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Rudolf · 2000 Biere
Michael Rudolf
2000 Biere
Der endgültige Atlas für die Bierwelt
4., überarbeitete Auflage, Münster 2005
© 2002 Oktober Verlag, Münster
Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung des
Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster
Alle Rechte vorbehalten
Satz & Umschlag: Roland Tauber & Tom van Endert
Herstellung: MV-Verlag
ISBN 3-938568-12-7
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
Vorwort
Es ist vollbracht. Mit diesem Buch halten Sie die nunmehr weltgrößte Sammlung selbstgetesteter Biere in Händen. Und einen nahezu repräsentativen Querschnitt der schillerndsten Gestade und verborgensten Winkel unserer Bierwelt sowieso. Auswahlkriterium war wie vorher schon die Verfügbarkeit: Was kann ich mir beschaffen, ohne kriminell zu werden oder den Biereinkauf zur Hauptbeschäftigung ganzer Jahrzehnte zu machen? Und wie viele Biere lassen sich über die nächsten Jahre in ihrer Entwicklung einigermaßen verläßlich beobachten? Um ganz Eiligen den Gebrauch zu erleichtern, habe ich die Markenbewertungen mit »Daumen hoch« und »Daumen runter« simplifiziert.
In Folge der Neuerungen um das Dosenpfand habe ich selbstverständlich auch alle einschlägigen Handelsmarken gestrichen. Nur zwei, drei Kandidaten mußten aus rein dokumentarischen Gründen verbleiben. Sie verstehen das.
Weder Morddrohungen, Beleidigungsklagen noch willkürliche Umbenennungen von Brauereien und Bieren haben verhindern können, daß der Atlas über die Jahre »the most selling german beer book« (Times) geworden ist. Waschkörbeweise Fanpost und Liebesbriefe mit den feinsten Anregungen und überzeugendsten Heiligsprechungen haben aber nicht verhindern können, daß es auch das meistgehaßte Bierbuch geworden ist. Ein großes methodisches wie methodologisches Mißverständnis von seiten vieler Brauer. Viele meiner Einschätzungen wurden freundlich nachgedichtet und frech plagiiert, einsichtige Brauereien suchten bierseelsorgerischen Rat, und einige der fluchbeladenen Panscher haben aufgeben müssen. Das klingt doch alles schön. Ist es auch. Über 20.000 verkaufte Bücher können sich nicht irren.
2.000 Biere. Der Atlas für die ganze Bierwelt fährt furchtlos in seiner Mission fort, eine nicht nur deskriptive, sondern vielmehr präskriptive Bierethik und -eristik zu postulieren. Was soll das Bier? Und was und wie soll Bier überhaupt sein? Streng subjektiv, versteht sich. Nach wie vor erfüllen nicht wenige Biere den Tatbestand der Körperverletzung. Viele drastische Äußerungen in diesem Buch sind daher nicht allein durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt, sondern auch durch die Pflicht zur Notwehr. Die Forderung nach wirklich gutem Bier sollte in die Charta der Menschenrechte aufgenommen werden, soviel steht für mich felsenfest. Denken Sie mal darüber nach. Am besten bei einem wirklich guten Bier.
MICHAEL RUDOLF im August 2005
Mein. Mund. Ist. Keine. Sickergrube. Das ist, zugegeben, kein schöner Einstieg in eines der wichtigsten Bücher unserer Zeit, aber ich bitt’ Sie. Aass Bock (6,5% ) hausiert mit einem Aromenensemble, dem man sich schlicht verweigern muß. Und das, liebe Leser, liegt keineswegs an dem verfänglichen Namen. Nein, das nicht. Oder doch? Oder nicht nur?
(Aass Bryggeri Drammen/Norwegen)
Strategisch klug nach vorne im Alphabet bugsiert hat sich Achel Blond Bier (8,0% ), damit auch Laienleser sofort erfahren, daß sie es hier mit der 1998 erfolgten, längst fälligen Reaktivierung einer alten Trappistenbrauerei zu tun haben, der sechsten in Belgien, der siebenten insgesamt. Jessas, das wurde auch Zeit. Willkommen im Buch.
(St. Benedictusabdij De Achelse Kluis Hamont-Achel/ Belgien) → Chimay, → La Trappe, → Orval, → Rochefort, → Westmalle
Adam Riese Urtrunk (5,6% ) geht gleich gut los. Mit einer trockenen, röstmalzigen Introduktion, dem Autor fehlen augenblicklich die Worte. Daß nach Adam Riese genau die sieben Körner Hopfen zusätzlich darin schwimmen, die aus einem normalen Frankenbier einen wahrhaftigen Urtrunk zaubern, ist voll und ganz im Sinn der Deduktion dieses Buches.
(Schwanenbräu Privates Brauhaus Ebensfeld)
Pikant, pikant: Adelscott (6,6% ). Zugleich Schloß und Residenzort des Whiskymalzbierreiches; überall errichtet das fleißige Malz kleine, pittoreske Türmchen und Erkerchen, und ein aufs Tausendstel paßgenauer Hopfen liefert die nötigen wasserdichten Kuppeln und Dachhauben dazu. Tja, → Henninger, so wird’s gemacht.
(Brasserie Adelshoffen Schiltigheim/Frankreich)
Adler Edel Export (5,4% ) kommt würzig. »Mild« gibt Leser Eugen Egner per Fangschaltung zu bedenken. Mild? Lieber Herr Egner, das Buch hat schon längst begonnen, die lesen alles mit. – »Also gut: würzig.« Hefe-Weizen und Dunkles Hefe-Weizen sind mit konstanten 4,9 Prozent erst mal zu dünn geraten, und womöglich ist eine Messerspitze zu viel Gewürznelke darin. In Sachen Adler Edel Hell (4,7% ) wurde gar keine Anstrengung unterlassen, Wohlgeschmack zu vermeiden. Und Pils (4,7%)? Dazu wollte sich auf der zweiten Seite noch niemand verbindlich äußern. Später vielleicht.
(Brauerei zum Adler Wassertrudingen)
Adler Filstal Pils (4,8% ) süßt kandiszuckrig, ein bißchen → Krombacher, ein bißchen → König, von jedem das Nachteilige, nicht ganz leicht, aber leicht zu vergessen. (Adlerbrauerei Altenstadt Karl Götz Geislingen)
Stellen Sie sich zehn Flaschen Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen (5,1% ) für den Abend bereit. Die erste ist immer die schwerste, nicht wie bei → Oettinger – da ist die nächste immer die schwerste. No shit! Eine der originellsten und originärsten Zeitreisen in die Geschichte der Bierbereitung, die erahnen läßt, daß hier edelste Kunst der Natur zu Hilfe gekommen ist. Geschmacksströmungen aus unterschiedlichsten Richtungen, fröhlich düst der Rauch wie von Fischwurst über sämtliche Gaumendistrikte, ein Anflug von Würzoliven und Shiitake-Pilzen, da lastet kein so patzigfetter (märzentypischer) Alkohol drauf. Und nach der letzten Flasche danken Sie den Heller-Brauern dafür, daß nur Hopfenextrakt drin ist. Es wären unweigerlich weitere zehn geworden.
(Heller-Bräu Bamberg)
Ahornberger Landbier Herb (4,8% ) dürfte besser als die meisten Pilsener sein, die ich kenne. Glanznah am Diamant. Heftiger und gut haftender Schaum. Hopfenblumig.
Große Anerkennung. Steigerung beim Feinen Ahornberger Weissbier (4,8% ) überhaupt nicht, beim Maibock (6,5% ) kaum, beim Landbier Mild (4,6% ) durchaus, beim dunklen Bärentrunk (5,1% ) sehr möglich, beim Ahornberger Festbier (5,4% ) sogar dringend nötig. (Private Landbrauerei Strößner Ahornberg/Konradsreuth)
→ Göltzschtal
Aichinger Spezialbier strahlt mittelgelb, aber ausgewogen, bald zu.
(Brauerei Drei Kronen Erwin Aichinger Heiligenstadt)
Aischgründer Lagerbier (4,7% ) ist kräftig, voll, jawoll. Und bitte den Backkarpfen nicht anbrennen lassen.
(Windsheimer Bräu Zu den drei Lilien Gutenstetten)
Aktien Pilsner (4,9% ) sieht sehr, sehr hell aus, mit geringfügigen Ungereimtheiten im Bukett. »Ich will ganz helles und bittres«, verlangte demgemäß der Wahlbayreuther Jean Paul. Wenig Aktion, obwohl, so schlecht stehen die Aktien auch wieder nicht. Nicht so schlecht, wie fürs Faßquell (4,8% ), der Bayreuther Interpretation des Hellen. Aktien Dunkel (4,9% ) läuft komplett aus dem Ruder. → Guinness läßt grüßen. Dafür läuft Markgräfin Wilhelmine Spezial (5,6% ) zu fürstlicher Form auf. Ausgezeichnet. Und raffiniert am Schluß plaziert, damit der Eintrag versöhnlich endet.
(Bayreuther Bierbrauerei Bayreuth)
Warum so bescheiden, Albrechts Messing ? Gold? Wäe es noch köstlicher, käme sogar Platin in Frage. Richtig fein. Meine Informanten waren hin und weg. Albrechts Kupfer hält die sherryfarbene Tönung bis zum Schluß durch, agiert komfortabel würzig und argumentiert beflissen im Altbiersinn. Schmeicheleinheiten für die Zunge.
(Brauhaus Joh. Albrecht Düsseldorf)
Aloysius (7,2% ) schmeckt wie dunkle Weiße, Alte Liebe (5,2% ) dagegen wie dunkler Weizenbock. Umgekehrt wäre richtig. Wie jetzt?
(Weissbierbrauerei Zum Kuchelbauer Abensberg)
Alpirsbacher Kloster-Weizen Kristallklar (5,2% ) mundet für diese Promenadenmischung recht forsch, in Ansätzen überzeugend, vielleicht hegemoniert die Säure a little bit zu viel, moniere ich schüchtern. Alpirsbacher Spezial (5,2% ) haut dafür richtig rein. Würde das Gros der Konkurrenz als Spitzen-Pilsener verkaufen. Aber da haben sie die Rechnung ohne Alpirsbacher Klosterbräu Pils (4,9% ) gemacht. Das nämlich ist der auf Flaschen gezogene Hopfenhimmel über windgeschützten Schaumterrassen. Ein Glückspils, juhuu! Ich habe den Rest des Abends immer zwischen Spezial und Pilsener gezappt. Es ist dann noch recht spät geworden. Beziehungsweise recht früh.
(Brauerei C. Clausner Alpirsbach)
Alt-Marburger Schwarzbier (5,0% ) wäre durchaus vertretbar, trotz eines Odeurs, für den jeder Trinkertisch weiträumig abgesperrt werden müßte.
(Marburger Spezialitäten-Brauerei Klaus Rauh)
Ein ehrlicher Durstlöscher ist Alt Neunkirchner Landbier (4,8% ), sonst hingegen eine alarmierend laue Hopfenveranstaltung. Die Pils-Zugabe (4,8% ) kann den müden, fast geplagt wirkenden Gesamteindruck nur um unerhebliche Details nach oben korrigieren. Ich bin dann lieber ge gan gen.
(Brauerei Georg Polster Neunkirchen am Brand)
Alt Vollbier (4,5% ) – ein mitteldunkles Vollbier altfränkischer Schule, straff, nicht so exzeptionell gehopft, wie man hätte erwarten können.
(Brauerei Alt Dietzhof)
Altbayerisches Hefe-Weissbier (5,3% ) ist »ein spritziges, helles Hefe-Weissbier mit feiner Reinzuchthefe, in der Flasche vergor …« O je, jetzt habe ich aus Versehen, wie die sauberen Kollegen Höll & Kaulhuber, den Etikettentext abgepinselt. Seltener Fall, wo der Zettel nicht schwindelt.
(Löwenbrauerei Passau)
Altenburger Höhlerbier Privileg (5,2% ) bietet seichtunreine Duftnoten, wenig Schaum, dafür seidigen Glanz. Doch zu finster, daher das Malzaroma overdressed. In der Tat höhlig, nach Keller schmeckend, gruftig. Altenburger Maibock (6,5% ) zeigt ansprechende Ansätze. Hier vielleicht noch etwas üben. Trügerischen Halt am → Leikeimer Kratzhopfenpneuma sucht Altenburger Premium (4,9% ). Kann ja nicht gutgehen. Mit Pilsener tat man sich in Altenburg schon immer schwer. Auch für ein durchschnittliches Altenburger Lager (4,9% ) greifen die Fähigkeiten prinzipiell zu kurz. Altenburger Schwarze (4,9% ) selbst für ein Dunkles in der Generaltendenz untauglich, zu kratzig, zu bockig, zu großsprecherisch mit seiner Hallertauer-A-Hopfen-Koketterie.
(Brauerei Altenburg)
Das »Erlebnisbier« Altenmünster Steinbier (4,9% ) schien röstelrot auf, im Geschmack dem visuellen Eindruck just folgend. Bei einiger Überlegung evozierte das spezielle Verfahren (Erhitzung der Würze mit heißen Wackersteinen unter Ausnutzung des Karamelisierungseffekts; das Jungbier wurde mit eben diesen Steinen »aufgekräust«) sensationelle Steinigkeit. Laien mochte der Geruch nach Regentonne abhalten. War dennoch nicht ohne Rauch und Reiz. Die Produktion wurde still und heimlich eingestellt. Ein Altenmünster Steinweizen (4,9% ) gibt es demzufolge auch nicht mehr. Nur ist da von der Weizensache nicht mehr viel zu erkennen gewesen. Altenmünster Brauerbier Urig würzig (4,9% ) ein typischer Fall für die Unsicherheit-beim-Pils-dann-bitte-beim-Export-nachkontrollieren-Eselsbrücke. Ungewöhnlich souverän für ein Export. Im Zweifel für den Kläger: Altenmünster Brauerbier Urig herb (4,9% ). Altenmünster Brauerbier Urig schwarz (4,9% ) dito. Oberdorfer Weissbier Hell und Dunkel (je 4,8%) sowie Kristallweizen (4,5% ) nach wie vor ohne fundierte Bewertung. Das siphonierte Franz Joseph Jubelbier (5,5% ) allerdings muß es nicht geben. Wirklich nicht.
(Sailerbräu Marktoberdorf)
Alter Dessauer Original blinzelt sehr harmonisch und freundlich. Sonniges Biergartenbier. Alter Dessauer Edles Pils würde ich öfter drinnen trinken. Frisch. Angenehm, wird noch besser zum Ende. Am besten ist und bleibt das sehr hefehopfenspritzige Alter Dessauer Zwickelbier . Großes Lob.
(Brauhaus Zum Alten Dessauer)
Altmühltaler Hell (4,8% ) wurde trotz Umbenennung sofort an Erbswurst und ranzigem Wacholder erkannt. Ohne apokryph an Bier erinnernde Nebentöne. Ferner Altmühltaler Gold-Export (5,8% ) mit minimen Abweichungen. Geben Sie noch ein Prozent Alc. hinzu, und die Gefahr der Selbstentzündung in der Flasche ist nicht mehr ausgeschlossen. Anders beim Altmühltaler Pils (4,8% ), da konnte nur im Mischungsverhältnis 1:10 mit → Tuborg ein wenn auch partiell mißglückter Versuch des Hinunterschluckens anberaumt werden. Wie genau das vonstatten ging, weiß ich bis heute nicht, ich weiß aber die endgültige Beantwortung der unter → Oettinger aufgeworfenen Fragestellung. Offensichtlich hat die Hölle eines ihrer Mundlöcher in Treuchtlingen. Anstatt die eigenen Ausgeburten für sich zu behalten, wird der Höllenspeichel auf Flaschen gezogen und via Getränkemarktkette nach einem diabolischen Gießkannenprinzip über Land verstreut. Gnade.
(Schäffbräu Treuchtlingen) → Vestvyen
Altstadt Hell (4,8% ) lacht erfrischend füllig und komplex, die Hopfenadditive fein abgemischt.
(Brauhaus Döbler Bad Windsheim) → Füchschen Alt, → Singer Bier
Gewährsmann Wojciech, der mich mit Amber Red (7,0% ) versorgt hat, mailt seit neuestem in immer kürzer werdenden Abständen »are you alive and well?« Er wird sich Sorgen machen, berechtigte Sorgen. Jedoch beim A kann man noch einiges verkraften.
(Browar Bielkówko Gdanska/Polen)
American Beer (4,35% ) paraphrasiert keine unterdurchschnittliche Begabung und somit eine tatsächlich unamerikanische Beschaulichkeit und Fruchtigkeit. – Hä? (Pittsburgh Brewing Co./USA)
Amstel Pils (5,0% ) – die ungarische Lizenzausgabe von → Heineken – verfügt über einen Makel: Der Schaum will Bier werden, schnell sogar. Sonst erinnert A. an, ja, woran denn: an, nicht lachen! → Samuel Adams Boston Lager. Immerhin. Das Können ist da. Die Hausmarke Talléros Világos (5,0% ) indes stößt mit einem fremden Mais- und Hopfenodium eher ab, um nicht zu sagen: hier ist bestimmt der Schankbierteufel am Machen.
(Amstel Sörgyár Komárom/Ungarn) → Mützig
Anchor Steam Beer (4,8% ) steht unter Hopfenvolldampf. Auch wenn der Schaum etwas gedämpft ist, fallen mir zum Vergleich nur beste Adressen ein. → Falkenberger Zoigl, zum Beispiel. Es stimmt einfach alles: vollgelb beleuchtet die Flüssigkeit die Umgebung freundlicher Trinker, die Mälze ergänzt sich optimal mit der inhärenten Dampfbittere. Und mit seinem bierschwangeren Odem kann man die Oberfläche der Erscheinungswelt mit angenehmsten Fröhlichkeitspartikelchen bedämpfen.
(Anchor Brewing Co. San Francisco/USA)
Andechser Doppelbock Dunkel (7,1% ) äußert sich zwie- bis trispältig, einiges kann gefallen, vieles nicht. Unter Letzterem rubriziert sei mit Nachdruck ein desolates Geschmacksknäuel aus der Hopfenwiederaufbereitungsanlage. Andechser Dunkel (4,9% ) richtet auf ein Denkmal dem großen Ennui, Andechser Hell (4,8% ) verfolgt das ganze Gegenteil. Damit hat Gott seine Sprinkleranlage aufgefüllt und die Gegend um das Kloster sicher erst urbar gemacht. Andechser Spezial Hell (5,9% ) gibt den fließenden Übergang zum Bockgefilde, aber deutlich sympathischer, die Alkoholstärke kaum spürbar. Andechser Weissbier Hefetrüb (5,5% ) wirkt noch sympathischer. Außerdem wird der international sehr bekannte Gasttester Jürgen Roth in wenigen Seiten ein Gasttestergebnis, nämlich für → Hütt Pils, beisteuern.
(Klosterbrauerei Andechs) → Ettaler, → Weltenburger
Anheuser Busch Michelob (5,0% ) entstammt dem weltgrößten Brauereikonzern. Was nichts heißen muß. Die brauen auch nur mit Wasser. Mit viel zu viel. Hat seinen Namen einer böhmischen Stadt nahe Saaz entlehnt, ohne Ansätze orts- und brauspezifischer Kongruenzen vorweisen zu können. Zu seinem Glück wird in Michelob nicht mehr gebraut. So darf Michelob allerwärts Michelob heißen – und nicht, was angemessen wäre, »messingfarbenes Gurkenwasser«. Majonäsigbräsig rumpelt es umher, eine frühvergreiste Schaumdemonstration. Weltweites Projekt der Hopfenkastratenbewegung, das Hopfenaroma wie zugelaufen. Man könnt’ in die Gläser heulen. Und »was läuft so in der B-Ebene« (F. W. Bernstein)? Anheuser Busch B muß das Budweiser außerhalb der Staaten heißen, weil die US-Markenbezeichnung Budweiser mit allem Fug und vornehmlichem Recht von der gleichnamigen tschechischen Brauerei beansprucht wird. B bringt es auf eine rätselhaft glatte Alkoholfünneff, hält dann wenigstens in Teilen, was sein Maulheldenkollege verspricht. Da steigt bei Windstille sogar eine feine Hopfenrauchfahne auf.
(Anheuser-Busch St. Louis/USA)
Indiens Biergottheiten betrachten ihren Schutzbefohlenen Anokhi (5,2% ) durch eine Handvoll verschmierter Schaumlupen, Wahrnehmungsschwierigkeiten sind da programmiert – der den anfangs resolut auftretenden Hopfenduft umkrallende süßlichfruchtige Touch wäre ihnen sonst längst aufgefallen.
(M. M. Breweries P./Indien)
Antalya Pils (5,0% ) flutet einen El Niño aus Mais um die Erdenkrümme. Saum, haha, Gesmak nullnull. Turkismann nix gutt brau Pülls. Fummf Prosent Algohol – da lacht Huhn.
(Antalya Biracilik/Türkei)
Apoldaer Glocken Pils (4,8% ) und seinen Kellergeschmack habe ich mit kaum beginnen wollender Begeisterung registriert. Guter Hopfen war nur auf der Durchreise. Mit Mach 3. Ganz und gar nicht glockenhell erbimmelt Glocken Hell (4,5% ), richtiger wäre das grünspanige Büßerglöcklein. Gambrinus Pils hat 4,9 Prozent und schon eine Kohle zugelegt, zeigt eine Schaumlehrvorführung, wohingegen das Etikett aufs beste geeignet erscheint, in verteilten Rollen und mit Rhythmuscomputern unterlegt vorgerappt zu werden. Apoldaer Pils Spezial Domi (5,0% ) bietet viele Worte um viel Geschmack (ehemals Dominator und 5,2), während im Glockengießer Urtyp (5,0% ) die Zukunft liegen könnte. Malziger, dunkler, whiskeyfarben, drückt den Kellerdominator an die Wand. Krönend der apflige Maibock an der 6,2 Prozent-Marke, → auch Shipyard Ale. Trinken Sie die Biere in dieser Reihenfolge, dann kommen Sie heil wieder raus.
(Vereinsbrauerei Apolda)
Apostelbräu Dinkel naturtrüb (4,8% ) ist als obergäriges Weizenbieräquivalent vollkommen untauglich. Vom Säuredogma geknebelt, wird das Fruchtflehen des Dinkels kaum erhört (Fruchtflucht?), die Rezens ist mit Rosenkranzbeten beschäftigt, und anstatt des so bitter nötigen Hopfens erkenne ich nur eine riesige Tonsur.
(Apostelbräu Hauzenberg)
Arco Urfass (4,9% ) bietet ein mildes, helles Bier an. Die Dunkle Weiße (4,7% ) eine würzige Variante, bei der außer saurer Erdbeere kaum fruchtige Komponenten aufzuspüren waren. Die bräuchte es mindestens. Und einen stabilen Schaum. Die Urweiße (5,1% ) versöhnt wieder mit ihrem schweren cashewkernigen Charakter.
(Arco Bräu Moos)
Årgangsøl 2000 (10,6% ) trägt die Abfüllnummer 4499678 und das Gütesiegel »Skatteklasse 4«, ist vollbierfarben, erzeugt jedoch Schüttelhaut und Gänsefrost und bleibt (wie der ganze Milleniumsrummel) eine Überflüssigkeit. Schade um den wertvollen Alkohol.
(Wiibroes Bryggeri Helsingør/Dänemark)
Asahi Super Dry (5,0% ) befremdet mit reichlich limonadigem Anflug, ziemlich stromlinienförmig. Hopfen- und Malzlinie treffen sich in der Unendlichkeit der Mineralwassermeere.
(Asahi Breweries Ltd. Tokyo/Japan)
Ist der ewige Gegenspieler Astra Pilsener (5,0% ) nun besser als sein Pendant → Holsten? Aber jein. Eine neue Dimension Ausgewogenheit wird hier praktiziert, daß es eine Wohltat ist. Folgt ein »mildwürziges« Astra Urtyp (4,9% ), dem von mir zu bescheinigen wäre: zu mild, zu wenig würzig, ein Nachtrünkchen allenfalls. Wenn man schon dem Namen Urtyp die Ehre geben will. Astra Exclusiv Export (5,2% ) ist so lala, liegt viel in Hamburger Grünanlagen herum. Nach Möhre. Dübels Brücker Dunkel (4,9% ) pfeift und klingelt zwischen Export und Malzbier umher und kann sich schwer entscheiden. Doch Ratsherrn Premium Pilsener (4,8% ) wetzt alle Scharten wieder aus, weniger vordergründig, strategisch günstiger gehopft. Das paßt sogar zu Fisch.
(Bavaria-St.-Pauli-Brauerei Hamburg)
Ehrfürchtig nähert man sich dem großen Auer Dunkel (5,2% ). Hey, wie werden die Hallertauer im Direktvergleich mit → Spalt und → Tettnang abschneiden? Ich mach’s nicht unnötig spannend: Ihr Dunkel haben die Brauer selbst als disqualifiziert erkannt und aus dem Rennen genommen, und Pils (4,9% ), hm, das Pilsener schafft mühelos einen dritten Platz.
(Schloßbrauerei Au Hallertau)
Die müden Malzgelenke von Auerhahn Pils (4,9% ) und Export (5,0% ) sind mit prima Hopfenöl eingecremt. Man staunt Brauklötzer.
(Auerhahn Bräu Schlitz)
Aufsesser Dunkel (4,7% ) schlägt eintönig an, mit einer deplazierten Bittere auf brown-ale-farbigem Grund. Das aufsässigverschwommene Geschmacksbild von Hefe Weizen (5,1% ) murrt reduziert malzig. Andere Interpretationen läßt es nicht zu. Premium Pils (4,9% ), wie seine verruchten Kollegen aus der »nostalgischen Bügelverschlußflasche«, mit einem Waldmeisterlimonadenetikett und netten Grüßen aus dem verkrusteten Senfkübel. Lange wurde in Verkosterkreisen hin und her überlegt: Kann das schmecken? Will das schmecken? Resignierendes Resultat: Muß das überhaupt schmecken? Was sie gut können und demnach hinreichend für einen konzilianten Schluß wäre: ein lakritziges Festbier (5,1% ) und das um eine freundliche und ergo verständlichere Hefedominanz bemühte Zwicklbier (5,1% ).
(Privatbrauerei Rothenbach Aufseß)
Vom Augustiner EdelstoffExportbier (5,6% ) kriegt der Münchner nasse Zungen: clever dislozierte Hopfenpartikel, darum angenehme zart metallische (leichte!) Süße, wie überhaupt das Getränk sehr, sehr leicht, fast schwerelos wirkt und uns auch macht. Oktoberfestbier (6,0% ) ist eine klitzekleine Strafe dafür, daß man sich aufs Septemberfest begibt. Wie Gerhard Strunz rührend ehrlich bestätigt, merkt man das Zuviel viel zu spät.
(Augustiner Bräu München)
Augustiner Klosterbräu Classic (4,8% ) blitzt, wir halten uns fest, nicht nur hopfenhell, sondern »typisch hopfenhell«. Die Frage sei erlaubt, ob der Hopfen tatsächlich der Farbgebung tatgeneigt gegenüber steht. Solche Fragen muß man heutzutage in dieser Gesellschaft wieder stellen dürfen. Eine schöne → Köstritz-Coverversion ist Augustinus Schwarzbier (4,8% ): jedoch »typisch dunkel« und Flaschendesign wie Johannisbeerliqueur.
(Eschweger Klosterbrauerei)
Sie können nachkucken, wo Sie möchten – selbst in diesem Buch –, der Ayinger Celebrator (6,7% ) ist, geht es um die führenden Starkbiere dieses Universums, omnipräsent. Mit gutem Recht. Der Schaum ein »flüssiger Pelz« (D. DeLillo). Der im schweren Alkoholkontext verständlicherweise flüchtig skizzierte Hopfen agiert im Hintergrund, nicht nur weil die Röstmalzzuckerdaten nach Strich und Faden sämtliche Speicherkapazitäten meiner Zunge belegen. Ich habe mir insgeheim noch eine zweite gewünscht. Ein Grandiosum. Aufrichtig gebessert hat sich Altbairisch Dunkel (5,0% ) zu, auch die Ayinger Bräu-Weisse (5,1% ) bestätigt dies. Ayinger Bräu Hell (4,9% ) glänzt erstaunlich hopfenherb für ein Hell und gibt ein er- und einträgliches Tischbier ab. Ayinger Jahrhundert-Bier (5,5% ) – »ein helles Exportbier« mit Schönschaum wie Wackelpudding – spitzt die Hopfenfrage deutlich zu. Und endlich Ayinger Ur-Weisse (5,8% ) geht hopfenaromatisch und -sensorisch stürmisch in Vorleistung. Zu den üblichen Weizenepitheta werden Ananas und bioaktiver Koriander addiert. Visuell sind sämtliche möglichen Farbabstufungen von Augustvollmond bis Gebirgsblütenhonig vertreten, und eine offene Flasche stelle ich mir gerne als Dufttanne in meinen virtuellen Rachenraum.
(Brauerei Franz Inselkammer Aying)