Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin
Font:Smaller АаLarger Aa

Andreas Grünewald / Sabrina Noack-Ziegler / Maria Giovanna Tassinari / Katharina Wieland (Hrsg.)





Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin



Festschrift für Daniela Caspari








© 2021 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen





Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.





Internet:

www.narr.de

 eMail: info@narr.de





ISSN 0175-7776





ISBN 978-3-8233-8461-8 (Print)



ISBN 978-3-8233-0332-9 (ePub)




Inhalt







Tabula gratulatoria







Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin



Fremdsprachendidaktik als Wissenschaftsdisziplin



Fremdsprachendidaktik als Ausbildungsdisziplin



Literatur






Themenblock I: Fremdsprachendidaktik als Wissenschaftsdisziplin

„Die geeignetste Vorbildung der Lehrer“ – Fachdiskussion und bildungspolitische Entwicklungen in der neusprachlichen Reformbewegung1 Die Vorgeschichte2 Fremdsprachenlehrerbildung in der neusprachlichen ReformbewegungLiteratur

Grammatik im Übungsapparat von Französischlehrwerken (1970 – 2020)

1 Einleitung2 Grammatik im Übungsapparat von Lehrwerken3 Darstellung der Ergebnisse4 FazitLiteratur

Grammatik und Kompetenzorientierung: une mésentente cordiale?

1 Impressionen eines Missverhältnisses oder Missverständnisses2 Sprachliche Mittel bei der Kompetenzorientierung in administrativen Dokumenten3 Lösungsvorschläge auf der unterrichtlichen Ebene4 Einige Impulse aus der deutschen Fremdsprachendidaktik5. Das Vermittlungsangebot einer multiperspektivischen Sicht auf GrammatikLiteratur

Nachhaltiges Wortschatzlernen mit digitalen Ressourcen

1 Einleitung2 Wortschatzlernen in der Ausbildung von Fremdsprachenlehrkräften3 Möglichkeiten zur Erforschung des individuellen Wortschatzlernens4 AusblickLiteratur

Das didaktische Potential mehrsprachig-wortserieller Einsatzübungen (EuroComDidact ToGo)

1 Kurze Vorstellung der Lernapp EuroComDidact ToGo2 Lehrlernziele3 Modellierung von morphosemantischer Distanz und Transparenz auf der Wortebene4 Das meseWot-Übungsformat5 Zum didaktischen Potential des meseWoT-Formats in Lehrwerken6 Die meseWoT-Struktur7 Interlinear-Anordnungen – ein verwandtes Übungsformat8 Didaktische Steuerung9 Reichweite und Lernwirksamkeit des ÜbungsformatsLiteratur

Chronik eines angekündigten Todes? Anmerkungen zu einigen Normativitäten in der (nicht nur) romanistischen Literatur- und Kulturvermittlung

1 Einleitung2 Lernbedingungen für Literatur im Unterricht der romanischen Sprachen3 Praxisdokumente4 Nach der Didaktik des Fremdverstehens5 Praxeologische Schlüsse für die Literatur- und Kulturdidaktik6 FazitLiteratur

Professionalisierung in biografischer Perspektive. Gedanken zu einer reflektierten Fachlichkeit in der universitären Fremdsprachenlehrer*innenbildung

1 Einleitung2 Impulse aus der Professionsforschung3 Der berufsbiografische Ansatz von Professionalität: Erfahrung und Reflexivität4 Zum Verständnis der Fachlichkeit in den fremdsprachenphilologischen Studienanteilen5 FazitLiteratur

Ethnographische Forschung als professionelle Kompetenz

1 Die Forschung als wissenschaftliche Domäne und die Unterrichtspraxis2 Ethnographie als Methode3 Ethnographie als lebensweltbezogene Forschung und Grundlage des Unterrichts4 Ethnographie als kulturelle Forschung5 Ethnographie als fremdsprachendidaktische Praxisforschung: Aufgaben und Unterrichtsentwicklung6 Ethnographisches Forschen als didaktische KompetenzLiteratur

Fremdsprachendidaktische Professionalisierung – Prinzipien und Forschungsansätze: Anmerkungen zu Fortbildungsprojekten des Goethe-Instituts

1 Das Forschungsfeld Lehr- und Professionsforschung2 Rückblick auf zehn Jahre Deutsch Lehren Lernen: Prinzipien „wirksamer“ Lehrer*innenfortbildung3 Unterrichtsbezug und reflektiertes Erfahrungslernen: Merkmale des Programms Deutsch Lehren Lernen4 Forschungsperspektiven und Forschungsstand zu DLLLiteratur




Themenblock II: Fremdsprachendidaktik als Ausbildungsdisziplin

Neue Professionalitätsfacetten im frühen Englischunterricht auf Distanz1 Lernarrangements auf Distanz im frühen EnglischunterrichtBeispiel I: Phasen direkter InstruktionBeispiel II: technology-mediated task-based language learning2 Agiles Unterrichtsmanagement durch adaptive Fremdsprachenlehrerprofessionalität3 Erweiterung digitaler Kompetenzmodelle4 AusblickLiteratur

Fremdsprachenunterricht professionell planen

1 Professionalisierung als Herausforderung für die Fremdsprachendidaktik2 Unterrichtsplanung als Baustein der Professionalisierung3 Studien zur Planung von Fremdsprachenunterricht4 Professionalisierung mit dem Pro Plan Modell5 Erforschung des Planungshandelns6 AusblickLiteratur

Professionsorientiertes Lehren und Lernen in der Lehrkräftebildung

1 Einführung2 Erstes Beispiel: „Lernen durch Lehren“ in der sprachendidaktischen Grundausbildung von Lehrer/-innen3 Zweites Beispiel: Verbindung von Theorie und Praxis im Berliner Praxissemester durch den ko-konstruktiven Ansatz4 Drittes Beispiel: Performativ-forschendes Lernen und Lehren in der Lehrkräfteweiterbildung5 SchlussreflexionLiteratur

Überlegungen zu Vernetzung und Kohärenzerleben in der fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung

1 Problemaufriss2 Fokussierte Kompetenzschulung als kohärenzstiftendes Element3 Vernetzung von Strukturen, Inhalten und Phasen der Lehrer*innenbildung4 Reflexion und reflexive Handlungspraxis5 AusblickLiteratur

Unterrichtsentwicklung als gemeinsames Ziel?!

1 Unsere Perspektive: die Schnittstelle2 Ausgewählte Momente des Zusammenwirkens in der Bildungsregion Berlin-Brandenburg3 Bildungspolitik/ Bildungsverwaltung – ein verkannter Akteur?4 Fragen5 WünscheLiteratur

Sprachlernberatung in der Lehrerausbildung – Lernszenarien zum Erwerb professioneller Kompetenzen

1 Sprachlernberatung: von den Bedürfnissen der Lernenden zu den Kompetenzen der Lehrenden2 Sprachlernberatung: Grundlage eines komplexen Lehr-Lern-Szenarios in der Lehrerausbildung3 Aufgaben: Auslöser von professionellen KompetenzenLiteratur

Prêter sa voix à quelqu’un d’autre: Eine Lernaufgabe zum inklusiven Miteinander anhand von französischen Jugendromanen

1 Einleitung2 Die komplexe Lernaufgabe2.2 La tâche et le plan de travail3 Didaktisch-methodische Begründung der Lernaufgabe4 SchlussbemerkungLiteratur

Il ou elle von Bernard Friot

1 Literaturarbeit als Teil des Bildungsauftrags von Fremdsprachenunterricht2 Symbolische Bildung im fremdsprachlichen Literaturunterricht3 Il ou elle von Bernard Friot: Vorschläge für den Französischunterricht4 Fazit und AusblickLiteraturIl ou elle

Von der Idee zum Text – Begleitung und Konzeption von empirischen Masterarbeiten in der Fremdsprachendidaktik an der Universität Bremen

1 Einführung2 Abschlussmodul zur Begleitung von Masterarbeiten in der Didaktik der romanischen Sprachen der Universität Bremen3 Der Aufbau einer fachdidaktischen empirischen Masterarbeit4 Das Kolloquium5 Fachspezifische Sprachlichkeit6 Die Bewertungskriterien7 FazitLiteratur

Varianten empirisch orientierter fremdsprachendidaktischer Abschlussarbeiten

1 Einleitung2 Forschende Elemente im Rahmen der fachdidaktischen Ausbildung3 Varianten empirisch orientierter Abschlussarbeiten im Bereich der Fremdsprachendidaktik4 Masterkolloquium „Fachdidaktik Romanische Sprachen“Literatur













Tabula gratulatoria



Dagmar Abendroth-Timmer, Siegen



Karin Aguado, Kassel



Grit Alter, Innsbruck



Markus Bär, Wuppertal



Rupprecht S. Baur, Duisburg/Essen



Mark Bechtel, Osnabrück



Ellen Beermann, Berlin



Anka Bergmann, Berlin



Ursula Behr, Jena



Gabriele Bergfelder, Schopfheim



Gabriele Blell, Hannover



Stephan Breidbach, Berlin



Andreas Bonnet, Hamburg



Eva Burwitz-Melzer, Gießen

 



Helene Decke-Cornill, Berlin/Hamburg



Kristine Deharde, Berlin



Bettina, Deutsch, Berlin



Bärbel Diehr, Wupptertal



Daniela Elsner, Frankfurt a.M.



Christiane Fäcke, Augsburg



Jeannine Feix, Berlin



Claudia Finkbeiner, Kassel



Manuela Franke, Potsdam



Britta Freitag-Hild, Potsdam



Uwe Gellert, Berlin



Georgia Gödecke, Bremen



Juliana Gómez Medina, Bogotá



Virtudes González, Göttingen



Andreas Grünewald, Bremen



Urška Grum, Potsdam



Wolfgang Hallet, Gießen



Claudia Harsch, Bremen



Lene Heine, Bochum



Myriam Hilout, Berlin



Adelheid Hu, Luxembourg



Britta Hufeisen, Darmstadt



Bernhard Huss, Berlin



Brigitte Jostes, Berlin



Christine Junghans, Berlin



Petra Kirchhoff, Erfurt



Friederike Klippel, München



Corinna Koch, Münster



Elisabeth Kolb, München



Katharina Kräling, Berlin



Almut Küppers, Frankfurt a. M.



Lutz Küster, Berlin



Jürgen Kurtz, Gießen



Margitta Kuty, Greifswald



Michael Legutke, Gießen



Eva Leitzke-Ungerer, Halle



Waltraud Löchel, Berlin



Simone Lück-Hildebrandt, Berlin



Beate Lüdtke, Berlin



Diana Maak, Berlin



Hélène Martinez, Gießen



Nicole Marx, Köln



Grit Mehlhorn, Leipzig



Judith Meinschaefer, Berlin



Franz-Josef Meißner, Gießen



Jürgen Mertens, Ludwigsburg



Anne Mihan, Berlin



Julia-Josefine Milster, Berlin



Christopher Mischke, Waiblingen



Nancy Morys, Luxembourg



Christian Neumann, Berlin



Christiane Neveling, Leipzig



Isabell Nicolas, Berlin



Sabrina Noack-Ziegler, Berlin



Wiebke Otten, Berlin



Helene Pachale, Hannover



Elke Philipp, Berlin



Jochen Plikat, Dresden



Kathleen Plötner, Potsdam



Elisabetta Proverbio, Berlin



Kerstin Rauch, Berlin



Marcus Reinfried, Jena/Mannheim



Daniel Reimann, Duisburg/Essen



Claudia Riemer, Bielefeld



Thorsten Roelcke, Berlin



Jana Roos, Potsdam



Henning Rossa, Trier



Andrea Rössler, Hannover



Bianca Roters, Soest



Michaela Sambanis, Berlin



Birgit Schädlich, Göttingen



Heike Schaumburg, Berlin



Andrea Schinschke, Berlin



Barbara Schmenk, Toronto



Torben Schmidt, Lüneburg



Ulrike Schneider, Berlin



Karen Schramm, Wien



Katrin Schultze, Berlin



Juliane Seidel, Berlin



Julia Settinieri, Bielefeld



Matthias Sieberkrob, Berlin



Nevena Stamenković, Berlin



Carola Surkamp, Göttingen



Maria Giovanna Tassinari, Berlin



Engelbert Thaler, Augsburg



Bernd Tesch, Tübingen



Eva Terzer, Berlin



Anita Traninger, Berlin



Graciela Vázquez, Berlin



Britta Viebrock, Frankfurt



Karin Vogt, Heidelberg



Laurenz Volkmann, Jena



Heike Wapenhans, Berlin



Maike Wäckerle, Berlin



Christa Weck, Stuttgart



Katharina Wieland, Berlin



Katja Wild, Berlin



Susanne Zepp-Zwirner, Berlin





Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin



Andreas Grünewald, Sabrina Noack-Ziegler, Maria Giovanna Tassinari & Katharina Wieland



Die doppelte Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik als forschende und ausbildende Disziplin in ein ausgewogenes und sich gegenseitig ergänzendes Verhältnis zu bringen, ist ein wichtiges Anliegen zur Konsolidierung des Selbstverständnisses unserer Disziplin. Entscheidende Beiträge für das Zusammenwachsen dieser lange Zeit getrennt betrachteten Bereiche hat Daniela Caspari während ihrer gesamten bisherigen beruflichen Laufbahn geleistet. Zum einen stehen ihre Aufsätze z. B. zur Professionalisierung von Fremdsprachenlehrpersonen oder zum Q-Master als individueller Weg in den Lehrberuf für ihr Verständnis der Fremdsprachendidaktik als Ausbildungsdisziplin. Zum anderen zeugen Publikationen zum beruflichen Selbstverständnis von Lehrer:innen oder zu Forschungstendenzen in der Fremdsprachendidaktik von ihrer Auffassung der Fremdsprachendidaktik als Wissenschaftsdisziplin. Was also liegt näher, als der Jubilarin zu ihrem 60. Geburtstag eine Festschrift mit knapp 20 Beiträgen von 32 Autor:innen zu widmen, die ihr kreatives und bedeutsames Schaffen in der doppelten Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik als forschende und (aus-)bildende Disziplin würdigt.



Was aber steckt eigentlich hinter der doppelten Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik? Wie hat sich diese entwickelt und wie stehen diese unterschiedlichen Perspektiven zueinander?



Hallet und Königs (2010, S. 11) bezeichnen die Fremdsprachendidaktik vor den 1970er Jahren als eine aus der Praxis erwachsene Rezeptologie, die durchaus auf einleuchtendem und schlüssigem Erfahrungswissen basierte. Zu dieser Zeit konnte sich die Fremdsprachendidaktik noch nicht auf evidenzbasiertes Wissen oder gar auf die empirische Verankerung ihrer Wissensbestände berufen. Mit der Ende der 1970er Jahre zunehmenden Einrichtung fremdsprachendidaktischer Lehrstühle an Universitäten wurde ein erster Schritt zur Konsolidierung des Faches getan. Aus der damaligen Kritik der „Anwendungsorientierung“ (Decke-Cornill & Küster, 2010, S. 8) der Fremdsprachendidaktik entwickelte sich in den 1970er Jahren parallel dazu die Sprachlehr-/-lernforschung, die auch nicht-schulische Spracherwerbskontexte in den Blick nahm und Prozesse der Sprachaneignung unter Einbezug von Bezugswissenschaften wie z. B. Linguistik, Psycholinguistik oder Kognitionswissenschaften wissenschaftlich zu untersuchen begann. Daraus folgte eine Fokussierung der Sprachlehr-/-lernforschung – die von der Aufgabe der Ausbildung von Fremdsprachenlehrkräften für den Sekundarbereich entbunden war – auf die empirische Forschung und damit auf die Beschreibung von Forschungsgegenständen und zu deren Untersuchung angemessenen Forschungsmethoden.



Beide Disziplinen existierten zunächst nebeneinanderher und beschäftigten sich mit dem gleichen Gegenstand (Fremdsprachen lehren und lernen) aus unterschiedlicher Perspektive bzw. mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die Fremdsprachendidaktik, die institutionell verantwortliche Disziplin für die Ausbildung von Lehrkräften für den Sekundarbereich, hatte die Professionalisierung von zukünftigen Fremdsprachenlehrkräften im Blick und fokussierte daher – zumindest zu jener Zeit – eher auf Sprachlehrprozesse im institutionellen Kontext. Die Sprachlehr-/-lernforschung rückte hingegen die Aneignung der Fremdsprache und die damit verbundenen kognitiven Prozesse beim Lernen in den Mittelpunkt der Betrachtung.



In den 1990er Jahren wurden die Grenzen zwischen beiden Disziplinen immer unklarer und nicht umsonst lautet der 1997 erschienene Titel der Arbeitspapiere zur 17. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts „Fremdsprachendidaktik und Sprachlehrforschung als Ausbildungs- und Forschungsdisziplinen“. Ende des Jahrtausends wurden beide als zwei getrennte Disziplinen beschrieben. Heute kann festgestellt werden, dass die Sprachlehr-/ -lernforschung als dezidiert forschungsbezogene Disziplin der Fremdsprachendidaktik wichtige Impulse gegeben hat, „zugleich aber auch in ihr aufgegangen ist“ (Hallet & Königs, 2010, S. 12). Auch Daniela Caspari (u. a. 2016, S. 1) subsumierte unter dem Begriff der Fremdsprachendidaktik in Anlehnung an Gnutzmann, Königs & Küster (2011, S. 7) die Sprachlehr-/-lernforschung, unterrichtsbezogene Zweitspracherwerbsforschung, Fremdsprachenforschung und Zweitsprachendidaktik. Das Zusammenwachsen der beiden Disziplinen ist Grund für die doppelte Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik welche sich auch im Orientierungsrahmen der Gesellschaft für Fachdidaktik (2005, online) widerspiegelt:



Die Fachdidaktiken sind neben den Fachwissenschaften und der Erziehungswissenschaft dabei die dritte Säule der Lehrerbildung. Sie haben im Spannungsfeld zwischen den Wissenschaftsbereichen ein eigenständiges Profil sowohl als Wissenschaftsdisziplin wie auch als Ausbildungsdisziplin.



In ihrer Ausrichtung als Ausbildungsdisziplin befasst sich die Fremdsprachendidaktik beispielsweise gegenwärtig mit der Auswahl und der didaktischen Rekonstruktion von Lerngegenständen, mit der Digitalisierung des Fremdsprachenunterrichts, mit der Strukturierung von Lernprozessen, mit der Entwicklung und Evaluation von Lehr-/Lernmaterialien oder mit Kompetenz- sowie Aufgabenorientierung. In ihrer Ausrichtung als Wissenschaftsdisziplin und hier insbesondere als Forschungsdisziplin benennt Daniela Caspari (2016, S. 14) nach Durchsicht von knapp 100 Dissertationen aus dem Bereich der Fremdsprachendidaktik 13 Forschungsfelder, welche jede für sich genommen komplex sind: Begegnungsforschung, Curriculumforschung, Diagnostik, Interaktionsforschung, Kompetenzforschung, Konzeptforschung, Lehr- und Professionsforschung, Lehrwerks- und Materialforschung, Lernforschung, Lernerforschung, Schulbegleit- und Schulentwicklungsforschung, Testforschung sowie Zweiterwerbsforschung.



Hinsichtlich der Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik als Wissenschaftsdisziplin wird schnell deutlich, dass die genannten Themenfelder hier sehr ähnlich sind. Das ist auch erwartbar, da die doppelte Ausrichtung der Fremdsprachendidaktik nicht a priori dazu führt, dass unterschiedliche Themenfelder bearbeitet werden, sondern vielmehr dazu, dass die Themen sowohl in der Perspektive der Ausbildung als auch der Forschung behandelt werden: Fragen zur Unterrichtsstrukturierung und zu Aspekten des Lehrens von Fremdsprachen im institutionellen Kontext sind gleichermaßen Fragen der Ausbildung von Lehrkräften wie Fragen der Forschung in der Fremdsprachendidaktik. Idealerweise gehen die Ergebnisse fremdsprachendidaktischer Forschung in die Ausbildung und Professionalisierung zukünftiger Lehrkräfte ein. Die Verschränkung beider Perspektiven ist das wesentliche und konstituierende Element der Fremdsprachensprachendidaktik. Die Bearbeitung der Forschungsgegenstände der Fremdsprachendidaktik verlangt ein hohes Maß an Kooperation über Grenzen von Forschungsfeldern und Fachdisziplinen hinweg und vielfach auch eine Zusammenarbeit mit Partner:innen außerhalb des Wissenschaftssystems. In diesem Sinn kann die Forschung in der Fremdsprachendidaktik als Forschung mit Anwendungsorientierung beschrieben werden. Sie entspricht allen diesbezüglich genannten Aspekten des Wissenschaftsrates (2020, S. 12f.): Identifizierung von Problemlagen, Übersetzung in Forschungsfragen, Analyse des Wirkungspotenzials, Relevanzerwartungen, Kooperationspartner:innen und Zielgruppenorientierung.



Die eingangs gestellte Frage danach, wie die beiden Ausrichtungen der Fremdsprachendidaktik zueinander stehen, lässt sich also wie folgt beantworten: Eine im geschilderten Sinn anwendungsorientierte fremdsprachendidaktische Forschung steht zu den Schwerpunkten der (Aus-)Bildung von Lehrpersonen in einem sich gegenseitig anregenden und sich ergänzenden Verhältnis. Themen und Inhalte lassen sich nicht ausschließlich der einen oder der anderen Ausrichtung zuordnen, vielfach können beide Perspektiven miteinander verknüpft werden, wie die Beiträge in diesem Band nachvollziehbar illustrieren.



Dieser Band vereint sowohl theoretisch-konzeptionelle, historische und empirische Forschungsbeiträge als auch Beiträge zu Ausbildungs- und Unterrichts(planungs)modellen, zur Umsetzung des forschenden Lernens im Lehramtsstudium und zur Vernetzung der ersten und zweiten Phase in der Ausbildung von Lehrpersonen.





Fremdsprachendidaktik als Wissenschaftsdisziplin



Mit Blick auf die Geschichte des Fachs stellt

Friederike Klippel

 in ihrem Beitrag die wechselseitige Entwicklung schulischer Bildungsziele und Lehrer:innenbildung im Laufe des 19. Jahrhunderts dar. Sie zeichnet die einsetzende Debatte um Inhalte, Ziele und Strukturen der Fremdsprachenlehrer:innenbildung und ihrer Ausgestaltung mit Fokus auf die neueren Sprachen und Französisch und Englisch im Rahmen der neusprachlichen Reformbewegung und darüber hinaus nach.



Auch

Jürgen Mertens

 nimmt eine historisch-rückblickende Perspektive ein und analysiert in seinem Beitrag die Entwicklung der Behandlung von Grammatik in Lehrwerken für Französisch im Anfangsunterricht im Zeitraum von 1970 bis 2020. Die Ergebnisse dieser umfangreichen Untersuchung zeigen, dass obwohl in den Lehrwerken der (neo)kommunikativen und der aufgabenorientierten Phase die Grammatikstrukturen zunehmend in fertigkeitsorientierten Kontexten und in Texten eingebettet sind, die Übungsformate sich wenig geändert haben. Dies gilt insbesondere für die Lehrwerke der aufgabenorientierten Phase: anstatt als Bausteine für eine zielgerichtete Planung von kommunikativen Handlungen, werden Grammatikübungen weiterhin als dekontextualisierte Vorbereitung zum Sprachgebrauch eingesetzt.

 



Im sich anschließenden Beitrag von

Elisabeth Kolb

 geht es auch um die Rolle der Grammatik im Fremdsprachenunterricht, dieses Mal jedoch anhand von Beispielen aus Bildungsdokumenten, fachdidaktischen Aufsätzen und Lehrwerken für den Englisch- und Französischunterricht. Das bisweilen schwierige und von den einzelnen Akteur:innen