Die Schritte der Kinder

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Die Schritte der Kinder
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Die Schritte der Kinder

Menschheitsgeschichte

Über das Paradies

und unseren Boden, der die Liebe ist.

Von Gottmenschen und mächtigen Zaubereien,

verbrannten und versteckten Schriftrollen.

Die Evolution der menschlichen Kultur

und der Weg zurück ins Paradies.

Impressum

Copyright: © 2014 Phroton

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN: 978-3-7375-8614-6

Die Schritte der Kinder

Menschheitsgeschichte

Der Anfang

Einheit

Aufmerksam beobachten und lernen

Feuer in der Nacht

Sprache

Sesshaftigkeit

Schrift

Wissen

Trennung

Der Plan der Weisen

Chaos und Ordnung

Glaube

Der Weg zurück

Glück

Der Anfang

Ein fünfjähriger Junge mit dem Namen Konstantin fragte mich: Wie ist der Anfang? Die Frage ist so schön formuliert. Sie ist die Antwort. Ich konnte nichts erwidern. Und mich erinnern: Wir kommen von dort und gehen dorthin. Kinder wissen das mit einer Selbstverständlichkeit, die in Staunen versetzt. Wir können und sollen von ihnen lernen.

Wenn man etwas sehr gern hat, so achtet man darauf, man beobachtet es aufmerksam. Passiert das in der reinen Form, geschieht etwas Wunderbares. Das Unberührbare berührt uns. Wir sehen das Unsichtbare. Wir hören das Lautlose. Wir erkennen das Geheimnis. Das ist der Anfang.


Einheit

Es ist hier und jetzt im Moment verbunden. Die natürliche Reaktion ist Bewegung, Leben. Es gibt nichts zu tun. Nur das eine. Es gibt nichts zu wissen. Nur das eine. Es ist.


Wir sind mitten drinnen. Im Urgrund. Wir sind die veränderliche Zeitlosigkeit als Ausdruck des Augenblicks. Wir sind Spiegelbild der ewigen Wahrheit. Resonanz und Reflexion. Die Summe aller Möglichkeiten in grenzenloser Freiheit.



Aufmerksam beobachten und lernen

Der Geist des Weltenerbauers entfaltet sich mit der reinen Aufmerksamkeit. Unsere Antwort ist der kreative Schöpfungsprozess. Wir lernen durch achtsame Wahrnehmung, Beobachtung und Nachahmung.


Einen Brand in der freien Natur zu beobachten ist ein gewaltiges Erlebnis. Alle Tiere flüchten davor. Es ist gefährlich. Neugierde lässt uns trotzdem näher heran gehen und das Feuer genau studieren. Es ist heiß, es raucht, es riecht verbrannt, es verbrennt Holz. Mut lässt einen staunenden Beobachter einen brennenden Ast aufheben und ein Stück weit tragen. Riesige Augen lassen dabei seine Begeisterung erkennen. Die anderen staunen und schauen entsetzt zu. Durch die Nähe zum Feuer ist plötzlich die Angst davor besiegt. Ihr mit Mut zu begegnen lässt uns das Unbegreifliche begreifen. Die Euphorie möchte gemeinsam erlebt werden. Jeder soll den Triumph sehen. Das Feuer wird vorsichtig getragen und auf einem sicheren Platz wieder auf den Boden gelegt. Alle kommen zusammen, um es zu bestaunen. Was ist das, was kann man damit machen? Es wird mit Holzstücken gefüttert. Das Feuer darf nicht ausgehen. Sie beginnen, Wurzeln und Früchte zu erhitzen. Das erste Essen wird gekocht. Das Feuer wird gut bewacht. Und doch ist es irgendwann passiert. Vielleicht hat Regen den Zauber beendet, oder das Feuer ist einfach so ausgegangen. Jedenfalls war der Wille, das Feuer wieder zu entfachen, sehr groß. Erinnerung, Phantasie, Schaffensdrang und Logik beginnen zusammen zu arbeiten. Das Holz muss sehr heiß werden, damit es brennt. Durch Reibung kann man Hitze erzeugen. Kleine, dünne und trockene Stücke brennen leichter. Wenn man genug Hitze erzeugt, könnte es klappen. Und tatsächlich. Es funktioniert. Wir können Feuer machen! Unglaublich aber wahr. Das war der ganz große Triumpf der Vernunft.

Ein Grundpfeiler für unsere Fähigkeit, Liebe zu leben.

Die Menschheit erwacht.



Welches Symbol passt am besten in den freien Platz?

Feuer in der Nacht

Diese Errungenschaft werden die Menschen nie mehr hergeben. Das Feuer wird gemeinsam gemacht und behütet. Die Älteren zeigen es den Jüngeren. Die lernen so ganz selbstverständlich, wie es geht.

Was sind wir. Das Feuer in der Nacht ist die Geburtsstunde dieser Frage. Es spendet Ruhe, Wärme, Licht und Sicherheit. Die Antwort kommt mit uns. Gewahrsein und Selbsterkenntnis.


1 + 1 = 2


Eins und eins sind zwei. Ein Kind und noch ein Kind sind zwei Kinder. Sie entstehen aus dem gern haben. Es ist einfach. Alles Lebendige kennt die Fürsorge für die eigenen Nachkommen. Es gibt nichts Wichtigeres. Mama, Papa. Bitte, Danke.

Während die Kinder schon schlafen, sitzen die Älteren noch leise beim knackenden Feuer. In den funkelnden Augen spiegelt sich der flackernde Lichtertanz wider. Demut ist darin zu lesen. Dem sanften Blick ins Feuer folgt der ruhige Blick nach oben in den Sternenhimmel. Sind diese vielen kleinen Lichter auch Feuer? Es sind so gewaltig viele. Die Sterne lassen sich nicht angreifen. Sie sind so weit weg. Man kann sie nicht zählen. Wir haben verstanden, dass wir nicht verstehen. Und damit gewusst: Da ist mehr.

Zwei und zwei ist fünf.


2 + 2 = 5


Sprache

Mit der benachbarten Sippe gab es bei der geringen Besiedelungsdichte keinen regelmäßigen und intensiven Kontakt. Ähnlich wie bei Tieren gab es aus Gründen des Nahrungsangebots höchstwahrscheinlich nur einfache Abmachungen über die Reviere, die aufgeteilt wurden. Sonst bestand kaum Veranlassung für eine Interaktion.


Eines Tages sehen diese Nachbarn das entfernte Lichter- und Schattenspiel in der Nacht. Es übt eine unwiderstehliche Anziehung aus. Ihre Neugierde lässt sie langsam und vorsichtig herankommen. Die Aufregung war auf beiden Seiten groß und als die Besucher mit offenen Händen in die Nähe kommen wird es klar, dass in den staunenden Augen friedliche Absichten zu lesen sind. Kurz darauf dürfen sie sich dazu setzen, sie bekommen eine Kleinigkeit zu essen und sie lernen schnell, auch mit dem Feuer umzugehen. Die ersten Freundschaften zwischen Familien beginnen. Das nächste Mal bringen sie Essen mit und es wird gemeinsam gesungen und gelacht. Sie haben in diesem Moment gespürt, dass das Leben gut ist. Mit absoluter Gewissheit.

Das menschliche Feuer brennt. Dieses Feuer wird von nun an nie mehr ausgehen.


Es hat unmittelbar zu einfachen Formen von Handel geführt, Zusammenarbeit und konstruktives Miteinander sind die Folge. Die Großfamilien und Sippen werden größer, die Technik des Feuermachens breitet sich aus. Regional entstehen so gemeinsame Sprachen und es werden alle möglichen Erfahrungen ausgetauscht und weitergegeben. Das bedeutet bessere Einsicht in Umwelt und Umgebung. Was vorher eine Ahnung war, wird nun zur Gewissheit: Die Menschen entdecken das Wunder des Lebens: Aus einem Samen wird wieder ein neues Ganzes. Man kann es überall in der Natur entdecken. Einmal beobachtet und im anschließenden Versuch nachvollzogen wird diese Erkenntnis im Geist zur Einsicht. Sie wird mit Begeisterung weiter kommuniziert und nie wieder vergessen.


Es ist der Schritt unserer kulturellen Entwicklung, der nach der Nutzbarmachung des Feuers der wichtigste überhaupt ist: Die Menschen haben sich selbst als Wunder begriffen. Diese Erkenntnis wird zwar später durch das Wissen teilweise wieder überlagert, doch im Grunde ist dieser Meilenstein der Bewusstwerdung ein Schritt gewesen, der nicht mehr rückgängig machbar war.

Sesshaftigkeit

Die Sicherheit, das Streben nach Vertrautheit, Gewohnheit, die gewonnenen Erfahrungswerte, der Wunsch, das Gefühl zu haben zu Hause zu sein, das Wetter einschätzen zu können und die vielen anderen Rahmenbedingungen, all das verbesserte die Lebensqualität um ein Vielfaches. Es bedeutete bessere Kenntnis von Jagdgebiet und Lebensgewohnheiten der Tiere, Wasserstellen, Holz für Feuer, usw... Die Sesshaftigkeit ermöglicht eine bessere Anpassung an die äußeren Erfordernisse. Es konnten dauerhafte Hütten gebaut werden, Wohnungen, die dem Nachwuchs noch mehr Schutz bieten. Die eigene Umgebung genau zu kennen war von entscheidendem Vorteil für das Überleben. Höchstwahrscheinlich waren es Kinder, die beim Spielen Kleintiere gezähmt haben. Die Eltern haben ihnen dann gezeigt, wie man sie füttert und ihnen ein Zuhause bietet. Aus diesem Streichelzoo und der Freundschaft mit kleinen Tieren hat sich dann die Nutztierhaltung entwickelt. Aus der Freundschaft und dem Zusammenleben mit der unmittelbaren Natur rundherum entsteht ein völlig neuer Zugang zum Leben. Ein dauerhaftes Zuhause. Die Verbindung mit den Ahnen ist dabei ganz wichtig. Familie ist etwas Heiliges, es bringt Glück und Freude. Die Kinder waren die Lehrmeister der Eltern. In ihren Augen konnten die Erwachsenen sich selbst erkennen.

 

Beim Versuch, die Welt um sich herum zu verstehen wird überall die Verbindung gesucht. Der Verstand arbeitet so. Er erklärt das eine durch das andere. Sie haben mit den Wolken geredet und sich bei der Sonne bedankt. Demut und Lernbereitschaft, sowie ökonomisches und ökologisches Denken waren dabei etwas Selbstverständliches. Sie waren mit sich eins, mit dem Partner eins, mit der Familie eins, mit der Dorfgemeinschaft eins und mit der Natur eins.


In dieser friedlichen Atmosphäre findet der Verstand die Ruhe, die er braucht um zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Worte werden neu zusammengesetzt, neue Worte werden erfunden, die Sprache entwickelt sich weiter.

Die grundlegenden Fragen werden ganz bewusst gestellt. Was ist das Leben, was ist der Tod. Wie können wir noch besser leben. Was ist meine Aufgabe. Was sind wir.


Mit dem Versuch, eine Antwort zu sein, entsteht die Liebe zur Weisheit, die Philosophie. Und damit der erste Versuch einer umfassenden Beschreibung von der Welt. Man sucht das Vertraute, das was verbindet. Die Überschneidungen der Vorstellungen über die Realität bilden die Grundlage für das gelungene Zusammenleben. In dieser paradiesischen Welt war jeder mit allem in Verbundenheit. Diese Lebensgemeinschaft hat sich ganz langsam ausgebreitet.

Schrift

Dialog und gemeinsames Schauen erweitern die Erkenntniswelt. Die Dörfer werden größer, es gibt Aufgabenteilung und Berufe. Mit dem Grad der Organisation steigt auch das Bedürfnis, Aufzeichnungen zu machen. Die Strategie für die nächste Großwild-Jagd wird in den Sand gezeichnet: Die Jäger teilen sich in Gruppen auf: Drei kommen von dort und jagen das Wild dorthin, vier warten da und vier warten da. Oder es werden Striche in ein Stück Rinde gekritzelt, um etwas zu zählen. Was immer sich für Aufzeichnungen eignet, wird hergenommen, um im Moment mehr Klarheit zu einem Sachverhalt zu gewinnen. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die Aufzeichnungen erhalten bleiben. Mathematik ist ein grundlegendes Werkzeug des Verstandes, es wird unterbewusst automatisch verwendet: Die Mutter hat vier Kinder, drei sind da, eines fehlt: Vier minus drei ist eins.


4 - 3 = 1

In der Nacht ist der funkelnde Sternenhimmel das Fernsehen. Der aufmerksame Geist bemerkt wiederkehrende Muster. Man kann sich daran orientieren. Der Mond ist nicht zu übersehen. Neumond, zunehmender Mond, Vollmond, abnehmender Mond, usw...


Er verändert seine Form auf scheinbar magische Weise. Mit einer Strich-Liste werden die Tage gezählt. Der Mond braucht dafür 2 Doppelhände und ungefähr 8 bis 9 Finger an Tagen.





Völlig unerklärlich ist, dass es mit der Weiblichkeit in Verbindung steht. Jedes Mal, wenn der Mond voll und hell ist, bluten die Frauen an der Stelle, wo die Babys herauskommen. Der Himmel ist voller Mysterien. Die Sternenbilder kommen jede Nacht wieder. Die unveränderlichen Konstellationen bekommen Namen wie Giraffe, Löwe oder Schlange. Sie sind leicht zu erkennen und gehören bald zum Allgemeinwissen und den Gute-Nacht-Geschichten für Kinder.


Um etwas sehr Umfangreiches leichter begreifen zu können, sind Zeichnungen enorm hilfreich. Neben den Skizzen von Sternenbildern sind einfache Landkarten entstanden, um sich besser zu Recht zu finden. Eingezeichnet wurden Nachbardörfer, Reviere von Tieren und Plätze für diverse Pflanzen. Komplizierte Arbeitsschritte wurden zur besseren Verdeutlichung und zur Erhaltung des Wissens für die nächste Generation in Holz geschnitzt. Benutzt wurde alles, was sich dafür eignet.


Die rätselhaften Erscheinungen des Himmels haben die Erwachsenen fasziniert. Manchmal sieht man Lichter, die so plötzlich erscheinen, unglaublich schnell fliegen und ebenso plötzlich wieder verschwinden, dass man einen zweiten Beobachter neben sich braucht, der das Gesehene mit riesigen Augen bestätigt, um überhaupt sicher zu sein, dass man gesehen hat, was man gesehen hat. Sie hatten keine Worte dafür. Eine kleine Gruppe spezialisiert sich darauf, Himmelsereignisse zu beobachten. Es ist so geheimnisvoll. Sonnenfinsternisse und Mondfinsternisse werden beobachtet. Und dann gibt es noch die kleinen klaren Himmelslichter, die nicht funkeln, die Planeten. Sie sind am Abendhimmel als erste Lichter zu sehen und tauchen immer an einem anderen Platz auf. Sie bewegen sich immer anders. Jeden Abend ist es anders, sie schauen hinauf und fragen sich, wie es heute aussehen wird.


Der hellste Planet in der Nacht ist Jupiter, er besteht manchmal sogar aus mehreren Lichtern. Die Kinder mit den guten Augen können das ganz deutlich sehen. Alle möglichen Geschichten bilden sich darum. Was sind das nur für Lichter, die da mit dem Jupiter fliegen?


Der Mars ist der auffälligste Planet am Sternenhimmel überhaupt – er ist als einziges Licht rot – wenn er zu sehen ist, Venus ist immer nur am Abend oder in der Früh zu sehen und dann gibt es noch den unauffälligen Saturn und schließlich Merkur, der ganz selten - so wie Venus - nur am Abend oder in der Früh zu beobachtenden ist. Venus und Merkur fliegen immer mit der Sonne und der rote Mars, so wie der rätselhafte Jupiter und der nicht so helle Saturn ziehen ihre Bahn hoch am Himmel entlang.

Die Faszination lässt sie nicht mehr los. Es werden die Tage gezählt, wie lange die Planeten für ihre Bewegungen brauchen. Die Sonne bewegt sich jeden Tag etwas anders. Erst nach einem Jahr bewegt sie sich wieder gleich. Um zu wissen, wie lange das dauert, werden wieder die Tage gezählt. Es dauert 36 Doppelhände und 5 Finger. 36 x 10 + 5 = 365 Tage. Wir haben zehn Finger und haben darum von Anfang an das Zehnersystem verwendet. Übrigens haben wir auch zehn „Zehen“. Die Beschäftigung mit dem Himmel hatte enormen Einfluss auf unsere Geschichte.


Mit dem Bewusstsein für Jahre und Jahreszeiten kommt ein besseres Gefühl für die Zeit im Allgemeinen: Die Tageszeit, das Lebensalter, wie ist das Dorf entstanden, wer hat früher hier gelebt, das Dorf schreibt Geschichte. Diese Geschichte wird weiter erzählt, sie wird immer länger, gerät dadurch teilweise wieder in Vergessenheit und wird so immer wieder neu erfunden. Das Bedürfnis, mit den eigenen Wurzeln verbunden zu sein, wächst aus der Verstandestätigkeit. Es ist im Erkennen eingebaut, es gehört dazu. Wer ist meine Mama, wer ist mein Papa. Wo gehöre ich hin. Wo komme ich her. Wer oder was bin ich.


Die Sprache kann die Realität nie ganz exakt beschreiben, die Ideenwelten werden bei der Weitergabe durch unterschiedliche Auffassungen leicht verändert weitergegeben. In wenigen Generationen geht das gesammelte theoretische Wissen wieder verloren, es muss immer wieder neu erworben werden. Das gesamte Leben wird als Abenteuer verstanden, etwas durch und durch Magisches.


Mit der Sicherung der Grundbedürfnisse und der damit einhergehenden Verstandesruhe entsteht Freiraum für lose Gedanken und es kommt der Mut, neue Fragen zu stellen. Es besteht die Möglichkeit, das gesamte Denkgebäude neu zu betrachten, dem eigenen Verständnis der Welt gegenüber eine Meta-Position einzunehmen. Dieses Hinterfragen zeigt bestehende Widersprüchlichkeiten auf. Das Wesen solcher Fragen ist, neue Fragen aufzuwerfen.


Die Landschaft, die Berge, der Himmel. Steine, Kiesel, Sand, Erde. Wasser, Wind, Feuer. Was ist das alles? Erde und Wasser wird zu Schlamm. Nach einiger Zeit trocknet der Schlamm, er wird wieder zu Erde. Wo ist das Wasser hin verschwunden? Sie beginnen zu experimentieren. Feuer beschleunigt den Vorgang. Das Wasser verdampft sichtbar und wird zu Luft. Der Regen kommt aus den Wolken. Wenn Meerwasser erhitzt wird, bleibt Salz zurück. Im Meer ist also Salz drinnen. Im Regenwasser nicht. Solche Erkenntnisse über die Eigenschaften der Natur und die Begeisterung über diese Aha-Erlebnisse waren die Belohnung und Motivation für die wissenschaftlichen Denkprozesse, die zur Alchemie geführt haben. Feuer braucht Luft, um zu brennen. Wasser brennt nicht. Andere Flüssigkeiten hingegen schon. Warum?


Der Ruf nach einer Schrift, die viele Jahre erhalten bleibt, wird in diesen Kreisen lauter. Hier hat man begonnen, sich mit dieser Frage ernsthaft zu beschäftigen. Es wurde als wichtige Notwendigkeit angesehen, sie haben sich gesagt: Wir müssen das aufschreiben, die Experimente dokumentieren, festhalten, aufheben, vergleichbar machen, damit wir aus dem Vielen wieder etwas Neues lernen können.

Sie haben zum Beispiel Weizenstärke oder Roggenmehl mit Wasser zusammengemischt und so Kleister hergestellt. Dann haben sie getrocknete Blätter oder aufgeschnittene Halme auf eine glatte Fläche gelegt und einfach mit dem Kleister bestrichen. Noch einfacher geht das mit Papyrus. Wenn man einen wahren Herzenswunsch mit aller Vehemenz in den Mittelpunkt der Bestrebungen rückt, gelingt es auch meistens irgendwie. Sicher kommt es anders als in der Vorstellung, aber das Angestrebte wird erreicht. So haben sie einen Weg gefunden, das zu realisieren. Ein neuer Meilenstein in unserer Geschichte ist erreicht:

Dauerhafte Schrift ist geboren.



Papyrus: Die faserigen Stängel der Staude werden in Streifen geschnitten und kreuzweise übereinander gelegt. Der austretende Saft trocknet und verklebt die Streifen miteinander.

Dieser Schritt war ein gewaltiger. Die Fähigkeit, auf diesem Weg Erkenntnisse weiterzugeben, veränderte die bestehende Menschheit von Grund auf. Sie sollte von nun an nie wieder verloren gehen.

Was mit so viel Mühe auf die Welt gekommen ist, wird geschätzt, beschützt und geliebt. Die wichtigen Aufzeichnungen wurden alle paar Jahre wieder neu übertragen.

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