Read the book: «Ich möchte Dir ein Liebes schenken»
Über den Autor
RAINER MARIA RILKE
wurde 1875 in Prag geboren und ist 1926 in der Schweiz gestorben. Schon zu seinen Lebzeiten setzte ein Rilke-Kult ein und erreichte auch auf internationaler Ebene Generationen von Dichtern. Sein Leben lang strebt der deutsche Lyriker die Verbindung von Leben und Schaffen an: so offenbart sich ganz bewusst Rilkes Person in seiner Dichtung.
ADRIENNE SCHNEIDER
war 33 Jahre Veranstaltungs-Organisatorin des Suhrkamp-Verlags. Seit 2010 leitet sie ihre eigene Agentur —„Adrienne Schneider‘s Literaturbetrieb“. Sie ist u.a. verantwortlich für das literarische Programm des Literaturhauses Darmstadt und Mitglied der Jury „Stadtschreiber von Bergen-Enkheim“.
Zum Buch
Rilke verzaubert mit Sensibilität und Einfühlsamkeit, mit seinen sanftmütigen, musikalischen und bildhaften Versen zur Liebe, die für ihn nicht bloß ein idealisierter Gefühlszustand zwischen zwei Menschen ist, sondern auch Vergänglichkeit, Einsamkeit und Unerreichbarkeit bedeutet. Er beschreibt Gefühlszustände, die Spuren hinterlassen und zu Erfahrungen werden.
Herausgegeben von
Adrienne Schneider
Marie von Thurn und Taxis, eine Freundin und Gönnerin Rilkes, beklagte sich einmal über seine blumige Sprache: „Ständig kommen Blumen in deinen Gedichtenvor, hier eine Narzisse, da eine Kamelie, dort eine Rose. Oh Rainer! Widerspruch lege ich dagegen ein!“ Mag seine Sprache blumig und sanft sein — er vermag durch sie eindrucksvoll Unsagbares auszudrücken und zu vermitteln. In dieser Auswahl von Liebeslyrik bedichtet der Poet intensiv das menschliche Gefühlsleben und greift alle Stimmungen und Facetten dessen auf, was wir als Liebe bezeichnen.
Rainer Maria Rilke
Ich möchte Dir ein Liebes schenken
Rainer Maria Rilke
Ich möchte
Dir ein
Liebes schenken
Ausgesuchte Liebesgedichte
Herausgegeben von
Adrienne Schneider
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: Der Kuss, Gemälde von Gustav Klimt, 1908
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0409-7
Inhalt
Gedichte, die keine Überschrift haben, wurden mit ihrer ersten Verszeile in das Inhaltsverzeichnis aufgenommen.
Liebes-Lied
Warst Du’s, die ich im starken Traum umfing
Das Lied der Witwe
Zum Einschlafen zu sagen
Die Stille
Du wirst nur mit der Tat erfasst
Das Volkslied
Nein, ich vergesse Dich nicht
Graue Liebesschlangen
Lass mich nicht an Deinen Lippen trinken
Aus der Trübe müder Überdrüsse
Oh wie fühl ich still zu Dir hinüber
So wie eine Türe, die nicht zubleibt
Dein Herz sei wie ein Nest im Unerreichten
Vergiss, vergiss und lass uns jetzt nur dies
Ein junges Mädchen: das ist wie ein Stern
Du duftest aus Dir hinaus
Der Duft
Ehe
Initiale
Die Braut
Ich bin, Du Ängstlicher
Du siehst, ich will viel
Oft sehn sich unsre Seelen tagelang nicht
Deine Stube mit den kühlen Rosen
Ich möchte Dir ein Liebes schenken
Weißt Du, dass ich Dir müde Rosen flechte
Rose, oh reiner Widerspruch, Lust
Wir, in den ringenden Nächten
Einmal noch kam zu dem Ausgesetzten
Einmal kam die Frau, die reiche, reife
Weißt Du noch: auf Deinem Wiesenplatze
Liebesanfang
Heute will ich
Ich geh Dir nach
Das Land ist licht
Nicht, wie Du ihn nennst
Der Tod der Geliebten
Lösch mir die Augen aus
Siehe, da rief ich die Liebende
Ein Frauen-Schicksal
Opfer
Liebende könnten, verstünden sie’s
Die Liebende
Dass ich die Früchte beschrieb
Und Dein Haar, das niederglitt
Du bist die Zukunft, großes Morgenrot
Da seh ich Dich
Du, der ichs nicht sage
Dich aber will ich nun
Welt war in dem Antlitz der Geliebten
Sehnsüchte irren, wenn sie weinen
Initiale
Mach mich zum Wächter Deiner Weiten
Oh Du bist schön. Wenn auch nicht mir
Tagelied
La Dame à la Licorne
Was, Geliebte
Dich aufdenkend wird mein Wesen erglühter
Einmal nahm ich zwischen meine Hände Dein Gesicht
Gib mir Liebe
Leise ruft der Buchenwald
Schlaflied
Die Getrennten
Die Liebende
Erinnerung
Alle, welche Dich suchen, versuchen Dich
Ich finde Dich in allen diesen Dingen
Geliebte,
Dein Garten wollt ich sein zuerst
Östliches Taglied
Das Bett
In dem Raume, den ich in mich schaute
Dich zu fühlen bin ich
Oh wie schälst Du mein Herz aus den Schalen des Elends
Ich bin auf der Welt zu allein
So lernen wir am Hiesigen Gefühle
Und wenn wir uns einander zuempfanden
Der Freundin
Durch den plötzlich schönen Garten trägst Du
Sind wirs, Lulu, sind wirs?
Sehet ein Ding, das vielfach umwunden
Wie der Wasser Oberflächen schweigend
Oft bricht in eine leistende Entfaltung
Du nur, einzig Du bist
Wo die Wurzeln ihrer Liebe ringen
Du aber warst schon da
Schwindende, Du kennst die Türme nicht
Wie rief ich Dich
Du Prüferin, Du nimmst es so genau
O Funkenglück aus dem Herzfeuerstein
Da rauscht das Herz
Nicht dass uns, da wir (plötzlich) erwachsen sind
Was Kühnheit war in unserem Geschlecht
Da vieles fiel
Was Du auch immer empfingst: des Momentes gedenke
Wie ist doch alles weit ins Bild gerückt
Mädchen, reift Dich der Sommertag?
Dass ich Deiner dächte am Kamine?
Lass mich sanft in Deinem Tagebuche
Manchmal noch empfind ich
Was nun wieder aus den reinen Scheiten
Wunderliches Wort
Sieh, der Tag verlangsamt sich
Du, die ich zeitig schon begann zu feiern
Heut sah ichs früh, das Graue an den Schläfen
Dies überstanden haben, auch das Glück
Was für Vorgefühle in Dir schliefen
Schöne Aglaja, Freundin meiner Gefühle
Gegen-Strophen
Siehe, wir lieben nicht, wie die Blumen
Du, der mit dem Aufschlag
Die zehnte Elegie
Nirgends, Geliebte, wird Welt sein, als innen
Ein Gott vermags. Wie aber, sag mir
O ihr Zärtlichen, tretet zuweilen
Heil dem Geist, der uns verbinden mag
Mehr nicht sollst Du wissen als die Stele
Wir hören seit lange die Brunnen mit
Wir sind nur Mund. Wer singt das ferne Herz
Wie, für die Jungfrau, dem, der vor ihr kniet, die Namen
Gib Deinem Herzen ein Zeichen
Erfahren in den flutenden Verkehren
Nichts blieb so schön
Dies ist Besitz: dass uns vorüberflog
Alles ist mir lieb, die Sommersprossen
Auch dies ist möglich: zu sagen: Nein
Wie geschah es? Es gelang zu lieben
Oh so war es damals schon genossen
Ach, sie versank, sie versank
Berühre ruhig mit dem Zauberstabe
Weißt Du noch: fallende Sterne
An der sonngewohnten Straße
Zweite Antwort für E. M.
Du hast aus jenem Sein Dich mir entzogen
Die Liebenden (Erika und Melitta)
Ach, wie bist Du dennoch, Wunderbare
Wie viel Abschied ward uns beigebracht
Einmal nachts
Und womit willst Du Glück und Leid ermessen
Dein Laut klingt auf wie ein Schritt
Wär es möglich, und Du gingest neben
Nein, Du sollst mir nicht verfallen sein
Wenn ich mich gleich bewahre
Ich will mein Herz mit beiden Händen halten
An Erika
Bereites Herz: und wenn ich Dich belüde
Begreifst Du, wie ich rätseln muss
Oh erhöhe mich nicht
Da ich Dir schrieb, sprang Saft
Dialog
Aus unbeschreiblicher Verwandlung stammen
Nachthimmel und Sternenfall
Eine Furche in meinem Hirn
Mausoleum
Für Fräulein Marga Wertheimer
Heb mich aus meines Abfalls Finsternissen
O schöner Glanz des scheuen Spiegelbilds
Ach, an ihr und ihrem Spiegelbilde
Immer wieder aus dem Spiegelglase
So lass uns Abschied nehmen wie zwei Sterne
Mehr nicht, als das Warmsein eines Rings
Aber versuchtest Du dies: Hand in der Hand mir zu sein
Ankunft
Als Du mich einst gefunden hast
Elegie an Marina Zwetajewa-Efron
Ihr Mädchen seid wie die Kähne
Noch ahnst Du nichts vom Herbst des Haines
Die Mädchen am Gartenhange
Wie kam, wie kam aus Deinem Schoß
Auch Du hast es einmal erlebt, ich weiß
Ihr Mund ist wie der Mund an einer Büste
Sinnend von Legende zu Legende
Liebende und Leidende verwehten
Wir sind ja. Doch kaum anders als den Lämmern
Noch ruf ich nicht. Die Nacht ist lang und kühl
Die Münze
Wie wenn ich, unter Hundertem, mein Herz
Der Dich liebte, mit verlegner Pflege
Nun schließe Deine Augen
Sterne hinter Oliven
Griechisches Liebesgespräch
Der Sänger singt vor einem Fürstenkind
ICH MÖCHTE DIR EIN
LIEBES SCHENKEN
AUSGESUCHTE
LIEBESGEDICHTE
LIEBES-LIED
Wie soll ich meine Seele halten, dass
sie nicht an Deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über Dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn Deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, Dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.
WARST DU’S, DIE ICH IM STARKEN TRAUM UMFING
Warst Du’s, die ich im starken Traum umfing
und an mich hielt – und der ich mit dem Munde
ablöste von der linken Brust ein Ding,
ein braunes Glasaug wie von einem Hunde,
womit die Kinder spielen …, oder Reh,
wie es als Spielzeug dient? – Ich nahm es mir
erschrocken von den Lippen. Und ich seh,
wie ich Dir’s zeige und es dann verlier.
Du aber, die das alles nicht erschreckte,
hobst Dein Gesicht, als sagte das genug.
Und es schien schauender, seit die entdeckte
geküsste Brust das Auge nicht mehr trug.
DAS LIED DER WITWE
Am Anfang war mir das Leben gut.
Es hielt mich warm, es machte mir Mut.
Dass es das allen Jungen tut,
wie konnt ich das damals wissen.
Ich wusste nicht, was das Leben war –,
auf einmal war es nur Jahr und Jahr,
nicht mehr gut, nicht mehr neu, nicht mehr wunderbar,
wie mitten entzwei gerissen.
Das war nicht Seine, nicht meine Schuld;
wir hatten beide nichts als Geduld,
aber der Tod hat keine.
Ich sah ihn kommen (wie schlecht er kam),
und ich schaute ihm zu wie er nahm und nahm:
es war ja gar nicht das Meine.
Was war denn das Meine; Meines, Mein?
War mir nicht selbst mein Elendsein
nur vom Schicksal geliehn?
Das Schicksal will nicht nur das Glück,
es will die Pein und das Schrein zurück
und es kauft für alt den Ruin.
Das Schicksal war da und erwarb für ein Nichts
jeden Ausdruck meines Gesichts
bis auf die Art zu gehn.
Das war ein täglicher Ausverkauf
und als ich leer war, gab es mich auf
und ließ mich offen stehn.
ZUM EINSCHLAFEN ZU SAGEN
Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte Dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüsste: die Nacht war kalt.
Und möchte horchen herein und hinaus
in Dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf Dich gelegt;
und sie halten Dich sanft und lassen Dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.