Die Krabel

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Die Krabel
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Milan Vrano

Die Krabel

Eine Schnabelfabel

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Inhaltsverzeichnis

Titel

VORWORT ZU DIESER KRABELAUSGABE

EINLEITUNG

DAS BUCH RABMOSE (KRENESIS)

I DIE SCHÖPFUNG (DIE ERSCHAFFUNG DER WELT UND ALLER VÖGEL)

II KÖNIG RABAM IM GARTEN KREDEN

II DAS RABENREGISTER VON RABAM BIS RABOAH

III DIE GROSSE FLUT

IV DER TURMBAU ZU KRABEL

DAS BUCH DER RABENKÖNIGE

I DAS GELOBTE LAND

II WILDER RABE RABISMAEL

III RABSAU UND RABOKOB

IV DAS ERSTGESCHLÜPFTRECHT

V DER SEGEN DES RABISAAK

VI KREA UND KRACHEL

VII ISKRACHEL DER LAHME RABENKÖNIG

VIII IM NAMEN DER RABENMUTTER

IX KÖNIG RABID

X KÖNIG RABSALOMON

XI RABSALOMONS URTEIL

XII RABSALOMON UND DIE KÖNIGIN VON KRABA

XIII KREDOM UND RABDÄA

XIV DER ROTE RABE AUS KREDOM

XV DAS HOHELIED RABSALOMONS

DAS BUCH RABJESHUAS (KREVANGELIUM)

I EINLEITUNG

II KRABEAS GEBURT

III DER BOTE

IV DIE GEHEIME HEIRAT

V DIE ERSCHEINUNG

VI SCHARLACH UND PURPUR

VII DER TOD DES RABACHARIAS

VIII KRABEA BEI RABEF

IX DIE GEBURT

X DREI RABEN AUS DEM MORGENLAND

XI DIE FLUCHT

XII IM LAND DER IBISSE

XIII DIE RÜCKKEHR

XIV DER JUNGE RABJESHUA IM TEMPEL

XV DIE SCHANDE

XVI DIE WAHRHEIT

XVII AM TOTEN MEER

XVIII RABJESHUAS WANDERJAHRE

XIX DAS KÖNIGTUM

XX RABJESHUA BEI KRABEA KRAGDALENA

XXI DIE HEILIGE HOCHZEIT

XXII VÖGELFISCHER

XXIII DIE NEUNMALKLUGEN VON KRAZARET

XXIV RABJESHUA MACHT SICH UNBELIEBT

RABJESHUA BEI SEINER KÖNIGIN

XXVI DER TOD RABHANNES DES TÄUFERS

XXVII DIE ERWECKUNG DES RABATZUS

XXVIII KRASSIANNA

XXIX VON LADE ZU LADE

XXX DAS LETZTE ABENDMAHL

XXXI DER LEIDENDE KNECHT

XXXII DIE GEFANGENNAHME

XXXIII NACH SITTE DER VORZEIT

DIE OFFENBARUNG DES RABHANNES (RABOKALYPSE)

I ERSTE VISION

II DAS BUCH MIT DEN SIEBEN SIEGELN

III DIE SIEBEN KRARAUNEN

IV DIE KRÄHE UND DER DRACHEN

V DIE ZAHL DES TIERS

VI DIE SCHALEN DES ZORNS

VII DER UNTERGANG KRABYLONS

VIII DAS NEUE KRERUSALEM

RABULISTIKA - NAMENSVERZEICHNIS UND ÜBERSETZUNG DER NAMEN

RABULEXIKA – SACH- UND WORTERKLÄRUNGEN

NACHWORT

Impressum neobooks

VORWORT ZU DIESER KRABELAUSGABE

Der Text, der hier abgedruckt vorliegt, ist eine nach allen Regeln der Rabulistik überarbeitete Fassung der ursprünglichen Übersetzung Milan Vranos aus dem Jahre 1995. Der besseren Verständlichkeit wegen wurde der Urtext dabei von einer Schar ehrenwerter Rabiner vorsichtig dem heutigen Sprachgebrauch angepasst - die Einheitlichkeit der Rabulistik in den ursprünglichen Verszeilen blieb dabei weitgehend erhalten. Die Überarbeitung, die allen viel Freude bereitete, wurde stufenweise abgeschlossen: für das Buch Rabjeshua das Jahr 2003, für die Krenesis und das Buch der Rabenkönige das Jahr 2005/2006, und für die Offenbarung des Rabhannes das Jahr 2012/2013.

Die Schreibung der Rufnamen und Ortsnamen folgt seit 1999 treu den „Münchner Richtlinien zur Schreibung der Eigennamen in der Krabel“, die im Interesse einer Vereinheitlichung der Rabulistik in den Namensformen von gewissenhaften Krähen und Raben erarbeitet worden sind.

Das genaue Namensverzeichnis, die Übersetzung der krabelischen Eigennamen in die Sprache der Habichte sowie umfangreiche Sach- und Worterklärungen finden sich im Anhang.

EINLEITUNG

Der Große Schwarze Rabe ist ein einsamer Gott, denn er ist allein. Er hasst Krähen, sonst hätte er welche. Und er hasst andere Götter neben sich. Seine Weigerung, ja, sein Unvermögen, sich mit einer anderen Göttin oder einem anderen Gott zu vereinigen, ist das, was ihn ausmacht. Er ist isoliert, und er ist dies seit dreitausend Jahren. Die Krabel ist hierfür eines der deutlichsten Zeugnisse. Andere Götter wie zum Beispiel die der Elstern konnten durchaus miteinander und nebeneinander existieren, der Große Schwarze Rabe kann es nicht. Er ist und bleibt allein und kann es doch nicht sein: allein sein ist anstrengend und öde. Unaufhörlich verlangt er also nach Zuwendung von den Vögeln dieser Welt. Von allen Vögeln. Sein Verlangen nach Aufmerksamkeit und Bestätigung ist total. Und da er ein mächtiger Rabe ist, rächt er sich, wenn die Zuwendung ausbleibt. Was also tun mit diesem eifersüchtigen Raben, diesem Gott, der schnabelstarrig darauf besteht, dass sich immerzu nichts verändert und alles unaufhörlich beim Alten bleibt und dessen Anhänger unter den Vögeln seit ebenfalls dreitausend Jahren ausschließlich nur Unsinn machen?

 

Der Große Schwarze Rabe muss aus der Einsamkeit seiner Macht erlöst werden. Er muss aus seiner Isolation herauskommen und sich mit anderen Göttern oder Göttinnen verbinden und vereinigen. Es gibt so viele andere Götter, die er besuchen könnte…

DAS BUCH RABMOSE (KRENESIS)

Nachdem der Geist der Großen Weißen Krähe die Welt erschaffen hatte, da empörte sich Krahab, die Große Krähe der Meere, gegen den Großen Schwarzen Raben, da dieser ihr befahl: Öffne deinen Schnabel, Fürstin der See, und verschlucke alle Wasser der Welt! Und sie rief aus: Lass mich in Frieden, denn nichts dergleichen werde ich tun! Daraufhin schlug der Große Schwarze Rabe sie mit seinen Flügeln tot, und er versenkte ihr Kadaver in den Wassern der Meere, da kein auf dem Land lebender Vogel den Gestank ertragen konnte...

...aus der rabräischen Mythensammlung über urzeitliche Ungeheuer

I DIE SCHÖPFUNG (DIE ERSCHAFFUNG DER WELT UND ALLER VÖGEL)

...darin erzählt wird, wie einst vor langer Zeit die Große Weiße Krähe die Erde erschuf, und alle Tiere und alle Vögel auf der Welt.

Am Anfang war der Himmel. Er war ohne Anfang und er war ohne Ende, er war finster, feucht und tief. Ein Geist aber, der Geist der Großen Weißen Krähe schwebte über der Finsternis. Und der Geist schlug mit seinen Schwingen, da wurde es Licht. Und siehet, in der Tiefe sammelten sich die Wasser und am Himmel die Wolken und der Nebel. Und der Geist der Großen Weißen Krähe erblickte sich in den Wassern der Tiefe, und er sah, dass er schön war, denn er hatte Augen, die funkelten gleich Smaragden und Aquamarin, und er hatte einen Schnabel, ebenmäßig wie das Horn eines Einhorn. Sein Federkleid aber schimmerte in den Farben des Regenbogens, und während er sich derart erblickte, erzitterten die Wasser der Tiefe. Und der Geist schlug mit seinen Schwingen und formte den Horizont, und aus seinem Schnabel traten die Quellen, Wildbäche und Flüsse und sammelten sich in der Tiefe. Da schlug der Geist ein drittes Mal mit seinen Schwingen, und aus den Wassern der Tiefe erhoben sich die Berge und Täler und die Weite der Ebenen, und in den Seen und Meeren sammelten sich die Wasser der Flüsse und des Himmels. Der Geist der Großen Weißen Krähe aber sprach: Es seien Blumen, Gräser und Bäume sowie lebendiges Getier in den Wassern und auf dem Land, und Vögel sollen fliegen am Himmel. Und der Geist schlug ein viertes Mal mit seinen Schwingen und schuf die Walfische und Delfine, die Schnecken, Muscheln und Fische, und er schuf die Tiere auf dem Land und alle gefiederten Vögel, und einige schließlich nach seiner Art. Und als es vollbracht war, blickte der Geist der Großen Weißen Krähe sich um, und er erkannte sich selbst und sah, dass es gut war.

II KÖNIG RABAM IM GARTEN KREDEN

...darin erzählt wird die Geschichte Krevas, der Ahnenmutter aller Krähen sowie Rabenmutter und Krähe Rabams, des rotgefiederten und ersten Raben.

Es war zu der Zeit, als der Geist der Großen Weißen Krähe Himmel und Erde machte, da pflanzte er einen Garten in Kreden bei Krebron und setzte die Vögel und alle Tiere hinein, die er gemacht hatte. Mitten im Garten aber stand der Baum des Lebens, und darunter saß Kreva und brütete an einem Ei. Da schlüpften zwei junge Raben, die von verschiedenen Rabenvätern gezeugt waren, nämlich Rabam, den Sohn der Steineiche und Rabael, den Sohn der Kermeseiche. Und Kreva beschwor einen Bund mit den Zwillingsraben von Hebron, und sie gelobte, ihre Liebe und ihren Zorn gleichmäßig zwischen beiden zu verteilen, so lange sie nur ihrem Willen gehorchten, und so baute sie eine Lade aus Zedernzweigen und bemalte zwei Steintafeln mit ihrem Schnabel, eine Steintafel aber war rot und stammte aus Kredom, die andere war golden und stammte aus dem Land der Ibisse, und Kreva nahm die Steintafeln und bewahrte sie in der Lade, und sie nannte die Lade “Bundeslade”. Um die Zwillinge voneinander zu unterscheiden band sie Rabael einen scharlachroten Faden um den Flügel und zeigte ihn seinem Rabenvater, dem König der Krähen und Raben. Rabam aber legte sie in einen Korb aus Weiden und übergab ihn den Wassern eines Baches, damit der König ihn nicht töte. Da fand die Dohle eines Dohlenklans den kleinen Rabam, und sie fütterte ihn und zog ihn groß.

Die Erste Kreva aber stellte durch ein Bad im Fischteich von Krebron ihr Jungkrähentum wieder her und verwandelte sich in die Tochter des Königs, die Zweite Kreva. Eines Tages, als Rabam erwachsen war, da tötete er einen Löwen und einen Bären, die ihn angefallen hatten, und er wurde zum König gebracht, der ihn bewunderte, jedoch von seiner Herkunft nichts wusste. Und der König befahl Rabam, eine furchtbare Schlange die mit ihrem Atem schon tausende von Vögeln getötet hatte, im Kampf zu besiegen. Rabam zog los, und er würgte die Schlange mit seinen starken Flügeln, schlug sie nieder und brachte sie dem König. Da wurde er in seinem Hause aufgenommen und war so eine Zeit lang mit seinem Bruder Rabael in Freundschaft vereint. Und es geschah, dass Rabam das Schwert des Königs ergriff, und er schlug diesem den Kopf ab und tötete ihn. Als Rabael sah, was geschehen war, flüchtete er aus Krebron und schwor Rache. Rabam aber wurde mit Terebinthenöl zum König von Krebron gesalbt, und die Vorbereitungen für das Hochzeitsfest wurden getroffen. Und es waren sieben ausgewählte Raben, die rangen die ganze Nacht mit Rabam, und sie besiegten ihn im Wettkampf, am Morgen aber lahmte er, und er hinkte und hakte im Flug und hatte einen lahmen Flügel. Da wurde er zu seiner Braut und Königin, der Zweiten Kreva, gebracht, und da das Hochzeitsfest begann, hielt er Beischlaf mit seiner Königin, und er vögelte auch mit ihren fünfzig Krähen. Eines Tages erschien Rabael, und er tanzte vor der Bundeslade und schlug mit den Flügeln und flehte um die Gunst der Königin. Sie aber lächelte gütig, als sie dies sah, und sie lud ihn in ihr Schlafgemach und gewährte ihm eine Liebesnacht. Daraufhin zog Rabael los und blendete Rabam mit seinem Schnabel, und er band ihn mit Weidenzweigen an die Terebinthe von Krebron und rupfte ihm die Federn vom Leibe, dann nahm er sein Schwert und schlug ihn in Stücke und vierteilte ihn. Und Rabael errichtete einen Kreis aus zwölf Steinen mit einem Altar in der Mitte, und er opferte Rabam der Königin. Und siehet, zwölf Raben aus Krebron aßen das Fleisch Rabams, die Schulter aber war Rabael vorbehalten.

Und als die Königin und Zweite Kreva sah, dass es geschehen war, da verhüllte sie sich mit silbernen Daunenfedern und verwandelte sich in die Dritte Kreva. Mit einem Totenschnabel beschwor sie Rabams Geist und holte ihn wieder zurück ins Leben, und während sie krächzte und sang, da legte sie ein Ei, und heraus schlüpften zwei junge Raben: nämlich Rabam, König und Rabe der Steineiche und Rabael, König und Rabe der Kermeseiche.

II DAS RABENREGISTER VON RABAM BIS RABOAH

darin die Nachfahren Rabams bis Raboah verzeichnet sind.

Als Rabam den Großen Schwarzen Raben erschuf, da machte er ihn nach seinem eigenen Bilde, und er schuf ihn als Rabe ohne Krähe. Und Rabam war 111 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich und nach seinen Federn, und nannte ihn Rabset; und er lebte noch 999 Jahre und zeugte Krähen und Raben, so dass sein ganzes Alter 1110 Jahre zählte und er schließlich verendete. Rabset aber war 105 Jahre alt und zeugte Rabenosch und lebte danach 894 Jahre und zeugte Krähen und Raben, so dass sein ganzes Alter 999 Jahre zählte und er schließlich verendete. Rabenosch aber war 90 Jahre alt und zeugte Rabalahel und lebte danach 909 Jahre und zeugte Krähen und Raben, so dass sein ganzes Alter 999 Jahre zählte und er schließlich verendete. Rabalahel aber war 191 Jahre alt und zeugte Rabdennoch und lebte danach 808 Jahre und zeugte Krähen und Raben, so dass sein ganzes Alter 999 Jahre zählte und er schließlich verendete. Rabdennoch aber war 66 Jahre alt und zeugte Rabmetuschalom. Und Rabdennoch flog und wandelte mit dem Großen Schwarzen Raben, und er lebte dennoch 299 Jahre und zeugte Krähen und Raben, so dass sein ganzes Alter 365 Jahre zählte. Und weil er Gott, dem Großen schwarzen Raben folgte und treu ergeben war, nahm dieser ihn hinweg, und er wurde nicht mehr gesehen. Rabmetuschalom aber war 199 Jahre alt und zeugte einen großen Raben und nannte ihn Raboah und sprach: Der wird uns trösten auf dem Acker, den der große schwarze Rabe verflucht hat. Danach lebte er 578 Jahre, so dass sein ganzes Alter 777 Jahre zählte und er schließlich verendete. Raboah aber war 500 Jahre alt, und er wurde ein Weinbauerrabe und zeugte Rabsem, Rabham und Rabafet.

Und siehet, als die Krähen und Raben unter den Vögeln sich zu mehren begannen, da sah der Große Schwarze Rabe, wie schön die Krähen der Raben waren, und er erzürnte sich vor Eifersucht und schickte wilde Kriegerraben in Scharen, und mit ihnen die Große Flut.

III DIE GROSSE FLUT

darin erzählt wird, wie der Große Schwarze Rabe sein Volk der Krähen und Raben mit einer Sintflut bestraft.

Den Großen Schwarzen Raben aber reute es, dass Rabam ihn gemacht hatte, und er sprach: Ich will die Raben, die mich erschaffen haben, vertilgen vom Himmel und von der Erde, vom Raben an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu allen Vögeln unter dem Himmel, denn es reut mich dass ich erschaffen wurde für den Himmel nur, und somit die Krähen auf Erden für mich immer unerreichbar sein werden. Raboah aber fand Gnade vor dem Großen Schwarzen Raben. Dies also ist seine Geschichte, die eines frommen Weinbauerraben ohne Tadel, denn er wandelte mit Gott am Himmel. Die Erde aber war verdorben, und frevelhafte Krähen, deren Schönheit dem Großen Schwarzen Raben missfiel, bevölkerten die Haine und Weiden und Äcker, und Gott sah auf die Erde, und siehet, sie war verdorben, denn alles Fleisch hatte seinen Weg verwirkt auf Erden und faulte. Da sprach Gott zu Raboah: Das Ende allen Fleisches habe ich beschlossen, denn die Erde ist voller Frevel von ihnen, du aber mache dir einen Kasten aus Tannenholz, mit Kammern darin und drei Etagen, und verpiche ihn mit Pech von innen und außen. Dreihundert Flügel sei die Länge, fünfzig Flügel die Breite und dreißig Flügel die Höhe. Denn siehe, ich will eine Große Flut kommen lassen auf Erden, zu verderben alles Fleisch unter dem Himmel. Alles, was auf Erden ist, soll untergehen. Mit dir aber will ich meinen Bund errichten, und du sollst in die Arche gehen mit deinen Rabensöhnen, deiner Krähe und mit den Krähen deiner Söhne. Und du sollst in die Arche bringen von allen Tieren, den reinen und unreinen, von allem Fleisch je ein Paar, Männchen und Weibchen, so dass sie leben bleiben mit dir. Von den Vögeln auch nach ihrer Art, von dem Vieh nach seiner Art und von allem Gewürm unter Erden nach seiner Art. Und Raboah tat alles, wie ihm befohlen wurde, und als er fertig war, sprach der Große Schwarze Rabe: Von heute an will ich es regnen lassen vierzig Tage und vierzig Nächte und vertilgen alles Lebendige von Erden.

Und es öffneten sich die Schleusen des Himmels, und alle Brunnen der Großen Tiefe brachen auf, und mit den Wassern des Regens kam schließlich die Große Flut. Die Wasser wuchsen unaufhörlich, und siehet, es regnete vierzig Tage und Nächte, da versammelten sich siebenhunderttausend sündige und lasterhafte Krähen und Raben um die Arche und riefen: Öffne die Tür und lass uns herein! Doch Raboah entgegnete: Habe ich euch nicht dringlich geraten, eure Krähen vor dem Angesicht des Großen Schwarzen Raben zu verhüllen, ihr aber wolltet nicht hören? Und sie antworteten: Jetzt aber bereuen wir, doch Raboah sprach: Es ist zu spät, und noch bevor die versammelten Scharen die Arche stürmen konnten, wurde diese von den Wassern nach oben gehoben, bis sie schließlich fünfzehn Flügel über dem höchsten Gipfel schwamm. Die Krähen und Raben aber versuchten sich in Bäumen oder auf Hügeln zu erretten und ertranken doch alle.

Als vierzig Tage vergangen waren, verschloss der Große Schwarze Rabe wieder die Schleusen des Himmels, und die Wasser der Großen Flut gingen zurück, die Arche aber blieb auf dem Gipfel des Bergs Arabat stehen. Und siehet, schon bald kamen alle Berge und Täler wieder zum Vorschein, da öffnete Raboah ein Fenster, und er befahl Rabanaan, einem weißen Raben, der ein Rabensohn und Nachkomme Raboahs war, auszufliegen und die Gegend zu erkunden, doch dieser erwiderte frech: Warum erwählst du mich für dieses gefährliche Unternehmen, da ich doch zu meiner Krähe gehöre und sie zu ihrem Raben und wir zu zweit sind, und warum verschonst du die Tauben, von denen es so viele gibt? Gelüstet es dich etwa nach meiner Krähe? Raboah aber entgegnete: Du schamloser weißer Rabe, selbst meine eigene Krähe war mir verboten, während wir uns in der Arche befanden! Darauf verschwand Rabanaan und versteckte sich unter den Flügeln eines Seeadlers, Raboah aber fand ihn und rief: Möge der Große Schwarze Rabe den Schnabel verfluchen, der solche Verleumdungen ausstößt! Rabanaan aber sprang zur Dachluke und machte sich davon, und er flog über die langsam trocknenden Hügel und Täler und erblickte überall Schlamm und Morast, und da er Hunger hatte, labte er sich am herumliegenden Aas und am Kadaver. Als er schließlich einen Olivenbaum entdeckte, ließ er sich darauf nieder, und er kehrte mit einem Zweig im Schnabel zur Arche zurück, da fand er Raboah trunken vor Wein, der schlief und wollte nicht erwachen; und Rabanaan nahm eine Erntesichel und schnitt Raboah die Schwungfedern. Und Raboah erwachte aus seinem Rausch und erfuhr, was ihm getan hatte sein jüngster Rabensohn. Da bestrafte er ihn, der ein weißer Rabe war, indem er seine Federn schwarz färbte. Und Raboah sprang auf und flog durch die Dachluke, und er sah das trocknende Land, und in der Ferne das Grabmal Rabams, des ersten Raben, da nahm er Steine mit seinem Schnabel und errichtete einen Altar und verbrannte darauf Opfergaben, und siehet, der Große Schwarze Rabe roch den süßen Duft und sprach: Auch wenn Krähe und Rabe lasterhaft sind und voller ruchloser Neigungen, will ich hinfort nie wieder die Erde mit Wasser zerstören und den Raben nie wieder verfluchen um des Raben Willen. Solange die Erde besteht, soll Saatzeit auf Ernte folgen, und Ernte auf Saatzeit, so wie der Sommer dem Winter folgt und der Tag der Nacht. Und der Große Schwarze Rabe segnete Raboah und alle Krähen und Raben und sagte: Seid fruchtbar und vermehret euch und füllet die Erde mit euren Nachkommen! Dann schlug er mit den Schwingen, und ein Regenbogen erschien am Himmel und zog über die Erde.