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Susanna Egli
Der Lehrer will sie alle!
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Inhaltsverzeichnis
Titel
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Impressum neobooks
1
Universität Toulouse
15 Rue des Lois, 31000 Toulouse, Frankreich
„Die Wäscherinnen von Hèches“, begann Dr. Louis Fouqué, Lehrer für Geschichte, langsam, „hatten einen eigentümlichen Brauch: An einem Tag des Jahres, dem dritten Sonntag nach Ostern, schien plötzlich alle Scham, alle Zurückhaltung, die ihnen in Jahrhunderten anerzogen worden war, von ihnen abzufallen. An diesem einen Sonntag legten die jungen Frauen und Mädchen, die Mütter, Matronen und selbst die alten Frauen ihre Scham zugleich mit ihren umfangreichen dunklen Gewändern ab, mit denen sie ansonsten mit peinlichster Sorgfalt ihre Blöße vor Fremden, auch vor ihres gleichen, ja häufig sogar vor ihren Ehepartnern und letztlich sogar vor sich selbst verbargen.“
„Vor sich selbst?“, fragte Carolin amüsiert.
Der Lehrer nickte, ohne aber auf den heiteren Tonfall seiner Zuhörerin einzugehen.
„Sogar vor sich selbst“, wiederholte er. „Ich erinnere mich, dass sie sogar einmal ein junges Mädchen geschlagen haben, weil ihre Mutter es dabei ertappte, wie sie sich selbst entblößt im Spiegel betrachtet hatte.“
„Aber ich werde es euch ausführlich berichten!“, erklärte er und begann zu erzählen:
Wir vier waren früher noch als sonst aufgestanden: Fabrice, Yannik, Robin und ich.
Eine Stunde, bevor die Frauen und Mädchen aufbrachen, waren wir schon hinunter zum Fluss gelaufen. Natürlich kannten wir den Platz, wo die Wäscherinnen sonst immer ihrer Tätigkeit nachgingen.
Es war nicht schwer, sich zu verstecken, denn sowohl die großen Granitblöcke im Flusstal als auch die dichten, blühenden Ginstersträucher boten uns genügend Schutz.
Wir wussten, es entsprach dem Brauch, dass die auserwählten Burschen dem Entkleidungsschauspiel nicht direkt und auch nicht aus zu großer Nähe zusahen.
Während des zehnminütigen Fußmarsches waren wir stumm gewesen, und auch jetzt, als wir in einer Entfernung von vielleicht zwanzig, dreißig Metern –Stellung- bezogen hatten, sprachen wir kaum miteinander.
Gegen acht Uhr morgens war es noch sehr frisch und kühl im Tal des Flusses, obwohl dieses schon von der Sonne beschienen war. Aber es versprach, ein heißer Tag zu werden. Mich fröstelte und schauerte, was jedoch wohl auch auf meine Aufregung im Hinblick auf das zu erwartende Schauspiel zurückzuführen war.
Es war das erste Mal in unserem Leben, dass wir nackte Frauen sehen würden!
Wieder hielt Louis in seiner Erzählung inne.
Er blickte in die Gesichter seiner Schüler. Keiner verbarg die Spannung und die Erregung, die schon die ersten Sätze der Erzählung des Geschichtslehrers hervorgerufen hatten.
„Ich weiß nicht“, fügte Dr. Louis Fouqué schleppend und etwas unsicher ein, „ob ich euch klar gemacht habe, was es mit diesem Tag auf sich hatte. Alles, was an diesem Tag geschehen würde, bildete so etwas wie ein Ventil, aus dem entweichen konnte, was sich im Laufe des langen Jahres in der dumpfen und strengen Atmosphäre im Leben der Dorfbewohner aufgestaut hatte. Zugleich war es der Sinn, dass diejenigen Jungen, die im Begriffe waren, in den Kreis der Männer aufgenommen zu werden, einmal sehen konnten, wie eine unbekleidete Frau, ein unbekleidetes Mädchen , aussahen. Und dadurch, dass — abgesehen von den Mädchen unseres Alters und den Kindern, alle weiblichen Wesen des Dorfes an den Platz der Wäscherinnen kommen würden, wurde den heranwachsenden Burschen auch deutlicher als sonst irgend möglich vor Augen geführt, wie vergänglich die Reize weiblicher Schönheit—menschlicher Schönheit überhaupt! — sind.“
„Blieb es denn heim Ansehen der nackten Mädchen?“ Wieder war es die vorlaute Carolin, die seine Erzählung unterbrach.
Der Lehrer zog seine Augenbrauen zusammen und warf dem blonden Mädchen einen verärgerten Blick zu. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, und man spürte, wie es in ihm arbeitete.
Aber er hielt die Antwort, die sich sichtbar in ihm formulierte, zurück. Es ergab sich eine fast unerträglich lange Pause, ohne dass jemand der acht jungen Mädchen und Männer, die dem Franzosen zuhörten, gewagt hätte, die Stimme zu erheben.
Dann endlich setzte Louis wieder ein. Es schien, als habe er in der Pause seine Stimme gewechselt. Seine Erzählung ging weiter:
Da kommen sieben Frauen rief Robin heiser, als nach über einer Stunde die ersten Gestalten der Gruppe auf der Höhe zu erkennen waren. Gebannt blickten wir vier Jungen nach oben, und wir verfolgten, wie sich die Schlange der Frauen und Mädchen über die Serpentinen des steinigen Pfades herunterbewegte.
Obwohl die sechzehn nackten Frauen und Mädchen wussten, dass sie vier kleine heimliche männliche Zuschauer hatten, deutete darauf nichts in ihren Bewegungen hin.
Das Geschnatter und Geschwätz der Wäscherinnen hatte längst wieder eingesetzt, und nun stiegen die Mädchen und Frauen langsam in das frische, an dieser Stelle seichte Wasser des Flusses.
Sie badeten — und baden bedeutet hier, dass sie sich zuerst einmal um ihre Reinlichkeit kümmerten. Einige hatten Seife mitgebracht, und die Mädchen und Frauen wuschen sich, ohne sich wegen unserer Blicke zu genieren, von Kopf bis Fuß, unter der Achsel, zwischen den Beinen und selbst, frei von Scham, im Gesäß, bis sich an der Stelle des Waschplatzes im hellen, klaren Wasser des Flusses weithin erkennbar eine milchige Trübung von Seifenlauge abzeichnete.
Lange hielten es die nackten Wäscherinnen in dem noch kühlen Wasser des Flusses nicht aus, und sie entstiegen nach und nach den Fluten, bis zuletzt auch die Gruppe der vier jüngsten Mädchen, die alle nur wenige Jahre älter waren als wir, und mit denen wir einstmals harmlos gespielt hatten, ihr Geplansche und Gekreische wegen der kühlen Wassertemperaturen abbrechen musste und ans Ufer kam.
Fabrice machte eine Bemerkung, die sich auf die Brüste dieser vier jungen Mädchen bezog. Wir sahen genauer hin, und teilten Fabrices Entdeckung: Die Mittelpunkte, die Warzen ihrer Brüste schienen sich nach dem Bad verändert zu haben, schienen weiter hervorgetreten und verhärtet zu sein.
Die Frauen gaben ihre nass glänzenden Körper, langsam auf und ab laufend und ohne ihr unermüdliches Geschwätz zu unterbrechen, den wärmenden und trocknenden Strahlen der Vormittagssonne preis.
Die Mädchen, uns Jungen altersmäßig und von ihrer Reife her noch näher als den verheirateten Frauen, liefen herumtollend um die Gruppe der älteren Wäscherinnen, als hätten sie ihre Nacktheit völlig vergessen, und wir vier Jungen in unserem Versteck verfolgten erregt das Auf- und Niederwippen ihrer jungen Brüste.
Dr. Fouqué sah verstohlen auf seine Uhr. Mehr als die Einleitung zu seiner Erzählung hatte er heute nicht preisgeben wollen, und er beschloss, jetzt abzubrechen.
Im letzten Teil seiner Geschichte hatte er immer wieder unauffällig die Gesichter seiner Zuhörer und besonders seiner Zuhörerinnen gemustert. Er hatte ganz bewusst ein paarmal sehr derbe Ausdrücke gewählt.
Er hatte sehr genau verfolgt, wie die beiden Mädchen seiner Wahl die vorlaute kleine Carolin und Emilia, eine stilles, gutgewachsenes Mädchen —auf die ordinären Worte reagiert hatten.
Carolin, schien es, war wohl ein paarmal in Versuchung, eine Bemerkung in seine Erzählung einfließen zu lassen, aber sie beschloss schließlich doch, still zu bleiben, und hörte mit gesenktem Kopf ihrem Lehrer zu.
Emilia hatte den Blicken des Lehrers gelassen standgehalten, und erst, als Louis von den körperlichen Einzelheiten der Mädchen und Frauen gesprochen hatte, senkte auch sie den Blick. Er verfolgte, wie sie bei seinen ordinären Ausdrücken zusammenzuckte.
Louis, selbst nicht gerade großgewachsen, fühlte sich körperlich eher von der kleinen Carolin angezogen, und er beschloss, sich zuerst ihr zuzuwenden.
Der Lehrer machte eine Pause, und es schien, als bemühe er sich, wieder in seine normale Rolle zurückzufinden.
„So, genug für heute“, meinte er schließlich. „Wir sehen uns morgen wieder.“
Die acht Jungen und Mädchen seines Geschichtskurses erhoben sich und befreiten sich langsam von der Spannung und Erregung, die der Vortrag in ihnen hervorgerufen hatte.
Sie waren alle Studenten, manche noch ganz am Anfang ihres Studiums, zwei von ihnen schon knapp unter dreißig, also gerade so alt wie ihr Lehrer. Sie alle waren in der Hoffnung zur Université de Toulouse gekommen, um die fehlenden Lücken ihrer Geschichtskenntnisse schließen zu können. Hierfür bot die Universität einen Sonderkurs während der Semesterferien an, der von Dr. Louis Fouqué geleitet wurde.
Louis drängte sich an den Jungen und Mädchen vorbei, in der Absicht, die kleine Carolin anzusprechen. Aber es schien, als sei ihm jemand zuvorgekommen. Louis hörte verärgert, wie das blonde Mädchen mit Manuel sprach und offensichtlich mit diesem einig wurde, in eine Kneipe in der Altstadt von Toulouse zu gehen.
Louis hatte Mühe, sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. Er drehte sich suchend nach Emilia, seiner „zweiten Wahl“, um und zuckte zusammen, weil sie unmittelbar hinter ihm stand und zum Ausgang des Seminarraumes drängte.
Wieder wurde ihm bewusst, dass ihn das Mädchen um einige Zentimeter überragte. Natürlich müsste es ein Genuss sein, mit diesem großen Mädchen im Bett zu sein und zu fühlen, wie sich ihre langen, schlanken Schenkel um seinen auf ihr liegenden Körper schlangen.
Aber einstweilen war es noch nicht soweit. Die Vorstellung, dass er wohl erst einmal mit dem Mädchen ausgehen müsse und sich mit ihr der Öffentlichkeit zeigen müsse, nahm Louis den Mut.
Er murmelte nur verlegen: „Au revoir. Bis morgen“, und wandte sich dann wieder um und verließ seine Schüler.
Er war unzufrieden, verärgert über sich selbst, über Carolin und Manuel, und sogar darüber, dass Emilia so großgewachsen war.
2
Carolin und Manuel verabredeten sich für die Zeit nach dem Abendessen in dem Studentenwohnheim, das alle Teilnehmer des Geschichtskurses bewohnten, während die regulären Studenten der Universität zu diesem Zeitpunkt noch in den Semesterferien zu Hause bei ihren Familien waren.
Während der Semesterferien gab sich die Verwaltung der Studentenwohnheime liberaler, als sie es sonst und in Wirklichkeit war: Waren sonst die Studierenden streng nach Geschlechtern untergebracht, so hatte man die aus dem ganzen Land angereisten Ferienkurs-Studenten, Männer und Mädchen, in einem Wohnheim untergebracht, das sonst ausschließlich den Studentinnen der Universität vorbehalten war, von denen nur einige wenige auch während der Semesterferien anwesend waren.
Das Risiko, die Gaststudenten in einem Heim der männlichen Studierenden unterzubringen, hatte niemand von der Verwaltung eingehen wollen.
Carolin hatte Manuel darauf hingewiesen, dass sie sich noch etwas zurechtmachen wolle. Der junge Mann wusste, welches das Zimmer von Carolin war, das diese mit Leonie, einem Mädchen, das ebenfalls im gleichen Kurs war wie sie beide, teilte.
Manuel war längst fertig und schlenderte auf dem Gang des Wohnheims herum, als Carolin mit Waschzeug und Handtuch erschien und ihn verlegen anlächelte.
„Einen kleinen Moment nur —ich bin gleich fertig, ja?“
Manuel nickte freundlich und geduldig. Er wusste, dass er nicht zu den attraktivsten Vertretern des männlichen Geschlechts gehörte, und war ohnehin noch immer überrascht, dass die hübsche Carolin auf seine Einladung ein-gegangen war.
Ob sie denn ein Mädchen war, das gleich alles mit sich machen ließ?
Eigentlich hatte Manuel nicht diesen Eindruck von ihr gehabt, zumal die Kleine mit ihren achtzehn Jahren nicht so sehr viel Erfahrung haben konnte. Aber was hatte das nun wieder zu bedeuten, dass sie ihm mit Waschzeug und Handtuch entgegengetreten war — als wolle sie ihn informieren, dass sie jetzt duschen würde?
Manuels Vorstellungen begannen sich etwas zu verwirren, weil er jetzt unablässig daran denken musste, dass in diesem Augenblick das Mädchen sich entkleiden würde, dass sie sich unter die Dusche stellen und ihren zierlichen, schlanken Körper reinigen würde.
Irgendwie fiel Manuel wieder die begonnene Erzählung der Wäscherinnen von Hèches ein. Er ging unruhig auf und ab, wusste, wo das blonde Mädchen duschte.
Es wäre nicht einmal schlimm, wenn ihn jemand dort sähe, denn schließlich benutzten die männlichen Ferienkursteilnehmer die gleichen Anlagen. Schließlich gab sich Manuel einen Ruck.
Die Waschräume des Wohnheims lagen im Stock darüber, und Manuel ging —unnötigerweise — auf leisen Sohlen hinauf. Vor der Tür des Waschraumes hielt er inne und horchte. Es war nichts zu vernehmen. Er stieß die Tür einen Spalt auf, aber nichts deutete darauf hin, dass jemand duschte. Schließlich schob er sich vorsichtig in die Türe hinein.
Jetzt spürte er den Dunst des warmen Wassers und den Geruch von Duschgel und Parfüm. Manuel fühlte sein Herz bis zum Hals klopfen.
Er hatte die Wahl: Entweder, er würde sich sofort aus dem Duschraum zurückziehen, oder aber, er würde sich in eine der angrenzenden Kabinen einsperren, und von dort aus die kleine Blondine beobachten.
Manuel tat den zweiten Schritt.
Er orientierte sich, welche der drei Kabinen besetzt war — es war die mittlere — und schloss sich leise in die links daneben angrenzende ein.
Er hörte das fließende Wasser der Dusche. Wollte Manuel jetzt noch etwas von ihrem reizvollen Körper sehen, dann musste er sich beeilen.
Die Frage war, ob er von unten durch den offenen Raum, den die Trennwände der Kabinen ließen, oder von oben, über diese Wände hinweg, sich den verbotenen Einblick verschaffen sollte.
Manuel blickte vorsichtig nach unten in die Nachbarkabine, und er sah die nackten Füße — offensichtlich eines Mädchens, von der Größe her zu schließen. Mit einer weiteren Verrenkung konnte der Bursche gerade die Knie seiner Nachbarin erkennen. Mehr war von dieser Warte her nicht auszumachen.
Er musste es also von oben probieren. Dies allerdings war schon ein Stück schwieriger. Manuel musste die Türklinke zu Hilfe nehmen, um überhaupt heraufzukommen, und er kam sich vor wie zu seiner Schulzeit, als er an solche Akrobatik gewöhnt war.
Er musste vorsichtig sein, da er nicht entdeckt werden wollte. Jetzt war er weit genug oben. Manuel riskierte einen raschen und flüchtigen Blick. Sein Herz hüpfte vor Freude, sein Penis zuckte in der Hose. Das war wie der Lottogewinn für einen Voyeur.
Das blonde Mädchen stand höchsten einen Meter entfernt unter dem fließenden Wasser der Dusche. Sie hatte die Augen geschlossen. Manuel betrachtete zuerst ihre goldblonden Haare und das engelsgleiche Gesicht. Wie hübsch das Mädchen doch ist. Dann blickte er tiefer.
Seine Augen streiften über ihre runden Brüste mit den festen Nippeln. Ihre Vorhöfe hatten sich zusammengezogen und warfen feine, herrliche Fältchen. Er blickte tiefer, über ihren flachen Bauch, dann noch weiter herunter. Dort, wo sich ihre Beine trafen, bedeckte helles, gelocktes Haar ihre Schamregion. Das blonde Dreieck, deren Spitze direkt auf ihre Klitoris zu deuten schien, wirkte wie eine Einladung. Er glaubte sogar, ihre rosigen Schamlippen unter dem goldfarbigen Busch hervorschimmern zu sehen.
Leider war die Zeit sein Feind. Er hätte viel gegeben, diesen Moment einfrieren zu können. Aber die Blondine beendete seinen Voyeurismus. Sie drehte das Wasser ab, verließ die Duschkabine und trocknete sich ab. Kurz darauf begann sie sich anzuziehen.
Sie wandte Manuel den Rücken zu, was für ihn immerhin den Vorteil hatte, dass er sich nicht immer wieder zurückziehen und verstecken musste, und so genoss er es einige Augenblicke lang, dem halbentkleideten hübschen Mädchen bei der Toilette zuzusehen.
Carolin fuhr fort, sich zügig, aber ohne Hast anzuziehen. Sie tat es in der Gelassenheit des jungen Mädchens, das sicher ist, mit sich allein zu sein. Sie schlüpfte in ihre Jeans, und Manuel verfolgte halb aufgeregt, halb amüsiert, dass es offenbar einiger Anstrengung bedurfte, die hübschen Rundungen ihres Popos in das hautenge Kleidungsstück hineinzuzwängen.
Schließlich zog die kleine Blondine noch ihren Pullover über und verließ mit ihren Waschutensilien den Duschraum.
Manuel wartete, bis ihre Schritte im Flur des Studentenwohnheims verklungen waren und verließ dann seinerseits die Duschräume.
Er wusste nicht recht, ob er sich nun schämen oder sich an seiner Entdeckung freuen sollte. Zumindest aber nahm er sich vor, es noch einmal auszuprobieren, um wenigstens einmal das Mädchen ganz nackt zu sehen.
Wenn es so ausgehen würde, dass er nicht bei ihr landen könnte, hätte er wenigstens diesen heimlichen Genuss als Ersatz. Es fiel Manuel schwer, unbefangen zu bleiben, als ihm das junge Mädchen nach einigen Minuten freundlich und nichtsahnend gegenübertrat.
„Gehen wir?“, fragte sie munter, und Manuel nickte stumm.
Carolin freute sich über den wohlgefälligen Blick, den Manuel über ihre angenehme Figur gleiten ließ. Wäre das Ganze nur einfacher, dachte sich Manuel. Wie schön wäre es, wenn er dem hübschen Mädchen richtig zeigen könnte, dass sie ihm gefiel. Wenn er sie jetzt in diesem Moment einfach in den Arm genommen hätte, um ihren jungen, biegsamen Körper zu spüren, wenn er sie hätte küssen dürfen!
Carolin ihrerseits war innerlich auch ängstlicher, als es nach außen hin aussah. Schon am dritten Tag des Kurses nahm sie die Einladung eines jungen Mannes an!
Aber sicher war es noch immer besser, sich dem jungen, wie es schien etwas schüchternen Manuel anzuschließen, als etwa von Louis, ihrem Geschichtslehrer, zum Ausgehen aufgefordert zu werden.
Am Ende der heutigen Erzählung hatte sie irgendwie das Gefühl gehabt, dass sich der Lehrer ihr hatte nähern wollen, und so hatte sie, schneller und bereitwilliger, als es ihrer Natur entsprach, die schüchtern vorgetragene Einladung von Manuel angenommen.
Aber vielleicht hatte sie nun bei diesem die falsche Erwartung geweckt!
Hoffentlich, überlegte sich Carolin, während sie zunächst wortlos das Studentenwohnheim verließen und in die Altstadt von Toulouse zogen, hoffentlich erwartet er nicht zu viel von mir!
Hoffentlich bringt er mich nicht in Verlegenheit oder will gleich alles Mögliche mit mir machen!
Wenn sie wüsste, dass ich sie gerade in BH und Höschen gesehen habe, dachte Manuel. Vermutlich würde sie auf der Stelle kehrtmachen und mich stehenlassen.
Oder täuschte er sich?
Vielleicht würde sie auch so reagiert haben: Aber warum hast du denn nichts gesagt? Oder so: Komm —dann gehen wir doch gleich zu mir ins Zimmer! Ach — alles Unsinn!
Sehr gesprächig ist er nicht, dachte Carolin. Das gleiche war Manuel auch eben eingefallen.
„Ganz schön warm noch, so spät abends“, versuchte er das Gespräch anzuknüpfen.
Carolin musste lächeln, aber sie ging auf seinen Gesprächsvorschlag ein. Eine Weile sprachen sie über Paris, den Atlantik und die EU-Politik. Dann über Toulouse, das Wohnheim und ihre Unterbringung.
Sie waren inzwischen bei der La Couleur de la Culotte, einer sehr hübschen Bar in der Nähe der Garonne, angekommen. Sowohl Carolin als auch Manuel ging, allerdings aus verschiedenen Gründen, durch den Kopf, dass es wahrscheinlich war, dort die anderen Teilnehmer ihres Kurses oder zumindest andere Ferienstudenten zu treffen.
„Möchtest du lieber woanders hin?“, fragte Manuel rasch.
„Wollte ich auch gerade vorschlagen“, meinte Carolin erheitert, und die beiden Studenten setzten ihren Weg fort.
Es gab noch eine ganze Reihe ähnlicher Lokale. Es entstand eine Pause in ihrem Gespräch. Sollte er versuchen, noch mehr auf die Geschichte von den Wäscherinnen einzugehen? Er hatte inzwischen erkannt, dass Carolin zumindest eines nicht war: leicht und sofort für alles zu haben. Er würde also vorsichtig sein müssen, wenn er bei der Kleinen etwas erreichen wollte.
„Also, bis jetzt“, meinte Manuel schließlich, „bis jetzt halte ich das gar nicht für ausgeschlossen, dass sich in so einem abgelegenen Nest ein solcher Brauch erhalten hat. Aber schließlich war das ja auch erst die Einleitung, die uns Dr. Fouqué erzählt hat. Wer weiß, was da noch alles kommt!“
Wieder kam in Carolin Furcht hoch, dass Manuel die Unterhaltung auf Details aus der Erzählung lenken wollte oder gar versuchen könnte, ihre Fantasien über den Fortgang der Geschichte zu ergründen.
Es fiel dem jungen Mädchen schwer, besonders in Gegenwart eines jungen Mannes, über Dinge mit pikantem, erotischem oder sogar sexuellem Einschlag zu sprechen.
Manuel hatte inzwischen ein paarmal versucht, mit seiner hübschen Begleiterin in einen leisen körperlichen Kontakt zu treten. Mal hatte er den Arm auf die Lehne ihres Stuhles gelegt als Vorbereitung, ihre Schulter zu umfassen, mal hatte sein Fuß wie aus Versehen den ihren gestreift — aber mit der Folge, dass sie, Carolin, sich entschuldigte. Mal hatte er versucht, ihre Hand zu berühren, hatte einmal sogar, als Geste des Gesprächs getarnt, richtig ihre Hand ergriffen.
Fast alle Mädchen haben ein Gespür für diese Art der Annäherung. Carolin war es anerzogen, alle männlichen Versuche der Kontaktaufnahme abzuwehren, und sie hatte in der Tat hierin eine beträchtliche Routine.
Manuel war bald schon so weit, dass er seine Versuche aufgab. Aber eigentümlicher Weise machte er keineswegs die Kleine, sondern sich selbst für das Scheitern seiner Annäherung verantwortlich. Er quälte sich, während er versuchte, munter weiter zu plaudern, mit sich selbst.
Carolin ihrerseits war auch nicht glücklich, dass sie alle diese Versuche schon fast instinktiv abgewehrt hatte, und in ihr kam die Furcht hoch, dass Manuel sie für das halten müsse, als was sie schon in der Universität ihrer Heimatstadt galt, nämlich als kleines, unbedarftes Schulmädchen.
Carolin wollte bestimmt alles andere, als diesen Ruf auch noch hier in Toulouse in ihrem Ferienkurs; den sie mühsam ihren strengen Eltern abgerungen hatte, aufkommen lassen.
Wenn er noch mal nach meiner Hand fasst, nahm sie sich fest vor, dann werde ich meine Hand nicht wegziehen, sondern ihn richtig lieb ansehen. Dass sie das konnte, wusste sie.
Aber Manuel, geschreckt durch ihre bis dahin ablehnende Haltung, war an dem Punkt angelangt, dass er, jedenfalls hier in der Öffentlichkeit der Kneipe, seine Annäherungsversuche einstellte. Die beiden saßen nun schon seit über einer Stunde in der einfachen Bar.
Manuel hatte den Eindruck, dass er hier, in dieser Umgebung, nicht weiterkommen würde.
„Sag mal — wollen wir aufbrechen?“, fragte er seine hübsche kleine Begleiterin.
Carolin schien überrascht, aber sie nickte. „Wir können ja noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt machen“, setzte Manuel hinzu, und Carolin antwortete: „Oh ja, gerne.“
Sie zahlten, und Carolin legte Wert darauf, dass sie ihre bescheidene Zeche gleichmäßig zwischen sich aufteilten.
Dann verließen sie das Lokal. Es war bereits elf Uhr, aber die Straßen waren immer noch voller Menschen.
Manuel führte Carolin so, dass sie in etwas weniger belebte Straßen der Altstadt durchzogen.
„Kennst du dich noch aus?“, fragte Carolin nach einer Weile.
Manuel nickte überlegen und meinte: „Keine Angst, wir kommen gleich wieder ins Zentrum.“
Noch einmal versuchte Manuel, der kleinen Blondine etwas näherzukommen, aber Carolin, trotz ihrer Vorsätze, wich seiner Hand ganz unwillkürlich wieder aus.
Sie ärgerte sich schrecklich über sich selbst!
Jetzt war es nicht mehr weit bis zu ihrem Wohnheim. Nach wenigen Minuten hatten sie es erreicht, gingen gemeinsam die Treppe hinauf in den zweiten Stock, wo Carolin ihr Zimmer hatte, und blieben dort im Treppenhaus stehen.
„Also, vielen Dank, es war sehr nett“, meinte Carolin artig.
„Vielen Dank wofür?“, fragte Manuel, etwas gequält lächelnd.
Wie einfach könnte alles sein, dachte er sich. Er würde sie jetzt küssen, sie würde, nach anfänglichem Zögern, seinen Kuss erwidern und ihm jetzt endlich erlauben, nun auch körperlichen Kontakt mit ihr zu finden. Er würde sie an sich ziehen und umarmen, ihren zierlichen, biegsamen Körper spüren, ihre Oberschenkel, die Wölbung ihrer Scham und ihre Brüste fühlend, zeigen, was er ihr anbieten und was er von ihr erbitten wollte.
Und sie würde, nachdem sie ihren Widerstand aufgegeben hatte, rasch aus einer ersten Passivität, die ihm erlaubte, ihr von den strammen Jeans umspanntes Gesäß und Geschlecht leise zu um streicheln, wechseln in ein aktiveres Verhalten, bis er schließlich selbst ihre zarte spielende Hand vom Zentrum seines Körpers wegziehen würde und ihr ins Ohr flüstern würde: „Nein, nicht hier, wollen wir zu dir gehen, oder kommst du zu mir?“
Aber nein. „Also, gute Nacht“, unterbrach Carolin seinen Traum.
Jetzt oder nie, meinte Manuel. Aber Carolins Mund wich seinen Lippen aus, und er traf nur die zarte, straffe Haut ihrer Backe.
„Gute Nacht“, murmelte er, und ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie kurz. Es war ihm, als wolle Carolin, wie schon so viele Mädchen vor ihr, ihm damit sagen, du bist ein ganz netter Kerl, aber mehr als ein Spaziergang ist mit dir nicht drin, wir wollen gute Freunde bleiben, ja?
In diesem Moment wusste Carolin, dass sie eine Möglichkeit verpasst hatte, erstmals in ihrem Leben eine ganze Nacht mit einem jungen Mann zu verbringen.
Nicht, dass die kleine Blondine noch Jungfrau gewesen wäre. Im letzten Jahr, als sie noch zur Schule ging, hatte sie sich mehrmals einem Jungen hingegeben, der ihre Information, er sei ihr erster Mann, nach ihrer kurzen Affäre ins Lächerliche gezogen hatte. Die Reaktion ihres ersten Liebhabers hatte sie beleidigt.
Carolin biss sich auf die Lippen. „Manuel“, flüsterte sie halblaut, und sie war teils erleichtert, teils beklommen, als sie, schon auf dem oberen Stock des Wohnheims, seine Stimme hörte.
„Ja, was ist denn?“ Manuel ging die Stufen zu ihr hinunter.
„Du bist mir nicht böse?“
Zu diesem Zeitpunkt aber war Manuels Ehre schon zu gekränkt, als dass er noch fähig gewesen wäre, seine Chance zu erkennen.
„Nein, gar nicht“, sagte er trocken. „Wie kommst du darauf?“
Und unnötigerweise setzte er hinzu: „Sag mal — bist du eigentlich noch unberührt?“
Da setzte Carolins Abwehr wie ein präziser Mechanismus ein.
„Ich weiß nicht, ob dich das irgendwas angeht!“ Pause. „Gute Nacht, also.“ Und weg war sie.
Und nun war es Manuel, der sich auf die Lippen biss. Er überlegte, ob er nach dieser Schlappe, die ja eindeutig von ihm selbst verursacht worden war — wie konnte er nur diesem süßen, anständigen Mädchen, das ihm mehrmals die Brücke gebaut hatte zu einer zarten, aber aussichtsreichen Kontaktaufnahme, diese alberne letzte Frage stellen und sie so beleidigen? —, ob er also seine Niederlage durch Alkohol ertragbarer machen sollte.
Aber die Vorstellung, jetzt wieder durch die Stadt zu ziehen und die Kommentare seiner Kurskollegen zu hören, na, wie denn, wo ist denn die Kleine, bist du schon mit ihr fertig, oder hat sie dir einen Laufpass gegeben, diese Vorstellung brachte ihn dazu, sich unbefriedigt, wahrhaftig!, in sein Zimmer zurückzuziehen und sich zu Bett zu legen.
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