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dd) Ergebnis

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Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass der Lizenzgeber sowohl nach der in der Literatur herrschenden Meinung23 als auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, wenn sich nicht aus dem Vertrag oder den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergibt, für die technische Ausführbarkeit und für die Brauchbarkeit der Erfindung haftet. Dies ließ sich aus §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 Abs. 1 BGB a.F. ableiten, wonach der Lizenzgeber bei Anwendung der pachtrechtlichen Grundsätze dafür einzustehen hat, dass der Lizenzgegenstand nicht mit Fehlern behaftet ist, die seine Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufheben oder mindern. Entscheidend war dabei vor allen Dingen, wie der BGH betonte,24 welcher Zweck vertraglich vorausgesetzt wurde.

Bei Anwendung der pachtrechtlichen Grundsätze können auch die Fälle gelöst werden, in denen die technische Ausführbarkeit und die Brauchbarkeit nicht gegeben sind, der Lizenznehmer aber aufgrund eines bestehenden Schutzrechtes Vorteile aus der Lizenz ziehen kann. Dabei ist wieder ausschlaggebend, ob der vertragsgemäße Gebrauch beeinträchtigt wird oder nicht.25 Die Abgrenzung zwischen technischer Ausführbarkeit und Brauchbarkeit ist dabei – wie der BGH ausführte26 – praktisch unerheblich.

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Von großer Wichtigkeit ist dagegen die Feststellung, was noch unter technische Ausführbarkeit fällt und was nicht mehr. Die fabrikmäßige Ausführbarkeit ist nicht mehr hierunter zu rechnen.27 Für die fabrikmäßige Ausführbarkeit wird der Lizenzgeber in der Regel weder eine Haftung übernehmen können noch wollen. Betrachtet man den Regelfall, so entwickelt der Lizenzgeber die Erfindung. Hat er sie vollendet, so wird er sie u.U. in Versuchen erproben. Die Arbeiten bis zu diesem Zeitpunkt gehören gewöhnlich in den Bereich der Tätigkeit des Erfinders. Sie fallen in seine Sphäre, und er muss dafür einstehen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Selbst wenn die Durchführung von Versuchen, die Herstellung von Modellen und dgl., wodurch die technische Ausführbarkeit geprüft werden kann, nicht möglich ist, scheint es gerechtfertigt, dass der Erfinder, wenn er keinen Vorbehalt gemacht hat, dafür einzustehen hat, dass der von ihm angegebene Erfolg in der von ihm angegebenen Weise erreicht werden kann. Wenn der Lizenzgeber die Erfindung gegen Entgelt einem anderen anbietet, ohne dass er sie vorher erproben konnte, so muss von ihm erwartet werden, dass er die Erfindung theoretisch besonders sorgfältig durchgearbeitet hat und dass er dafür einsteht, wenn ihm Fehler unterlaufen sind. Ist der Lizenzgeber nicht der Erfinder, sondern hat er das Patent lediglich erworben, so hat er in gleicher Weise wie der Erfinder, der eine Lizenz erteilt, einzustehen, denn er hat insoweit das Risiko übernommen. Eventuell kann er seinerseits Ansprüche gegen seinen Rechtsvorgänger geltend machen.

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Technische Ausführbarkeit ist nur gegeben, wenn die Herstellung nicht mit unzumutbaren Aufwendungen verbunden ist. Was zumutbar ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, z.B. von der Erfindungshöhe oder dem zu erzielenden Erfolg. Dabei sind dem Lizenznehmer allerdings zur Herstellung der technischen Brauchbarkeit erfinderische Bemühungen regelmäßig nicht zuzumuten. Er muss aber ggf. dem Lizenzgeber die Möglichkeit geben, seinerseits durch zusätzliche Vorschläge die bislang fehlende Brauchbarkeit herbeizuführen.28

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Im Regelfall ist es dagegen Aufgabe des Lizenznehmers, die fabrikmäßige Ausführbarkeit sowie die kaufmännische Verwertbarkeit einer Erfindung zu beurteilen. Er weiß, welche Einrichtungen und Mittel er zur Produktion zur Verfügung hat; das Risiko, dass hierbei Schwierigkeiten auftreten, fällt in seine Sphäre. Der Lizenznehmer muss damit rechnen, dass bei einer Erfindung, die noch nicht im Großen erprobt ist, bis zur Produktionsreife noch sog. Kinderkrankheiten zu überwinden sind. Die hierzu erforderlichen Arbeiten können normalerweise nur bei ihm, der die hierfür notwendigen Produktionsanlagen und dgl. zur Verfügung hat, durchgeführt werden.

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Abweichungen von den hier aufgezeigten Fällen sind zahlreich, da von zentraler Bedeutung die Frage ist, welche Anforderungen an den Lizenzgegenstand nach dessen vertraglich vorausgesetztem Verwendungszweck billigerweise zu stellen sind.29 So ist es nicht selten, dass die Erfindung, für welche die Lizenz erteilt wurde, schon in der Produktion erprobt ist. Gehen die Vertragspartner hiervon aus, so hat der Lizenzgeber auch für die Produktionsreife einzustehen, wenn beide Vertragspartner die fabrikmäßige Ausführbarkeit zugrunde gelegt haben. Trifft dies zu, was von den Umständen des Einzelfalls abhängt, so ist der Lizenzgegenstand nur dann zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch geeignet, wenn auch die fabrikmäßige Ausführbarkeit gegeben ist. Liegt sie nicht vor, so haftet der Lizenzgeber.30

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Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass u.U. beim Fehlen der technischen Ausführbarkeit und Brauchbarkeit eine ursprüngliche Unmöglichkeit vorliegen kann, nämlich dann, wenn die Erfindung absolut ungeeignet ist und das erstrebte Ziel nach dem Stand der Technik nicht erreicht werden kann. Die Abgrenzung zwischen Mangel und ursprünglicher Unmöglichkeit kann im Einzelfall sehr schwierig sein.

ee) Zugesicherte Eigenschaften

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In Anbetracht der Unsicherheit, die hinsichtlich der Haftung des Lizenzgebers besteht, verlangt der Lizenznehmer häufig ausdrückliche Zusicherungen. Als Zusicherung gilt nicht jede bei Gelegenheit von Kaufverhandlungen über den Kaufgegenstand abgegebene Erklärung; „sie muss vielmehr vom Lizenznehmer als vertragsmäßige verlangt, vom Lizenzgeber in vertragsmäßig bindender Weise abgegeben werden“.31 Hierfür kommt es entscheidend darauf an, wie der Lizenznehmer die Äußerungen des Lizenzgebers unter Berücksichtigung seines sonstigen Verhaltens und der Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, nach Treu und Glauben, mit Rücksicht auf die Verkehrssitte, auffassen durfte.32 Nicht als Zusagen im Sinne zugesicherter Eigenschaften sind erkennbar überschwängliche Lobpreisungen der Erfindung zu werten33 oder bloße Hinweise auf die Eignung für den vertragsgemäß vorausgesetzten Gebrauch.34

Die Zusicherung steht in gewissem Gegensatz zu dem im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch. Während Letzterer Vertragsgrundlage ist, muss die Zusicherung mehr sein, nämlich Vertragsbestandteil im Sinne einer Verpflichtungsübernahme durch den Lizenzgeber. Entscheidend ist daher, dass der Lizenzgeber die Gewähr für das Vorhandensein eines oder mehrerer bestimmter Eigenschaften übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen einzustehen, wenn diese Eigenschaft fehlt.35 Soweit Lüdecke36 das, was in einer Beschreibung über die technische Eigenschaft der Erfindung offenbar ist, schon als zugesichert ansehen will, scheint dies zu weitgehend zu sein. Auch der Bundesgerichtshof hat z.B. sog. Lastenhefte, die einer Ausschreibung zugrunde lagen, nicht ohne Weiteres als zugesicherte Eigenschaften angesehen, sondern noch besondere Umstände gefordert, die für das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft sprechen müssten.37

Es empfiehlt sich vor allem, dass der Lizenznehmer versucht, hinsichtlich der Eigenschaften der Erfindung, die für ihn von ausschlaggebender Bedeutung sind, im Vertrag ausdrückliche Zusicherungen zu erhalten. Als Eigenschaften, für die Zusicherungen gemacht werden können, kommen alle Verhältnisse in Betracht, die zufolge ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung oder Brauchbarkeit der Sache auszuüben pflegen,38 insbesondere also Zusagen über die Leistung, die Präzision einer Maschine, die Fabrikationsreife und dgl. Auch die Zusicherung eines bestimmten Umsatzes ist denkbar, wenn es sich hier auch nicht um eine Eigenschaft der Erfindung handelt. Für Zusicherungen hat der Lizenzgeber immer einzustehen.39

b) Umfang der Haftung
aa) Meinungen, die in der Literatur vertreten werden

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Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang der Lizenzgeber für seine Verpflichtungen einzustehen hat, gehen die Meinungen in der Literatur auseinander. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, welche gesetzlichen Vorschriften als Grundlage für die Haftung des Lizenzgebers angewendet werden.

Pietzcker machte in seinen Ausführungen keinen strengen Unterschied zwischen der Haftung für Sachmängel und der Haftung für zugesicherte Eigenschaften und stellt die letzteren bei seiner Betrachtung in den Vordergrund. Patentkauf und Lizenzvertrag will er prinzipiell gleich behandelt wissen.40 Er unterschied, ob es sich um die Zusage von nebensächlichen oder um wesentliche Eigenschaften handelte. Bei der Zusicherung über Nebensachen sollte der Lizenznehmer lediglich ein Minderungsrecht haben, wenn diese nicht erfüllt werden. Fehlen zugesicherte, wesentliche Eigenschaften, so sollte ein Recht zur Aufhebung des Vertrages und zur Rückforderung der gezahlten Lizenzgebühren bestehen. Im Übrigen sollte der Lizenzgeber für positiven Schaden des Lizenznehmers, nicht dagegen für entgangenen Gewinn haften. Für den positiven Schaden sollte der Lizenzgeber bei Vorliegen eines Mangels auch ohne Zusicherung haften, wenn ihn ein Verschulden traf, jedoch auch hier nicht für entgangenen Gewinn.

Auch Malzer,41 Nirk42 und Klauer/Möhring43 vertraten die Auffassung, dass auf die Haftung des Lizenzgebers für technische Brauchbarkeit die Regeln des Kaufrechtes über Sachmängel gem. §§ 459 ff. BGB a.F. entsprechend anzuwenden seien und daher ohne besondere Zusicherung im Sinne des § 463 BGB a.F. eine Schadensersatzpflicht des Lizenzgebers nicht in Betracht komme.

Krausse/Katluhn/Lindenmaier vertraten zwar die Ansicht, dass sowohl beim Patentkauf als auch beim Lizenzvertrag die Regeln des Kaufrechtes prinzipiell Anwendung finden sollten.44 Im Rahmen der Gewährleistung wollten sie allerdings der Anwendung des § 242 BGB wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage den Vorzug geben.45 Auf dieser Basis standen dann Vertragsauflösung mit und ohne Rückforderungsrecht durchgeführter Leistungen und Anrechnung gemachter Aufwendungen zur Verfügung.46

Rasch wollte bei der Frage, in welchem Umfang der Lizenzgeber haftet, vor allem darauf abstellen, in welchem Reifestadium die Erfindung dem Lizenznehmer übergeben wurde.47 War die Erfindung auf ihre fabrikmäßige Ausführbarkeit bei Lizenzvergabe noch nicht praktisch erprobt gewesen, so sollte der Lizenznehmer, wenn sich herausstellte, dass die Erfindung nicht fabrikmäßig ausführbar ist, lediglich ein Rücktrittsrecht nach angemessener Zeit haben. Dasselbe sollte gelten, wenn die Parteien darüber einig waren, dass der Lizenznehmer für die fabrikmäßige Herstellbarkeit noch Entwicklungsarbeiten durchführen sollte. Aber auch wenn die Parteien bei Vertragsschluss zugrunde legten, dass die Erfindung bereits fabrikmäßig ausführbar sei, entsprach es nach Auffassung von Rasch meist nicht der Billigkeit, den Lizenzgeber hierfür auf Schadensersatz haften zu lassen, weil es im Wesen der Technik liege, dass unerwartete Schwierigkeiten entstehen. Der Lizenzgeber habe voll für die technische Ausführbarkeit einzustehen, für diese hafte er auch auf Schadensersatz. Hierbei komme jedoch nur Auslagenersatz in Betracht. Eine Haftung für entgangenen Gewinn habe zur Voraussetzung, dass der Lizenzgeber auch für fabrikmäßige Ausführbarkeit hafte, was in der Regel nicht der Fall sei. Reimer schloss sich weitgehend der Auffassung von Pietzcker und Rasch an.48

bb) Rechtsprechung

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In seinem Urteil vom 1.3.191149 stellte das Reichsgericht den Grundsatz auf, dass die Lizenzgebühr für die Zeit, in der die zugesagte Benutzung der Erfindung nicht gewährt wird, nicht geschuldet ist. Diese Regel könne aus der Natur des Vertrages entwickelt werden. Die Unterstellung unter eine gewisse Kategorie von Verträgen sei hierzu nicht erforderlich.

In dem Urteil vom 29.4.1931 wurde erwähnt, dass zu prüfen ist, ob der Lizenzgeber für die Brauchbarkeit einzustehen hat und ob ein Rücktritts- oder Leistungsverweigerungsrecht nach Treu und Glauben besteht.50 In der Entscheidung des Reichsgerichts vom 12.4.1913,51 in der es sich um die Überlassung eines Geheimverfahrens handelte, hat das Reichsgericht, nachdem festgestellt wurde, dass die zugesicherten Eigenschaften der Erfindung fehlten, zunächst die Vorschriften über den Rechtskauf herangezogen und ausgeführt, dass hiernach der Lizenzgeber für den Bestand des Rechtes haftet. Es fährt dann fort: „Will man die Analogie des Rechtskaufs nicht anerkennen, so drängt sich ein Vergleich mit den Vorschriften des BGB auf, wonach der Verkäufer einer Sache bis zum vollen Schadensersatz dafür haftet, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat.“52

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Der Bundesgerichtshof hatte in mehreren Entscheidungen zu dem Umfang der Haftung des Lizenzgebers Stellung genommen und dabei vor allem die Anwendung der Vorschriften über die Mängelhaftung beim Kauf als nicht sachgerecht abgelehnt.53 Er hielt eine sachgerechte Wahrung der Interessen der Vertragspartner nur durch die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über gegenseitige Verträge für möglich. Damit war nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu unterscheiden, ob die Störung des Lizenzvertrages aus der Zeit vor oder nach Abschluss des Vertrages stammte.

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Nach der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs54 fanden die Regeln über anfängliches Unvermögen Anwendung, wenn die Brauchbarkeit zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck von vornherein nicht gegeben und daher die Herbeiführung des vertraglich versprochenen Ergebnisses von Anfang an unmöglich war. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Lizenzgeber zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet wurde, soweit sich nicht – so der Bundesgerichtshof etwas sibyllinisch – aus den Umständen des Falles eine andere Risikoverteilung ergab. Dabei ließ er offen, ob dieser Anspruch, wie vielfach vorgeschlagen wurde,55 der Höhe nach auf die Aufwendungen des Lizenznehmers zu begrenzen war.

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Die Regeln der §§ 325, 326 BGB a.F. kamen nach der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Tragen, wenn die Durchführung und damit die Erfüllung des Vertrages während seiner Laufzeit gefährdet oder vereitelt wurde. In diesem Fall konnte die betroffene Partei entweder vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wobei im Falle des Rücktritts der Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht mehr hätte gefordert werden können.56 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof die rechtmäßige Erklärung einer Partei, sie werde mit Rücksicht auf die aufgetretenen Störungen die Produktion einstellen, nicht als eine Rücktrittserklärung gewertet hat, die die Geltendmachung des Schadensersatzes hätte ausschließen können.57

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Zu der Frage der Haftung aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung hatte der Bundesgerichtshof Stellung genommen.58 Danach stand aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung demjenigen, der einen Lizenzvertrag kündigte, ein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Zusammenarbeit durch von einer Partei zu vertretende Umstände unzumutbar wurde und es zu einer gerechtfertigten Beendigungserklärung kam. Der sich hieraus ergebende Schadensersatzanspruch umfasste den durch die Kündigung entstandenen Schaden, schloss aber die Geltendmachung solcher Schäden nicht aus, die vorher aufgrund der die Kündigung veranlassenden schuldhaften Vertragsverletzung entstanden waren.

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Was die Haftung für zugesicherte Eigenschaften betrifft, hatte der Bundesgerichtshof sowohl in seiner Entscheidung vom 11.6.197059 als auch in seiner Entscheidung vom 28.6.197960 darauf verwiesen, dass der Lizenzgeber in entsprechender Anwendung der §§ 463, 538, 581 BGB a.F. zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist, wenn die zugesicherten Eigenschaften fehlten. Dabei verwies er in der Entscheidung vom 11.6.1970 darauf, dass dieser Auffassung nicht entgegenstehe, dass ein solcher Anspruch beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften eines Werkes mit Rücksicht auf die abschließende gesetzliche Regelung der Gewährleistungsansprüche beim Werkvertrag verneint wird.61 Die Auffassung von Rasch,62 der mit Rücksicht auf das der Auswertung von Erfindungen innewohnende Unsicherheitsmoment im Regelfall einen Schadensersatzanspruch verneinte und den Lizenznehmer auf ein Kündigungsrecht verweisen wollte, wurde der Interessenlage nicht gerecht. Der Lizenznehmer musste sich wegen der erwähnten Risiken bei der Auswertung von Erfindungen auf die Zusicherungen des Lizenzgebers hinsichtlich der Eigenschaften der lizenzierten Erfindung verlassen können. Das rechtfertigte einen Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers wegen Nichterfüllung bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Dabei genügte es, wenn der Lizenznehmer seine Forderung mit den gemachten Aufwendungen begründete, wenn festzustellen war, dass er bei Einhaltung der vertraglichen Zusicherung Gewinn in Höhe dieser Aufwendungen erzielt hätte.63

cc) Ergebnis

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In Literatur und Rechtsprechung waren feste, nachvollziehbare Grundsätze, in welcher Weise der Lizenzgeber für Mängel des Lizenzgegenstandes einzustehen hat, nur schwer feststellbar. Immer wieder wurde versucht, auf Begriffe wie „Treu und Glauben“, „Billigkeit“ und „Natur des Rechtsverhältnisses“ auszuweichen. Selbst wenn der Bundesgerichtshof apodiktisch feststellte, dass der Lizenzgeber, wenn die Brauchbarkeit zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck fehlte, aus dem Gesichtspunkt des anfänglichen Unvermögens zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet war,64 wurde dies sofort durch den anschließenden Nebensatz, „sofern sich nicht aus den Umständen des Falles eine andere Risikoverteilung ergibt“, erheblich relativiert. Sicherlich sind abweichende vertragliche Vereinbarungen möglich, die eine andere Risikoverteilung vorsehen können. Aber die Verweisung auf die Umstände des Falles erschien sibyllinisch und öffnete unkontrollierten Billigkeitserwägungen immer wieder Tür und Tor. Dies barg große Gefahren in sich. Es machte den Vertragspartnern fast unmöglich abzuwägen, welche Ansprüche sie bei Mängeln hatten und in welcher Weise und in welchem Umfang sie einzustehen hatten. Neben die Unsicherheit, die sich aus der Materie des Erfindungswesens ergibt, trat noch die Unsicherheit in rechtlicher Hinsicht. Es ließ sich kaum voraussehen, welche Ansprüche unterschiedliche Richter nach Treu und Glauben oder nach Billigkeitsgesichtspunkten für angemessen halten würden.

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In der Literatur wurde der Lizenzvertrag vielfach bei der Beurteilung von Haftungsfragen ohne Weiteres dem Patentkauf gleichgestellt, ohne dass dabei die Unterschiede, die dem Wesen nach zwischen Patentkauf und Lizenzierung bestehen, genügend beachtet wurden, da z.B. selbst bei Vergabe einer ausschließlichen Lizenz nicht die gesamte Rechtsposition an den Lizenznehmer übergeht.

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Ausgangspunkt sollte, wie bereits wiederholt erwähnt, sein, dass der Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis seinem Wesen nach der Rechtspacht am meisten ähnelt und sich daher die Vorschriften über die Rechtspacht zur analogen Anwendung am besten eignen.65 Auf dieser Grundlage ergab sich Folgendes:

Haftete der Erfindung ein sog. Sachmangel an, für den der Lizenzgeber nach den obigen Ausführungen einzustehen hatte, so war der Lizenznehmer für die Zeit, in der er aufgrund des Mangels sein Recht nicht ausüben konnte, von der Zahlung der Lizenzgebühr frei. Konnte der Lizenznehmer sein Recht zwar ausüben, wurde die Ausübung durch den Mangel jedoch beeinträchtigt, so war er nur zur Entrichtung einer geminderten Gebühr verpflichtet.66 Hierbei war die Lizenzgebühr in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert des Lizenzgegenstandes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hätte.67 Ließ sich der Wert des Lizenzgegenstandes in mangelfreiem Zustand nicht ermitteln, was bei Erfindungen nicht selten der Fall sein wird, so musste im Streitfall die geminderte Lizenzgebühr im Wege freier Schätzungen festgestellt werden.68 Was in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 1.3.191169 aus der Natur des Rechtsverhältnisses entwickelt wurde, hatte der Gesetzgeber im Miet- und Pachtrecht bereits vorgesehen. Die Befreiung von der Verpflichtung zur Lizenzzahlung trat durch das bloße Vorhandensein von Mängeln ein. Es war dabei nicht erforderlich, dass den Lizenzgeber ein Verschulden traf. Das Recht auf Minderung war seiner rechtlichen Natur nach kein Anspruch wie beim Kauf, bei dem es erforderlich war, dass der Käufer die Minderung verlangte;70 die Ermäßigung der Lizenzgebühr trat vielmehr kraft Gesetzes ein.

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Im Gegensatz zum Wandelungs- und Minderungsrecht des Kaufrechts, das ein Rücktrittsrecht oder ein einmaliges Recht zur Minderung gewährte, war der Lizenznehmer bei Anwendung der Vorschriften über die Pacht nur für die Zeit, während der der Mangel bestand, von der Lizenzzahlung befreit oder nur zur Zahlung einer geminderten Lizenzgebühr verpflichtet. Der Unterschied in der Regelung rührte daher, dass es sich bei der Pacht um ein Dauerschuldverhältnis handelt, beim Kauf dagegen um eine einmalige Leistung. Für den Lizenzvertrag eignen sich daher die Bestimmungen über die Pacht besser. Gerade bei Erfindungen besteht die Gefahr, dass sich bei der Verwertung der Lizenz Mängel herausstellen, die u.U. jedoch durch den Lizenzgeber beseitigt werden können. Häufig wird hier auch der Lizenznehmer ein Interesse daran haben, dass der Mangel beseitigt wird.

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Fehlte eine zugesicherte Eigenschaft oder fiel sie später weg, so galt Entsprechendes. Der Lizenznehmer war für die Zeit, in der die zugesicherte Eigenschaft fehlte, von der Zahlung frei oder, wenn die Ausübung des Lizenzrechts nur beeinträchtigt war, zur Zahlung einer geminderten Gebühr verpflichtet.71 Das Vorliegen eines Mangels oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft war vom Lizenznehmer zu beweisen.

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Eine weitere Schwierigkeit, die bei der Anwendung kaufrechtlicher Bestimmungen bestand, entfiel bei der Anwendung der Pachtvorschriften, nämlich die im Kaufrecht vorgesehene kurze Verjährung. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche verjährten nach § 477 BGB a.F. bei beweglichen Sachen grundsätzlich in 6 Monaten von der Ablieferung an. In Rechtsprechung und Literatur bestand, selbst wenn die kaufrechtlichen Vorschriften angewendet wurden, die einhellige Auffassung, dass sich die kurze Verjährungsfrist für den Lizenzvertrag nicht eignete und dass sie daher keine Anwendung finden konnte. Der Grund für die Ablehnung der kurzen Verjährung dürfte darin gelegen haben, dass der Lizenzvertrag ein Dauerschuldverhältnis ist und daher die Geltendmachung von Mängeln während der gesamten Vertragsdauer möglich sein muss.72

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Zeigte der Lizenznehmer dem Lizenzgeber das Vorliegen eines Mangels an und forderte er ihn zur Beseitigung desselben innerhalb einer angemessenen Frist auf, so konnte der Lizenznehmer den Mangel nach erfolglosem Ablauf der Frist selbst beseitigen und Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen. Stellte also der Lizenznehmer z.B. fest, dass die Erfindung noch nicht ausgereift und daher die technische Ausführbarkeit noch nicht gegeben war, so konnte er bei Anwendung der pachtrechtlichen Bestimmungen den Lizenzgeber auffordern, die Erfindung unter Hinweis auf die aufgetretenen Schwierigkeiten in angemessener Frist zu überarbeiten. Die Praxis verfuhr häufig in dieser Weise.

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Die Beurteilung, wann eine Frist angemessen ist, kann schwierig sein. Allgemeine Richtlinien lassen sich hierfür nicht aufstellen. Ausschlaggebend ist, wie lange es dem Lizenznehmer zugemutet werden kann, auf die Durchführung der Überarbeitung zu warten. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

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Kam der Lizenzgeber mit der Beseitigung des Mangels in Verzug, so hätte man entsprechend den Pachtbestimmungen dem Lizenznehmer das Recht einräumen müssen, an der Erfindung selbst Entwicklungsarbeiten vorzunehmen. Hierzu durfte er die erforderlichen Konstruktionsarbeiten, Versuche und dgl. an der Erfindung durchführen. Die Kosten für die Arbeit der hierbei beschäftigten Ingenieure, Techniker, Chemiker und des sonstigen Personals sowie die Materialkosten konnten dem Lizenzgeber in Rechnung gestellt werden, soweit sie in angemessenem Verhältnis standen.

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War der Mangel schon zur Zeit der Einräumung der Lizenz vorhanden, wie dies bei Erfindungen sehr häufig der Fall ist, oder kam der Lizenzgeber mit der Beseitigung des Mangels in Verzug, so konnte der Lizenznehmer anstelle der oben dargestellten Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.73 Dies entsprach im Ergebnis trotz des grundsätzlich anderen Ansatzes inhaltlich der Auffassung des Bundesgerichtshofs.74 Allerdings war nach seiner Auffassung ein sog. „Vertretenmüssen“, d.h. ein Verschulden des Lizenzgebers, erforderlich. Nach der hier vertretenen Auffassung hatte der Lizenzgeber aber auch für Sachmängel einzustehen, wenn ihn kein Verschulden traf. Ausgehend von der Pachtverträgen immanenten stillschweigenden Garantie75 war auch bei Lizenzverträgen die Haftung unabhängig von einem evtl. Verschulden des Lizenzgebers. Die Haftung war auch unabhängig davon, ob der Lizenzgeber den Mangel kannte oder ob er erkennbar war,76 da auch der Pächter die Gefahr aller geheimen Mängel trug.77

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Damit konnte sich für den Lizenzgeber ohne Frage ein erhebliches Risiko ergeben. War dieses Risiko im Einzelfall zu groß, musste der Lizenzgeber seine Haftung einschränken, wie dies in Lizenzverträgen regelmäßig in erheblichem Umfange geschah. Wesentliche Unterschiede bestanden in praktischer Hinsicht zwischen den Fällen, in denen die Erfindungen schon industriell ausgewertet wurden, gegenüber denjenigen, bei denen dies noch nicht geschehen war. Während man im ersten Fall dem Lizenznehmer den Gegenstand vorführen und er sich mit dem, was ihm vorgeführt wurde, einverstanden erklären konnte, war dies im zweiten Fall nicht möglich. Dennoch wurde in beiden Fällen die Haftung für die industrielle Herstellung meist ausgeschlossen, weil man nie weiß, ob nicht beim Lizenznehmer andere technische Voraussetzungen vorliegen. Wurde in solchen Fällen lediglich ein Kündigungsrecht für den Lizenznehmer festgelegt, eine Haftung auf Schadensersatz jedoch ausgeschlossen, konnten lange Auseinandersetzungen darüber, warum die industrielle Herstellung nicht erreicht werden konnte, in großem Umfange ausgeschlossen werden.

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Geht man davon aus, dass der Lizenzgeber nur für die technische Ausführbarkeit einzustehen hat, so ergibt sich, dass der Lizenznehmer als Schaden nicht auch den Gewinn geltend machen kann, den er hätte erzielen können, wenn er die Erfindung fabrikmäßig hätte herstellen können. Eine Haftung für den entgangenen Gewinn hätte vorausgesetzt, dass der Lizenzgeber auch für die fabrikmäßige Ausführbarkeit einzustehen hatte.78 Dementsprechend wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass der Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers der Höhe nach auf die Aufwendungen des Lizenznehmers beschränkt wird.79 Dies entspricht mithin dem Gedanken einer angemessenen Risikoverteilung. Der Bundesgerichtshof hatte in einer grundlegenden Entscheidung die Frage der Höhe des Schadensersatzes absichtlich offengelassen, da es in der konkreten Entscheidung nur um den Aufwendungsersatz ging.80 Konsequenterweise konnte man den Lizenzgeber aber auch dann hinsichtlich der Aufwendungen, die der Lizenznehmer für die Auswertung seiner Lizenz getroffen hat, nur insoweit haften lassen, als die Aufwendungen für die technische Ausführung erforderlich waren, nicht aber für diejenigen, die der Lizenznehmer in der Erwartung gemacht hatte, dass die Erfindung fabrikmäßig herzustellen war. Reimer kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Er begründete es mit Billigkeitserwägungen und dem mutmaßlichen Parteiwillen. Er führte hierzu aus, dass bei der Zubilligung von Auslagenersatz zu prüfen ist, ob dies dem Willen der Parteien entspricht. Der Lizenznehmer werde in der Regel Aufwendungen in nennenswertem Umfang erst dann machen, wenn er sich von der technischen Ausführbarkeit der Erfindung überzeugt hat. Mache er Aufwendungen, ohne diese Prüfung vorgenommen zu haben, so werde der Wille der Vertragsparteien oft dahingehen, dass diese Aufwendungen auf jeden Fall vom Lizenznehmer getragen werden sollen. Gegenüber dieser Begründung ist darauf hinzuweisen, dass Billigkeitserwägungen nach unserem Recht Grenzen gesetzt sind. Beim Abschluss von derartigen Verträgen denken die Parteien erfahrungsgemäß meist nicht daran, in welchem Umfang gehaftet werden soll. Unter diesen Umständen ist das Arbeiten mit einem mutmaßlichen Parteiwillen sehr problematisch.

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Gingen die Vertragspartner bei Vertragsschluss davon aus, dass die Erfindung bereits fabrikationsreif war und hatten sie dies dem Vertrag zugrunde gelegt, so hatte der Lizenzgeber auch für die fabrikmäßige Ausführbarkeit einzustehen.81 Man konnte jedoch nur, wenn besondere Anhaltspunkte hierfür gegeben waren, annehmen, dass die Fabrikationsreife auch zur Vertragsgrundlage gemacht wurde. Unter Umständen konnte dies auch stillschweigend geschehen.

Hier musste man jedoch besonders strenge Anforderungen stellen. Hatte der Lizenzgeber hiernach für die fabrikmäßige Ausführbarkeit einzustehen, so konnte der Lizenznehmer bei ihrem Fehlen die oben dargestellten Rechte geltend machen. Darüber hinaus konnte er Schadensersatz für den ihm entgangenen Gewinn fordern sowie Ersatz für die vergeblichen Aufwendungen für die fabrikmäßige Herstellung verlangen.