Read the book: «Spieglein, Spieglein in der Hand»
Impressum
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1. Auflage
01/2020
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Im Mannsgraben 33
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Heimdall Verlagsservice, Rheine, www.lettero.de
ISBN 978-3-96850-127-7
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Zum Buch:
In diesem Jahrbuch hat Thomas Röper, der Autor der Seite «Anti-Spiegel», einige der dreistesten Beispiele für Desinformation zusammengetragen, die es 2019 in den deutschen Medien gegeben hat.
Die Medien in Deutschland verfolgen eine politische Agenda und das lässt sich leicht aufzeigen. Um die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtung zu beeinflussen, werden mal wichtige Informationen weggelassen, mal Dinge verdreht, mal Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen und notfalls auch mal dreist gelogen.
Thomas Röper hat in diesem Buch 37 Beispiele zusammengetragen, die das für jeden nachprüfbar aufzeigen. Das sind aber wirklich nur Beispiele, das Buch hätte problemlos auch 3.000 anstatt 300 Seiten umfassen können.
Der Autor dokumentiert diese Beispiele und kommentiert sie mal mit trockenem Humor, mal mit beißendem Sarkasmus. So ist ein gruseliger Lesespaß entstanden, bei dem man manchmal nicht weiß, ob man lachen oder weinen möchte.
Vorwort
Auf meiner Webseite Anti-Spiegel.ru beschäftige ich mich täglich mit den Medien und dem, was die Medien „Berichterstattung“ nennen. Und wer das täglich tut, der entwickelt ein scharfes Auge für die Instrumente, mit denen die Medien die öffentliche Meinung in die gewollte Richtung beeinflussen. Das Beeinflussen der öffentlichen Meinung ist per Definition Propaganda, auch wenn viele glauben, es gäbe in Deutschland heute keine Propaganda mehr, nur weil Goebbels gestorben und die DDR untergegangen ist.
Das ist falsch. Es gibt in Deutschland auch heute Propaganda. Propaganda ist nichts anderes als Public Relations (PR). Der Begriff PR wurde geschaffen, weil das Wort Propaganda mit der Zeit negativ besetzt wurde. Aber es ist per Definition das Gleiche, und die Mittel, die dabei eingesetzt werden, sind ebenfalls identisch. Man berichtet positiv über das, was man fördern will, und negativ über das, was man schlecht machen will. Dabei werden dann zum Beispiel Dinge, die nicht ins gewollte Bild passen, einfach weggelassen.
Wer glaubt, dass Lügen das schlimmste Instrument der Propaganda sind, liegt falsch. Es wird natürlich, wie wir in diesem Buch sehen werden, auch schon einmal dreist gelogen. Doch Lügen sind für die Medien riskant: Es besteht nämlich die Gefahr, dass der Leser eine Lüge bemerkt.
Viel effektiver ist es, über Dinge, die nicht ins gewollte Bild passen, einfach gar nicht zu berichten. Wenn der Leser etwas nicht weiß, kann er sich darüber auch keine Gedanken machen. Daher ist das Wort „Lügenpresse“ in meinen Augen nicht der schlimmste Vorwurf, den man den Medien machen kann. „Lückenpresse“ finde ich wesentlich schlimmer.
Doch dies ist nur die Spitze des Propaganda-Eisbergs. Damit Propaganda wirkt, muss sie von allen Seiten kommen. Die Medien finden zum Beispiel, dass die Menschen in Deutschland eine schlechte Meinung über Russland haben sollten, und so wird Russland bei allen Gelegenheiten in ein schlechtes Licht gerückt: Nicht nur in den Nachrichten, sondern auch bei jeder anderen Gelegenheit.
Ein Beispiel: Zu Weihnachten 2019 gab es bei der ARD eine Sendung darüber, was ausländische Studenten in Deutschland zu Weihnachten essen. Ein Brasilianer, ein Afrikaner und ein Russe durften uns ihre heimischen Lieblingsgerichte zeigen. Es war eine positive Sendung aus der Reihe „leichte Unterhaltung“.
Aber über den Russen konnte die ARD nicht berichten, ohne mehrmals darauf hinzuweisen, dass es bei ihm zu Hause schwierig sei, alle nötigen Lebensmittel zu bekommen. Das ist kompletter Blödsinn und gelogen: Russische Supermärkte bieten teilweise eine weit größere Auswahl an als Supermärkte in Deutschland. Und ich weiß, wovon ich rede, denn ich lebe seit über 20 Jahren in Russland.
Doch die kleinen Nebensätze in diesem Beitrag sorgen dafür, dass der Zuschauer ein weiteres Mal Russland mit etwas Negativem assoziiert. So werden unsere Wahrnehmung und unsere Meinung unbemerkt beeinflusst.
Ein weiteres wichtiges Mittel der modernen Propaganda sind Adjektive. Ein Beispiel: „Präsident Obama hörte aufmerksam und interessiert zu“ klingt viel schöner als „Präsident Trump blickte währenddessen grimmig drein“. Mit solchen wertenden Formulierungen werden Assoziationen geschaffen und ob wir wollen oder nicht: Für die meisten klingt „Obama“ sehr positiv, während das Wort „Trump“ negativ klingt. Das liegt an der andauernden Berieselung mit den jeweiligen Adjektiven.
Egal, wie kritisch wir sind oder für wie kritisch und wachsam wir uns halten, diese Dinge laufen unterbewusst ab und beeinflussen jeden von uns.
In den vielen Beispielen für Propaganda, die ich in diesem Buch aufzeige, kann man sehen, wie diese Dinge funktionieren: Mal wird offen und dreist gelogen, mal werden Dinge verdreht, mal werden sie komplett weggelassen, aber immer spielen die Adjektive eine wichtige Rolle. Wer Texte ganz bewusst liest und auf diese Dinge achtet, dem springt die tägliche Propaganda der deutschen Medien mit der Zeit direkt ins Gesicht.
Auf meiner Webseite Anti-Spiegel.ru habe ich im Jahr 2019 ca. 1.150 Artikel veröffentlicht. Für dieses Jahrbuch der Propaganda habe ich knapp 40 davon ausgewählt, in denen sich die deutschen Medien besonders dreister Propaganda schuldig gemacht haben. Das kann natürlich keine vollständige Darstellung der Propaganda in 2019 sein – man könnte noch hunderte solcher Bücher mit Beispielen füllen, aber diese Zusammenstellung liefert einen interessanten Überblick über das, was die Medien in Deutschland tun.
Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre interessante Unterhaltung und –
bleiben Sie kritisch!
Ihr Thomas Röper
Wie und von wem die westliche Presse gesteuert wird
Weil die „Gläubigen“ der Mainstream-Medien es für eine Verschwörungstheorie halten, dass die Medien in Deutschland „gleichgeschaltet“ sind, will ich hier aufzeigen, warum der Vorwurf korrekt ist – und wie es funktioniert.
Claus Kleber vom heute-journal sagte einmal sinngemäß, es wäre doch Unsinn zu behaupten, seine Berichterstattung wäre gesteuert, schließlich riefe ihn niemand in der Redaktion an, um ihm zu sagen, was er berichten soll.
Das stimmt sicherlich, aber andererseits wissen er und andere Journalisten sehr genau, was sie berichten sollten, wenn sie ihren Job auch weiterhin machen möchten. Da braucht es natürlich keinen täglichen Anruf „von oben“.
Die „Qualitätsmedien“ bekommen reichlich Unterstützung, damit sie berichten, was gewünscht wird. Ich habe schon früher aufgezeigt, dass alleine das Pentagon über 27.000 Mitarbeiter1 hat, deren einzige Aufgabe es ist, Nachrichten zu produzieren, die dann über Nachrichtenagenturen den Weg in unsere Nachrichten finden. Das ist per Definition Propaganda, und Claus Kleber hat kein Problem damit, diese Meldungen aus dem Pentagon als Nachrichten zu verkünden.
Die Medien haben mit rückläufigen Auflagen und fallenden Einnahmen zu kämpfen, was in jeder deutschen Redaktion bereits zu Kündigungswellen geführt hat. Wenn aber immer weniger Journalisten in einer Redaktion die gleiche Menge Artikel „produzieren“ sollen, dann geht das zwangsläufig auf Kosten der Recherchen. Dafür ist keine Zeit mehr und das merkt man. Die meisten Artikel in den deutschen Medien sind fast wortgleich, selbst die Überschriften. Der Grund ist, dass die Redakteure Meldungen von den Nachrichtenagenturen praktisch wortwörtlich übernehmen.
Im besten Fall wird der Artikel der Nachrichtenagentur ein wenig umformuliert – mehr macht die Redaktion oft nicht mehr. Und wer sich eine Regionalzeitung kauft, der muss wissen, dass die meisten Artikel dort längst aus einer Zentrale kommen, wo die Artikel für alle Regionalzeitungen einer Medienholding geschrieben werden. Vor Ort geschrieben wird bestenfalls noch der Bericht über das Jahrestreffen des örtlichen Schützenvereins.
Es findet also eine Zentralisierung statt, bei der einige Organisationen, beispielsweise das Pentagon, „Nachrichten“ produzieren und an die Nachrichtenagenturen weitergeben. Diese wiederum geben sie an die Medien weiter, die wir dann lesen. Recherche findet nicht mehr statt, stattdessen gibt es „copy/paste“.
Wer also kontrollieren will, was die Medien bringen, der muss kontrollieren, was in die Nachrichtenagenturen kommt. Und dafür gibt es eine Reihe von Organisationen, das Pentagon ist nur eine davon. Die Regierung der USA hat noch viele andere Organisationen, die das Gleiche tun, beispielsweise USAID, Radio Liberty und andere.
Natürlich gibt es auch private Produzenten von Nachrichten, und hier bin ich auf eine interessante Organisation gestoßen, die in Prag sitzt und sich rühmt, dass ihre Artikel in 506 verschiedenen Medien in 157 Ländern und 61 Sprachen publiziert werden. Das ist also eine gewaltige Maschinerie, die die Meinungen von Millionen Menschen weltweit durch ihre Berichte beeinflusst. Der Name dieser Organisation ist „Project Syndicate“.
Ich bin auf diese Organisation durch einen Artikel bei „alles-schallundrauch“ gestoßen.2 Das ist ein guter Artikel, doch da ich anders arbeite als die „Journalisten“ unserer „Qualitätsmedien“, habe ich mich selbst daran gemacht, zu recherchieren, wer „Project Syndicate“ eigentlich ist. Und das Ergebnis ist erschreckend.
Nach eigenen Angaben ist das Syndikat eine gemeinnützige Organisation, die den Menschen auf der Welt „Zugang zu Informationen“ geben möchte:
„Project Syndicate produziert und liefert qualitativ hochwertige Kommentare an ein globales Publikum. Mit exklusiven Beiträgen prominenter politischer Führer, Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer und Bürgeraktivisten aus der ganzen Welt bieten wir Nachrichtenmedien und ihren Lesern modernste Analysen und Einblicke, unabhängig von der Zahlungsfähigkeit. Unsere Mitglieder umfassen über 500 Medien – mehr als die Hälfte davon erhalten unsere Kommentare kostenlos oder zu subventionierten Preisen – in 157 Ländern.“
Was so positiv und selbstlos klingt, bedeutet jedoch nichts anderes, als dass das Syndikat beeinflussen will, was die Menschen diskutieren. Man will die weltweite öffentliche Meinung steuern und verkauft dies als „gemeinnützige Arbeit“.
Wie immer ist die entscheidende Frage, wer hinter dem Syndikat steht und wer es finanziert. Wenn man das weiß, dann weiß man auch, wessen Meinung der Weltöffentlichkeit da vermittelt werden soll.
Und schon da wird es schwierig. Das Syndikat veröffentlicht auf seiner Seite keine Jahresberichte, man weiß also nicht, wie viel Geld es von wem erhält. Und wer es 1995 gegründet hat, ist auch nicht ersichtlich.
Man findet auf der Seite lediglich eine Liste der Partner, die das Syndikat unterstützen.3 Es handelt sich um:
„Open Society Foundations, the Bill & Melinda Gates Foundation, the MasterCard Foundation, the European Climate Foundation, the European Journalism Centre, the Children’s Investment Fund Foundation, the Mohammed bin Rashid Al Maktoum Knowledge Foundation, the Heinrich Böll Stiftung, the Friedrich-Ebert-Stiftung, GAM, the Google Digital News Initiative, McKinsey Global Institute, the Nature Conservancy, and the Sustainable Development Solutions Network.“
Das ist ein Who-Is-Who der weltweiten Stiftungen, die man überall dort findet, wo die öffentliche politische Meinung in Richtung der Transatlantiker und der Nato beeinflusst werden soll. An erster Stelle wird die Open Society Foundation von George Soros aufgeführt. Und wenn man bedenkt, dass das Syndikat 1995 gegründet wurde, um – nach eigenen Angaben – den Menschen im ehemaligen Ostblock die westliche „Meinungsfreiheit“ zu bringen, dann deckt sich dieses Ziel sehr deutlich mit dem, was auch Soros mit seinen Foundations als Ziel verkündet hat. Er hat seine Open Society Foundation im Jahr 1993, also zwei Jahre vor der Gründung des Syndikats, eröffnet. Da liegt der Verdacht nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Organisationen gibt, der durch die finanzielle Unterstützung durch Soros, über die das Syndikat selbst berichtet, bestätigt wird.
Heute findet man auf Wikipedia noch mehr Angaben darüber, wer das Syndikat unterstützt, allerdings werden keine Quellen genannt. Das deutsche Wikipedia schreibt zum Beispiel, ohne Quellen zu nennen, Folgendes:
„Das Syndikat finanziert sich aus den Beiträgen seiner Mitglieder in den Industriestaaten und aus Zuwendungen privater Stiftungen, darunter das Open Society Institute von George Soros. In Deutschland förderte u. a. die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius die Arbeit der Organisation.“
Offenbar war das Syndikat früher transparenter, denn in der Wayback-Machine ist noch eine Seite erhalten, die es heute nicht mehr auf der Seite des Syndikates gibt. Dort ist eine Liste der „Member-Papers“ in Europa zu sehen, also der Zeitungen, die Mitglieder des Syndikates sind, was immer das bedeuten mag. Für Deutschland sind dort unter anderem gelistet:4 Die Welt, Börsenzeitung, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung und Wirtschaftswoche.
Die finanzielle Ausstattung des Syndikates ist übrigens hervorragend. Leider liegen wie erwähnt keine Jahresberichte vor, doch auf der Seite der Gates Foundation kann man sehen, wie viel allein Bill Gates dem Syndikat gespendet hat:5 2012 waren es 2.007.220 Dollar und 2016 noch einmal 1.653.105 Dollar. An Geldmangel leidet das „gemeinnützige“ Syndikat sicher nicht.
Es ist absolut üblich, dass „Experten“ für Artikel, die sie schreiben, auch bezahlt werden. Und die Liste der Autoren des Syndikates umfasst Nobelpreisträger, ehemalige Spitzenpolitiker und andere namhafte Experten. Also Menschen, die sicher sehr gut bezahlt werden, wenn sie etwas veröffentlichen. Einer, der dort seit 2006 im Durchschnitt etwa einmal pro Monat einen Artikel veröffentlicht, ist Joschka Fischer.
Auch George Soros selbst nutzt das Syndikat, um seine Meinung zu veröffentlichen. Im Februar 2019 zum Beispiel schrieb Soros dort einen Gastkommentar6, der wortwörtlich7 von vielen Medien veröffentlicht wurde. Andere haben ihn nicht wörtlich zitiert, aber wohlwollend darüber berichtet.8 Auch ich habe seinerzeit darüber geschrieben9, allerdings nicht allzu wohlwollend, weil der Artikel von Soros im Kern absolut anti-demokratisch war. Soros wollte mit seinem Artikel vor der Europawahl die öffentliche Meinung in der EU in seinem Sinne beeinflussen.
Wir sehen also, dass die „transatlantische Lobby“ praktisch unbegrenzte Mittel zur Verfügung hat und damit selbst „Nachrichten“ in ihrem Sinne produziert, die dann über die Nachrichtenagenturen eins zu eins in unsere Medien gelangen. Und wenn man all diese „Unterstützer der Meinungsfreiheit“ anschaut, dann sind die Geldgeber am Ende immer die Gleichen: Die westlichen Staaten – und hier allein die USA mit Budgets in zweistelligem Milliardenbereich jährlich – und politische Stiftungen, die teilweise wiederum auch von den westlichen Staaten finanziert werden. Was uns als „Nachrichten“ von den „Qualitätsmedien“ präsentiert wird, ist also zumindest zu einem sehr großen Teil nichts anderes als Propaganda für die politischen Ziele der USA, denn praktisch alle diese Finanzströme haben dort ihren Ursprung.
Das bedeutet, dass die Medien, die diese Dinge ungefiltert und oft sogar wörtlich übernehmen, durchaus als „gleichgeschaltet“ bezeichnet werden können. Und daher muss niemand bei Claus Kleber anrufen und ihm vorschreiben, was er zu berichten hat. Er bekommt es ja tagtäglich aus den Nachrichtenagenturen und muss es nur noch vorlesen.
2 https://alles-schallundrauch.blogspot.com/2015/01/project-syndicate-die-globale.html
3 https://www.project-syndicate.org/about
4 https://web.archive.org/web/20120623142537/http:/www.project-syndicate.org/member-papers
5 https://www.gatesfoundation.org/How-We-Work/Quick-Links/Grants-Database#q/k=project%20syndicate
Propaganda bei Arte: Wie viele Lügen kann man in 12 Minuten unterbringen?
Vom 14. Januar 2019
Arte strahlte am 12. Januar 2019 eine Sendung aus, die in nur zwölf Minuten so viele Lügen und Propaganda über Russland und seine Politik verbreitete, dass man wirklich staunen muss. Die Sendung hieß „Mit offenen Karten – Die Welt aus Sicht des Kreml“. Diese Sendung ist ein Paradebeispiel dafür, wie das Staatsfernsehen – Verzeihung, es heißt ja „öffentlich-rechtlich“ – Propaganda betreibt und dabei vor Lügen nicht zurückschreckt.
Es begann, wie sollte es anders sein, mit einem Foto von einem Militärmanöver. Russland hatte zusammen mit China im September das größte Manöver seit Jahrzehnten veranstaltet. Das Manöver fand im Fernen Osten statt und war für Arte die Begründung für das größte Nato-Manöver seit Jahrzehnten, das im Oktober in Norwegen stattfand. Dass die Nato ständig Manöver an Russlands Grenzen durchführt und mit der Stationierung von Soldaten im Baltikum und in Polen gegen die Nato-Russland-Akte verstößt, wurde natürlich nicht erwähnt. Es sollte ja so aussehen, als ob Russland mit einem Manöver tausende Kilometer von den Nato-Grenzen entfernt die Nato provoziert. Dass es sich genau umgekehrt verhält und die Nato Waffen und Soldaten an Russlands Grenze gebracht hat, wurde verschwiegen.
Dann lernten wir bei Arte, dass Russland den Separatismus in Transnistrien, Abchasien und Ossetien schürt. Dass all diese Konflikte beim Auseinanderbrechen der Sowjetunion entstanden sind, wurde nicht erwähnt. Auch wurde natürlich nicht erwähnt, dass es nicht Russland war, das Ossetien 2008 angegriffen hatte. Damals griff Georgien die kleine Republik an und beschoss eine Stadt eine ganze Nacht lang mit Artillerie. Dass aber ein Volk kaum zu einem Land gehören möchte, das es mit schweren Waffen niedermetzelt, ist nur allzu verständlich. Daher wurde das Thema ausgespart und stattdessen Russland der Förderung des Separatismus beschuldigt, ohne auf irgendwelche Hintergründe einzugehen.
Dann war die Ukraine an der Reihe. Laut Arte fand die Orangene Revolution einfach statt. Dass diese „Revolution“ vom Westen organisiert und bezahlt worden war, wurde verschwiegen, dabei kann man das inzwischen sogar auf Wikipedia lesen, was mich sehr überraschte. Der Westen wollte die Wahl eines pro-russischen Präsidenten nicht anerkennen und hatte daher über NGOs die Demonstrationen organisiert; genannt wird unter anderem die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU. Bei Arte wurde all dies nicht erwähnt, es wurde lediglich angeführt, dass Russland den Westen „beschuldigt“, diese Revolution angezettelt zu haben. Dabei ist das keine russische „Beschuldigung“, sondern eine allgemein bekannte Tatsache.
Noch besser wird es, als Arte dann behauptete, dass Russland als Reaktion darauf die Gaslieferungen in die Ukraine eingestellt habe, und zwar „angeblich“ wegen unbezahlter Rechnungen. Es wird also so dargestellt, als ob Russland lediglich behauptet hätte, die Ukraine hätte damals ihre Rechnungen nicht bezahlt, dabei ist dies eine unbestrittene Tatsache, und es war übrigens die Ukraine, die damals den Gastransit nach Europa eingestellt hatte, was Arte jedoch lieber nicht erwähnt.
Und wer glaubt, dreister geht es nicht, wird eines Besseren belehrt.
So heißt es danach bei Arte, dass Russland die Krim „nach der demokratischen Wahl eines ukrainischen Präsidenten annektiert“ habe. Das ist nun wirklich komplett gelogen, denn es war umgekehrt. Die Vorgänge auf der Krim fanden im März 2014 statt, die Präsidentschaftswahl aber erst Ende Mai 2014. Vor den Ereignissen auf der Krim gab es den Putsch des Maidan, bei dem unter Bruch der ukrainischen Verfassung und nachdem über hundert Menschen von bis heute unbekannten Scharfschützen erschossen worden sind, die alte Regierung weggeputscht wurde. Übrigens sind die Todesschüsse vom Maidan bis heute nicht aufgeklärt, das UNHCR hat seit dem Maidan 24 Berichte über die Menschenrechtslage in der Ukraine veröffentlicht1 und kritisiert in jedem seiner Berichte, dass die Putschregierung in Kiew die Todesschüsse bis heute nicht aufgeklärt hat und Verdächtige seit über vier Jahren ohne Anklage in Haft sind. Aber das hört man bei Arte natürlich nicht.
Und auch die ständige Betonung des Westens von der „Annexion der Krim“ wird durch Wiederholung nicht wahrer. In meinem Buch über die Ukraine-Krise von 2014 habe ich alle Details dazu ausführlich und chronologisch aufgezeigt2.
Natürlich darf bei diesem Thema auch nicht fehlen, dass „Russland Truppen in das Donezbecken“ schickte – auch dies wieder eine griffige Formulierung, die aber ebenfalls gelogen ist, denn die OSZE hat Beobachter vor Ort und hatte dort nie von russischen Truppen berichtet, wie jeder, der die nötigen Englischkenntnisse mitbringt, in den täglichen Berichten der OSZE nachlesen kann.3
Und schließlich „brachte Russland drei Schiffe der Ukraine auf“, wie wir bei Arte lernen. Dass beim Vorfall von Kertsch ukrainische Kriegsschiffe die russische Grenze verletzt haben und dabei stundenlang nicht auf Funksprüche der russischen Grenzschützer reagiert haben, berichtet Arte natürlich nicht. Arte lässt kurzerhand alle störenden Informationen weg und berichtet in einer Weise darüber, dass man glaubt, Russland sei schuld an dem Vorfall, bei dem die Ukraine die russische Grenze verletzt hat. Desinformation in Reinkultur!
Dann berichtet Arte, dass Russland die EU-Osterweiterung als Affront sieht. Das stimmt ebenfalls nicht, denn in Russland, das ja alte Beziehungen zu den neuen EU-Staaten hatte, hoffte man, dass diese EU-Osterweiterung in der Folge auch die Annäherung von Russland und der EU fördern würde. Das ist nicht passiert, aber die Hoffnungen waren da, wie Putin und andere Regierungsmitglieder Russlands immer wieder erwähnten.
Ein Affront für Russland war jedoch die darauffolgende Nato-Osterweiterung, denn seither stehen in der Folge US-Soldaten an den russischen Grenzen. Hinzu kommt, dass die Regierung von Bush-Senior Gorbatschow versprochen hatte, dass sich die Nato nach der deutschen Wiedervereinigung „keinen Zoll nach Osten“ ausdehnen werde. Wer dies für russische Propaganda hält, kann sich in einem Video4 überzeugen, wie Genscher oder auch US-Außenminister Baker sich dazu damals geäußert haben. Gorbatschow war naiv genug, sich dies nicht schriftlich geben zu lassen. Hier hat die Nato also kein Abkommen verletzt, aber ein gegebenes Versprechen gebrochen. Natürlich wurde auch dies bei Arte nicht erwähnt. Da muss man sich nicht wundern, dass Russland nach diesem und anderen Wortbrüchen sehr skeptisch ist, wenn der Westen etwas verspricht.
Zu den auf den Ukraine-Konflikt gefolgten Sanktionen sagt Arte, Russland sei von der EU abhängig – ob das stimmt, sei einmal dahingestellt. Dann kommt bei Arte die abgedroschene Behauptung, Russland würde seine Gaslieferungen als Druckmittel einsetzen. Arte erklärt aber nicht, wie das geschieht und bringt keine Beispiele. Das ist wenig verwunderlich, denn es gibt keine. Russland ist seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Lieferant für Europa und es gab nie Probleme, auch keinen politischen Druck aus Russland. Aber es klingt einfach zu gut, das konnte Arte wohl nicht weglassen.
Natürlich geht es in einer solchen Sendung auch nicht ohne die angebliche russische Einmischung in die US-Wahlen und die französische Präsidentschaftswahl. Aber auch hier werden keine Details geliefert und kein Wort darüber verloren, dass selbst zwei Jahre, nachdem diese Vorwürfe erstmals erhoben wurden, noch immer keinerlei Beweise vorliegen. Sonderermittler Mueller hat bereits Millionen verpulvert, und alles, was er erreicht hat, sind ein paar Anklagen wegen Steuerhinterziehung, aber nichts zum Thema Russland.
Und dann tut Russland laut Arte etwas ganz Böses: Es finanziert Medien wie RT und Sputnik, die die russische Sicht der Dinge verbreiten sollen. Gut, dass niemand sonst solche Schweinereien betreibt! Hat man bei Arte vergessen, dass Arte selbst ein staatlich finanzierter Sender ist, der ausgerechnet mit Filmen wie diesem nichts anderes tut, als die westliche Sicht der Dinge zu verbreiten? Und was ist mit der Deutschen Welle, Radio Liberty und wie all die staatlichen Auslandssender der westlichen Staaten heißen, die nichts anderes tun als RT und Sputnik? Aber wenn Russland das tut, dann ist das natürlich ganz etwas Schlechtes.
Noch lustiger wird es, als Arte zum Fall Skripal kommt. Arte beruft sich auf „Experten“, die der Meinung sind, dass Russland den Mordanschlag verübt habe, um die Reaktion des Westens zu testen. Dass bis heute absolut unklar ist, was mit den Skripals passiert ist, interessiert Arte nicht – für Arte steht Russlands Täterschaft so fest, dass man gleich „Experten“ zitiert, allerdings ohne diese zu benennen. Dabei hätte mich wirklich interessiert, was das wohl für „Experten“ gewesen sind.
Dann geht es um die im Westen weitgehend unbekannte Shanghai Organisation für Zusammenarbeit, die Russland und China gegründet haben und der inzwischen auch Indien und Pakistan und viele andere asiatische Länder beigetreten sind. Die Organisation soll den Handel und kulturellen Austausch fördern. Nachdem nun der größte Teil Asiens beigetreten ist, sagt Arte, dass es sich „laut Moskau“ nun um eine „globale Organisation, die über die Hälfte der Weltbevölkerung“ vertrete, handelt. Aber warum „laut Moskau“? Für einen Redakteur bei Arte klingt es offenbar gut, wenn man sagen kann, dass Moskau etwas behauptet, doch ein Blick auf die Liste der Mitgliedsländer zeigt, dass die Formulierung durchaus korrekt ist.
Und nicht zuletzt unterstellt Arte Russland Großmachtstreben, weil es sich in Syrien eingemischt hat und laut Arte nur deshalb dabei Erfolg hat, weil die Europäer und die USA so zerstritten sind. Ich frage mich allerdings, wo es zwischen der EU und den USA Streit zum Thema Syrien gab? Erst seit Trump ankündigte, seine Soldaten abzuziehen, gibt es dazu Meinungsverschiedenheiten, vorher jedoch nicht. Und dass der Einsatz von westlichen Soldaten und Flugzeugen in Syrien ein grober Verstoß gegen das Völkerrecht ist, das so etwas nur erlaubt, wenn der UNO-Sicherheitsrat es genehmigt hat, wird vorsichtshalber ganz verschwiegen. De facto führt der Westen, also auch Deutschland und Frankreich, in Syrien einen illegalen Angriffskrieg. Aber das erwähnt Arte lieber auch nicht.
Wer will nach einem solchen Beitrag von einem staatlich finanzierten Sender wie Arte noch daran zweifeln, dass es im Westen Propaganda gibt?
1 https://www.ohchr.org/Documents/Countries/UA/24thReportUkraineAugust_November2018_EN.pdf
2 ISBN-10: 3941956787
3 https://www.osce.org/special-monitoring-mission-to-ukraine