Read the book: «Schadensfälle aus der Parkettlegerpraxis»
Praxisratgeber boden wand decke
Schadensfälle
aus der Parkettlegerpraxis
Schäden erkennen und vermeiden
1. Auflage 2012
© 2012 by Holzmann Medien GmbH & Co. KG, 86825 Bad Wörishofen
Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, fotomechanischen Wiedergabe
und Übersetzung nur mit Genehmigung durch Holzmann Medien.
Das Werk darf weder ganz noch teilweise ohne schriftliche Genehmigung des
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Diese Publikation wurde mit äußerster Sorgfalt bearbeitet, Verfasser und Verlag
können für den Inhalt jedoch keine Gewähr übernehmen.
Lektorat: Achim Sacher, Holzmann Medien | Buchverlag
Herstellung/Satz: Markus Kratofil, Holzmann Medien | Buchverlag
Druck: Kessler Druck + Medien, Bobingen
Artikel-Nr. 1541.99
ISBN: 978-3-7783-0830-1
Vorwort
Wussten Sie schon, dass die meisten Schäden nicht mutwillig geschehen, sondern aus Unkenntnis oder Unwissenheit? Und dass ein Großteil dieser Schäden durch kontinuierliche Weiterbildung vermieden werden könnte, wozu auch das aufmerksame Lesen von Fachliteratur gehört sowie die Weitergabe der darin enthaltenen Informationen?
Diesen Schritt zur Vermeidung von Schäden haben Sie bereits gemacht.
Parkettleger sind Handwerker! Wir dürfen nie vergessen: Wer mit den Händen arbeitet, verursacht auch mit den Händen Fehler. Eine Tatsache, von der sich niemand freisprechen sollte und auch niemand freisprechen kann.
Doch die Reduzierung von Fehlern und somit auch von Schäden, führt langfristig nicht nur zu hoher Kundenzufriedenheit, Sicherung des Kundenstamms, Neugewinnung von Aufträgen durch positive Resonanzen und Weiterempfehlung durch Mund-zu-Mund-Propaganda, sondern auch zu einer positiven Einstellung des eingesetzten Personals aufgrund von reduzierten Fehlerquellen. Arbeit soll (auch) Spaß und Freude bereiten, und diese positiven Effekte stellen sich dann ein, wenn Arbeit zu einem positiven Abschluss gebracht werden kann!
Haben Sie genug Zeit? Genug Zeit, um jeden Fehler selber machen zu können? In der Regel nicht, aber … Man muss nicht jeden Fehler selber machen, um aus Fehlern zu lernen!
„Ruhe aus, bevor ein größerer Schaden entsteht, nutze die Ruhe und lerne. Das Gelernte soll allen zur Verfügung stehen.“ Geben Sie daher Ihr Wissen weiter, nicht nur an Mitarbeiter, sondern auch an Vorgesetzte. Jeder profitiert vom anderen, denn alles und jeder steht in einer Wechselbeziehung zueinander.
Die Vielzahl an Schäden, verursacht durch Unkenntnis bzw. unsachgemäßes Handeln, sind im Fachmagazin „boden wand decke“ als Rubrik „Der interessante Schadensfall“ seit Jahren fester Bestandteil. Artikel von allgemeinen Schäden bei Holzfußböden bis hin zu spezifischen Schäden bei bestimmten Hölzern werden dargestellt, erörtert und bewertet. Dem Leser bietet sich damit die Möglichkeit, die entstandenen Schäden durch eine ausführliche Schadensbeschreibung sowie durch eine textliche und fotografische Dokumentation leicht verständlich nachzuvollziehen. Mit dem erworbenen Wissen lassen sich Schäden rechtzeitig erkennen und zukünftig vermeiden.
Die positiven Rückmeldungen und zahlreichen Anrufe, die in der Redaktion von „boden wand decke“ unter dem Motto „Wir haben da einen ähnlich gelagerten Fall und hätten da mal eine ergänzende Frage, …“ eingehen, haben uns dazu bewegt, die Schadensfälle einer breiteren Leserschaft zur Verfügung zu stellen.
Klar, verständlich und praxiserprobt. Aktuelle Schadensfälle, aus der Praxis, für die Praxis, von Praktikern für Praktiker.
Der vorliegende Ratgeber soll Ihnen helfen, Fehlerquellen zu erkennen, Wissen zu vermitteln und Schäden zu vermeiden.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen, Diskutieren und Vermeiden von eigenen Fehlern.
Im Herbst 2012
Holzmann Medien | Buchverlag
1. Ablösungen (Olivenparkett)
Auf die falsche Fährte gelockt
Nicht immer ist eine zu nasse Reinigung für Schäden am Parkett verantwortlich. Dieser Fall zeigt, dass trotz offensichtlicher Fehler bei der Reinigung die Ursache für das Lösen von Parkettstäben eine ganz andere war.
Der Neubau war innerhalb kurzer Zeit hochgezogen worden. Ende März hatte man mit den Ausschachtarbeiten begonnen. Nur knappe drei Monate später, Ende Juni, stand das Haus bereits.
Im Wohnzimmer hatten sich die Bauherren für einen Parkettfußboden aus Olivenholz entschieden: massiv, im Verband, 10 mm stark, verklebt und mehrfach versiegelt.
Vor dem Einräumen der Möbel in den etwa 30 Quadratmeter großen Raum war der Boden wegen erheblichen Baustellenschmutzes sehr feucht und intensiv gereinigt worden. Wegen des vielen Wassers, das dafür eingesetzt wurde, war diese extreme Reinigungsmaßnahme dem parkettverlegenden Handwerker nicht entgangen.
Als er unmittelbar nach Anbringen der Fußleisten ein Reinigungsteam des Bauunternehmens bei der „Fußbodenwäsche“ im Wohnzimmer auf frischer Tat ertappte, hielt er das Ganze gleich mit einer Kamera bildlich fest.
In Sorge um seine erbrachte Leistung schickte er dem Bauherrn die Bilder umgehend zu. Dazu schrieb er, dass er die Werterhaltung des Parketts nicht gewährleisten könne, wenn derartige Reinigungsmaßnahmen fortgeführt würden.
Mit gleichem Schreiben sendete er dem Bauherrn eine ausführliche Reinigungs- und Pflegeanweisung, und zwar gleich in mehrfacher Ausführung – das Wort „nebelfeucht“ hatte er dabei dick unterstrichen. Die Rechnung wurde vom Bauherrn umgehend gezahlt. Die Sache schien geregelt.
Schadensbild
Ein Jahr später erhielt der Parkettleger einen Anruf vom Hausherrn. Er möge sich doch bitte den Boden anschauen.
Der Hausherr beschwerte sich, dass sich an mehreren Stellen die mit einem elastischen Klebstoff verklebten Elemente lösten.
Der Verleger schaute sich die Geschichte vor Ort an und verwies auf sein Schreiben. Er sah den Schaden als eine Folge der zu nassen Reinigung des Parketts.
Vorsorglich hatte der Handwerker das Bildmaterial zum Ortstermin mitgebracht, das die Fehler bei der Säuberung des verschmutzten Parkettbodens im Vorfeld des nahenden Einzugs zeigte. Schließlich einigte man sich gütlich.
Der Bauherr zahlte dem bodenlegenden Handwerker zwei Arbeitsstunden, der nahm dafür eine punktuelle Reparatur dreier gelöster Lamellen vor. Dies war nur möglich, weil die geschädigten Bereiche in einem nicht einsehbaren Bereich des Wohnzimmers lagen.
Exakt ein Jahr später. Wieder wurde der Handwerker gerufen. Jetzt waren die Beschwerden deutlich heftiger, denn mittlerweile, so klagte der Auftraggeber, hatten sich bereits große Bereiche des Parketts gelöst. Der Boden würde beim Darüberlaufen knirschen.
Das vom Hausherrn beschriebene Bild bestätigte sich beim Ortstermin des Handwerkers.
Die Fronten beharrten auf ihrer Meinung: Der Hausherr ver harrte auf dem Standpunkt, dass die Verlegung unfachgerecht wäre, der Verleger wies auf seine sogar schriftlich niedergelegten Anmerkungen zu den seinerzeitigen Reinigungsmaßnahmen hin.
Die Positionen waren verhärtet. Ein Gutachter sollte die Situation schlichten.
Dem beauftragten Sachverständigen wurde der Vorgang beim Termin zunächst eindringlich geschildert. Der bodenlegende Handwerker sprach die Nassreinigung an und verwies auch auf die sehr rasche Bauzeit und das feuchte Klima während dieser Maßnahmen.
Schadensursachen
Bei der Untersuchung des Bodens entging dem Gutachter natürlich nicht, dass die Parkettelemente beim Belasten Geräusche von sich gaben. Außen schienen sie in einigen Bereichen deutlich konkav zu schüsseln, dicht an dicht liegend, ohne irgendwelche Fugen. Er maß die Holzfeuchten mit elektrischem Gerät, ohne dabei irgendwelche Auffälligkeiten festzustellen.
Dann nahm er in einem Bereich, in dem die Schädigungen besonders deutlich spürbar waren, einen Stab auf. Das ging recht einfach. Er fragte den Bauherrn, ob er den Boden noch an weiteren Stellen öffnen dürfe. Der stimmte zu.
Der Gutachter öffnete jetzt stichprobenartig sechs Bereiche, an denen er einzelne Stäbe scheinbar mühelos lösen konnte. An einer Stelle erwischte er gleich sechs oder acht Lamellen, zusammengehalten durch die Spachtelmasse, die nahezu unbeschädigt in etwa 2 mm Dicke unter dem Parkett haftete. Das Bild war überall gleich.
Der glatte Bruch zwischen Spachtelmasse und Estrich war in allen Flächenbereichen deutlich erkennbar. Der darunterliegende Zementestrich blieb von der ganzen Zerstörungsaktion nahezu unbeschädigt.
„Hier liegt eine Schwachstelle vor“, befand der Sachverständige und wies auf die Kontaktzone von Spachtelmasse und Estrichoberfläche hin. Ob vor der Verlegung irgendwelche Grundierungs-, Vorstrich- oder auch Schleifmaßnahmen durchgeführt wurden, fragte er den Handwerker, der auch Ausführender der Estricharbeiten war. Der Handwerker verneinte.
In einem Bereich lösten sich mehrer Stäbe mit gleichem Schadensbild. Der Spachtelmassenteppich hielt alles zusammen.
Der Boden lag fugenlos mit leichtem Flächendruck vor.
Schadensanalyse
Der Gutachter erläuterte den Sachverhalt. Das Bild war eindeutig. Die Verbindung von Spachtelmasse und Parkett befand der Sachverständige als mangelhaft. Das war ganz klar ein Fehler, den der Auftragnehmer zu vertreten hatte. Die Vorbereitung des Unterbodens war unzureichend.
Die Reinigungsmaßnahme, von der sich der Sachverständige anhand der vorgelegten Bilder überzeugen konnte, war zwar offensichtlich unfachgerecht gewesen, aber hatte mit dem Schadensbild nicht unmittelbar zu tun.
Auch die schnelle Bauzeit und das nachweislich sehr feuchte Klima in dieser Zeit hatten den Schadensprozess aus Sicht des Gutachters zwar begünstigt, aber letztlich nicht verursacht.
Der Sachverständige prognostizierte den weiteren Verlauf des Schadens: Nach und nach würde sich der Boden im gesamten Wohnzimmer lösen, da der Verbund der Schichten nicht in der Lage war, zwangsläufige Bewegungen im Parkettboden schadensfrei aufzufangen.
Der Gutachter schloss schließlich, dass es nur eine Möglichkeit gebe: Den ganzen Boden aufnehmen und neu verlegen.
Der Auftragnehmer gab sich geschlagen.
2. Ablösungen (Mosaikparkettboden)
Zerlegt in alle Einzelteile
Dass das Abschleifen und Neuversiegeln eines Mosaikparkettbodens für ein Handwerksunternehmen nicht immer frei von Risiken ist und sogar die eigene Tasche belasten kann, zeigt dieser Schadensfall.
Der Mosaikparkettboden knirschte bei jedem Schritt. Er schien lediglich noch durch die Versiegelung zusammengehalten. Die Lamellen ließen sich einzeln per Hand aufnehmen, ohne auch nur ein Werkzeug zu verwenden.
Der Hausherr war verzweifelt, hatte er doch den Boden abschleifen und neu oberflächenbehandeln lassen – und jetzt so etwas.
Der Mosaikparkettboden war Ende der 50er Jahre verlegt worden. Der Vater des jetzigen Wohnungsinhabers konnte sich noch gut erinnern. „Das Parkett wurde gewässert, als es verlegt wurde“, erzählte er.
Das ließ darauf schließen, dass es sich um einen oberseitig mit Papier verklebten Mosaikparkettboden handelte, so wie es in dieser Zeit häufig vorkam. Vor dem ersten Schleifgang wurde das oberseitig zum Zusammenhalt der Lamellen genutzte Papier mit Wasser angelöst. Das hatte zudem den Vorteil, dass bei der Übergabe kaum Fugen zu sehen waren, erinnern sich noch heute alte Parkettverleger schmunzelnd. Seitdem war an dem Schlafzimmerboden nichts weiter passiert – fast ein halbes Jahrhundert lang.
Den unvergleichlichen Vorteil eines Holzfußbodens, abgeschliffen werden zu können und nach der Oberflächenbehandlung wie neu auszusehen, wollte der Besitzer auch für sich nutzen. Bedingt durch einen Umbau sollte der Boden jetzt allerdings das Wohnzimmer zieren.
Schadenshergang
Doch daraus wurde nichts: Bereits kurze Zeit, nachdem der Hausherr den neuen Raum in Nutzung nahm, fing es überall an zu knirschen und zu klappern. Das Parkett war lose. Das Unternehmen, das die Schleifarbeiten vorgenommen hatte, wies in einem Brief alle Schuld von sich: „Was können wir dafür, dass ihr Boden bereits so weit in Mitleidenschaft gezogen war, dass er sich jetzt in seine Einzelteile auflöst?“ Sie argumentierten damit, dass der Boden schließlich mehr als 50 Jahre alt sei und damit die Nutzungserwartung, die man ihm gemeinhin und in entsprechenden Nutzwerttafeln zumisst, bereits überschritten habe.
Außerdem trage der raumklimatische Unterschied in einem beheizten Wohnzimmer gegenüber einem vorher wenig warmem Schlafzimmer zum Schadensbild bei. Damit aber gab sich der Nutzer nicht zufrieden.
Schließlich schaltete man einen Gutachter ein. Aufgrund weiterer Schreiben, gegenseitigen Stellungnahmen und Schuldzuweisungen waren die Fronten mittlerweile verhärtet und die Parteien suchten eine Einigung vor Gericht.
Oberflächlich war zunächst wenig zu sehen – doch tatsächlich war die Verklebung äußerst schwach.
Schadensanalyse
Beim Termin vor Ort stellte sich heraus, dass der Boden in der Tat nach zirka 50 Jahren erstmals abgeschliffen wurde. Anschließend grundierte man ihn mit einem Flächenspachtel und versiegelte zweifach mit einem Wasserlack.
Die leicht herausnehmbaren Stäbchen zeigten teilweise ein rückseitiges Bild, auf dem kaum ein Hauch von Klebstoff erkennbar war. Die Benetzung war äußerst schwach. Der noch erkennbar alte, dunkelbraune Klebstoff war völlig versprödet. In anderen Bereichen lösten sich die Lamellen ebenso leicht, aber mit einem lamellenparallelen sauberen Riss in der oberen Estrichrandzone.
Für den Gutachter war klar, dass dieser Mosaikparkettboden seine Schuldigkeit getan hatte. Das hätte bei diesem Zustand allerdings bereits vor Beginn der Arbeiten erkannt werden müssen. Ob man noch hätte sanieren, d.h. nachkleben, können, oder für die Verlegung eines neuen Bodens hätte plädieren sollen, war jetzt nicht mehr sicher zu sagen. Es hatte jedoch nicht einmal eine Anmeldung von Bedenken vor Beginn der Arbeiten gegeben.
Wie sich herausstellte, hatte sich der Unternehmer den Boden vorher gar nicht angesehen. Er vereinbarte telefonisch einen Preis mit dem Kunden, bestätigte den Auftrag, sprach mit ihm ab, dass das Wohnzimmer zu dem gegebenen Zeitpunkt leer sein müsse. Zur Baustelle schickte er dann seinen Gesellen, um die Arbeiten auszuführen. Was sollte da schon schiefgehen?
Alles, wie sich nachher zeigte.
Ergebnis
„Bei der Renovierung einiger Jahrzehnte alter Mosaikparkettböden kommt es nicht selten zu Loslösungen von Lamellen während oder bereits kurze Zeit nach dem Abschleifen und Versiegeln“, las später der Richter, als er sich um ein gerechtes Urteil in diesem Fall bemühte.
Im Extremfall kann es passieren, dass beim Abschleifen der Umfang der Ablösungen so groß wird, dass eine Renovierung sinnlos wird. Dann muss der Boden ausgebaut werden. Sind nur einige Lamellen bzw. kleine Teilflächen lose, so können die Lamellen nachgeklebt oder durch neue ersetzt werden. Sowohl durch das Abschleifen mit einer schweren Schleifmaschine, die mit einer rotierenden Walze den Schliff vornimmt, als auch durch das Versiegeln mit Wasserlacken, wird die alte Klebeverbindung stark beansprucht.
Die durch den Wasserlack verursachten Quellvorgänge im Holz lassen den Boden zunächst als feste fugenfreie Fläche erscheinen. Beim Austrocknen und Schwinden des Parkettholzes, das durch das Bindemittel Wasser zunächst aufgefeuchtet wird, lassen sich durch auftretende Spannungen schwach verklebte Lamellen später zuweilen sehr leicht lösen. Im Extremfall kann das ganze Flächenbereiche betreffen.
Dieses mögliche Szenario muss ein Fachmann immer im Hinterkopf haben. Er hat den Altboden vor Beginn seiner Arbeiten zu prüfen und den Kunden auf die Risiken hinzuweisen. Das ist hier in keinster Weise geschehen.
„Also hat der Handwerker, der eigentlich nur das Parkett abschleifen und dem Kunden einen nahe zu neu erscheinenden Boden abliefern wollte, die volle Verantwortung zu tragen“, lautete es in der Urteilsbegründung.
3. Abrissfugen (Massivdielenboden)
Misslungener Freundschaftsdienst
Es ist nicht immer der beauftragte Handwerker schuld, wenn etwas in die Hose geht. Auch spätere Eingriffe können zu Fehlern führen, wie dieser Fall mit den breiten Fugen zeigt.
Der Handwerker, ein Schreinermeister, war sich seiner Sache so sicher, dass er weder auf telefonische noch auf schriftliche Beanstandungen reagierte. Was der Kunde monierte, waren zum Teil erhebliche Fugen des Massivdielenbodens. Die Dielen hatte der Schreinermeister selbst geliefert. Dabei war ihm klar, dass später Fugen entstehen würden. So hatte er es dem Bauherren im Beisein des Architekten auch mitgeteilt. Was soll die ganze Aufregung, dachte er sich und ließ die Angelegenheit auf sich beruhen.
Diese Sturheit blieb jedoch nicht ohne Folgen. Der ob des Bildes ohnehin verärgerte Bauherr ließ einen privaten Sachverständigen für das Parketthandwerk kommen. Der schaute sich den Fall an und nahm erst einmal die grundsätzlich vorhandenen Dinge auf.
Schadensbild
Das Objekt war ein nach baubiologischen Gesichtspunkten hergestelltes Lehmhaus. Verlegt war ein 30 mm dicker Hobeldielenboden direkt auf darunterliegenden Lagerhölzern. Die Verbindung war durch Nageln durch die Feder erfolgt. Die Abstände der Lage betrugen etwa 60 cm von Mitte Lager zu Mitte Lager. Der Dielenboden lag fest; die Oberflächenbehandlung hatte man mit einem einfachen Naturöl vorgenommen. Das Fugenbild war in der Tat erheblich und etwa 4 bis 5 mm breit. Kein Wunder, dachte sich der Gutachter. Nadelholzhobeldielen werden zum Teil mit erheblichen Holzfeuchten eingebaut, denn genaue Vorgaben dafür bestehen nach DIN 4072 nicht. Lediglich die Maße müssen mit bestimmten Toleranzen bei Holzfeuchten von 16 bis 20 Prozent Holzfeuchte (HF) eingehalten werden. Rücktrocknungen in beheizten Räumen auf sechs bis acht Prozent HF sind ganz normal.
Dass eine daraus resultierende Schwindung derartige Fugen hinterlässt, stand nicht in Frage. Der Liefervertrag wies eindeutig Hobeldielen aus – also hatte der Zimmermann wohl Recht, der sich nicht auf die DIN 18334 (Zimmerarbeiten) bezogen hatte. Nach dieser hätte er das Holz mit maximal zwölf Prozent Holzfeuchte verarbeiten müssen.
Schadensursache
Doch bei einer Sache stutzte der Gutachter. Der Boden wies ein recht deutliches Abrissfugenbild auf, das so ohne Weiteres nicht zu erklären war. Der Boden war oberflächlich geölt – derartige Oberflächenbehandlungen sind nicht so sehr im Verdacht, seitenverleimende Wirkungen zu entfachen wie andere Behandlungssysteme. Woher kam also das Abrissfugenbild?
Um der Sache auf die Spur zu kommen, ging er in den Keller. Dort hoffte er den Grund für das vorgefundene Erscheinungsbild zu finden. Als er die Treppe hinabstieg, fiel ihm die Verschraubung des Treppengeländers auf. Mittels Schrauben war es sowohl an einem Auflager als auch kopfseitig in den Dielen befestigt worden. „Hat der Schreinermeister die Arbeit so abgeliefert?“, fragte der Gutachter den verständnislosen Bauherrn. „Nein, das war mein Freund Erich, der ist handwerklich geschickt und hat mir beim Bau des Treppengeländers geholfen.“
Schadensbeseitigung
Dem Gutachter war jetzt klar, was passiert war, denn die Fugen ließen sich recht eindeutig mit der Verschraubung der Dielen in Deckung bringen. Weitere Messungen nahm er nicht vor – weder die exakte Holzfeuchte noch die Fugenbreiten, die ihm Möglichkeiten zu Rückrechnungen und damit eventuell weitere Auskünfte gegeben hätten.
Dem Bauherrn erläuterte er, dass sein befreundeter „Hilfsarbeiter“ durch die Art der Befestigung des Geländers in die Konstruktion des Bodens eingegriffen hatte. Allerdings hatte sich die „feste Einspannung“ als unfachgerecht erwiesen. Dem Bauherrn empfahl er, mit dem Boden so zu leben.
Die Baubiologie würde so etwas ohnehin verzeihen.
Abrissfugen wurden durch die Verschraubung „quasi“ provoziert.
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