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II. Abschluss des Lizenzvertrages

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Der Vertragsschluss ist nach den §§ 145 ff. BGB zu beurteilen. Dies bedeutet, dass der Lizenzvertrag durch einen Antrag (Offerte) und die unveränderte Annahme dieses Antrages zustande kommt.4

Der Lizenzvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit grundsätzlich keiner bestimmten Form. Die Vertragspartner können ihn auch mündlich schließen; u.U. kann die Einigung sogar durch konkludente Handlung herbeigeführt werden. Dies dürfte jedoch bei Lizenzverträgen kaum in Betracht kommen.

An der fehlenden Formbedürftigkeit der Lizenzverträge hat sich auch durch die Bestimmung des § 34 GWB a.F., der aufgrund der 6. GWB-Novelle seit 1.1.1999 nicht mehr gilt, nichts geändert. Lediglich wenn Vereinbarungen getroffen wurden, die kartellrechtlich relevant waren, musste der Vertrag schriftlich geschlossen werden,5 und zwar der gesamte Vertrag6 und nicht nur die beschränkenden Bestimmungen.7 Unabhängig davon wird und wurde in der Praxis in aller Regel ein schriftlicher Vertrag angefertigt. Dies ist schon wegen des Umfanges der meist komplizierten Regelungen erforderlich. Bei den schwerwiegenden Auswirkungen, die ein Lizenzvertrag mit sich bringen kann, und wegen der besonderen Schwierigkeit der Materie empfiehlt es sich daher generell dringend, den Vertrag nur schriftlich abzuschließen. Haben sich daher die Vertragsparteien bei einer Verhandlung über den Vertragsinhalt geeinigt und sind sie übereingekommen, das Vereinbarte schriftlich zu fixieren, so hat der Lizenznehmer bei der schriftlichen Abfassung des Vertrages auch mitzuwirken.8

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Darüber hinaus sind besondere Formvorschriften – ggf. auch bei Verträgen mit ausländischen Vertragspartnern – zu beachten. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz sind zwar für den deutschen Vertragspartner, abgesehen von wenigen Ausnahmen, Lizenzverträge mit ausländischen Partnern nicht genehmigungspflichtig.9 Die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen können jedoch besondere Formerfordernisse wie Genehmigungsvorbehalte und Meldeverpflichtungen vorsehen, und zwar unabhängig davon, welches Recht auf den Vertrag Anwendung findet.10 Neben den ehemaligen Ostblockländern handelt es sich hier insbesondere um südamerikanische und asiatische Länder.11

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Bedarf der Lizenzvertrag bei derartigen Auslandsverträgen einer behördlichen Genehmigung, die durch den Lizenznehmer zu erwirken ist, so ist dieser verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Verschiedentlich wird eine ausdrückliche Verpflichtung hierzu in den Vertrag aufgenommen. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass sie nur einen beschränkten Wert hat. Der Nachweis, dass die Verweigerung der Genehmigung darauf zurückzuführen ist, dass der Lizenznehmer nicht die erforderlichen Anstrengungen unternommen hat, um die Genehmigung zu erlangen, oder deren Erteilung, was nicht selten ist, hintertrieben hat, ist meist nicht zu führen. Es ist daher vor Vorliegen einer Genehmigung besondere Vorsicht geboten, insbesondere, was die Übergabe von Unterlagen und detaillierte Informationen des Vertragspartners betrifft.

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Eine besonders problematische Situation kann sich auch dann ergeben, wenn die Stelle, die den Auftrag erteilt, und diejenige, die ihn genehmigen muss, identisch oder nahezu identisch sind. Dies ist insbesondere in den Ländern der Fall, in denen sich der Staat als Unternehmer betätigt. Wollen die staatlichen Unternehmen aus irgendwelchen, nicht von vornherein ersichtlichen Gründen von den Abmachungen loskommen, so braucht nur die Genehmigung verweigert zu werden. Es erscheint daher zweckmäßig, dass sich der Lizenzgeber nicht auf die Mitwirkungspflicht des Lizenznehmers und die Fairness der Behörden verlässt, sondern das Inkrafttreten des Vertrages und damit auch die Übergabe der Unterlagen usw. vom Vorliegen der erforderlichen Genehmigung abhängig macht.

4 Dem eigentlichen Vertrag kann auch eine Geheimhaltungsvereinbarung, ein Vorvertrag und/oder eine Absichtserklärung („letter of intent“) vorausgehen; siehe z.B. Blaurock, ZHR 1983, 334; Bartenbach, Rn. 378 ff.; Kurz, Mitt. 1997, 201 ff.; Lutter, passim; OLG München, 18.11.2004, ZUM 2005, 838 ff. 5 Vgl. BGH, 3.6.1958, GRUR 1958, 565, einschl. Urteilsanmerkung von Fischer, GRUR 1959, 124; BGH, 24.2.1975, GRUR 1975, 498, ebenfalls mit Anm. von Fischer, GRUR 1975, 500; BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768; OLG Düsseldorf, 9.7.1991, WuW/E 1992, 363 ff. „Der Gemüseprofi“; BGH, 23.6.1992, ABl. EPA 1993 Heft 1–2, 88 „Magazinbildwerfer“ zur Form der Übertragung einer europäischen Patentanmeldung = GRUR Int. 1993, 548 ff. = EuZW 1993, 104 = CR 1993, 150 = NJW 1993, 69 ff.; BGH, 7.7.1992, NJW 1992 Heft 51, VI, zur Form des Änderungsvertrags = GRUR 1993, 149 ff. = CR 1993, 205 ff. m. Anm. von Brandi-Dohrn zu Softwareüberlassungsverträgen, und Odersky, GRUR 1994, 764; OLG Frankfurt a.M., 28.1.1993, GRUR 1994, 76 f. „Trucking-Vertrag“; OLG München, 15.7.1993, WuW/E 1994 Heft 1, 45 ff. „Kinowerbung“; OLG Karlsruhe, 8.6.1994 WuW/E Heft 1, 52; OLG Stuttgart, 5.7.1994, WuW/E Heft 1, 53; OLG Frankfurt, 24.6.1996, CR 1995, 81; BPatG, 12.4.1995, GRUR 1996, 480 f.; BGH, 14.1.1997, GRUR 1997, 543 ff. „Kölsch-Vertrag“; BGH, 11.3.1997, 482 ff. „Magic Print“. 6 BGH, 8.6.1967, BB 1967, 902; vgl. auch BGH, 14.1.1997, GRUR 1997, 543 ff.; BGH, 11.3.1997, GRUR 1997, 482 ff. = NJW 1997, 2954 f.; BGH, 6.5.1997, GRUR 1997, 781 ff.; BGH, 17.3.1998, GRUR 1998, 838 ff.; BGH, 2.2.1999, NJW 1999, VIII; BGH, 9.3.1999, GRUR 1999, 602 f.; BGH, 14.3.2000, CR 2000, 816; BGH, 11.12.2001, GRUR 2002, 647 f.; BGH, 16.4.2002, GRUR 2002, 915 ff.; BGH, 24.9.2003, Mitt. 2004, 92; OLG Hamburg, 17.10.2002, Mitt. 2004, 367; Bunte, BB 1998, 1600 ff., zur Aufhebung des Schriftformerfordernisses nach § 34 GWB. 7 Vgl. dazu näher Rn. 541 f.; zum Bereicherungsausgleich bei formunwirksamem Lizenzvertrag BGH, 17.3.1998, WRP 1998, 780 ff.; BGH, 14.3.2000, WRP 2000, 766 ff., und Jestaedt, WRP 2000, 899 ff. Zur zu bejahenden Anfechtbarkeit eines Patentlizenzvertrags, den ein Erfinder als Lizenzgeber abschließt, obwohl er nicht Inhaber der lizenzierten Patentanmeldung ist und auf diesen Umstand nicht hingewiesen hat LG München I, 13.5.2009, GRUR-RR 2010, 138. 8 BGH, 24.2.1975, GRUR 1975, 498; BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768; siehe zur formwidrigen Vereinbarung einer Mindestlizenz OLG München, 10.1.1985, „Steinmetzbrot“, WuW/E 1985, 917, mit einem guten Überblick bzgl. Literatur und Rechtsprechung zum Schriftformerfordernis gem. § 34 GWB a.F. 9 Vgl. dazu unten Rn. 435 f. 10 Vgl. dazu im Einzelnen Grützmacher/Laier/May, passim ab S. 82 ff. 11 Vgl. für asiatische Staaten nur Heath/Kung-Chung Liu, passim.

III. Nichtigkeit von Lizenzverträgen

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Selbst wenn sich die Vertragspartner einig sind und einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben, kann die getroffene Vereinbarung nichtig sein. Nichtigkeit liegt insbesondere vor, wenn der Vertrag gegen die guten Sitten12 oder gegen ein gesetzliches Verbot13 verstößt. Auf die Fälle, in denen das Geschäft nichtig ist, weil ein Vertragspartner geschäftsunfähig ist, braucht hier – als vor allem theoretischer Sonderfall – nicht weiter eingegangen zu werden.

1. Verstoß gegen die guten Sitten

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Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt bei Wuchergeschäften vor.14 Zu denken ist hierbei vor allem daran, dass ein Lizenznehmer die Notlage eines Erfinders ausnutzt und sich ein Lizenzrecht gegen eine unangemessen niedrige Gebühr einräumen lässt, oder daran, dass der Lizenzgeber eine Monopolstellung in unzulässiger Weise ausnutzt, um unangemessen hohe Lizenzgebühren zu erhalten. Dabei erfordert die Anwendung der Vorschrift des § 138 BGB allerdings nicht einen kaufmännisch ungünstigen Vertrag, sondern ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn eine neue Erfindung große Vorteile mit sich bringt, so dass andere Firmen mit ihren Erzeugnissen nicht mehr konkurrenzfähig sind, wenn sie nicht das Recht zur Benutzung der neuen Erfindung erhalten. In einem Fall, der dem Reichsgericht zur Entscheidung vorlag, hatten die Vertragspartner einen Lizenzvertrag über eine Erfindung, die zum Patent angemeldet war, geschlossen. Sie gingen dabei davon aus, dass das Patent nicht erteilt werde. Entgegen dieser Annahme erfolgte jedoch eine Erteilung des Patents. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass kein Verstoß gegen die guten Sitten vorliege und der Vertrag wirksam sei.15

In einer anderen Entscheidung des RG wurde Nichtigkeit eines Lizenzvertrages wegen Verstoßes gegen die guten Sitten angenommen. Dieser Vertrag bezog sich auf ein erschlichenes Patent, dem Lizenznehmer war diese Tatsache auch bekannt.16 Ausdrücklich ausgenommen wird allerdings der Fall, dass der Lizenznehmer trotz Kenntnis der Patenterschleichung wegen des formellen Bestandes des Schutzrechtes einen Ausnutzungsvertrag für berechtigt gehalten hat.

2. Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot

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Als gesetzliche Verbote sind vor allem die kartellrechtlichen Vorschriften zu beachten.17 Hierbei ist bei jedem Lizenzvertrag mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die Vorschriften des nationalen Kartellrechtes oder auch z.B. ein Verstoß gegen das EG-Kartellrecht gegeben ist.

Insbesondere im Bereich des EG-Kartellrechtes ergibt sich dabei das Problem extensiv auslegbarer Regelungen, das zu einer nicht unerheblichen Unsicherheit über die Vereinbarkeit gewisser – z.T. typischer – Regelungen in Lizenzverträgen mit dem EG-Kartellrecht geführt hat, unbeschadet der Versuche der EG-Kommission, durch entsprechende Bekanntmachungen eine gewisse Klarheit zu schaffen.18

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Konsequenz eines Verstoßes gegen das Kartellrecht ist die teilweise oder vollständige Nichtigkeit eines Lizenzvertrages wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot. Weitere Verstöße gegen gesetzliche Verbote können sich im Übrigen vor allen Dingen bei internationalen Lizenzverträgen aus zwingenden Normen der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen der Vertragspartner, insbesondere auch aus Genehmigungsvorbehalten staatlicher Stellen, ergeben.19

3. Nichtigkeit bei einer ursprünglich unmöglichen Leistung

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Ein Lizenzvertrag ist weiterhin nichtig, wenn er auf eine ursprünglich unmögliche Leistung gerichtet ist. Diese Fragestellung soll jedoch im Folgenden im Zusammenhang mit dem Bereich „Unmöglichkeit der Leistung“ dargestellt werden.

12 § 138 BGB. 13 § 134 BGB. 14 § 138 Abs. 2 BGB. 15 RG, 28.5.1936, GRUR 1937, 380. 16 RG, 25.3.1933, RGZ 140, 185. 17 Vgl. dazu unter Rn. 537 ff., 582 ff. 18 Wie vor. 19 Vgl. dazu Grützmacher/Laier/May, passim.

IV. Unmöglichkeit der Leistung
1. Ursprüngliche Unmöglichkeit und ursprüngliches Unvermögen
a) Rechtslage vor dem 1.1.2002

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Vor der Schuldrechtsreform (1.1.2002) lag ursprüngliche Unmöglichkeit der Leistung vor, wenn die Leistung tatsächlich schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erbracht werden konnte.20 Unmöglichkeit der Leistung war jedoch nicht dann schon gegeben, wenn die Leistung zwar vom Vertragspartner nicht erbracht werden konnte, sachlich aber möglich war. Voraussetzung für das Vorliegen einer ursprünglichen Unmöglichkeit war daher, dass der zugesicherte technische Erfolg schlechthin unerreichbar war, d.h. die versprochene Leistung aus rechtlichen oder aus tatsächlichen – technischen oder naturgesetzlichen – Gründen als schlechthin unmöglich angesehen werden musste.21 War der Lizenzgegenstand technisch ausführbar, also mit den der Technik zur Verfügung stehenden Mitteln herstellbar, lag eine anfängliche Unmöglichkeit im Sinne der Vorschrift des § 306 BGB a.F. nicht vor.22 Anfängliche Unmöglichkeit war daher gegeben, wenn sich eine lizenzierte Erfindung als nicht ausführbar, nicht schutzfähig oder von einem anderen Patent als abhängig erwies.

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Allerdings hatte das Reichsgericht hinsichtlich eines Geheimverfahrens zur Herstellung eines Mittels zur Vernichtung von Insekten ausgeführt, dass eine von Anfang an unmögliche Leistung vorliege, wenn mit dem Verfahren ein solches Mittel überhaupt nicht herzustellen ist.23 Isay24 hielt diese Entscheidung für unrichtig; Rasch25 schloss sich dieser Auffassung an. Beide sahen hierin einen Mangel der Erfindung, für den der Lizenzgeber einzustehen hat, und nicht einen Fall der ursprünglichen Unmöglichkeit. Dem war zuzustimmen.26

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Als weiteres Beispiel sei auch ein Urteil des Reichsgerichts erwähnt.27 Es handelte sich hierbei darum, dass eine Lizenz an drei Uhr-Patenten erteilt wurde, die jeden Wettbewerb anderer mit solchen Uhren ausschließen sollte. Weil aber der Gedanke einer solchen Uhr nicht neu war, bezogen sich die Patente nur auf Einzelheiten der Konstruktion. Der Lizenznehmer konnte also die versprochene Leistung nicht erhalten. Das Reichsgericht sah hierin einen nichtigen Vertrag, weil er auf eine von vornherein unmögliche Leistung gerichtet war. Dagegen hat der BGH ausgesprochen, dass die Möglichkeit oder auch naheliegende Wahrscheinlichkeit, dass ein Patent auf eine Nichtigkeitsklage hin für nichtig erklärt wird, nicht genügt, um einen Lizenzvertrag als auf eine unmögliche Leistung gerichtet und damit als nichtig anzusehen.28

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Das Reichsgericht führte zur Frage der Nichtigkeit aus: „Greift ein zur ausschließlichen Verwertung überlassenes Geheimverfahren so unmittelbar in ein bei Vertragsschluss bestehendes Patent ein, dass es dadurch bereits in vollem Umfang bekannt ist, so wird in der Regel Nichtigkeit des Vertrages nach § 306 BGB a.F. anzunehmen sein, weil dem Lizenzgeber die Erfüllung seines Versprechens, dem Erwerber ein Geheimverfahren zur ausschließlichen Benutzung zu verschaffen, wegen des Neuheitsmangels sachlich unmöglich ist.“29 Dieses Urteil des RG zeigte deutlich den entscheidenden Gesichtspunkt: die sachliche Unmöglichkeit der Bestellung dieses Rechtes.30

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Das Reichsgericht hatte daher ursprüngliche Unmöglichkeit im Sinne des § 306 BGB a.F. in den Fällen angenommen, in denen die Schutzfähigkeit des zur Nutzung überlassenen Ausschließlichkeitsrechtes von vornherein absolut ausgeschlossen war.31 Die Anwendung des § 306 BGB a.F. wurde z.B. bejaht, wenn ein Lizenzvertrag über den Zeitablauf des Patentes hinaus32 oder über ein rechtlich nicht schutzfähiges Muster33 abgeschlossen wurde. Das Reichsgericht hielt auch einen Lizenzvertrag für nichtig, weil der Lizenzgeber in fahrlässiger Auslegung des Schutzumfangs seines Patents eine Lizenz für einen Gliederkessel ohne Sturzfeuerung einräumte, obwohl das dem Lizenzgeber erteilte Patent nicht so weit reichte und daher für den Lizenzgegenstand kein Schutzrecht bestand.34 Von der Literatur wurde jedoch dieses Urteil angegriffen.35 Rasch nahm Nichtigkeit nur an, wenn die Parteien einen Schutzumfang zugrunde gelegt haben, der nicht bestanden hatte, die übrigen interessierten Kreise den beanspruchten Schutzumfang jedoch nicht anerkannt hatten. Lag nicht nur eine persönliche Vorstellung der Parteien vor, sondern eine allgemeine irrtümliche Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise, so sollte der Lizenznehmer nur mit Wirkung für die Zukunft kündigen können. Das Reichsgericht selbst hatte in einer weiteren Entscheidung36 ebenfalls eine andere Auffassung vertreten.37

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Keine sachliche Unmöglichkeit der Leistung lag vor, wenn das überlassene Verfahren gegenüber dem Gegenstand des Patents Besonderheiten aufweist, die ein zusätzliches Betriebsgeheimnis darstellen. Es kam vielmehr nur Leistungsunvermögen wegen entgegenstehender Schutzrechte in Betracht, wenn der Patentinhaber die Benutzung des Verfahrens oder den Vertrieb der Erzeugnisse nicht gestattete,38 da nicht der im Vertrag vorgesehene Lizenzgeber, sondern nur der Patentinhaber die Nutzung des Patentes gestatten kann.

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Ein Vertrag, der auf eine ursprünglich unmögliche Leistung gerichtet war, war gem. § 306 BGB a.F. nichtig. Derjenige, der bei Vertragsschluss wusste oder aufgrund von Fahrlässigkeit nicht wusste, dass es unmöglich war, die vertraglich versprochene Leistung zu erbringen, war dem Vertragspartner zum Schadensersatz verpflichtet (negatives Interesse), es sei denn, dass diesem ebenfalls bekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt war, dass die in Frage stehende Leistung unmöglich war.39

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War die Leistung zwar sachlich möglich, konnte sie aber vom Lizenzgeber von Anfang an nicht erbracht werden (Unvermögen), so hatte er hierfür in jedem Fall einzustehen. Der Lizenznehmer konnte auf Erfüllung oder – wenn das Unvermögen dauernd war – sofort auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung klagen.40 In Betracht kamen hier vor allem die Fälle, in denen der Lizenzgeber zur Lizenzvergabe nicht berechtigt war und in denen feststand, dass er die Berechtigung hierzu auch nicht erlangen konnte.

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Bestand das Schutzrecht, für das die Lizenz erteilt wurde, formell nicht, so kam es darauf an, ob es generell nicht erworben werden konnte oder ob nur der Lizenzgeber hierzu nicht in der Lage war. Im ersten Fall handelte es sich um eine Unmöglichkeit, im zweiten dagegen um ein Unvermögen. War das Unvermögen vorübergehend, so traten die Verzugsfolgen ein.41 Unter gewissen Umständen konnte ein vorübergehendes Unvermögen einem dauernden Unvermögen gleichzusetzen sein. Dies ergab sich insbesondere aus der Interessenlage der Parteien, die dazu führen konnte, dass vorübergehende Leistungshindernisse nach den Umständen des Einzelfalls dauernden gleichzusetzen waren.42 Dies konnte erhebliche Konsequenzen haben, da die Leistungspflichten der Parteien bei einem dauernden Leistungshindernis erloschen und bei vorliegendem Verschulden ein Schadensersatzanspruch entstand. Bei einem nur vorübergehenden Leistungshindernis traten zwar die Verzugsfolgen ein, die Leistungspflicht als solche blieb jedoch bestehen.

b) Rechtslage ab dem 1.1.2002

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Ab dem 1.1.2002 gilt Folgendes: Lag das Leistungshindernis bereits bei Vertragsabschluss vor (anfängliche objektive Unmöglichkeit), ändert dies nichts an der Wirksamkeit des Vertrags. Die Unmöglichkeit ist lediglich eine Pflichtverletzung (§ 280 BGB). Dem Schuldner steht die Einwendung aus § 275 Abs. 1 BGB zu. Die Gläubigerrechte (§ 275 Abs. 4 BGB) bestimmen sich nach den §§ 280, 283–285, 311a, 326 BGB. Kannte der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss und hat er seine Unkenntnis auch zu vertreten, besteht im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ein Schadensersatzanspruch des Gläubigers auf das positive Interesse oder nach seiner Wahl Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 284 BGB (§ 311a Abs. 2 BGB). § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB sieht wie § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Beweislastumkehr vor: Der Schuldner hat den Grund für die aus seinem Bereich stammende Störung zu vertreten. Das anfängliche Unvermögen des Schuldners fällt jetzt ebenfalls unter § 311a Abs. 1 BGB.43

Ann/Barona44 sehen zu Recht zwei Risiken: Die Haftung auf das positive Interesse könnte gerade bei Lizenzverträgen, die nach bisherigem Recht nichtig gewesen wären, hohe Schadensersatzbeträge zur Folge haben. Außerdem seien Prozessrisiken aufgrund drohender Quantifizierungsprobleme zu befürchten.

2. Nachträgliche Unmöglichkeit, nachträgliches Unvermögen
a) Rechtslage vor dem 1.1.2002

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Wie bereits ausgeführt, war die nachträgliche Unmöglichkeit von der ursprünglichen Unmöglichkeit zu unterscheiden. Die rechtlichen Folgen waren verschieden. Ausschlaggebend war dabei, ob die Unmöglichkeit schon zur Zeit des Vertragsschlusses vorlag.45

Die nachträgliche objektive Unmöglichkeit und der Fall, dass die Leistung aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nur diesem Lizenzgeber nicht möglich ist (Unvermögen), wurden gleich behandelt.46 Wenn im Folgenden von Unmöglichkeit die Rede ist, so ist hierin auch das sog. nachträgliche Unvermögen inbegriffen. Bei Lizenzverträgen spielte (und spielt) die nachträgliche Unmöglichkeit (Unvermögen) eine erhebliche Rolle.

Für die Haftung war ausschlaggebend, ob die Unmöglichkeit vom Lizenzgeber, vom Lizenznehmer oder von keinem von beiden verschuldet ist. Ein Verschulden lag bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit vor. Fahrlässig handelte, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ.47

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Wurde dem Lizenzgeber die Erfüllung seiner Verpflichtung nachträglich unmöglich und traf weder ihn noch den Lizenznehmer ein Verschulden, so wurde er von seiner Verpflichtung frei; er verlor aber auch den Anspruch auf die Gegenleistung, die Lizenzgebühr.48

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Bei teilweiser Unmöglichkeit minderte sich der Anspruch auf die Gegenleistung entsprechend der hierdurch entstehenden Beeinträchtigung des Wertes der Lizenz.49 Man musste aber dem Lizenznehmer auch die Möglichkeit zubilligen, dem Lizenzgeber fristlos zu kündigen, wenn dieser die Beeinträchtigung nicht innerhalb einer ihm vom Lizenznehmer gesetzten angemessenen Frist beseitigte.50

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Wird das Patent für nichtig erklärt, so hat diese Nichtigkeitsentscheidung rechtsgestaltende Wirkung, d.h. sie wirkt für und gegen alle mit rückwirkender Kraft.51 Das Patent gilt von Anfang an als nicht oder bei einer Teilvernichtung als nur in der aufrechterhaltenen oder klargestellten Fassung erteilt. Die Vernichtung wird in die Patentrolle eingetragen.52 Unabhängig von der Rückwirkung der Nichtigerklärung eines Patentes ist diese Nichtigerklärung auf Verträge über die patentierte Erfindung für die Zeit vor Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils ohne Einfluss.53 Die Rechtsprechung beurteilt ohne Ausnahme Lizenzverträge als wirksam abgeschlossen, auch wenn das ihnen zugrunde liegende Patent nachträglich für nichtig erklärt wird. Ebenso werden Lizenzverträge über angemeldete Erfindungen sowie über anzumeldende Erfindungen54 behandelt, wenn die Anmeldung nicht zur Erteilung eines Patentes führte.

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Damit stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine solche Nichtigkeit auf Lizenzverträge hat. Hierbei wäre es zunächst möglich, dass die Parteien für den Fall der sich nachträglich herausstellenden Nichtigkeit des Patentes folgende ausdrücklichen Vereinbarungen im Lizenzvertrag treffen:

 1. Der Lizenzvertrag wird dann ebenfalls als von Anfang an nichtig betrachtet.

 2. Die Wirksamkeit des Vertrages wird überhaupt nicht berührt.

 3. Einräumung des Rücktrittsrechtes ex nunc.55

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Soweit keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen worden sind und auch eine Auslegung des Vertrages gem. § 157 BGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, muss überlegt werden, welche Lösung für diesen Fall angemessen ist. Das Reichsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, es komme nur ein Rücktritt ex nunc in Betracht. Bis zur Nichtigerklärung des Patentes sei der Lizenzvertrag rechtsbeständig. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Lizenznehmer die Lizenzgebühr zu zahlen. Dies rechtfertige sich daraus, dass er bis zu diesem Zeitpunkt tatsächliche Vorteile aus dem Scheinpatent gehabt habe. Ein Patent, das angreifbar sei, aber niemals angegriffen werde, sei so gut wie ein unangreifbares Patent.56

Die neuere Rechtsprechung und die wohl herrschende Meinung kommen zu dem gleichen Ergebnis. Die rechtlichen Folgen der Nichtigkeit eines lizenzierten Patentes auf den Lizenzvertrag wurden jedoch in ständiger Rechtsprechung aus dem Institut des Wegfalls bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage gefunden, das jetzt in § 313 BGB geregelt ist, ohne dass sich dadurch die Rechtsprechung und die Literatur ändern dürften.57 Daraus ergibt sich die Regelung, den Vertrag an die konkreten veränderten Umstände anzupassen. Dabei kann die Anpassung des Vertrages z.B. in einer Minderung der zu erbringenden Leistung liegen oder zu einer Beendigung des Vertrages durch Rücktritt oder Kündigung führen.

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Im Übrigen muss die Nichtigerklärung eines lizenzierten Patentes keineswegs immer zur Beendigung des Lizenzvertrages führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Gegenstand des Lizenzvertrages mehrere Schutzrechte oder ein Patent und Know-how sind. Trotz Vernichtung z.B. des einzigen Schutzrechtes wäre ein großes Interesse des Lizenznehmers am Fortbestand des Lizenzvertrages möglich, sei es mit oder ohne Anpassung der ihm obliegenden Leistungen, wenn der Lizenzgeber verpflichtet ist, während der Vertragsdauer gewonnene Erkenntnisse bekannt zu geben und diese für den Lizenznehmer von großem Interesse sind.58

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Entfällt daher während der Dauer des Lizenzvertrages ein lizenziertes Schutzrecht, so wird die Geschäftsgrundlage regelmäßig zumindest geändert sein, ggf. ist sie sogar entfallen. Die nach der Rechtsprechung sich dann ergebende Notwendigkeit der Anpassung des Vertrages ist unabhängig davon, ob der Lizenzvertrag sich auf ein erteiltes Patent,59 auf ein Gebrauchsmuster,60 auf eine bekannt gemachte Patentanmeldung61 oder auch nur auf eine Erfindung, die erst zur Schutzrechtserteilung angemeldet werden soll, die nicht zum Erfolg führt,62 bezieht.

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Auch wenn das lizenzierte Schutzrecht zwar noch nicht entfallen ist, seine Vernichtbarkeit aber doch offenbar oder zumindest wahrscheinlich geworden ist und das Patent seine geschäftliche Wirkung nicht mehr äußert, soll ebenfalls über das Prinzip des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages erfolgen.63 Diese Situation ist insbesondere dann gegeben, wenn die Konkurrenten des Lizenznehmers unbekümmert um das nur noch formale Bestehen des Patentes dessen Inhalt verwerten und danach arbeiten. Der Lizenznehmer kann dann den Lizenzvertrag zur Auflösung bringen.64 Andererseits wird die Rechtsverbindlichkeit eines Lizenzvertrages über ein Gebrauchsmuster sowie die Verpflichtung des Lizenznehmers zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühren durch das Fehlen der Schutzvoraussetzungen der Neuheit, des Fortschritts und der Erfindungshöhe mangels abweichender Parteivereinbarungen so lange nicht berührt, wie das Gebrauchsmuster formell in Geltung steht und von den Mitbewerbern respektiert wird.65

Die Vernichtbarkeit des lizenzierten Schutzrechtes hat daher grundsätzlich keine Wirkung auf den Lizenzvertrag, solange die mit der Lizenz erstrebte Vorzugsstellung gewahrt ist.66

Die insoweit vorliegende Rechtsprechung beruht dabei auf folgender Überlegung: Solange das erteilte Patent noch nicht für nichtig erklärt worden ist, kann der Patentinhaber bzw. der Patentanmelder das ihm gegebene Ausschließlichkeitsrecht gegen jedermann geltend machen und durchsetzen, außer gegen einen Lizenznehmer, dem er die Benutzung der geschützten Erfindung gestattet hat. Weiterhin ist eine Erfindung, solange sie nicht bekannt gemacht worden ist, Dritten – außer dem Lizenznehmer, dem sie bekannt gegeben worden ist – nicht oder jedenfalls nicht ohne Weiteres zugänglich. Ein Dritter, der von der Erfindung Kenntnis erlangt, muss außerdem damit rechnen, Ansprüchen des Anmelders ausgesetzt zu sein. Der Lizenznehmer nimmt mithin, solange das Patent nicht rechtskräftig für nichtig erklärt oder versagt worden ist, an der durch das bereits entstandene Schutzrecht begründeten Vorzugsstellung gegenüber Wettbewerbern teil und bleibt deshalb grundsätzlich bis dahin auch verpflichtet, die für die Teilnahme an dieser Vorzugsstellung vereinbarten Lizenzgebühren zu bezahlen.67

Diese Verpflichtung des Ausgleichs für die Vorteile der dem Lizenznehmer eingeräumten Monopolstellung bezieht sich im Übrigen nicht nur auf Patente, sondern in gleicher Weise auch auf Gebrauchsmuster.68

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Dieses von der (bisherigen) Rechtsprechung herausgearbeitete Ergebnis ließ sich auch aus der Anwendung der bisherigen allgemeinen Vorschriften über die Unmöglichkeit ableiten. Die Grundlage der herrschenden Meinung, dass der Schutzrechtsbestand die Geschäftsgrundlage bilde und diese so lange erhalten bleibe, wie das ggf. zu Unrecht bestehende Schutzrecht als gültig anerkannt worden sei, weil der Lizenznehmer so lange eine tatsächliche Vorzugsstellung genossen und der Lizenzgeber seine Leistung erbracht habe, erschien nicht unbedingt zwingend. Klauer-Möhring wies zu Recht darauf hin, dass der Geschäftswille der Parteien69 auf der Vorstellung, dass das Schutzrecht keinen Bestand hat, im Falle der Lizenzierung eines Patentes nicht aufbaut, vielmehr der Lizenzgeber eher eine unerbringliche Leistung versprochen hat. Hinzu kam, dass eine Anpassung eines Vertrages auf dem Weg über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage nur dann vorgenommen werden konnte, „wenn das Festhalten am unveränderten Vertrag für den Schuldner untragbare, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbare Folgen hätte und ihm deshalb unzumutbar ist“.70

Es bestand daher hier eine gewisse Gefahr, dass ohne ausreichend tragfähige Grundlage Entscheidungen aus dem Gesichtspunkt der Billigkeit gefällt werden, obwohl sich dasselbe Ergebnis auch auf gesetzlicher Grundlage, insbesondere der allgemeinen Vorschriften der §§ 323 ff. BGB a.F., ableiten ließ. Dies zeigten im Übrigen auch sehr deutlich die Ausführungen von Kraßer.71

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Unabhängig von diesen dogmatischen Streitfragen ist allerdings nicht zu übersehen, dass die praktischen Ergebnisse nahezu identisch sind. Auch in der Anwendung der bisherigen Unmöglichkeitsvorschriften wurde bei Vernichtung des Patentes der Vertragspartner von der ihm obliegenden Leistung frei, wenn die Gegenleistung aufgrund eines Umstandes unmöglich wurde, den keiner der Vertragspartner zu vertreten hatte. Eine Nichtigerklärung wird der Lizenzgeber in der Regel jedoch nicht zu vertreten haben.

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2029 p. 16 illustrations
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9783800592883
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