Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln

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Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln
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Dr. Susan Blum

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

THE IMMUNE SYSTEM RECOVERY PLAN,

A Doctor’s 4-Step Program To Treat Autoimmune Disease Copyright © 2013 by Susan Blum, M.D.

ISBN 978-1-4516-9497-0

First published in the US by Scribner, a division of Simon & Schuster, Inc, New York

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt; alle Angaben beziehen sich selbstverständlich auf Angehörige beider Geschlechter.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

VAK Verlags GmbH

Eschbachstraße 5

79199 Kirchzarten

Deutschland

www.vakverlag.de

7. Auflage 2019

© VAK Verlags GmbH, Kirchzarten bei Freiburg 2014

Übersetzung: Rotraud Oechsler

Lektorat: Frauke Bahle

Layout: Karl-Heinz Mundinger, VAK

Coverfoto: © Stauke – Fotolia.com

Umschlag: Kathrin Steigerwald, Hamburg

Satz & Druck: Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg

Printed in Germany

E-Book-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-86731-160-1 (Paperback)

ISBN 978-3-95484-318-3 (ePub)

ISBN 978-3-95484-319-0 (Kindle)

ISBN 978-3-95484-320-6 (PDF)

Inhalt

Vorwort

Einführung

Kapitel 1: Grundlagen

Teil 1: Die Bedeutung der Ernährung

Kapitel 2: Nahrung als Medizin

Kapitel 3: Praxis: So wird Ihre Nahrung zu Medizin

Kapitel 4: Rezepte für eine gesunde Ernährung

Teil 2: Die Bedeutung von Stress

Kapitel 5: Die Bedeutung von Stress verstehen

Kapitel 6: Praxis: Stress erkennen und bewältigen

Kapitel 7: Rezepte gegen Stress

Teil 3: Der gesunde Darm

Kapitel 8: Unterstützen Sie den Darm

Kapitel 9: Praxis: Sorgen Sie für einen gesunden Darm

Kapitel 10: Rezepte für einen gesunden Darm

Teil 4: Die gesunde Leber

Kapitel 11: Unterstützen Sie Ihre Leber

Kapitel 12: Praxis: So stärken Sie Ihre Leber

Kapitel 13: Rezepte für eine gesunde Leber

Teil 5: Infektionen und Autoimmun­erkrankungen

Kapitel 14: Die häufigsten Autoimmunerkrankungen und ihre Besonderheiten

Schlussbemerkung

Danksagung

Medien, die weiterhelfen

Literatur

Weiterführende Literatur

Rezeptverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Über die Autorin

Dieses Buch

ist den vielen Millionen von Menschen gewidmet,

die an einer Autoimmunerkrankung leiden.

Es ist für sie die Botschaft der Hoffnung.

„Wenn du die Richtung nicht änderst, könntest du dort ankommen, wo es dich hintreibt.“ Laotse

Hinweise des Verlags

Dieses Buch dient der Information über Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge. Wer sie anwendet, tut dies in eigener Verantwortung. Autorin und Verlag beabsichtigen nicht, Diagnosen zu stellen oder Therapieempfehlungen zu geben. Die hier vorgestellten Vorgehensweisen sind nicht als Ersatz für professionelle Behandlung bei ernsthaften Beschwerden zu verstehen.

Die vorgestellten Rezepte sind genau zu befolgen. Autorin und Verlag übernehmen keine Verantwortung für besondere gesundheitliche oder allergiebedingte Bedürfnisse, die ärztlich überwacht werden müssen, oder für Nebenwirkungen, die durch diese Rezepte auftreten könnten.

VORWORT
Der Weg aus einem Leben mit Schmerzen und Leid

Wovon sind mehr Frauen betroffen als von Herzkrankheiten und Krebs zusammengenommen?

Woran leiden 24 Millionen der amerikanischen Bevölkerung, doch für die Erforschung der potenziellen Ursachen stehen nur 5,4 Prozent des Budgets der US-Gesundheitsbehörde zur Verfügung?

Es ist die Autoimmunerkrankung.

Sie ist im Bewusstsein meist nicht präsent, denn sie hat so viele Gesichter. Rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Multiple Sklerose, Darmentzündung (Colitis), Diabetes, Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse) und Psoriasis – all das sind Autoimmunerkrankungen. Wir ordnen sie in verschiedene Schubladen, doch sie haben in Wirklichkeit eine gemeinsame Wurzel und je nach Alter, Geschlecht und genetischer Ausstattung ganz unterschiedliche Ausprägungen. Autoimmunerkrankungen ziehen nahezu jedes System des Körpers in Mitleidenschaft. Sie können das Nervensystem befallen – wie bei Autismus und möglicherweise auch bei Depressionen – oder die Gelenke und Muskeln, die Haut, die Hormondrüsen, das Herz und andere Organe. Zu einer Autoimmunerkrankung kommt es, wenn das Immunsystem die eigenen Gewebe angreift, anstatt fremde Substanzen, wie zum Beispiel Bakterien. Es gibt mehr als 100 Autoimmunerkrankungen und jeder, der an einer leidet, wird Ihnen sagen, dass das einen ungeheuren Einschnitt in Bezug auf die Lebensqualität bedeutet.

Die noch junge Wissenschaft – und ihre praktische Anwendung in der funktionellen Medizin – weist auf einige wenige grundlegende Ursachen autoimmuner Erkrankungen hin. Schulmediziner ignorieren jedoch die meisten und versuchen stattdessen, das Immunsystem mit schweren Medikamenten zu blockieren – den gefährlichen Nebenwirkungen zum Trotz.

Die Wahrheit ist jedoch, dass die grundlegenden Ursachen fast aller Autoimmunerkrankungen dieselben sind: Keime, Umweltgifte, Allergene, Stress und eine mangelhafte Ernährung. Beseitigt man diese grundlegenden Ursachen und unterstützt die optimale Funktionsfähigkeit des Körpers durch eine entsprechende Ernährung und Lebensweise, ist eine Genesung tatsächlich möglich.

Das hier vorliegende wegweisende Buch „Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln: Das 4-Schritte-Programm für ein gesundes Immunsystem“ von Dr. Susan Blum ist ein überzeugender Leitfaden zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Dr. Blum zeigt, wie Sie die grundlegenden Ursachen der Krankheit angehen und Ihr Immunsystem wieder ins Gleichgewicht bringen können. Sie weist Millionen von Menschen, die unnötig an einer Autoimmunerkrankung leiden, einen klaren und verständlichen Weg und bietet Lösungen bei der Ernährungsumstellung, bei Nahrungsergänzungen und Veränderungen in Bezug auf die Umgebung – Lösungen, die den Menschen helfen können, mit ihrer Erkrankung umzugehen und sie sogar zum Stillstand zu bringen. Dr. Blums Wunsch, auf diesem Gebiet Antworten zu finden, verstärkte sich, als sie selbst an einer Autoimmunkrankheit erkrankte – mit dem in diesem Buch beschriebenen Programm behandelte sie sich erfolgreich und ist inzwischen genesen.

Unser schulmedizinischer Behandlungsansatz bei Autoimmunerkrankungen besteht darin, die Immunreaktion mit hochwirksamen Medikamenten zu blockieren. Dazu gehören die nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Advil® (Ibuprofen) oder Aleve®, Steroide wie Prednison, Krebsmedikamente wie Methotrexat und neue Arzneimittel wie Enbrel®, Humira® und Remicade®, die die Wirkungen von TNF-alpha, eines starken Entzündungsmediators, abblocken. Doch diese neuen Medikamente fahren das Immunsystem so weit herunter, dass es zu einem erhöhten Risiko für Krebs oder lebensbedrohliche Infektionen kommt. Zudem haben sie häufige und schwerwiegende Nebenwirkungen und schaffen nur teilweise Abhilfe. Über einen kurzen Zeitraum eingenommen, mögen sie für manche Menschen lebensrettend sein, doch bei langfristigem Gebrauch tun sie nichts gegen die Ursachen der Krankheit.

Dr. Blum und ich verfahren nach den Grundsätzen der funktionellen Medizin, und sie führt uns zu den Ursachen des Problems. Wir haben Hunderte von Patienten mit Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandelt, indem wir uns um diese Ursachen – wie Toxine, Infektionen, Allergene, mangelhafte Ernährung und Stress – kümmerten. Ich habe sogar selbst von diesen Methoden profitiert. Das chronische Müdigkeitssyndrom trägt autoimmune Züge, und meine Bluttests ergaben eindeutig, dass mein Körper sich selbst angriff. Mit der Beseitigung meiner Quecksilbervergiftung verschwanden auch die chronische Müdigkeit und die Autoimmunprobleme.

 

Und das hat sich bei so vielen Patienten bewahrheitet. Immer finden Ärzte wie Dr. Blum und ich die genannten Ursachen – noch mal zum Einprägen: Toxine, Allergene, Infektionen, mangelhafte Ernährung und Stress. Wir kümmern uns darum und sorgen gleichzeitig dafür, dass der Körper wieder bekommt, was er zu seiner optimalen Funktion braucht – vollwertige, saubere Nahrungsmittel, Nährstoffe, Bewegung, Stressbewältigung, sauberes Wasser und Sauerstoff, Gesellschaft, Verbundenheit und Bedeutung.

Folgende Genesungsberichte können auch für Sie möglich werden.

– Ein zehnjähriges Mädchen kam mit einer Mischkollagenose (das ist eine Erkrankung des Bindegewebes) in meine Sprechstunde – Haut, Gelenke, Leber und Blut waren von verheerenden Entzündungen befallen. Der Versuch der Ärzte, ihre Symptome mit Mega-Dosen intravenös verabreichter Steroide und immunsupprimierender chemotherapeutischer Medikamente unter Kontrolle zu bringen, schlugen fehl. Niemand fragte nach dem „Warum“. Warum hatte sie all diese Entzündungen? Wodurch wurde die Überreaktion ihres Immunsystems verursacht? Sie wollten es einfach nur blockieren. Nach zwei Monaten Ernährung ohne Gluten und Milchprodukte, der Beseitigung der Überwucherungen mit Hefepilzen in ihrem Darm und des Aufbaus einer Ernährung mit vollwertigen Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungen ging es ihr spürbar besser. Nach einem Jahr hatte sie keine Symptome mehr, konnte auf Medikamente verzichten und ihre Antikörper sanken auf normale Werte. Dass eine Krankheit auf diese Weise zum Stillstand kommt, sieht man in der schulmedizinischen Praxis nicht, aber es ist nun durch dieses Buch von Dr. Blum für jedermann möglich.

– Eine Frau hatte eine entstellende Psoriasis, verbunden mit einer Psoriasisarthritis. Sie war 42 Jahre alt und nicht in der Lage Treppen zu gehen oder selbst in die Badewanne zu steigen, noch konnte sie richtig für ihre Kinder sorgen. Neun Monate nach Behandlungsbeginn – dazu gehörte eine glutenfreie Ernährung und das Meiden anderer Nahrungsmittelallergene, die Entfernung bzw. Ausleitung der Schwermetalle in ihrem Körper sowie die Wiederherstellung des Gleichgewichts ihres Immunsystems – kehrte sie in ihr Büro zurück und war nicht nur um fast 14 kg leichter (Entzündungen führen zu starker Gewichtszunahme), sondern vollkommen frei von Schmerzen und Psoriasis.

– Ein Mann litt jahrelang unter den blutigen Durchfällen und Schmerzen einer Colitis ulcerosa (einer schubweise verlaufenden chronischen Darmentzündung). Ernährungsumstellungen und verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der Verdauung halfen zwar, aber es ging ihm nie wirklich besser, bis wir die pathogenen Bakterien aus seinem Darm entfernten und ihn auf eine glutenfreie Ernährung setzten.

– Eine Patientin mit lähmender Müdigkeit, Multipler Sklerose und entzündungsbedingten kleinen weißen Narben auf dem Gehirn, war kürzlich fast vollständig von ihren Symptomen befreit, nachdem sie ihre Amalgamfüllungen entfernen ließ und sich einem umfassenden Entgiftungsprogramm unterzog. Und in ihrem nächsten MRT (Kernspintomografie) war von den weißen MS-Narben nichts mehr zu sehen!

Die Praxen in den USA, in denen mit funktioneller Medizin gearbeitet wird, helfen zahllosen Patienten, sich von ihrer Autoimmunerkrankung zu erholen. Hinter einer dieser Praxen steht die Visionärin Dr. Susan Blum – in ihrem Gesundheitszentrum hat sie schon Tausenden von Menschen zu einem besseren Leben verholfen. Der Ansatz, die (bereits genannten) Krankheitsauslöser zu finden und zu beseitigen und den Körper mit Nährstoffen, Kräutern und Präparaten mit der Vorsilbe „Pro“ wie Probiotika zu versorgen, ist zu einer Bewegung geworden und wird nun von Behandlern praktiziert, die in der Medizin an vorderster Front stehen. Diesen Ansatz nennt man funktionelle Medizin, durch sie fanden Zehntausende von Patienten in aller Welt Hilfe. Die wertvollen Erkenntnisse der funktionellen Medizin werden in „Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln: Das 4-Schritte-Programm für ein gesundes Immunsystem“ deutlich und sorgfältig beschrieben. Wenn Sie sich nach diesem einfachen und doch revolutionären Programm richten, können auch Sie zu den Ursachen Ihrer Autoimmunerkrankung vordringen, sie zum Stillstand bringen und sich Gesundheit und Wohlbefinden selbst zum Geschenk machen.

Die funktionelle Medizin gibt uns das Wissen und die Methoden. Jetzt müssen Sie beides nur noch anwenden.

Dr. med. Mark Hyman

West Stockbridge, MA

September 2012

Einführung
Erste Schritte: Eine neue Partnerschaft

In den USA greift zunehmend eine Epidemie um sich. Sie bemächtigt sich weder der Schlagzeilen in den Zeitungen, noch findet sie Eingang in die Abendnachrichten, doch es gibt sie und sie ist kräftezehrend und potenziell tödlich. Sie heißt Autoimmunerkrankung. Autoimmunerkrankungen gehören zu den am weitesten verbreiteten chronischen Krankheiten in den Vereinigten Staaten, von denen zurzeit geschätzte 23,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner betroffen sind. (Anm. d. Übers.: In Deutschland geht man von etwa 4 Millionen Erkrankten aus, das entspricht etwa 5 Prozent der Bevölkerung.) Daran sind mehr Menschen erkrankt als an Krebs oder Herzkrankheiten, doch die meisten wissen nicht einmal, was das ist. Diese mangelnde Kenntnis tötet uns – im wahrsten Sinne des Wortes. Es kommt zu starken Schmerzen, Invalidität und sogar zum Tod. Und was noch schlimmer ist, die meisten Menschen mit einer Autoimmunerkrankung ertragen ihre Symptome, weil die Schulmediziner entweder nicht herausfinden, was ihnen fehlt, oder nicht zur Ursache des Problems vordringen können.

Die Antwort darauf ist die funktionelle Medizin, ein medizinisches Spezialgebiet, das in den letzten zehn Jahren weiterentwickelt hat und sich darauf konzentriert, diesen chronischen Erkrankungen die Stirn zu bieten. Hier liegt die Hoffnung. Sie halten sie in Händen.

Warum ein Buch über Autoimmunerkrankungen?

Es gibt über 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen und allen diesen ernsten chronischen Krankheiten liegt ein Problem im Immunsystem zugrunde. Dieses Buch soll wachrütteln: Autoimmunerkrankungen sind heilbar, wenn man sie rechtzeitig erkennt, bevor es zu einem Fortschreiten mit starken Schmerzen, Funktionseinschränkungen oder Invalidität kommt. Die ersten Symptome könnten eine diffuse Müdigkeit sein, Muskel- oder Gelenkschmerzen oder ein quälendes Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Mit einfachen Bluttests kann bereits in diesem frühen Stadium eine Diagnose gestellt werden, und wenn Sie sich dann nach den Schritten in diesem Buch richten, können Sie Ihr Immunsystem wieder ins Gleichgewicht bringen – bevor das Gehirn, die Gelenke, die Schilddrüse, die Blutgefäße oder andere lebenswichtige Organe dauerhaft geschädigt werden. Leiden Sie schon seit geraumer Zeit an einer Autoimmunerkrankung und ist es bereits zu Gewebeschäden gekommen, verhilft Ihnen dieses Buch zu einem besseren Allgemeinbefinden; es zeigt Ihnen, wie Sie die Krankheitsauswirkungen tatsächlich umkehren können, und verhindert, dass sich Ihre Gewebeschäden verschlimmern. Als Ärztin kenne ich Autoimmunerkrankungen wie Morbus Basedow, rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Lupus erythematodes, Multiple Sklerose, Hashimoto-Thyreoiditis, Psoriasis, Alopecia areata, Vitiligo, Sjögren-Syndrom und Sklerodermie und andere schon lange. Doch als bei mir selbst eine davon diagnostiziert wurde, veränderte sich mein persönliches und berufliches Leben für immer.

Meine Geschichte

Zunächst möchte ich mich vorstellen: Ich bin Dr. Susan Blum, Fachärztin für Präventivmedizin und klinische Privatdozentin der Abteilung für Präventivmedizin an der medizinischen Fakultät Mount Sinai in New York City sowie die Gründerin des Blum-Gesundheitszentrums in Rye Brook, New York.

An der Universität wurde ich schulmedizinisch ausgebildet. Während meiner Facharztausbildung zur Internistin wurde mir jedoch schnell klar, dass ich mich nicht auf Krankheiten fokussieren wollte, ich wollte mich in erster Linie darauf konzentrieren, wie sie zu verhindern sind. Doch damals beschränkte sich die Präventivmedizin hauptsächlich auf Früherkennungstests und Programme im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Sie gehörte nicht zum ärztlichen Praxisalltag. Ärzte wurden einfach nicht darin ausgebildet, ihre Patienten bei Verhaltensänderungen zu unterstützen, zum Beispiel in Bezug auf eine gesündere Ernährung oder die Reduzierung von Stress. Ich wusste, dass ich als Ärztin einen anderen Weg einschlagen musste, also bemühte ich mich um Ausbildungsgänge bei Institutionen, die damals als „unkonventionell“ galten. Ganz besonders interessierte ich mich für die Beziehung zwischen Stress, Ernährung und Krankheit.

Ich wich vom etablierten schulmedizinischen Weg ab und wandte mich einer mehr ganzheitlichen Methode und einem sich abzeichnenden neuen Bereich zu, der als funktionelle Medizin bezeichnet wurde. Zuerst absolvierte ich ein Ausbildungsprogramm am Center for Mind-Body Medicine in Washington D. C., wo ich das Rüstzeug für dem Umgang mit Stress erhielt und lernte, den Auswirkungen von Stress auf den Körper gegenzusteuern. (Die Mind-Body-Medizin versteht den Menschen als eine Einheit aus Geist und Körper; Anm. d. Übers.) Am Institut für Funktionelle Medizin lernte ich, wie diese Prozesse durch die Nahrung beeinflusst werden – entweder in gesundheitsfördernder oder in krank machender Weise. Als ich damit begann, mein Wissen über Stressmanagement und Ernährung in der eigenen Praxis anzuwenden, sah ich selbst, wie diese Methoden den Menschen halfen, chronische Krankheiten zu verhindern und sie sogar zum Stillstand zu bringen. Diese beiden Konzepte – Prävention und Therapie chronischer Krankheiten – wurden zu meiner Leidenschaft und sind heute das Herzstück in meiner ärztlichen Praxis. Doch es gibt ein Gebiet, auf dem diese Methoden das Leben wirklich verändern: die Autoimmunerkrankungen.

Ich weiß das nicht nur deshalb, weil ich gesehen habe, wie meine Patienten davon profitierten, sondern auch, weil ich es am eigenen Leib erfuhr, als bei mir eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert wurde. Es begann vor mehr als zehn Jahren, als mich eine Freundin fragte, warum meine Hände so gelb seien. Das war mir bis dahin gar nicht aufgefallen, aber sie hatte Recht, und ich ließ sofort mein Blut untersuchen.

„Sie haben eine Hypothyreose“, sagte mein Arzt, als er die Laborergebnisse hatte. Ich? Ein Problem mit der Schilddrüse? Ich konnte es nicht glauben. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion bildet die Schilddrüse zu wenig Schilddrüsenhormone. Diese braucht der Körper unter anderem, um den Nährstoff beta-Carotin aus gelben und orangefarbenen Obstund Gemüsesorten in Vitamin A umzuwandeln. Weil er das nicht konnte, wurde das ganze beta-Carotin aus meiner gesunden Ernährung nicht richtig verarbeitet. Stattdessen sammelte es sich in meinem Körper an, und eines der Symptome waren meine gelben Hände. Rückblickend erkannte ich, dass es nicht das einzige war. Ich musste mich zum Beispiel wirklich sehr anstrengen, um nicht zuzunehmen, und oft war ich sehr müde. Aber damals begriff ich nicht, dass es sich bei diesen Symptomen um Anzeichen eines ernsthaften Problems handelte. Sie hatten so lange zu meinem Leben gehört, dass ich sie für „normal“ hielt.

Weitere Tests brachten noch mehr schlechte Nachrichten. Ich hatte eine Autoimmunerkrankung, die Hashimoto-Thyreoiditis. Mit anderen Worten, mein Immunsystem, normalerweise die körpereigene Abwehr im täglichen Kampf gegen Infektionen und eindringende Erreger, schützte oder verteidigte mich nicht mehr. Meine Immunzellen hatten sich vielmehr gegen die Schilddrüse gewandt und attackierten und schädigten sie, bis ihrem Bemühen, genug Schilddrüsenhormone zu bilden, kein Erfolg mehr beschieden war. Ich war schockiert. Ich ernährte mich seit Jahren vegetarisch, trieb regelmäßig Sport, machte Yoga, meditierte und war in einem starken, spirituellen Glauben verankert. In der Psychotherapie war ich meinen Dämonen begegnet und mit meinem Leben war ich eigentlich zufrieden. Da ich bereits alles tat, was ich für das Richtige hielt, war es für mich erschreckend, mit der Diagnose einer Autoimmunerkrankung konfrontiert zu sein. Ich war schließlich Ärztin und konnte daher einfach nicht glauben, dass etwas in meinem Körper vor sich ging, wovon ich lange Zeit keine Ahnung gehabt hatte.

 

Doch mein Hausarzt nahm diese bestürzende Nachricht gelassen. „Das ist keine große Sache“, sagte er. „Sie nehmen einfach Schilddrüsenhormone und alles ist gut.“ Keine große Sache? Für ihn vielleicht nicht, aber meine Intuition sagte mir, dass da etwas nicht stimmte. Mein Körper war aus dem Gleichgewicht geraten und ich wollte Antworten. Warum hatte ich diese Erkrankung? Und warum gerade jetzt? Um sie zu verstehen, beschloss ich, sie als Chance zu nutzen, um alles zu erforschen, was die etablierte und die nicht etablierte Medizin mir zu bieten hatten. Ich wollte keine Tabletten nehmen, die das Problem nur kaschieren würden – ich wollte keine „Symptommanagerin“ sein. Ich wollte in erster Linie wissen, warum es zu diesen Symptomen gekommen war.