Die Fabrik der Zeitmaschinen

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Die Fabrik der Zeitmaschinen
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Die Fabrik der Zeitmaschinen

Imprint

Die Fabrik der Zeitmaschinen

Nils Döscher

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2013 Nils Döscher

ISBN 978-3-8442-5243-9

Für alle, die, von Anfang an, an mich und

diese (düstere) Geschichte geglaubt haben.

Über die Nutzung von Zeitmaschinen

Nach dem Gesetz Nr. 101-1, Punkt I bis III, verfasst am 11. Dezember des Jahres 5742 (dem Tag der Inbetriebnahme der Fabrik der Zeitmaschinen), hat sich ein jedes Volk, welches sich durch das große galaktische Menschenreich in den Besitz einer Zeitmaschine gebracht hat, dazu zu verpflichten, diese hoch komplizierten technischen Anlagen nur zu folgenden Zwecken zu verwenden.

PUNKT I

Zeitmaschinen dürfen von Völkern nur dazu verwendet werden, um begangene Fehler in der Geschichte auszubessern.

Dies zählt NUR für die Fehler, die ein Volk in Ihrer eigenen Geschichte begangen hat, ganz gleich wie viele Tausende, oder gar Millionen Jahre diese zurückliegen .

Unter dem Ausbessern von Fehlern ist nur zu verstehen, dass ein Volk Naturkatastrophen voraussehen/verhindern und/oder gewaltsame Alleinherrscher, Massenmörder, sowie kriegerische Auseinandersetzungen aus ihrer vergangenen oder zukünftigen Geschichte entfernen dürfen.

PUNKT II

Zeitmaschinen dürfen ansonsten nur zur wissenschaftlichen Erforschung der Vergangenheit oder der Zukunft verwendet werden. In diesem Fall ist jeder Eingriff in die Geschichte, der eine Veränderung der Vergangenheit, Gegenwart, oder der Zukunft hervorruft, strengstens untersagt.

PUNKT III

Jeder Eingriff in die Geschichte eines Volkes darf auf gar keinen Fall dazu genutzt werden, um einzelnen oder mehreren Personen finanzielle oder machtpolitische Vorteile zu verschaffen.

Prolog

Unsere Zukunft hängt davon ab, wie wir unsere Gegenwart gestalten.

Tenzin Gyatso,

seine Heiligkeit der XIV. Dalai Lama

Eine Eiswüste so weit das Auge reichte. Mehr konnte Jorg Safox aus dem kleinen Fenster des zweitklassigen und völlig überfüllten Passagiertransporters nicht erkennen.

Endlich, nach über zwölf Stunden Flugzeit aus seinem Halbschlaf erwacht, stierte der zweiunddreißig Jahre alte Mann nun nicht mehr in das endlose Schwarz des Weltalls. Vor ihm erschienen nun Gebirge, Gletscher und tiefe Täler. Alles beschienen durch das unheimliche und dunkelrote Licht des großen Planeten Jupiter, der am Abendhimmel stand.

Dann durchbrach plötzlich die übliche, bei jedem Raumflug vorkommende Lautsprecherdurchsage die Stille, die sich in der Kabine während des langen Fluges gebildet hatte.

>>Herzlich willkommen auf dem Jupitermond Europa!

In wenigen Augenblicken setzen wir zur Landung

auf der Verteilerstation dreiundneunzig an.

Wir hoffen sehr, Sie hatten einen angenehmen Flug und

wünschen allen Fluggästen einen wunderschönen

Aufenthalt auf Europa!<<

Überall in der Kabine erwachten nun, laut gähnend und sich übellaunig beschwerend, Männer, Frauen und Kinder aus ihrem Schlummer.

>>Wie viele Jahrhunderte hören wir Menschen uns nun schon diesen Schwachsinn nach jeder Landung an!<<, spottete ein ziemlich dicker Kerl einige Reihen hinter Jorg. Niemand aber schien sich für diese Äußerung zu interessieren, denn danach blieb es auch weiterhin verhältnismäßig still. Jorg reckte seinen durch die Entbehrungen der letzten Jahre geschundenen und mageren Körper in dem trotzdem noch immer zu engen Sitz, froh darüber nach seiner langen Reise endlich das lang erwartete Ziel erreicht zu haben.

Zur selben Zeit verringerte der Transporter seine Geschwindigkeit und begann mit dem Landeanflug. Jorg schaute, noch immer nicht richtig erwacht, erst einmal auf die Holouhr, die im vorderen Teil der Kabine durch die Luft schwebte, und stellte fest das es schon spät am Abend war. Zumindest nach terranischer Zeitrechnung.

Mitteleuropäische Erdzeit:

23:42 Uhr

Freitag, 03. August 10759

Dieser Schriftzug schwebte mit wechselnden Farben durch den Raum, um den Passagieren immer wieder die aktuelle Uhrzeit und das Datum anzuzeigen.

Die Zeitrechnung nach dem sich alle Lebewesen im großen Imperium der Menschen zu richten hatten, auch wenn es hier draußen im Weltall wenig Sinn ergab.

Der Transporter legte sich nun sanft in eine leichte Kurve und neigte sich dabei etwas zur rechten Seite. Auf diese Weise konnte Jorg aus seinem kleinen Fenster die Oberfläche von Europa wesentlich besser erkennen. Sie flogen auch schon längst nicht mehr so hoch wie bei seinem letzten Blick nach draußen. Jetzt konnte der junge Mann die Eislandschaft unter sich viel besser sehen, und erkannte dabei auch sein eigenes, erschöpftes Gesicht wie es sich im Glas der Scheibe spiegelte. Er sah einfach nur müde aus. Seine Wangen waren eingefallen und sein schwarzes Haar breitete sich zerzaust in alle Richtungen aus. Die vergangenen Anstrengungen ließen Jorg Safox schneller altern, als es sonst üblich war.

Draußen war die von großen Bergen übersäte Landschaft, nun einer flachen gewichen, die vereinzelt nur von Spalten durchzogen war. Spalten die so breit und tief waren, dass man nicht bis auf den Grund hinuntersehen konnte. Man erkannte nur ein undurchdringliches schwarz. Genauso schwarz wie das All aus dem der Transporter gerade angereist war. Und dann endlich, sah Jorg das lang erwartete Ziel. Direkt unter sich.

Die Verteilerstation dreiundneunzig. Eine riesengroße, trapezförmige Anlage aus Stahl und Beton, die direkt aus dem Inneren des Planeten gewachsen zu sein schien. Die gesamte Anlage mutete absolut glatt an, bis auf den Landeschacht auf der südlich gelegenen Seite. Der Transporter hielt jetzt genau darauf zu. Ohne seinen Flug noch weiter zu verlangsamen steuerte er präzise in die fünfzig Meter breite und fast zwanzig Meter hohe Öffnung der Verteilerstation mit der Nummer dreiundneunzig zu. Eine von insgesamt zweihundertundachtzig Anlagen, die die Menschen hier auf Europa im Laufe der Jahrtausende errichteten.

Der Transporter flog in die Öffnung und die Sicht auf das ewige Eis des Planeten war somit nach nur wenigen Minuten wieder verschwunden. Dafür gab es jetzt wieder neue Bilder für die Menschen an Bord zu sehen. Ein mehrere Kilometer langer Einflugschacht aus Stahlbeton, der in einem steilen Winkel in die Tiefe führte. Dieser graue Schacht war gespickt mit Leuchtmarkierungen, Sonden, Scannern und Warnhinweisen in der Muttersprache aller Menschen.

Für die meisten Reisenden an Bord waren diese Anlagen nichts Besonderes mehr, sie saßen einfach nur regungslos da und starrten in die Luft, anstatt aus den Fenstern. Reine Routine bei Vielfliegern zwischen den vielen Monden auf denen Menschen arbeiteten und lebten. Ob als Siedler, Bergarbeiter oder reiche Kolonisten. Landeanflüge auf derartigen Stationen gehörten einfach zum Alltag dazu.

Für Jorg allerdings traf das nicht zu. Er fristete sein Leben bislang nur in einem weit entfernten Doppel-Sonnen-System. Einem kleinen Planetensystem mit zwei Sonnen und nur einer bewohnbaren Welt, die dummerweise auch noch zum Großteil nur mit Wüsten und Gebirgen bedeckt war. Diese Welt, die die Menschen Argon 4 nannten, wurde ausschließlich von armen Siedlern bewohnt, die versuchten in jenen Welten zu überleben, indem sie sich bemühten trockenen Boden fruchtbar zu machen.

Dies war selbstverständlich notwendig, um das Überleben der Menschheit zu gewährleisten, die sich nun schon seit hunderten von Generationen unkontrolliert ausbreitete, ohne dabei auf Geburtenkontrolle und Ernährungsfragen zu achten. Hunderte von Milliarden Menschen, die auf trostlosen Planeten ein armseliges Leben führten, nur um zu versuchen den Hunger der Galaxis zu stillen.

Genau aus solch einer Welt stammte der junge Jorg Safox, für den die Eindrücke einer langen Reise durch das Weltall, immer noch etwas Befremdendes an sich hatten.

Nun verlangsamte der Transporter seinen Flug und glitt langsam an einem riesengroßen Panoramafenster vorbei, welches in den grauen Stahlbeton des Anflugschachtes eingelassen war. Hinter dem Panzerglas befand sich die Empfangshalle der Station, in die man nun blicken und den vielen Menschen bei ihren Beschäftigungen zuschauen konnte. Dann, nachdem das große Fenster aus dem Blickfeld verschwand und die Sicht wieder auf den kalten Beton freigab, drosselte der Transporter seine Geschwindigkeit ein letztes Mal und dockte dann mit einem leichten Stoß an die Einstiegsschleuse an.

>>Wir haben soeben angelegt!

Bitte verlassen sie jetzt Raumfähre!<<

Tönte es nun zum Abschluss der Reise aus den Lautsprechern und die Passagiere begannen aufzustehen, um den Transporter zu verlassen. Jorg wartete bis alle anderen aufgestanden waren und ging als letzter durch die Schleuse. Gepäck besaß er, außer einer kleinen Umhängetasche, keines.

Wenige Minuten später, nachdem Jorg den Augenscanner ohne Probleme passierte, betrat er dann endlich die große Empfangshalle und schaute erstmals von der anderen Seite durch das große Fenster, hinaus auf die im Anflugschacht vorbei fliegenden Raumfähren.

Hier in der Empfangshalle befanden sich überall Geschäfte, Informationsschalter, Haltestellen für die vielen Magnetbusse, Schnellrestaurants und große, grelle holografische Werbetafeln, die ihre Botschaften unter die Menschen zu bringen versuchten. Und Menschen gab es hier mehr als genug, in den unterschiedlichsten und verrücktesten Kleidungen, die man sich nur vorstellen konnte.

 

Jorg war einerseits begeistert so viele neue Eindrücke erleben zu können, wollte andererseits aber auf gar keinen Fall vergessen, warum er hier war und tat schnell so, als ob ihm diese Welt völlig egal wäre, als wäre er einer von diesen vielen Menschen hier.

Langsam durchstreifte Jorg mit seinem Blick die Empfangshalle, so lange bis er einige Hundert Meter entfernt den Informationsstand für die Hotelanlagen fand. Das große Zeichen dafür schwebte, wie fast alle Werbetafeln als Hologramm in der Luft, was die gesamte Anlage in ein knallbuntes Licht tauchte. Dazu kamen noch die unzähligen Durchsagen aus den Lautsprechern, ob Informationen, Nachrichten oder Werbeansagen, alles wurde hier auf einmal verkündet.

Auf dem Weg zum Infoschalter wurde Jorg im dichten Gedränge gleich zweimal von jungen Knaben und einer schrecklich aufgedonnerten Frau angesprochen, die ihre Körper gegen wenige Space Kredits für Liebesdienste verkauften. Jorg wies sie ab und ging seinen Weg weiter. So etwas war selbst für ihn nichts Neues. Prostitution, ganz gleich ob bei Männern oder Frauen, war in der gesamten Galaxis weit verbreitet. Zumindest in den Teilen, die von Menschen besiedelt waren.

Endlich an dem Schalter angekommen, wurde Jorg dann freundlich grinsend von einer jungen Frau mit einer grellen, rosafarbenen Turmfrisur begrüßt.

>>Willkommen bei Ocean Hotels!<<, quäkte sie mit einer gekünstelten Stimme. Ihre leuchtend weißen Zähne waren mit Glitzersternen beklebt. >>Was kann ich für sie tun, mein Herr?<<

Am liebsten wäre es mir wenn du mich nicht so blöde angrinsen würdest, dachte sich Jorg, doch er blieb selbstverständlich freundlich zu der ganz eindeutig magersüchtigen Frau hinter dem Schalter. Er durfte hier nicht auffallen, dafür, so glaubte er, war sein Auftrag viel zu wichtig. >>Ich möchte gerne wissen, wann das nächste Shuttle zum Ocean Hotel abfährt?<<, fragte Jorg so freundlich wie nur möglich.

>>Zu welchem Ocean Hotel möchten sie denn?<<, fragte daraufhin die Frau, blöde kichernd als Antwort, >>Die Ocean Hotel Gesellschaft, verfügt allein hier auf Europa über vierzig Anlagen.<<

Verdammte Scheiße, ging es Jorg durch seinen Schädel, daran hatte er gar nicht gedacht, was sollte er denn jetzt sagen?

Und die dumme Pute lächelte jetzt sogar noch unsympathischer als zuvor.

Schon glaubte Jorg aufzufallen, wie ein Trottel vom letzten Stern des Universums, was er ja auch im Grunde war. Er schaute vorsichtig nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass nicht schon alle Menschen in der nähren Umgebung mit dem Finger auf ihm zeigten und ihn auslachten. Aber nichts dergleichen geschah. Alle anderen Menschen gingen einfach ihren Beschäftigungen nach.

Nun endlich befreite die alberne Frau hinter dem Schalter Jorg aus dieser Situation.

>>Sie haben doch sicherlich eine Reservierung?<<, fragte sie ihn ohne irgendwelchen Verdacht zu schöpfen. Also war er wohl nicht der einzige Trottel hier in der Halle.

>>Wie bitte?<<, fragte Jorg, aus seinen Gedanken gerissen, >>Die Reservierung. Ach ja, natürlich, die Reservierung.<<

Er griff in seine Tasche und entnahm ihr eine kleine Plastikkarte, die in einem schönen Blau schimmerte.

>>Ich bin noch etwas durcheinander von dem langen Flug.<<, log er die Frau an.

Diese kicherte wieder als Antwort, >>Das muss ihnen nicht peinlich sein, mein Herr. So etwas sehe ich hier jeden Tag.<<

Sie nahm die Karte an sich und steckte sie in einen Schlitz auf ihrem steinernen Tresen. Sofort danach erschien ein Holoschriftzug in der Luft und die Frau überprüfte die Daten.

>>Ocean Hotel Zero One.<<, sagte sie erstaunt, >>Oh wie ich sie jetzt aber beneide. Es ist das schönste unserer Hotels hier.<<

>>Ja, das sagte man mir auch.<<, gab Jorg freundlich zurück.

>>Da müssen sie zum Terminal Eins-Null-Fünf gehen! Gleich den Gang hier runter.<<, sagte die Frau den Weg weisend, >>Die nächste Abfahrt ist schon in wenigen Minuten.<<

Nachdem Jorg dann endlich seine Reservierungskarte zurückbekommen hatte, konnte er seinen Weg fortsetzten. Als er den Schalter verließ hörte er die Frau, wie sie schon den nächsten Kunden begrüßte:

>>Willkommen bei Ocean Hotels, was kann ich für sie tun…<<

Jorg beeilte sich nun, um so rechtzeitig zum Shuttle zu kommen. Das Shuttle, das ihn so schnell wie nur möglich in sein Hotel bringen sollte. Zuvor musste er aber noch in einen Fahrstuhl steigen, der über zweihundert Personen fasste und ihn direkt zu der Anlegestelle brachte. Über dreihundert Meter unter ihm. So dick war die Eisdecke von Europa und darunter lag der große Ozean, mit teilweise über 90 Kilometer Tiefe. Der tiefste im Sonnensystem.

Der Grund dieses tiefen Meeres war übersät mit Bergabbaustationen, privaten Wohnanlagen, Feriensiedlungen und Hotels.

Und eines dieser Hotels war das Ziel von Jorg Safox.

Der junge Mann musste leise in sich hinein grinsen, als ihm die Tatsache bewusst wurde, dass er nun endlich angekommen war, um mit dem Kontaktmann zusammenzutreffen.

Auf dem dunklen Meeresboden von Europa.

Erster Teil

Der Meteor

Die Zeit wird kommen,

wenn eifriges Forschen über lange Zeiträume hinweg

Dinge ans Licht bringt, die jetzt noch verborgen liegen.

Das Leben eines Menschen, auch wenn er es ganz

dem Himmel widmete, reichte nicht aus,

ein so weites Feld zu ergründen…

Und so wird sich die Kenntnis davon nur über

Generationen hinweg entfalten.

Es wird aber auch eine Zeit kommen, wenn unsere

Nachfahren staunen, dass wir Dinge, die ihnen so

einfach erscheinen, nicht wussten…

Viele Entdeckungen aber sind künftigen

Jahrhunderten vorbehalten, wenn wir längst

vergessen sind.

Unser Universum währe betrüblich unbedeutend,

hätte es nicht jeder Generation neue Probleme

zu bieten…

Die Natur gibt ihre Geheimnisse nicht

ein für alle Mal preis.

Lucius Annäus Seneca, erstes Jahrhundert nach Chr. Aus dem siebenten Buch der Naturales quaestiones

1

Commander Lars Befron betrat so wütend wie kaum zuvor in seinem gesamten, zweiundneunzigjährigen Leben die Einsatzzentrale des Bereiches London Nord.

>>Was zum Teufel soll das heißen?<<, schrie er in den riesigen Raum, in denen Hunderte Männer und Frauen an Holobildschirmen saßen und ihre Arbeit verrichteten, >>Sie wissen nicht woher er kommt?<<

Ein verängstigt wirkender Arbeiter drehte sich langsam und vorsichtig zu dem wütenden Commander um, der direkt hinter ihm stehen geblieben war und nun immer wieder mit seinem rechten Fuß auf den glatt polierten Boden klopfte.

>>Wir haben ihn erst vor wenigen Stunden entdeckt, Sir.<<, sagte der Arbeiter vorsichtig und kaum hörbar.

>>Das kann doch wohl nicht ihr Ernst sein!<<, schrie Befron den Mann an, >>Wollen sie behaupten, dass unsere Weltraumbewachung gepennt hat?<<

>>Nun Sir, die Sache ist so…<<, erwiderte der Arbeiter jetzt noch vorsichtiger aus Angst vor weiteren Wutausbrüchen seines Vorgesetzten, >>…wahrscheinlich ist der Brocken, der da auf uns zukommt so klein, dass er einfach nicht rechtzeitig entdeckt werden konnte.<<

Befron sagte gar nichts mehr, er stand nur stumm da und hörte sogar auf, mit seinem Fuß laute Geräusche zu verursachen.

Eine junge Frau, die an einem anderen Terminal arbeitete, dem Gespräch wie jeder andere im Raum lauschtend, stand plötzlich auf und begann zu reden, >>Ähm Sir, es besteht ja vielleicht die Möglichkeit das dieser Brocken einfach so klein ist, dass er von dem Zentralrechner nicht als Problem angesehen wird!>>

Befron drehte sich empört zu dieser Person um, die es wagte sich einfach einzumischen.

>>Ach, glauben sie das?<<, fragte er sie.

Danach blieb es in der Zentrale stumm. Nur die Kühlergeräusche Hunderter holografischer Rechner waren in dem hallenartigen Raum zu vernehmen. Befron legte einige Schritte im Eiltempo zurück und schritt somit bis vor den großen Hauptbildschirm, der in der Mitte der Zentrale an der Wand hing. Das gesamte Fabrikgelände war darauf zu erkennen. Zwei Inseln, die komplett vom Wasser umgeben waren und die in dieser Zeit als >>Die Anlage<< bezeichnet wurden. Zwei Inseln, auf denen die Menschen die großartigste Erfindung herstellten, die sie jemals erfunden hatten. Die Erfindung die die Menschheit in der gesamten Galaxis zu Reichtum und Macht verholfen hatte:

Die Zeitmaschinen.

Und Lars Befron war hier die oberste Instanz. Und als oberste Instanz musste er sich nun so etwas Lächerliches anhören.

>>Der Zentralrechner der Raumbewachung sieht einen Meteoriten, der auf das Fabrikgelände zu stürzen droht, NICHT als eine ernste Bedrohung an.<<, keifte er spuckend in den Raum, >>Das soll doch hoffentlich nur ein dummer Scherz sein!<<

Die Frau, die sich zuvor erhoben hatte, setzte sich ganz schnell wieder auf ihren Stuhl und wagte es nicht mehr, auch nur den kleinsten Laut von sich zu geben. Befron stierte weiter auf die große Karte der Anlage vor ihm.

Damals, vor unendlich langer Zeit nannte man diese zwei Inseln hier Großbritannien und Irland. Das wusste Befron von dem Geschichtsprogramm seines Hauptrechners, obwohl es jetzt und hier völlig ohne Bedeutung war. Heutzutage waren diese zwei Inseln nur DIE ANLAGE.

>>Wo genau wird dieser verdammte Meteor hier einschlagen?<<, fragte er dann, >>Und vor allem, wann wird es geschehen?<<

Die Techniker machten sich schwitzend an die Arbeit und fingen an ihre

Rechner mit Daten zu füttern. Commander Lars Befron wartete dabei ungeduldig auf die Ergebnisse und begann erneut, mit seinem Fuß den Boden zu malträtieren.

2

Jorg Safox saß in dem beengten Gefährt zusammen mit dem Kontaktmann, den er nun schon seit einigen Wochen kannte. Die beiden Männer haben sich im Ocean Hotel Zero One auf dem Jupitermond Europa kennen gelernt und begannen danach, ohne weitere Verzögerung, sich an ihre Arbeit zu machen. Für die Schönheiten auf dem Grunde des Ozeans von Europa, hatten die zwei keinerlei Interesse, auch nicht für die schier unglaublich vielen Programme und Angebote, die das Hotel zu bieten hatte. Ob Theaterveranstaltungen oder Körperaufbauprogramme, nichts schien diese zwei Gäste aus ihren Zimmern locken zu können. Nur abends ließen sie sich durch den Liebesdienst Mädchen kommen, dass war aber auch alles. Auch das Essen fand nur in den Zimmern statt.

Insgesamt verbrachte Jorg Safox fast vier Wochen mit seinem neuen Begleiter, den er erst dort unten auf Europa kennengelernt hatte, im Ocean Hotel. Sein Name war Maxx Coltron, und wie Jorg sehr schnell heraus fand, stammte dieser eigenartige Mensch, genau wie er auch, von einem weit entfernten Planetensystem. Einem System im Außenbezirk, in denen nur die Menschen lebten, die in der großartigen, gehobenen Gesellschaft nichts zu suchen hatten. Genau solche Menschen, wie er selbst auch einer war. Oder anders ausgedrückt: Es waren ganz einfach nur die Armen, die dort leben mussten. Weit weg von denen, die etwas zu sagen hatten und die etwas bedeuteten in dieser Galaxis. Unterdrückt von den Reichen wie eh und je. Das Imperium der Menschen war im Laufe der letzten Jahrtausende enorm gewachsen, doch die Spielregeln waren immer noch dieselben geblieben.

Jorg Safox und Maxx Coltron waren der Erde noch nie so nahe gewesen

als sie Anfang August den Jupitermond betraten. Und das, obwohl sie Menschen waren, die ursprünglich von dieser Welt stammten. Menschen die man in der gesamten Galaxis auch einfach nur als >>Terraner<< bezeichnete.

Doch nun, genau in diesem Augenblick, waren sie der großen Erde noch viel näher als jemals zuvor, denn vor fünf Tagen haben sie ihre unglaubliche Reise begonnen. Und eine unglaubliche Reise war es tatsächlich. Das was sie vorhatten, hatte noch niemals zuvor ein Mensch zu tun gewagt. Jorg hatte in den letzten Wochen alles akribisch genau mit seinem neuen Freund geplant, denn Maxx war derjenige, der den gesamten Plan entworfen hatte. Und der Plan war wirklich gut.

 

Als Jorg Maxx einmal fragte (es musste die zweite Nacht im Hotel gewesen sein), wie er denn auf die Idee gekommen sei, da sagte dieser, >>Aus einer uralten Menschengeschichte.<<

>>Eine Menschengeschichte?<<, fragte daraufhin Jorg sehr erstaunt.

>>Ja, aus jenen Zeiten als man Geschichten noch auf Papier gedruckt hatte.<<, antwortete Maxx daraufhin und sagte sonst nichts weiter zu dem Thema, wie er denn überhaupt auf die Idee gekommen sei. Jorg fragte auch nicht mehr nach, da ihm die Geschichten, die noch auf Papier gedruckt wurden, absolut unbekannt waren. Aber heute, am fünften Tag ihres langen Fluges wollte er seinen Freund noch einmal fragen.