings" mit Georg Clooney.


Sunniten / arabische Sunniten


Unter den Sunniten im Irak hat sich im Laufe der vergangenen Jahre vor allem der Theologe Mushin Abd al-Hamid und seine Gruppierung arabischer Sunniten hervorgetan. Al-Hamids Haltung gegenüber den Koalitionsmächten darf als gemäßigt angesehen werden, insbesondere da er bereits einen heftigen, öffentlichen Streit mit dem Imam der Moschee Bagdads bezüglich hasserfüllter Reden und dessen Aufruf zum Widerstand gegen die Besatzungsmächte hatte.


Eine weitere Vereinigung arabischer Sunniten ist die Association of Muslim Scholars (AMS), die unter anderem durch Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen sunnitischen und alliierten Truppen bekannt wurde. Zudem hat sich die AMS dazu entschlossen, den zahlreichen Geiselnahmen und Entführungen im Irak entgegenzuwirken und konnte bereits zur Freilassung mehrerer Geiseln beitragen. Anführer der Organisation ist Harith adh-Dhari, der in einer Rede bei Amtseintritt klarstellte, dass die AMS neben religiösen Zielen auch politische und gesellschaftliche Ziele verfolgt. Die Organisation agiert gewaltfrei und ist stets bemüht, ein gutes Verhältnis zu Schiiten und Kurden zu pflegen.

6.2 Christentum im Irak

Christen bilden im Irak gegenüber den Islamanhängern nur noch eine kleine Minderheit, obwohl das Christentum lange Zeit die Mehrheitsbevölkerung im Gebiet des heutigen Irak bildete, bis dies im 7. Jahrhundert von der islamischen Glaubensgemeinschaft erobert wurde und der Vormarsch des Islam bis heute nicht gestoppt werden konnte. Während der Anteil der Christen zu Zeiten des Osmanischen Reichs noch bei circa 25 Prozent lag, flohen bis in das Jahr 1980 zahlreiche Christen aufgrund von Verfolgung und verschiedener wirtschaftlicher und politischer Gründe. Heute beträgt die Zahl der im Irak lebenden Christen circa 900.000, was einen Prozentsatz zwischen zwei und drei Prozent der Gesamtbevölkerung beträgt. Vor allem in der letzten Dekade flohen schätzungsweise über eine Million Christen nach Syrien und Jordanien. Da weiterhin mit einer negativen Tendenz zu rechnen ist und viele Abwanderungen zu verzeichnen sind, gehen viele Glaubensexperten, wie beispielsweise die Gesellschaft für bedrohte Völker, vom Exodus des irakischen Christentums aus.


Während die Christen zu Beginn des 12. Jahrhunderts im Verlauf zahlreicher mongolischer Überfälle in den Norden des Landes, beispielsweise das Hakkari-Gebirge, flüchteten, mussten sie dies während des Ersten Weltkriegs wieder verlassen. Die sicheren Städte, aber auch das Ausland, war für viele Christen die einzige Überlebenschance. Aus diesem Grund entstand beispielsweise in Bagdad ein wichtiges christliches Zentrum, in dem sich auch die Kirchenführung niederließ. Mit Beginn der Irakkriege zogen sich die Christen jedoch wieder in die bergige Nordregion zurück - wo sie in einigen Ebenen sogar die Glaubensmehrheit darstellen.


In Zeiten der Hussein-Diktatur genossen die Christen ein besonderes Maß an Religionsfreiheit. Der Hussein-Regierung gehörten sogar christliche Minister, wie beispielsweise Tariq Aziz, an. Zudem wurde die assyrische Sprache durch die Regierung gefördert und in zahlreichen Schulen unterrichtet. Seit dem Sturz Saddam Husseins machen vor allem Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten, sowie radikale Islamisten und deren terroristische Anschläge den noch im Irak siedelnden Christen zu schaffen. Aus diesem Grund ist das Christentum in vielen Teilen des Landes gänzlich verschwunden. Lediglich im Kurdengebiet können Christen heute unbedenklich siedeln - aus diesem Grund hat sich hier die Anzahl der christlichen Bevölkerung in den letzten Jahren verdoppelt.

 

Rolle des Irak im christlichen Glauben


In vielen christlichen Lehren, wie beispielsweise im Alten Testament, spielt der Irak eine zentrale Rolle - neben der Schöpfungsgeschichte spielt auch die Sintflut in Mesopotamien, dem heutigen Irak. Außerdem stammt eine Vielzahl biblischer Figuren aus dieser Region, wie zum Beispiel Abraham. In der frühen Periode des Christentums breiteten sich dessen Anhänger unter der Leitung des obersten Bischof "Katholikus" im ganzen Osten aus und es entstanden zahlreiche Gemeinden und Siedlungsgebiete. Das heutige Christentum im Irak wird dominiert von Gemeinden, die sich im Verlauf der Spätantike aufgrund immer größer werdender innerkirchlicher Probleme zusammenschlossen.


Die verschiedenen christlichen Kirchenformen im Irak


Assyrische Kirche

Die assyrische Kirche entstand durch verschiedene Absplitterungen der "Alten Kirche des Ostens" und wird heute durch wenige Bischöfe, die sich noch im Irak befinden, wie zum Beispiel "Katholikos Addai II" aus Bagdad, geführt. Die Assyrer begannen erst im Verlauf des Ersten Weltkriegs im irakischen Raum zu siedeln, als sie aufgrund ihrer militärischen Übergriffe gegen das Osmanische Reich ihre originären Siedlungsgebiete verlassen mussten.

Aufgrund ihrer Vergangenheit wurden sie daher, nach der Unabhängigkeit des Irak, häufig als Feinde der Regierung betitelt, und als Mörder zahlreicher irakischer Soldaten verurteilt.


In Zeiten der Hussein-Diktatur wurden Anhänger der assyrischen Kirche verfolgt und bei öffentlicher Auslebung ihres Glaubens häufig unter Arrest gestellt. Erst seit dem Sturz von Saddam Hussein besitzen die Assyrer wieder ein gewisses Maß an Freiheit, dürfen sich ohne Angst vor Repressalien zu ihrem Glauben bekennen und ihre Kultur und Bräuche öffentlich ausleben. Heute ist die Zahl der im Irak lebenden Assyrer auf 70.000 geschrumpft. Da sie im Nordirak ihre Kultur und Religion öffentlich ausleben dürfen, sind sie vorzugsweise dort anzutreffen.


Syrisch-Orthodoxe Kirche

Die Anhänger der Syrisch-Orthodoxen Kirche sind vor allem unter dem Namen "Aramäer" bekannt. Das Oberhaupt der Bewegung ist in Bagdad zu finden.


Katholische Kirche

Die katholische Kirche existiert im Irak in verschiedene Formen. Sie stellt den größten Teil der im Irak lebenden Christen dar. Ihre Anhänger werden auf circa 300.000, also 80 Prozent der irakischen Christen, geschätzt.


Chaldäisch-katholische Kirche

Die chaldäische Bewegung ist die größte christliche Bewegung im Land. Nach Arabern und Kurden stellt sie sogar die drittgrößte Volksgruppe im Irak dar. Ihren Ursprung hatte die chaldäische Kirche im Jahr 1553aus einer Union zwischen Assyrern und dem römischen Papst. Heute existieren im Irak über 400 Klöster, die von chaldäischen Mönchen unterhalten werden. Ihre Präsenz wird in der irakischen Gesellschaft und Politik sehr geschätzt. Nach dem Sturz Saddam Husseins haben vor allem die Chaldäer versucht, die christliche Kirche im Irak zu etablieren.


Syrisch-katholische Kirche

Mitglieder der Syrisch-katholischen Kirchen sind lediglich in Bagdad und Mosul zu finden. Ihre Zahl wird auf circa 75.000 geschätzt. Der Hauptsitz befindet sich jedoch außerhalb des Irak - Beirut im Libanon.


Armenisch-katholische Kirche

Ihren Ursprung haben die Armenisch-katholischen Gemeinden im Irak von Zuwanderungen während der Zwangsdeportation, die im Jahr 1915 in den Irak auswanderten. Lediglich 2000 Anhänger dieser Bewegung sind noch im Irak zu finden.

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