Die innere Struktur der DP in den altindogermanischen Artikelsprachen

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

I.3.4.2 Historische Hintergrundinformationen

Die Geschichte Armeniens von Agantʿangeɫos beschreibt die armenische Geschichte des 3. Jh. Zu dieser Zeit gab es zwei Großmächte, die Römer im Westen und die Parther im Osten. Beide unterhielten friedliche Beziehungen und teilten den gleichen Feind, i.e. die erstarkenden Perser. Diese versuchten derzeit die Parther im Osten zu verdrängen. Agantʿangeɫos berichtet zunächst über die Sasanidische Revolution des Jahres 224. Die Parther, die lange Zeit im Iran herrschten, wurden abgesetzt und die Perser nahmen deren Position ein. Dies beschwor einen Konflikt mit den Armeniern herauf, deren amtierender König Khosrov der Linie der Parther entstammte. Der zu den Persern übergelaufene Fürst Anak ermordete König Khosrov. Im Gegenzug wurde Rache an Anak und seiner Familie geübt, lediglich sein Sohn Gregor überlebte. Er wurde in Kappadokien bei einer Christin im christlichen Sinne erzogen. Später wird er als Gregor der Erleuchter, der Apostel der Armenier, bekannt werden. Auch der Sohn Khosrovs, Trdat III. oder Trdat IV.1, wurde außer Landes gebracht. Durch römischen2 Einfluss erhielt Trdat unter der Herrschaft des römischen Kaisers Diocletian den armenischen Thron zurück. Die römische Politik beeinflusste die armenische entscheidend. Kaiser Diocletian verfolgte Christen und ebenso wurden Christen in Armenien verfolgt und umgebracht. Doch als sich in Rom unter Kaiser Konstantin die Haltung gegenüber den Christen änderte, änderte auch König Trdat seinen Kurs. Diese Problematik ist mit einer Legende3 verknüpft, die von der Ermordung 33 nach Armenien geflüchteter Jungfrauen handelt. Angeblich hat es sich folgendermaßen zugetragen: König Trdat verliebte sich in die schöne Nonne Hripʿsimeankʿ. Er begehrte sie zur Frau, doch sie wollte keinen „Heiden“ ehelichen. Daraufhin ließ der König Hripʿsimeankʿ sowie weitere Jungfrauen aus ihrem Orden ermorden. Damit nahm, der Geschichte nach, die Christenverfolgung in Armenien ihren Lauf. Trdat aber wurde sehr krank und verwandelte sich in ein Wildschwein. Seine Schwester Khosroviducht hatte eine Vision, dass nur Gregor, der Sohn des Anak, ihn retten könnte. Gregor befand sich zu dieser Zeit bereits seit einiger Zeit im Kerker, weil er als Christ erkannt worden war. Nun wurde er herausgeholt, bekehrte und heilte den König und das Christentum hielt als anerkannte Religion Einzug in Armenien. Wie viel Wahrheit in dieser Legende steckt, kann man heute nicht mehr genau sagen. Interessant sind aber zwei Dinge: Zunächst wird mit der Bekehrung des armenischen Königs direkt ein christliches Grundprinzip demonstriert, i.e. das Vergeben. Trdat und Gregor sind eigentlich aufgrund ihrer Herkunftsverhältnisse Feinde, doch durch die Heilung und Bekehrung überwinden sie dies. Gregor wird danach geistliches Oberhaupt Armeniens. Somit arbeiten Gregor und Trdat Hand in Hand. Hinsichtlich der Wahrheit ist bei Deschner (1996) zu lesen, dass Gregor um 280 das Christentum verkündete und „… [d]abei gewann er Einfluß auf König Trdats Schwester Chosroviducht und zuletzt auf den König …“.4 Der zweite interessante Punkt ist die neue Religion. Armenien war lange Zeit geteilt, so dass ein Teil des Landes iranisch und der andere griechisch geprägt war. Das Volk besaß also keine einheitliche Religion. Durch die Einführung des Christentums als Staatsreligion wird das Volk auch im Geiste geeint. Zugleich wurde dadurch politisch eine neue Zeit eingeleitet. Eine andere Meinung vertritt Deschner (1996). Er sieht den Übertritt der Armenier zur christlichen Religion in der Feindschaft mit den Persern begründet. Er schreibt: „… Das Motiv für den Übertritt des Königs und damit für die Christianisierung des Volkes war nichts andres als der Argwohn, die Feindschaft gegen Persien. …“5 So hat das armenische Volk die neue Religion nicht aus eigenem Entschluss angenommen. Vielmehr befahl König Trdat dem Volk Christen zu werden, wie er auch. Im Zuge dessen wurde Armenien das erste Land, das das Christentum als Staatsreligion eingeführt hat.

I.4 Theoretische Grundlagen

In diesem Kapitel werden die zugrunde gelegten Theorien erläutert, die anschließend in Kapitel II und III angewendet werden, wobei beide Kapitel ineinander greifen sowie aufeinander aufbauen. In Kapitel II erfolgt eine Beschreibung und Untersuchung des Artikels nach grammatiktheoretischen Grundsätzen, die sich besonders in der finalen Analyse auf das Prinzipien- und Parameter-Framework stützen (vgl. Kap. II.10). Dieses Framework bildet auch den Ausgangspunkt der syntaktischen Analyse. Ausgehend von der Erforschung grammatischer Kategorien und Funktionen wurden innerhalb der generativen Grammatik verschiedene Hypothesen zur Erklärung von Serialisierungen und syntaktischer Besonderheiten entwickelt. Dazu gehören u.a. die Rektions- und Bindungstheorie oder die DP-Analyse1, die zur Erforschung des definiten Artikels als maßgebliche Basis dient (vgl. Kap. III). Mittels dieser Analyse können syntaktische Zusammenhänge sichtbar gemacht und somit Serialisierungen sowie unmarkierte Strukturen im Nominalbereich leichter gedeutet werden. Phänomene, wie mehrere Artikel in einer Phrase, können ebenfalls durch diesen syntaktischen Ansatz erklärt werden.

Im Folgenden werden zunächst die für diese Arbeit wichtigen Grundlagen des Prinzipien- und Parameter-Frameworks dargelegt (Kap. I.4.1), anschließend die DP-Hypothese sowie weitere Theorien, Termini und Begriffe der generativen Grammatik, die zum Verständnis der Untersuchung essentiell sind (vgl. Kap. I.4.2).

I.4.1 Zum Prinzipien- und Parameter-Framework

Das Prinzipien- und Parameter-Framework ist eine Grammatiktheorie, die auf Chomsky (1981, 1982) zurückgeht und sprachübergreifend den Aufbau von natürlichen Sprachen beschreibt.1 Nach dieser Theorie gibt es Prinzipien und Parameter, die zusammengenommen eine spezifische Sprache konstituieren. Prinzipien sind universelle Regeln, Grundsätze, Merkmale etc., die in jeder Sprache Geltung haben, d.h. es handelt sich um obligatorische Gesetzmäßigkeiten, die eine Sprache determinieren. Die Prinzipien bilden also die Grundlagen der sog. Universalgrammatik. Parameter sind demgegenüber Features, die ein sprachliches Element zusätzlich aufweisen kann und die die speziellen Besonderheiten einer Sprache formen.

Das Prinzipien- und Parameter-Framework geht von funktionalen und lexikalischen Kategorien aus. Lexikalische Kategorien sind uniform, d.h. sie gelten sprachübergreifend und erfassen die deskriptiven Elemente einer Sprache wie Verben, Adjektive etc. Funktionale Kategorien sind sprachspezifisch und konzentrieren sich auf grammatische Merkmale und Aufgaben sprachlicher Elemente. In diese Gruppe gehören alle sprachlichen Elemente ohne beschreibenden Inhalt, also Artikel, Präpositionen usw.2

Im Prinzipien- und Parameter-Framework spielen die sog. Adäquatheitsbestimmungen eine wichtige Rolle. Diese sind Beobachtungs-, Beschreibungs- und Erklärungsadäquatheit. Ein Erklärungsmodell muss beobachtungsadäquat sein, d.h. es muss Regeln formulieren, die zur Erzeugung ausschließlich grammatisch korrekter Strukturen führen und dabei alle Möglichkeiten zur Bildung von Phrasen einer Sprache berücksichtigen. Aus der Beobachtungsadäquatheit resultiert Beschreibungsadäquatheit. Sie ist gegeben, wenn die erste Bestimmung erfüllt ist und wenn die aufgestellten Regeln richtige Strukturbeschreibungen erzielen. Erklärungsadäquatheit schließlich ergibt sich aus der Beschreibungsadäquatheit, d.h. Erklärungsadäquatheit liegt vor, wenn die beschriebenen Regeln mit den Prämissen der universellen Grammatik harmonieren. Ziel ist es also, einfache und anwendungsbezogene Hypothesen folgerichtig für natürliche Sprachen zu erarbeiten, um die Annahme einer Universalgrammatik zu stützen. Prinzipien repräsentieren dabei die allgemeingültigen Regeln und Parameter die einzelsprachlichen Variationen. Somit legt das Prinzipien- und Parameter-Framework eine Sprache nicht auf eine syntaktische Struktur fest, sondern ermöglicht einerseits die Erklärung sowohl markierter als auch unmarkierter Serialisierungen und andererseits die Analyse grammatischer Elemente, die zwar in verschiedenen Sprachen vorkommen, im Vergleich jedoch Funktionsvariationen aufweisen. In Kapitel II wird ebenfalls nach den Adäquatheitsbestimmungen gearbeitet. Zunächst werden die erhobenen sprachlichen Daten ausgewertet und Regelmäßigkeiten sowie Unregelmäßigkeiten abgeleitet. Anhand dieser Beobachtungen und den daraus resultierenden Beschreibungen der Untersuchungssprachen kann im Fazit des Kapitels II die Kategorie Artikel angemessen erklärt werden.

In Kapitel II wird das Prinzipien- und Parameter-Framework zur Erklärung der Kategorie Artikel adaptiert. Nach den Gesichtspunkten dieser Theorie gilt der Artikel eigentlich als funktionale Kategorie und somit als parametrische Größe. Doch in dieser Arbeit wird aufgrund des Sprachvergleichs angenommen, dass eine funktionale Kategorie ebenfalls in Prinzipien und Parameter untergliedert werden kann. Durch dieses Vorgehen wird die Definition der Kategorie Artikel am Ende des Kapitels II deutlich konkretisiert, wobei universelle Merkmale von optionalen unterschieden werden können.

Ferner stellt das Prinzipien- und Parameter-Framework die Grundzüge der syntaktischen Theorie, die in Kapitel III Anwendung findet, dar. Die Theorie nimmt Strukturbeschreibungen an, die „… die phonetischen, semantischen und syntaktischen Eigenschaften eines sprachlichen Ausdrucks spezifizieren. …“3 Diese Strukturbeschreibungen stellen also dar, wie ein sprachlicher Ausdruck insgesamt zustande kommt, d.h. die unterschiedlichen Kategorien eines Lexikons werden durch die genannten Merkmale repräsentiert. Des Weiteren werden die sprachlichen Ausdrücke durch vier Repräsentationsebenen erfasst, i.e. die phonetische Form PF, die logische Form LF, die D-Struktur (von engl. deep-structure) sowie die S-Struktur (von engl. surface-structure). Die phonetische und logische Form betreffen die Lautproduktion und die Lautrezeption. Somit reflektieren die beiden Level die Erzeugung sprachlicher Ausdrücke. Die D-Struktur dagegen steht in direkter Relation zum Lexikon und repräsentiert die „… s-selektionalen Eigenschaften der lexikalischen Elemente …“.4 In der D-Struktur werden die jeweiligen Ausdrücke aus dem Lexikon projiziert. S-selektional bezieht sich dabei auf die Selektionsbedingungen der Oberflächenstruktur, i.e. die Regel zur Generierung wohlgeformter Ausdrücke. Die S-Struktur ist somit das intermediäre Level, das die drei genannten Repräsentationsebenen in Bezug zueinander stellt und auf welchen die Ableitungsprozesse zur Erzeugung sprachlicher Ausdrücke stattfindet. Die S-Struktur ist also die vermittelnde Ebene.

 

Für die vorliegende Untersuchung sind vorrangig die Repräsentationsebenen D- und S-Struktur relevant, da hier einerseits die strukturellen Bestimmungen reflektiert und andererseits die Anforderungen des Lexikons dargestellt werden. Zudem konzentriert sich die Analyse auf syntaktische Prozesse und Strukturen. Die phonetische und logische Form hingegen beziehen sich auf die Fähigkeit eines Sprechers, sprachliche Ausdrücke erfolgreich hervorzubringen, was im Rahmen dieser Analyse vernachlässigt werden kann. Die syntaktische Analyse findet also auf der D-Struktur statt, wobei nach Transformationsprozessen aus der D- die S-Struktur resultiert.

Die Theorie, nach der die syntaktische Analyse erfolgt, baut letztlich auf den Annahmen des Prinzipien- und Parameter-Frameworks auf und entwickelt dieses weiter. Die entsprechende, grundlegende Darstellung erfolgt im nächsten Kapitel.

I.4.2 Erläuterungen der Grundlagen der syntaktischen Analyse

In diesem Abschnitt werden die Grundlagen der syntaktischen Analyse, die in Kapitel III angewandt wird, beschrieben. Maßgeblich stützt sich diese Arbeit auf die DP-Analyse, welche durch Operationen und Grundsätze des minimalistischen Programms erweitert wird. Zusätzlich müssen Hypothesen des Government-and-Binding berücksichtigt und erfüllt werden.

Die DP-Hypothese basiert auf Abneys (1987) Ansatz und modifiziert die ältere NP- oder Standard-Analyse ausgehend von der X-bar-Theorie. In der X-bar-Theorie werden syntaktische Funktionen von sprachlichen Einheiten in Bezug zu einem regierenden Kopf analysiert. Die Bestandteile einer sprachlichen Einheit bzw. Konstruktion werden Konstituenten genannt. Der Terminus Konstituente leitet sich von dem lateinischen Begriff constituens ‚die (miteinander) etwas Aufstellende‘ ab. Eine Konstituente ist also selbst eine sprachliche Einheit, die Teil eines übergeordneten Komplexes ist. Die Größe einer Konstituente kann von einem Morphem bis zu einem Syntagma reichen. Klenk (2003) fasst dies wie folgt zusammen: „… Unter einer Konstituente eines Ausdrucks A versteht man einen Ausdruck B, der Teil von A ist. B kann dabei wiederum aus mehreren Konstituenten bestehen. …“1 Synonym wird für komplexe Konstruktionen auch der Terminus Phrase verwendet. Der Begriff Phrase leitet sich von gr. φράσις ‚Ausdruck‘ ab. Es handelt sich hierbei um eine zusammenhängende Gruppe von Konstituenten, die eine syntaktische Einheit bilden. Aber auch ein einzelnes Element kann als Phrase bezeichnet werden, z.B. ein Nomen als Nominalphrase, kurz NP. Der Ausdruck komplexe Phrase beschreibt eine Phrase, die zusätzliche Modifikatoren enthält, bspw. eine NP mit Numerale und attributiven Adjektiven. Maximale Phrasen sind diejenigen, die durch keine weitere Phrase dominiert werden. Ein wichtiges Charakteristikum ist, dass jede Phrase einen Kopf besitzt. Der Kopf ist das zentrale Element, i.e. der Kern der Phrase. Der Kopf vererbt bzw. projiziert morphosyntaktische und flexionsmorphologische Merkmale.

Ferner wird der Begriff Konfiguration verwendet. Dieser Terminus stammt eigentlich aus der Semantik und bezeichnet „… eine[] geordnete[] Menge von semantischen Merkmalen. …“2 Doch im Folgenden wird mit dem Begriff eine Konstruktion oder Phrase benannt, die beispielhaft auf eine bestimmte Zusammensetzung von Elementen verweist, die nicht nur semantisch, sondern auch syntaktisch eine Einheit bilden. Diese Definition des Terminus ist auf die Herkunft des Begriffes Konfiguration von lat. configuratio ‚gleichförmige Bildungsweise‘ zurückzuführen. Der Begriff impliziert also, „… dass […] Satzglieder im Prinzip gleich aufgebaut sind und daher nach dem gleichen Modell analysiert werden können, z.B. bei stetiger Zweiteilung der Struktur durch eine binäre Verzweigung. …“3 Die binäre Verzweigung ist ein Grundprinzip der in dieser Arbeit angesetzten strukturellen Analyse.

Nach der X-bar-Theorie projiziert nun jeder Kopf X° eine komplexere syntaktische Einheit XP, die maximale Projektion oder Phrase genannt wird. Eine Phrase verfügt nach der X-bar-Theorie grundlegend über folgende Struktur:


Diese Basis-Baumstruktur verfügt über mehrere Projektionsebenen, in denen verschiedene Positionen oder Knoten einer Phrase in einem Abhängigkeitsverhältnis dargestellt werden, wobei jede Phrase ausgehend von der Kopfposition organisiert ist. Dieser Knoten X° regiert die maximale Projektion, XP, und projiziert seine Eigenschaften oder Features an dominierende Knoten. Die Komplementposition ist der Schwesterknoten des Kopfes und ist eine von diesem geforderte Ergänzung, i.e. obligatorische Konstituente. Ein Adjunkt ist demgegenüber eine nicht geforderte Ergänzung, d.h. eine optionale Modifikation des Kopfes. Während es pro Phrase nur eine Komplement-Position gibt, kann die Adjunkt-Position rekursiv angesetzt werden. Schließlich verfügt jeder Strukturbaum über eine Spezifiziererposition Spez,XP, in der weitere Argumente bzw. Modifikatoren des Kopfes generiert werden können.

Entsprechend der grammatischen und syntaktischen Funktionen werden die projizierenden, sprachlichen Einheiten in verschiedene Kategorien gegliedert. In der DP-Analyse werden grundlegend lexikalische und funktionale Kategorien angenommen. Lexikalische Einheiten implizieren deskriptiven Inhalt, d.h. sie generieren bedeutungstragende Morpheme. Funktionale Kategorien hingegen repräsentieren grammatische Eigenschaften und haben keinen beschreibenden Gehalt, sondern binden lexikalische Konstituenten bzw. selegieren diese. Morphologisch sind funktionale Elemente abhängig von lexikalischen und nicht von diesen zu trennen, wobei sie phonologisch nicht ausgedrückt sein müssen. Sie dienen der Strukturierung von Phrasen, d.h. sie transportieren abstrakte Inhalte, wie Direktionalität, Referenz, Definitheit etc., sie koordinieren Konstituenten und betten diese in einen sprachlichen sowie außersprachlichen Kontext ein.4 Funktionale Kategorien gelten als universal innerhalb der generativen Grammatik, d.h. funktionale Kategorien kommen in allen Sprachen vor, auch wenn sie nicht offen realisiert werden.

Die DP-Analyse erhält ihren Namen von einer funktionalen Kategorie, der Determinansphrase. Eine DP ist eine maximale Projektion der Kategorie D. Die DP kann sowohl transitiv als auch intransitiv realisiert werden. Eine intransitive Phrase besitzt kein Komplement, während eine transitive DP obligatorisch eine Ergänzung fordert. Die vorliegende Arbeit untersucht lediglich Formen der transitiven Realisierung. In diesem Fall ist die DP syntaktisch abhängig von einer lexikalischen Kategorie, i.e. der NP. Obligatorisch selegiert eine DP, deren Kopf ein Determinans bildet, eine NP, die durch ein Nomen repräsentiert wird. D weist der NP einerseits die entsprechenden Agreement-Merkmale zu und andererseits verwandelt es den nominalen Ausdruck in eine referentielle Einheit. Determinantien sind also [+referentiell], d.h. sie sind Suchanweisung an den Hörer, einen passenden Referenten zu finden. Diese Suchanweisung kann durch Adjektive, Partizipien, Relativsätze, Genitivattribute etc. unterstützt werden. Doch die Hauptfunktion von D ist die Markierung von Definitheit, i.e. der Referent der Phrase ist als einzigartig, bekannt und konkret zu analysieren. D verfügt also über die Feature [+definit], [+referentiell], [+AGR].5 Insgesamt umfasst die Kategorie D morphologisch-syntaktische und semantische Aspekte. Ferner gilt die DP als universal, d.h. sie wird für jede natürliche Sprache angenommen. Demnach hat eine DP sprachübergreifend die gleiche Struktur. Grundsätzlich gilt: Als Komplement selegiert jede DP eine NP. Zudem sind Determinantien nicht rekursiv, d.h. pro DP wird nur ein entsprechendes Morphem geduldet.

Die Kategorie D macht aus der NP einen referentiellen Ausdruck. Konstituenten referentieller Ausdrücke müssen in einer Koreferenzbeziehung stehen, die durch Merkmalskongruenz erzielt wird.6 Diese Theorie nennt sich Government-and-Binding oder auch Bindungstheorie. Dieses Framework restringiert Bewegungsoperationen innerhalb einer Phrasenstruktur. Demnach kann eine Konstituente aus einer Kopfposition ausschließlich in einer Kopfposition landen, wobei das bewegte Element seine Spur k-kommandieren muss. Die Operation K-Kommando etabliert entweder eine Bindung zwischen einer Spur und der dazugehörigen verschobenen Konstituente oder zwischen zwei Konstituenten. K-Kommando ist gegeben, wenn ein Knoten α einen Knoten β nicht dominiert, aber der Knoten, der α direkt dominiert, auch β dominiert. Das bedeutet, dass K-Kommando nur zwischen Schwesterknoten möglich ist. Diese Operation findet hinsichtlich der inneren Struktur einer komplexen DP frequent Anwendung, da die verschiedenen Konstituenten innerhalb eines Ausdrucks gebunden sein müssen. Durch K-Kommando wird auch der Skopus einer Konstituente reglementiert. Skopus ist der Geltungs- oder Bezugsbereich einer Konstituente, in dem sie auf andere Konstituenten wirken kann. Der Terminus leitet sich von gr. σκοπός ‚Zielpunkt‘ her. Das Skopus-Prinzip klärt den Wirkungsbereich eines Elements auf dem Level der Syntax. Das Skopus-Prinzip besagt, dass ein Element A über ein Element B Skopus hat, wenn Element A Element B k-kommandiert oder sich das Element B nicht in einer Kopf-Position (Ā-Position) befindet. Dieses Prinzip wird auch in der Analyse in Kapitel III berücksichtigt.

Neben limitierten Landepositionen werden Bewegungsoperationen auch durch Grenzknoten oder Barrieren eingeschränkt. Barrieren blockieren diese Prozesse, denn eine Konstituente darf nicht über mehr als einen Grenzknoten angehoben werden. Als Barrieren gelten die DP und die IP, wobei die IP in verbalen Ausdrücken Anwendung findet und in dieser Arbeit demzufolge vernachlässigt wird. Dieses Prinzip wird Subjazenz-Bedingung genannt.

Schließlich gilt für Bewegungsprozesse, dass diese nur erfolgen, wenn ein entsprechender Grund bzw. eine Motivation vorliegt. Dies ist im Last Resort-Prinzip verankert, das Grewendorf (2002) wie folgt formuliert: „… Bewegung ist nur zulässig, wenn sie der Überprüfung von Merkmalen dient. …“7 Eine Konstituente wird demnach nur in eine andere Position verschoben, um entweder gewisse Feature der jeweiligen Kategorien zu überprüfen oder um selbst Merkmale zu erhalten. Bewegungen können also nicht frei durchgeführt werden, sondern unterliegen den genannten Beschränkungen. Sind die Feature des jeweiligen Elements überprüft, ist eine weitere Bewegung ausgeschlossen, da keine Motivation mehr vorliegt.

Die Operation des Last Resort stammt aus dem Framework des Minimalismus. Das minimalistische Programm ist eine jüngere Entwicklung der generativen Linguistik und beruht auf folgenden Grundsätzen, die in dieser Arbeit ebenfalls angewandt werden: Aussagen über eine Sprache müssen grundsätzlich simpel und allgemein möglich sein. Alle Repräsentations- und Ableitungsprozesse sollen so ökonomisch wie möglich gestaltet sein. Dabei sind redundante oder überflüssige Elemente zu vermeiden, d.h. jedes Element übernimmt eine Funktion und muss interpretierbar sein. Diese Prinzipien spiegelt das Last Resort wider, denn anhand dieser Bedingung werden unnötige Anhebungen unterbunden und es ist generell auf alle Sprachen anwendbar.

Ferner definiert der Minimalismus die Knoten der X-bar Struktur als „… the locus of Feature Bundles of various kinds …“.8 Auch davon wird in dieser Arbeit ausgegangen. Anhand der Merkmale können grammatische Eigenschaften, aber auch Wortstellungsvariationen anhand eines Strukturbaumes erklärt werden. Zudem motivieren Merkmale gewisser Knoten Bewegungen, wie in Kapitel III zur Analyse der Phrasen gezeigt wird.

 

Des Weiteren werden die Operationen Merkmalsüberprüfung, Agree und Feature Sharing aus dem minimalistischen Programm übernommen. Merkmalsüberprüfung wird nach Grewendorf (2002) definiert und bedeutet, „… dass ein Element mit zu überprüfenden Merkmalen in die Überprüfungsdomäne eines funktionalen Kopfes mit entsprechenden Merkmalen bewegt wird …“.9 Die jeweilige Konstituente wird also zur Sättigung entsprechender Feature bewegt. Die Überprüfungsdomäne umfasst die Kopf- und Spezifiziererposition sowie Adjunktionen. Die Komplementposition ist ausgeschlossen. Die Operation Agree oder dt. Übereinstimmung ist eine Weiterentwicklung der Merkmalsüberprüfung. Während Merkmalsüberprüfung immer eine Bewegung impliziert, kann Agree auch ohne Bewegungsprozess auskommen. Die Operation stellt „… zwischen den Merkmalen eines lexikalischen Elements α und einem Merkmal F in einer eingeschränkten Domäne eine Relation (Kongruenz, Kasus-„Überprüfung“) …“10 her, wobei eine Kongruenzbeziehung vorgesehen ist. Feature Sharing schließlich betrifft ebenfalls die Überprüfung und Übertragung von Merkmalen. Hierbei wird über Agree zunächst eine Relation zwischen verschiedenen Knoten hergestellt, wobei ein Knoten bereits über das zu übertragende Merkmal verfügen muss. Durch die Etablierung einer Agree-Sequenz kann das entsprechende Feature an andere Knoten übergehen. In Kapitel III wird auf diese Operationen detaillierter eingegangen, ferner wird gezeigt werden, dass ihre Annahme notwendig ist, um adäquate Analysestrategien für die Untersuchungssprachen vorlegen zu können.

Hinsichtlich des Strukturaufbaus verzichtet der Minimalismus jedoch im Allgemeinen auf Projektionsebenen, Knoten etc. und arbeitet stattdessen mit einem „… mengentheoretischen Algorithmus und operiert allein auf lexikalischen Merkmalen. …“11 Diese Arbeit jedoch untersucht funktionale Kategorien, wobei lexikalische Eigenschaften in den Hintergrund rücken, und arbeitet mit Strukturbäumen. Der Vorteil dieser Diagramme ist die Sichtbarmachung syntaktischer Abhängigkeiten der einzelnen Konstituenten. Die lineare Anordnung der Elemente einer Phrase kann so dargestellt werden. Eine Phrase ist somit eine Konfiguration aus Konstituenten, die in einer bestimmten Weise platziert werden. Dabei bedingt die Funktion die Position des jeweiligen Elementes in der Phrase.

Ferner wird eine grundlegende DP-Struktur angestrebt, anhand derer die vier Untersuchungssprachen einheitlich generiert werden können. Diese Struktur setzt sich aus Prinzipien und Parametern zusammen. Als Prinzip gelten diejenigen Kategorien, die in jeder Sprache obligatorisch sind, i.e. die DP und die NP. Welche Kategorien die Parameter stellen, wird noch zu analysieren sein. Damit geht der Vorteil einher, dass die DP-Analyse die Annahme vieler verschiedener Positionen bietet, denn die Untersuchungssprachen weisen komplexe Phrasen auf, die sich aus unterschiedlichen Konstituenten zusammensetzen. Eine DP muss neben einem Artikel und einem Substantiv auch Platz für diverse Pronomen, Adjektive, Numeralia, Genitivattribute etc. enthalten können. Es wird angenommen, dass eine DP verschiedene funktionale Kategorien selegieren kann. Funktionale Kategorien werden vornehmlich generiert, wenn sie projizieren bzw. durch phonologisches Material besetzt sind. Aufgrund des Universalitätsanspruchs der generativen Grammatik müssen alle natürlichen Sprachen anhand einer Hypothese generierbar sein. Eine adäquate Analyse muss simpel sein und sich an der Funktion der Konstituenten orientieren.