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Siegfried Otto Müller

Katarina und die Rutsche

Mädchen erlebt Wunderbares auf dem Spielplatz

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Katarina und die Rutsche

Impressum neobooks

Katarina und die Rutsche

Es war ein warmer Sommertag. Überall waren bunte Luftballons angebunden, die sich im leichten Wind wiegten.

Den Spielplatz hatte man gestern erst fertig gestellt, ganz zur Freude der Kinder, die hier im Wohngebiet so zahlreich zu Hause waren.

Eine Kapelle war auch da. Mit Pauken und Trompeten lockten sie die Einwohner aus den umliegenden Häusern auf den neuen Spielplatz.

Auch Katarina, das kleine blonde Mädchen aus der Nummer fünf, war da.

Ein Vertreter der Stadt hielt vor den vielen Leuten eine Ansprache. Doch die Kinder konnten es kaum erwarten, den Spielplatz in Besitz zu nehmen und herum zu tollen, auf die Spielgeräte zu klettern.

Katarina fieberte ebenfalls schon mit den anderen Kindern mit. Sie wollte rutschen auf der schönen neuen Rutsche, die wie ein Tunnel gebaut war, in einer langen dicken Röhre.

Noch nie in ihrem Leben war Katarina durch einen solchen Tunnel gerutscht.

Hoffentlich hört der von der Stadt bald auf zu erzählen, dachte das Mädchen.

Ringsherum um den Spielplatz waren Bänke aufgestellt. Die waren alle restlos besetzt. Zumeist saßen dort Omas und Opas sowie andere alte Leute und sahen dem bunten Treiben interessiert zu. Aber auch einige Mütter und Väter waren zu dieser feierlichen Eröffnung gekommen und füllten somit den Platz.

Immer, wenn der Redner eine Pause machte, dann klatschten sie im weiten Rund. Sie hörten dann auch gleich wieder mit dem Beifall auf, um den Redner weiterreden zu lassen. Was er dann auch dankbar tat.

Puh, ist das langweilig, dachte Katarina. Ich will endlich rutschen.

Dann war es wirklich soweit. Der Redner hörte auf und gab den Kindern das ersehnte Zeichen.

Wieder klatschten die Anwesenden Beifall, und die Kinder des Wohngebietes überfielen mit ihrem Ohren betäubenden Getöse ihren neuen schönen Spielplatz.

Die Kapelle spielte wieder ihr Bumta-trööt- ta-bumta-trööt. Aber viel war davon nicht mehr zu hören. Die Kinder waren ebenso laut wie die Musik.

Alle freuten sich, die alten Leute, die Eltern und vor allem die Kinder, denen ja der neue Spielplatz gehören sollte.

Nur eine freute sich nicht. Das war die alte Selma Drengel aus dem Nachbareingang der Fünf, in der Katarina zu Hause war. Die hatte hier ihren Stammplatz auf der zweiten Bank, den sie sich auch von keinem nehmen ließ.

Früher hatte man in diesem Park noch seine Ruhe, aber das ist jetzt wohl vorbei, dachte in einem fort die alte Frau auf der zweiten Bank. Hätte man den Spielplatz nicht woanders bauen können? Selma Drengel schimpfte laufend darüber. Als sie Kind war, da gab es so etwas nicht. Sie hatte damals ihre Puppe und ihr Springseil und fertig. Diesen entsetzlichen Lärm könne man ja gar nicht aushalten.

Selma Drengel verstand wohl die Welt nicht mehr. Vielleicht lag es daran, dass sie selber niemals Kinder gehabt hatte, nie eine Familie. Sicher war sie auch nur neidisch, dass sie nie so eine schöne Kindheit hatte.

Jedenfalls störten sich die Kinder nicht daran und machten trotzdem ihren Krach.

Und die kleine blonde Katarina aus der Nummer Fünf rutschte fleißig auf ihrer so geliebten Rutsche. Durch den Tunnel machte das Rutschen ja besonderen Spaß.

Katarina kam an diesem Tag ganz abgehetzt nach Haus. Die Mutter musste sie erst rufen, sonst wäre sie noch länger auf dem Spielplatz geblieben. Immer wieder wäre sie gerutscht und immer wieder. Sie war auch etwas traurig, nach Hause zu müssen. Die neue Rutsche war einfach toll!

"Morgen kannst du wieder den ganzen Tag rutschen, sooft du willst", sagte ihr die Mutter, während Katarina die Wohnung betrat.

Erst wieder morgen, dachte Katarina und murrte, das dauert ja so lange. Und außerdem müsse sie dazwischen auch noch schlafen gehen, puh.

Das Abendbrot schmeckte dem Mädchen heute überhaupt nicht, ähh.

"Dann musst du eben heute ohne Abendbrot ins Bett", kündigte die Mutter an.

Das wollte Katarina aber auch wieder nicht. Sonst gibt es keinen Betthupfer. Vielleicht gibt es heute wieder so ein Stück Schokolade wie gestern, denn das schmeckte besonders gut.

Katarina aß ein paar Happen von ihrem Abendbrot, und die Mutter lobte das Mädchen dafür. Und im Bett nach dem Gutenachtkuss von der Mutter gab es dann endlich noch den ersehnten Betthupfer.

"Schlafen dauert ja eine Ewigkeit", ärgerte sich Katarina.

Aber bald schlief die kleine Rutscherin auch schon ein. Schließlich war sie ja ganz schön geschafft von dem vielen Rutschen und überhaupt von den Erlebnissen des Tages auf dem neuen Spielplatz.

Selbst im Traum kletterte sie immer wieder auf die Rutsche und sauste hinunter durch den schönen langen Rohrtunnel in den Spielplatzsand.

Doch was war das mit einem Mal? Was träumte sie denn da so plötzlich? Sie war nicht mehr auf dem Spielplatz. Sie schaute jetzt in eine Menge Clownsgesichter. Ei wie lustig sahen die wohl aus, einer lustiger als der andere, und Grimassen zogen die alle. Sie hatten grüne, rote, blaue, gelbe Kleider an mit bunten Blumen und anderen Mustern darauf.

Einer der Clowns sagte Katarina sogar, dass sie auf das Mädchen warten würden im Wunderland. Sie solle nur fleißig rutschen morgen, dann käme sie auch zu ihnen in das schöne und bunte Wunderland.

Katarina sah in ihrem Traum den vielen verschiedenen Clowns zu, in deren Mitte eine Tänzerin sich elegant bewegte. Und viele andere lustige Figuren entdeckte Katarina ebenfalls im Hintergrund.

Oh, ist das aber ein wunderschöner Traum.

Doch plötzlich, so mitten im Treiben dieser lustigen Figuren, schloss einer der Clowns vor Katarinas Augen so etwas wie ein Fenster.

"Wo seid ihr?" rief Katarina, und immer wieder: "Wo seid ihr?" Aber keiner gab dem Mädchen eine Antwort. Der schöne Traum war nun vorbei und weg. Schade.

Und noch einmal rief Katarina ganz laut nach diesen lustigen Gesellen.

"Warum schreist du denn da so laut herum?" wollte jemand schließlich neben Katarina wissen. Es war die Mutter, die neben dem Bett stand. Und es war schon hell, die Sonne lachte mit ihren warmen Strahlen durch das geöffnete Fenster des kleinen Kinderzimmers.

Katarina erklärte ihrer Mutter den Traum, den sie hatte. Sie erzählte von den vielen bunten Clowns, die sie aufgefordert hätten, heute wieder zu rutschen, und dass sie dadurch in das Wunderland kommen würde. Und sie erzählte von den vielen anderen lustigen Figuren, die ihr in diesem Traum erschienen waren.

"Ich muss rutschen", rief Katarina, "um in das Wunderland zu gelangen. Da ist es doch so wunderschön."

Die Mutter lachte nur, und sie freute sich, dass es ihrer Tochter auch an diesem Tag doch so gut ging.

"Das war doch nur ein Traum, mein kleiner Schatz, ein schöner Traum," antwortete Katarinas Mutter. "Es gibt doch kein solches Wunderland. So etwas existiert nur in unserer Phantasie. Aber es ist schön, wenn wir daran denken."

Doch, Mutti, du wirst sehen, das Wunderland gibt es", sagte die Tochter Katarina etwas verärgert.

Wieder lachte die Mutter und freute sich, dass es ihrem Mädchen so gut ging.

Tochter Katarina schnappte sich daraufhin vom Küchentisch ein trockenes frisches Brötchen, wie sie es immer morgens nach dem Aufstehen, Anziehen und der Morgentoilette tat, und lief aus der Wohnung hinunter aus dem Haus hin zum neuen Spielplatz mit der Rutsche.

"Und du wirst doch sehen, Mutti," sagte sie noch einmal trotzig vor sich hin, während sie den Spielplatz ansteuerte, "es gibt es doch, dieses Wunderland."

Überglücklich war Katarina wieder an ihrer ach so geliebten Rutsche auf dem neuen Spielplatz angekommen. Und endlich konnte das Mädchen wieder rutschen.

Einige der Jungen und Mädchen, mit denen sie gestern auch schon fleißig um die Wette rutschte, waren an diesem Tag ebenfalls wieder da.

Jetzt aber nichts wie hoch da und runter durch den schönen Tunnel. Und noch einmal, und noch einmal. Es kann nicht schnell genug gehen.

Auch die alte Selma Drengel saß wieder auf ihrem Platz auf der zweiten Bank und schaute dem Getue kopfschüttelnd und verständnislos zu.

Und wieder und wieder stieg Katarina die schmale Leiter zur Rutsche empor, setzte sich auf den Hosenboden, und abwärts ging es geschwind in den weichen Sand des Spielplatzes.

Vor Freude über den so supertollen Rutschespaß beschloss Katarina nun, einmal mit geschlossenen Augen hinab zu gleiten, um das Kribbeln im Bauch einmal mehr so richtig zu genießen.

Hei, macht das Spaß. Bei geschlossenen Augen geht es wirklich besser.

Katarina ließ ihre Augen geschlossen, bis sie unten im Sand angekommen war und den festen Boden unter ihren Füßen verspürte.

Da, die Füße waren nun auf dem Sand aufgekommen, Augen auf!

Oh, was war denn das? Wo befand sich Katarina denn nun so plötzlich?

Sind das nicht die vielen bunten und lustigen Clownsgesichter, denen Katarina im Traum in der letzten Nacht begegnet war? Ja, genau, die sind es. Es besteht für Katarina kein Zweifel, sie erkannte sie genau wieder.

"Da bist du ja endlich", sagte einer der lustigen Gesellen zu Katarina. "Wir haben schon lange auf dich gewartet. Warum hast du nicht gleich beim ersten Rutschen auf der neuen Rutsche ins Wunderland deine Augen geschlossen? Dann wärst du nämlich schon längst hier bei uns gewesen."

"Geht denn das nur, wenn ich beim Rutschen meine Augen schließe?" wollte das Mädchen von den lustigen Gesellen wissen.

Alle Gefragten nickten dem Mädchen heftig zu, wobei ihre bunten Wuschelhaare raschelnd durcheinander stoben. "Ja, nur dann funktioniert das. Dann bist du hier bei uns im Wunderland", antworteten sie alle zusammen wie in einem Chor.

"Komm mit, Mädchen", sagten die bunten Kerle, "du musst mit uns jetzt mitkommen zu unserer geliebten Kaiserin. Wir müssen jeden neuen Besucher bei uns im Wunderland zu unserer Kaiserin bringen."

"Zu eurer Kaiserin?" fragte Katarina vorsichtshalber noch einmal, weil sie denkt, etwas Falsches verstanden zu haben.

Und die Clowns antworteten: "Ja, zu unserer Kaiserin!"

"Eine richtige Kaiserin?" bohrte Katarina noch einmal nach, weil sie es immer noch nicht glauben kann.

Und wieder antworteten die Clowns: Ja, wir bringen dich zu unserer Kaiserin. Sie ist sehr weise, aber auch sehr streng. Du wirst es schon sehen, wenn du gleich vor ihr stehst."

Katarina bekam es nun etwas mit der Angst. Streng soll sie sein, sagten also die Clowns. Das hörte Katarina nicht so sehr gern. Ihr wurde schon immer ganz anders, wenn die Mutter mit ihr schimpfte, aber eine Kaiserin...

Bald sah das Mädchen ein großes Zelt auf einer Wiese. Auf dem gingen die Clowns mit dem Mädchen zu.

"Oh", rief Katarina, "ein Zirkus, wie schön!"

"Wo ist denn hier ein Zirkus?" fragten die Clowns ganz entsetzt im Chor. "Was du da vor uns siehst, das ist der Palast unserer großen und weisen Kaiserin!"

Das Mädchen musste lachen. "Wie kann denn das ein Palast sein. Ein einfaches Zirkuszelt ist doch kein Palast. Ein Palast ist immer aus Steinen gebaut und ist riesig groß und nicht aus Stoff, ha, ha, ha."

Und genau dort wurde Katarina hingeführt.

"Und du bist also das Mädchen Katarina", hörte sie eine Stimme sagen. Das wird wohl diese Kaiserin sein. Und ehe Katarina antworten konnte, da stand sie auch schon vor dieser vermeintlichen Kaiserin.

"Du bist doch keine Kaiserin", lachte Katarina, "du bist doch nur eine Balletttänzerin. Eine richtige Kaiserin trägt doch eine goldene Krone auf dem Kopf."

"So?" sagte die Angesprochene empört. "Eine Krone? Auf dem Kopf? Hört euch das an, meine mutigen Krieger", rief sie den vielen bunten Clowns zu, die alle um sie herumstanden.

"Und das sind doch keine mutigen Krieger, das sind doch nur lustige Zirkusclowns!" lachte Katarina die Kaiserin wiederum an.

Katarina hatte inzwischen die Angst vor der Kaiserin, die ja so streng sein sollte, endgültig verloren. Sie wurde nun immer mutiger.

"Nun schaut euch das an. So eine freche Göre", sagte nun die Kaiserin mit einer bitterbösen Mine, "du musst auf der Stelle streng bestraft werden!"

Au wei, dachte das arme Mädchen, was habe ich da nur angerichtet. Und wenn ich nun nicht mehr nach Hause komme zu meiner lieben Mutti, wenn ich hier nun bestraft werde? Wie komme ich nur zurück zur Rutsche auf dem Spielplatz? Wie komme ich bloß zurück zu meiner Mutti?

Katarina wurde bitterernst, und ihre Angst, die das kleine Mädchen gerade erst abgelegt hatte, kam wieder zurück und überfiel sie erneut.

Einer der vielen Clowns meldete sich zu Wort: "Hochgnädigste und gütigste aller Gütigsten, weiseste aller Weisen, geliebte Kaiserin. Wäre es vielleicht angemessen, das Kind zur Strafe..."

Er schaute sich vorsichtig im weiten Rund um und fuhr dann fort: "...das Kind zur Strafe dreimal die Augen auf und zu machen zu lassen?"

Die Kaiserin überlegte sehr lange.

"Erst das linke und dann das rechte Auge", meldete sich der Clown noch einmal. Dabei zeigte er bei dem Wort links auf das rechte Auge und bei dem Wort rechts auf das linke Auge.

Der kann ja noch nicht einmal links und rechts unterscheiden, dachte Katarina. Und sie atmete erleichtert auf. Na solche Strafen sind ja leicht zu machen, kinderleicht.

"Dreimal die Augen auf und zu? Nein, das ist mir viel zu wenig. Die Strafe für das Mädchen muss härter sein", sprach die Kaiserin.

Ein anderer Clown meldete sich nun bei seiner Kaiserin: "Und wenn wir das Kind dreimal hüpfen lassen?"

"Das ist schon etwas besser", sagte die Kaiserin, "aber ..." Sie zögerte ein wenig.

"...aber das gefällt mir auch noch nicht so richtig", entschloss sich die Kaiserin.

"Oder viermal, oder fünfmal?" warf der Clown hinterher und nahm eine abwartende Stellung gegenüber der Kaiserin ein.

"Nein", sagte die Kaiserin konsequent, "Katarina, du machst uns hier auf der Stelle drei wunderschöne Purzelbäume!"

Oh, wie weise, was für eine schwere Strafe für das kleine Mädchen", riefen die Clowns wie im Chor.

Katarina freute sich natürlich über diese angeblich so schwere Strafe. Wie gern machte Katarina Purzelbäume. Und sie fing auch gleich damit an. Sie machte aber nicht nur drei Purzelbäume, sondern viele, viele mehr, als ihr von der Kaiserin aufgetragen wurde.

"Was ist den das? Was macht das Mädchen da? Ich bin entsetzt!" rief die Kaiserin böse. "Dem Mädchen macht ja diese hohe und von mir sehr klug ausgesuchte Strafe überhaupt nichts aus!"

Und schon fällt die Kaiserin vor Schreck nach Luft schnappend in Ohnmacht.

Alle Clowns springen ihr zu Hilfe und richten sie wieder auf.

Katarina nutzt diese Gelegenheit, um sich aus dem Staub zu machen. Ganz in der Nähe des Zirkuszeltes entdeckt sie auf einer kleinen Anhöhe die Rutsche.

Nichts wie hin denkt das Mädchen. Nichts wie rauf da und hinuntergerutscht. aber mit geschlossenen Augen natürlich.

Als sie wieder unten an der Rutsche ankommt, ist sie endlich wieder auf dem Spielplatz in ihrem Wohngebiet. Die gewohnte Umgebung war wieder da. Dieselben Kinder wie vorhin spielen immer noch im Sand. Die alte Selma Drengel sitzt immer noch wie vorher auf ihrem Platz auf der zweiten Bank. Nur sieht sie jetzt etwas anders aus als sonst. Sie sperrt Mund und Augen auf, als begreife sie etwas nicht.

Jedenfalls war Katarina wieder zu Hause, wie schön.

Einige der Kinder auf dem Spielplatz hatten sich gewundert, dass Anja auf der Rutsche verschwunden war. vergeblich hatten sie am Ende der Rutsche gewartet, dass ihre soeben gerutschte Spielkameradin unten ankam.

Keiner der Kinder verstand, wieso das so war. Darum sagte auch keiner einen Ton darüber, um eventuell nicht vor den anderen als Spinner oder so etwas ähnliches dazustehen.

Auch Selma Drengel auf ihrer zweiten Bank hatte das Verschwinden der kleinen blonden Katarina bemerkt, sonst hätte sie ja nicht Mund und Augen so weit aufgesperrt. Doch dann nahm sie es genauso gelassen hin wie die anderen Kinder und kümmerte sich schließlich nicht mehr darum. Jeder kann sich ja mal irren.

Jedenfalls war Katarina wieder da. Und alle nahmen es so zur Kenntnis, als wäre sie niemals weg gewesen.

"Ich war im Wunderland!" sagte Katarina zu einem der Jungen.

"Ha, ha, du spinnst ja, du bist ja doof", kam von dem nur die Antwort. Und ein anderer Junge sagte zu ihr: "Wunderland, so etwas gibt es ja gar nicht, du bist ja blöde!"

Und alle um sie herumstehenden Kinder lachten.

"Es gibt ja doch ein Wunderland!" entgegnete Katarina empört und steckte ihnen allen ihre Zuge heraus.

Die Jungen schubsten Katarina nun, um ihr zu zeigen, wer hier auf dem Spielplatz der stärkere ist, und Katarina fiel in den Sand.

Das Mädchen war aber mutig genug, um zurückzuschubsen, nachdem sie wieder aufgestanden war. Und der Junge aus dem Nachbarhaus stand wieder auf und lief weg. Mit solchen blöden Weibern gebe er sich nicht ab.

Katarina war stolz darauf, ihn in die Flucht geschlagen zu haben.

Trotzdem war sie wütend, dass ihr keiner das Erlebnis im Wunderland glauben wollte. Sie lief einfach nach Haus zu ihrer Mutter.

"Was erzählst du mir denn da wieder für einen Unsinn, Katarina", sagte die Mutter, nachdem Katarina ihr von ihrem Erlebnis im Wunderland erzählt hatte.

Aber ich war doch im Wunderland bei den vielen lustigen Clowns und bei der Kaiserin, die eigentlich eine Tänzerin ist."

"Ach Mädchen, du hast eine wunderbare Phantasie", lachte Katarinas Mutter nur.

Das war Katarina jetzt zu viel. Sie lief ärgerlich in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Sie setzte sich in die Ecke mit den vielen Puppen und Kuscheltieren und erzählte ihnen von ihrem Erlebnis im Wunderland.

"Glaubt ihr mir wenigstens, dass ich im Wunderland gewesen bin?"

Und etwas sonderbares passierte, Katarina traute ihren Augen nicht. Setzte sich in ihrem kleinen Kinderzimmer denn das Wunderland fort? Alle ihre lieben kleinen Freunde schienen mit einem Mal Leben zu bekommen. Sie nickten dem kleinen Mädchen ermunternd zu.

Ab sofort war Katarina wieder gut gelaunt und sie lachte ihren Puppenkindern entgegen.

Sie beschloss, es noch einmal zu probieren, noch einmal in das Wunderland zu rutschen. Sie musste es einfach noch einmal tun. Katarina hatte nun liebe Freunde, die ihr das alles glaubten.

Schnell rannte sie aus ihrem Kinderzimmer und aus die Wohnungstür. Ihre Mutter konnte nur noch hinterher sehen und mit dem Kopf schütteln.

Das Mädchen lief die steinerne Treppe hinunter, hinaus aus die Haustür und nichts wie hin zum Spielplatz gegenüber.

Und nun schnell rauf auf die Rutsche, Augen zu und hinunter.

Die alte Selma Drengel auf der zweiten Bank sah wieder neugierig drein. Wieder wartete sie vergebens darauf, dass das Mädchen am anderen Ende der Rutsche heraus kam.

Als Anja die Augen aufschlug, da waren auch schon die vielen lustigen Gesellen wieder da.

"Wir wollen dich zu unserer gütigen und weisen Kaiserin bringen", begrüßten sie das Mädchen.

Katarina ging ganz freiwillig und gut gelaunt mit ihnen mit. Denn sie wusste ja, was da kommen würde im Palast der Kaiserin, was ja eigentlich ein Zirkuszelt und eine Tänzerin war.

Sie würde wohl wieder eine Strafe bekommen, solch eine Strafe wie Purzelbäume schlagen und Hüpfen oder so etwas.

Und kaum war sie am vermeintlichen Palast dieser Kaiserin angekommen, da purzelte die kleine Turnerin Anja auch schon in das Zirkuszelt hinein. So hatte sie das nämlich bei ihrem letzten Zirkusbesuch von richtigen Zirkusartisten gesehen.

Katarina purzelte und purzelte, bis sie vor den Füßen der Tanzkaiserin saß. Und die war natürlich wieder einmal sehr empört darüber, dass sich das Mädchen solche Frechheiten erlaubte.

"So etwas unerhörtes!" rief sie aus. "Ich habe dich doch noch nicht einmal bestraft für dein freches Tun, und du führst schon jetzt die Strafe aus, die ich für dich auswählen werde. Solch ein ungeheures Ungehorsam ist mir in meinem ganzen Kaiserinnenleben noch nicht vorgekommen."

Da Katarina das alles nun sehr lustig fand, ging sie sogar noch etwas weiter.

"Guck mal, Zirkustänzerin, ich kann dir sogar Purzelbäume rückwärts zeigen." Und schon purzelte sie einen ersten nach hinten.

Die vielen Kriegerclowns konnten so viel Frechheit nicht begreifen. Sie hielten sich alle schnell die Augen zu, als Katarina nach hinten purzelte.

"Genug!" rief nun die Kaiserin. "Ich verbanne dich hiermit ab sofort aus meinem Palast!" Und schon fiel sie mal wieder in Ohnmacht.

Ihr Kriegsheer aus den vielen bunten und lustigen Clowns umringte sie nun besorgt, und Katarina war plötzlich wieder wie alleingelassen. Sie nutzte diese Gelegenheit, um aus dem Zelt heraus ins Freie zu gelangen.

Nun stand Katarina wieder auf der Wiese vor dem Zirkuszelt. Die vielen bunten Wimpel, die an seinen großen Zeltstangen befestigt waren, die flatterten lustig im warmen Sommerwind. Die Blätter an den Bäumen und Sträuchern rings um das Zirkuszelt zappelten ebenso wie die kleinen Wimpel des Zeltes.

Auf der Wiese neben dem Zirkuszeltpalast der Tänzerkaiserin blühten die vielfältigsten und buntesten Blumen, deren großartigen frischen Duft Katarina genussvoll in sich hinein sog.

Am anderen Ende der Wiese sah das Mädchen ein Rudel Rehe, wie es sich ungestört am saftigen grünen Gras weidete. Und die Vögel, die es hier in den verschiedensten Arten gab, zwitscherten dazu ihre Lieder, eines bezaubernder als das andere.

Das Mädchen genoss diese Idylle. Es liebte genau wie ihre Mutter die Natur über alles.

Hier in diesem herrlichen Wunderland war noch alles in Ordnung mit der Natur. Hier gab es anscheinend keine Autos, die die Lieder der Vögel übertönten und sie unhörbar machten oder die Vögel gar vertrieben. Auch gab es hier keine Camper, die ihre leer getrunkenen Bier- und Coladosen ins nächste Gebüsch oder in den am nächsten gelegenen See warfen.

Kurz. Hier war die Natur noch Natur, so wie sie sich Katarina schon immer vorgestellt hatte, einfach nur Natur pur.

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