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II. Ausübungspflicht
1. Entstehen der Ausübungspflicht
a) Allgemeines

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Wie sich schon aus dem Kapitel über die Pflicht zur Zahlung einer Lizenzgebühr93 ergibt, hängt die Höhe der Lizenzgebühr häufig von der Höhe der Produktion oder dem Umsatz ab. Aber auch unabhängig davon kann der Lizenzgeber ein Interesse daran haben, dass die Lizenz ausgewertet wird und dass sich der Lizenznehmer intensiv für den Vertrieb der aufgrund der Lizenz hergestellten Gegenstände einsetzt. So kann z.B. dem Erfinder daran gelegen sein, dass sich seine Erfindung durchsetzt. Erteilt ein Unternehmer Lizenz für ein fremdes Land nur, weil er infolge der Importbestimmungen des betreffenden Landes zumindest vorübergehend nicht liefern kann, wobei häufig auch der Name des Lizenzgebers auf den aufgrund des Vertrags hergestellten Erzeugnissen anzubringen ist, so soll durch die Lizenz auch der Markt für den Unternehmer erhalten bleiben und vermieden werden, dass sein Name in Vergessenheit gerät. Daher wird in Lizenzverträgen häufig eine Ausübungspflicht ausdrücklich vereinbart, insbesondere auch, wenn Stücklizenzgebühren vereinbart wurden.94

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Es erhebt sich aber die Frage, ob der Lizenznehmer auch ohne besondere Vereinbarung eine Ausübungspflicht hat. Ausschlaggebend hierfür ist der Parteiwille. Ist er nicht ausdrücklich niedergelegt, so muss untersucht werden, ob er sich aus den Vertragsverhandlungen oder aus der Ausgestaltung des Vertrages ergibt. Lässt sich hieraus nichts entnehmen, so ist festzustellen, welches der mutmaßliche Wille der Parteien war. Dies ist oftmals schwierig.95

In der Literatur wurde der Versuch unternommen, die Kriterien zu finden, bei deren Vorhandensein eine Ausübungspflicht anzunehmen ist. Verschiedentlich wollte man die Ausübungspflicht aus der Rechtsnatur des Lizenzvertrages ableiten, weil es sich um einen verlagsähnlichen Vertrag handle.96 Wie problematisch es ist, Schlüsse aus der Rechtsnatur des Lizenzvertrages zu ziehen, ergibt sich schon daraus, dass über diese große Meinungsverschiedenheiten bestehen.97 Ein Teil der Literatur stellte vor allem darauf ab, ob die Verpflichtung zur Zahlung einer Gebühr von der Ausübung abhängig ist oder nicht.98

b) Ausübungspflicht bei einer ausschließlichen, alleinigen Lizenz99

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Eine Ausübungspflicht wird in der Literatur grundsätzlich dann angenommen, wenn eine ausschließliche Lizenz erteilt wird.100 Gleiches gilt für eine alleinige Lizenz. Auch die Rechtsprechung scheint sich dieser Auffassung anzuschließen.101 Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass „grundsätzlich“ im juristischen Sprachgebrauch bedeutet, dass Ausnahmen bestehen. Solche können insbesondere dann vorliegen, wenn aus den Vertragsbestimmungen etwas anderes geschlossen werden muss. Lüdecke begründet die Ausübungspflicht bei der ausschließlichen Lizenz damit, dass der Lizenzgeber für die Vertragsdauer alles aus der Hand gebe, weil er nicht, wie bei der einfachen Lizenz, weitere Lizenzen vergeben könne und die wirtschaftliche Auswertung sowie die Wahrnehmung seines Interesses an dem Vertrieb der Erzeugnisse allein dem Lizenznehmer überlasse. Wer, wie hier der Lizenznehmer, eine derartige ausschließliche Stellung erlange, werde in der Regel verpflichtet sein, mit der Erfindung das zu tun, was man gemeinhin mit gewerblichen Schutzrechten mache, nämlich sie auszuwerten. Je mehr dieses ausschließliche Recht durch vertragliche Vorbehalte eingeschränkt werde, desto eher könne eine Ausnahme von der Ausübungspflicht bestehen. Nach Auffassung von Schade spricht die Vereinbarung einer Pauschalgebühr auch bei ausschließlichen Lizenzen gegen eine Ausübungspflicht.102

c) Ausübungspflicht bei einer einfachen Lizenz103

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Hinsichtlich der einfachen Lizenz gehen die Meinungen auseinander. Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, die Erteilung einer einfachen Lizenz spreche gegen eine Ausübungspflicht.104 Dagegen wird die Ausübungspflicht auch für die einfache Lizenz, z.T. allerdings mit Einschränkungen, von Möhring und Reimer bejaht.105

Im Allgemeinen wird man bei der einfachen Lizenz eine Ausübungspflicht verneinen müssen, wenn nicht besondere Umstände für sie sprechen, weil hier dem Lizenznehmer keine Monopolstellung eingeräumt wird und der Lizenzgeber die Möglichkeit hat, neben dem Lizenznehmer selbst herzustellen und zu vertreiben oder weitere Lizenzen zu vergeben.

Aus der Tatsache, dass eine Stück- oder Umsatzlizenz vereinbart ist, kann eine Ausübungspflicht bei der einfachen Lizenz noch nicht entnommen werden. Es müssen noch weitere Umstände hinzukommen, die für eine Ausübungspflicht sprechen. Dies ist z.B. der Fall, wenn dem Lizenznehmer außer dem Recht, ein Schutzrecht zu verwerten, noch zusätzliche Informationen gegeben werden. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass der Lizenzgeber eine Leistung erbringt – in diesem Fall die Information –, ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten. Das Entgelt ist aber insoweit von der Ausübung abhängig. Werden außer der Einräumung des Benutzungsrechts keine weiteren Leistungen erbracht, so kann man die Auffassung vertreten, dass der Anspruch auf eine Gegenleistung erst begründet ist, wenn der Lizenznehmer von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch macht. Nach Meinung von Schade hat sich in Abweichung von der hier vertretenen Ansicht für den deutschen Rechtskreis der Grundsatz herausgeschält, dass bei der einfachen Lizenz, für die eine Stück- oder Umsatzlizenz vereinbart ist, eine Ausübungspflicht besteht.106

Lüdecke und Schade sind der Auffassung, dass die zusätzliche Vereinbarung einer Mindestlizenz den Schluss nahelegt, dass eine Ausübungspflicht nicht gewollt sei, weil dem Lizenzgeber durch die Mindestlizenz die Lizenzgebühr unabhängig von der Herstellung und vom Umsatz gesichert sei. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass derartige Mindestlizenzen gerade vereinbart werden, um die Ausübung durch den Lizenznehmer sicherzustellen.107

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Aus den obigen Ausführungen108 ergibt sich, dass die Vertragspartner in jedem Fall, auch bei der Erteilung von ausschließlichen Lizenzen, ausdrücklich bestimmen sollten, ob eine Ausübungpflicht besteht oder nicht. Die Vereinbarung einer Ausübungspflicht ist auch bei einfachen Lizenzen regelmäßig zulässig.109

2. Umfang der Ausübungspflicht
a) Beginn der Produktion

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Steht die Ausübungspflicht fest, so muss deren Inhalt ermittelt werden. Dieser hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Lizenznehmer muss unverzüglich alle Schritte unternehmen, die zur Auswertung der Lizenz erforderlich sind, d.h. er darf bei der Aufnahme der Produktion nicht schuldhaft zögern. Dabei kommt für die Zeit bis zur Produktionsaufnahme eine längere Frist in Betracht, wenn die Lizenz für eine Erfindung gegeben wird, die nach übereinstimmender Auffassung beider Vertragspartner noch nicht produktionsreif ist und die erst vom Lizenznehmer durchkonstruiert werden soll. Dasselbe gilt, wenn der Lizenznehmer eine völlig neue Produktion aufnehmen muss. Wird eine Lizenz für eine ausgereifte Erfindung an einen Unternehmer gegeben, bei dem die erforderlichen Produktionsmittel schon vorhanden sind und der in derselben Branche bereits tätig ist, so ist die Frist kürzer zu bemessen. Der Lizenznehmer kann sich, wenn er mit der Herstellung überhaupt nicht beginnt oder sie verzögert, nicht darauf berufen, dass ihm das erforderliche Kapital fehle oder dass er sich die notwendigen Mittel erst habe beschaffen müssen.110

Hat der Lizenzgeber ein besonderes Interesse daran, dass die Produktion bald aufgenommen wird, so sollten hierüber konkrete Abmachungen getroffen werden. Dies hat allerdings in der Regel zur Voraussetzung, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der bereits produktionsreif ist. Sind noch Entwicklungsarbeiten erforderlich, so ist häufig schwierig zu bestimmen, bis wann diese abgeschlossen sein müssen.

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Die Entscheidung, in welchem Umfang die Herstellung begonnen wird, liegt im Allgemeinen beim Lizenznehmer. Dieser ist allerdings in der Regel gehalten, Gegenstände, die normalerweise in Serienproduktion hergestellt werden, ebenfalls in Serie herzustellen, wenn hiervon die Wettbewerbsfähigkeit abhängt. Diese Entscheidungsbefugnis des Lizenznehmers erklärt sich daraus, dass das wirtschaftliche Risiko zwar nicht ausschließlich, aber vor allem und in erster Linie bei ihm liegt.111

Als Unterfälle des wirtschaftlichen Unternehmerrisikos verweist Schade auf Rentabilitätsschwierigkeiten in kaufmännischer Hinsicht, wie sie sich besonders in Absatzschwierigkeiten, durch Auftragsmangel oder -rückgang, Erschwerung in der Rohstoffbeschaffung und Schwierigkeiten bei der Auswertung der Lizenzrechte durch Mangel an finanziellen Mitteln und Kredit zeigen.112 Eine Grenze der Ausübungspflicht ergibt sich allerdings dort, wo für den Lizenznehmer die Grenze der Zumutbarkeit überschritten wird und daher die sich aus dem Vertrag ergebende Ausübungspflicht wegen Unzumutbarkeit entfällt.113

b) Qualitätserfordernisse

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Es kommt nicht nur darauf an, dass der Lizenznehmer herstellt, sondern auch wie er herstellt. Abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das der Lizenzgeber an der Qualität der Erzeugnisse hat, wenn die Lizenzgebühr von der Produktion oder vom Umsatz abhängig ist, kann für ihn die Qualität der Erzeugnisse vor allem dann von besonderem Interesse sein, wenn der Lizenzvertrag nur deshalb geschlosssen wurde, weil der Lizenzgeber in das betreffende Land nicht mehr exportieren kann und daher gezwungen ist, sich den Markt durch Lizenzvergabe offenzuhalten.

Qualitätssicherungsvereinbarungen können nicht nur die Qualitätskontrollrechte des Lizenzgebers, sondern auch dessen Buchprüfungsrechte bzgl. der Lizenzgebühren erheblich verstärken.

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Damit der Name oder die Firma des Lizenzgebers bekannt wird bzw. nicht in Vergessenheit gerät, wird der Lizenznehmer häufig verpflichtet, am Lizenzgegenstand ein Schild mit einem Vermerk „Lizenz Firma X“ anzubringen. Meist handelt es sich gerade in diesen Fällen um Entwicklungsländer, bei denen oft die Voraussetzungen für eine Qualitätserzeugung, wie sie in Deutschland üblich ist, nicht erwartet werden können. Bei Softwareprodukten ist ein Lizenzvermerk oft so installiert, dass er beim ersten Erscheinen der Software bzw. deren Visualisierung auf dem Bildschirm oder auf einem Ausdruck immer sichtbar wird.

Es empfiehlt sich daher, genaue Vereinbarungen über die Qualitätserfordernisse zu treffen. Dies kann dadurch geschehen, dass im Einzelnen festgelegt wird, welches Material zu verwenden ist, welche Leistungen die herzustellenden Produkte zu erbringen haben, welche Toleranzen zulässig sind und dgl. mehr.

Stellt der Lizenzgeber die Erzeugnisse auch selbst her, so wird vielfach bestimmt, dass der Lizenznehmer in der gleichen Qualität wie der Lizenzgeber herstellen muss (Referenzprodukt). Verschiedentlich wird dies jedoch nicht möglich sein, weil die Voraussetzungen in dem Land, in dem die Herstellung erfolgen soll, nicht vorliegen, z.B. weil die erforderlichen Fachkräfte nicht vorhanden sind oder das erforderliche Material – wie Guss – nicht in derselben Güte vorhanden ist. Hier versucht man sich zuweilen dadurch zu helfen, dass der Lizenznehmer verpflichtet wird, bestimmte Rohstoffe oder Teile vom Lizenzgeber zu beziehen.114

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Werden hinsichtlich der Qualität Abmachungen getroffen, so sollte auch bestimmt werden, in welcher Weise der Lizenzgeber deren Einhaltung überwachen darf und welche Rechte ihm zustehen, wenn er Mängel feststellt. Diese Frage spielt eine besondere Rolle nicht nur bei Lizenzen für Entwicklungsländer. Bei derartigen Verträgen hat der Lizenzgeber häufig Ingenieure abzustellen, die den Lizenznehmer bei dem Aufbau der Lizenzherstellung bzw. bei der Einarbeitung in das neue technische Arbeitsgebiet, teilweise aber auch während der Fabrikation beraten. Diesen kann die Aufgabe übertragen werden, die Erzeugnisse auf ihre Qualität zu überprüfen. Für den Fall, dass sich Mängel herausstellen, kann das Recht eingeräumt werden, die Auslieferung der mangelhaften Gegenstände zu untersagen. Bei wiederholten schwerwiegenden Verstößen kann ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Kündigung des Lizenzvertrages vorliegen.115

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Ist eine Beratung durch Ingenieure des Lizenzgebers nicht vorgesehen, so muss dieser sich das Recht vorbehalten, selbst oder durch seine Beauftragten Stichproben vorzunehmen. Dabei ist im Einzelnen zu beachten, ob diese Stichproben in unbeschränkter oder beschränkter Zahl vorgenommen werden dürfen und ob sie hinsichtlich der gesamten Herstellung oder nur des Enderzeugnisses zulässig sind. Will der Lizenznehmer dem Lizenzgeber z.B. evtl. aus Konkurrenzgründen keinen zu genauen Einblick in seinen Betrieb geben, so kann unter Umständen ein neutraler Sachverständiger mit der Überprüfung beauftragt werden. Es sollte jedoch vermieden werden, zu weitgehende Überwachungs- und Kontrollbefugnisse zugunsten des Lizenzgebers zu vereinbaren. Die Kontrollbefugnisse des Lizenzgebers sind jedoch durch das berechtigte Interesse des Lizenzgebers an einer einwandfreien Ausnutzung der Lizenz bzw. einwandfreien Produktion jedenfalls insoweit gerechtfertigt, als sie sich auf den Lizenzbereich beschränken.

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Die Darlegungen über die Qualität gelten auch für die Lizenzverträge, bei denen keine Ausübungspflicht besteht, sofern der Lizenznehmer die ihm eingeräumten Rechte benutzt.

c) Ausübungspflicht und Preisgestaltung

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In seiner Preisgestaltung ist der Lizenznehmer grundsätzlich frei. Er darf dieses Recht jedoch nicht missbrauchen. Er darf also seine Ausübungspflicht nicht dadurch zunichtemachen, dass er zu hohe Preise ansetzt und infolgedessen keinen angemessenen Umsatz erzielen kann. Bezüglich der Vereinbarungen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer über bestimmte Preise ist auf die Ausführungen unten zu verweisen.116

3. Werbung

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Mit den technischen Vorbereitungen, die der Lizenznehmer für die Herstellung trifft, hat er noch nicht alles getan, um den Absatz der Erzeugnisse sicherzustellen. Neben den technischen müssen auch die kaufmännischen Voraussetzungen geschaffen werden. Hierzu gehört neben der Errichtung der erforderlichen Absatzorganisation insbesondere die Werbung. Mit dieser Frage hat sich das Kammergericht117 eingehend befasst. Es führte aus, dass der Nehmer einer ausschließlichen Lizenz nicht nur herstellungs- und vertriebspflichtig, sondern auch werbepflichtig sei. In welchem Umfang dem Lizenznehmer eine Werbung zugemutet werden könne, sei nur nach Lage des Einzelfalls zu beantworten. Das Kammergericht erwähnte dann weiter, dass sich der Lizenznehmer nicht darauf berufen könne, dass er schon für die Produktion so viel Kapital verwenden müsse, dass er für die Werbung nichts mehr zur Verfügung gehabt habe. Der Lizenznehmer müsse sich das erforderliche Kapital entweder beschaffen oder den Abschluss des Lizenzvertrages ablehnen. Im Übrigen kommt es dafür, in welcher Art und in welchem Umfang die Werbung durchzuführen ist, vor allem darauf an, an wen sie sich wendet und was in der Branche üblich ist.

Ähnlicher Ansicht ist auch der Bundesgerichtshof, allerdings in einem Fall, der die ausschließliche Lizenzierung von Verlagserzeugnissen betraf.118 Der Bundesgerichtshof verweist auf das wirtschaftliche Risiko, das der Lizenznehmer trägt und folgert daraus, dass dieser auch die Werbemaßnahmen ergreifen kann, die ihm als wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Allerdings darf auf die Werbung jedenfalls dann nicht verzichtet werden, wenn wirtschaftlich die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Einsatz der Mittel Erfolg verspricht. Der Bundesgerichtshof stellt auf die Verbreitung in handelsüblicher Weise ab, obwohl es sicherlich nicht immer einfach sein wird, den Inhalt insofern näher zu bestimmen.119 Allerdings warnt Schade wohl zu Recht davor, die Pflichten des Lizenznehmers zu überspannen. Nach seiner Auffassung liegt es im freien, wenn auch im pflichtgemäßen Ermessen des Lizenznehmers, den Einsatz sowie den Umfang seiner Werbung zu bestimmen.120

Da daher Weisungs- und Kontrollrechte des Lizenzgebers hinsichtlich der vorzunehmenden Werbung nicht ohne Weiteres anzunehmen sind, wird in Lizenzverträgen verschiedentlich vorgesehen, dass für die Werbung ein fester Betrag oder ein feststehender Prozentsatz vom Verkaufswert zu verwenden ist.121

4. Verletzung der Ausübungspflicht

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Die Ausübungspflicht ist, soweit sie besteht, in der Regel eine Hauptpflicht. Erfüllt der Lizenznehmer seine Ausübungspflicht nicht, so kann ihm der Lizenzgeber eine Frist setzen mit der Erklärung, dass er nach Ablauf der Frist die Annahme der Leistung verweigere.122 Läuft die Frist fruchtlos ab, so wird man dem Lizenzgeber das Recht einräumen müssen, nach seiner Wahl entweder Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen oder den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen.

Ist der Lizenznehmer während längerer Zeit seiner Ausübungspflicht nicht nachgekommen, so ist dem Lizenzgeber nicht damit gedient, dass er dem Lizenznehmer eine Frist setzt mit der Aufforderung, zu erfüllen. Der Lizenznehmer kann in diesem Fall seiner Aufgabe nur für die Zukunft gerecht werden. Für die bereits verstrichene Zeit ist die Erfüllung dagegen unmöglich. Dies kann auch nicht durch die Aufnahme der Produktion für die Zukunft wieder gutgemacht werden. Das Reichsgericht hat daher in einer Entscheidung123 für die Jahre, während derer der Lizenznehmer seiner Ausübungspflicht nicht nachgekommen war, Schadensersatz wegen nachträglicher vom Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit zugesprochen.124 Es handelt sich hier nur um eine teilweise Unmöglichkeit, weil die Primärleistung für die Zukunft noch möglich ist. Eine teilweise Kündigung des Vertrages, durch die der in § 325 BGB a.F. vorgesehene Rücktritt ersetzt wird, ist wohl auch nach dem neuen, ab 1.1.2002 geltenden Schuldrecht (§§ 543 Abs. 1, 314 BGB n.F.) nicht möglich, weil dies dem Vertragszweck widerspräche. Es handelt sich beim Lizenzvertrag um einen einheitlichen Vertrag, der sich nicht in Teile zerlegen lässt. Dagegen kann der Lizenzgeber, wenn er an der Teilleistung, also der Herstellung und dem Vertrieb, für die Zukunft kein Interesse mehr hat, Schadensersatz statt der Leistung fordern und den ganzen Vertrag kündigen, wobei wiederum das Kündigungsrecht an die Stelle des in § 325 BGB a.F. vorgesehenen Rücktrittsrechts tritt bzw. trat (§§ 323, 280, 281, 325, 543 Abs. 1, 314 BGB n.F.). Bisher (bis 31.12.2001) konnte nur Schadensersatz verlangt werden oder (!) Rücktritt bzw. Kündigung erfolgen. Ein Wegfall des Interesses an der Primärleistung kann z.B. dann gegeben sein, wenn der Lizenznehmer seinen Verpflichtungen während langer Zeit nicht nachkommt und zu befürchten ist, dass sich das Erzeugnis nicht mehr durchsetzen kann. Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstands ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.125

Soweit eine Ausübungspflicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart wird, ist es auch möglich, die Erfüllung dieser Verpflichtung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe abzusichern.126 Hier sollte dann die Mindestmenge festgelegt werden, die der Lizenznehmer zu produzieren hat, und in eindeutiger Weise eine Vertragsstrafe definiert werden.

5. Wegfall der Ausübungspflicht

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Die Ausübungspflicht findet ihre Grenze an der Unzumutbarkeit der Ausübung der Lizenz. Die Rechtsprechung hat wiederholt betont, dass die Beurteilung einer Ausübungspflicht in besonderem Maße dem Grundsatz von Treu und Glauben unterliegt.127 Die Ausübungspflicht entfällt daher dann, wenn es dem Lizenznehmer nicht zugemutet werden kann, sie zu erfüllen, oder aber es aus wirtschaftlichen Gründen für den Lizenznehmer unzumutbar ist, den Lizenzgegenstand herzustellen oder zu vertreiben.128 Eine Grenze für die Zumutbarkeit der Ausübungspflicht ist nach dem Bundesgerichtshof insbesondere dann gegeben, wenn der Lizenznehmer bei der Ausübung der Lizenz nur noch „mehr oder weniger unverkäuflichen Schrott produzieren“ und „sehenden Auges dem Ruin entgegenwirtschaften“ würde. Für die Frage, ob ein Lizenznehmer durch die Nichtausübung der Lizenz gegen den Vertrag verstößt und sich schadensersatzpflichtig macht, ist daher entscheidend, ob eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des Lizenzgegenstandes möglich ist.129 Ist eine solche nicht möglich, entfällt eine vertraglich übernommene Ausübungspflicht ohne Rücksicht darauf, ob der Lizenznehmer den Lizenzvertrag gekündigt hat.

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Die Beurteilung der Zumutbarkeit setzt eine gründliche Prüfung der Absatzmöglichkeiten des Lizenzgegenstandes voraus, die sich neben einer Marktanalyse auch mit der Frage auseinandersetzen sollte, ob der Lizenznehmer alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, den Lizenzgegenstand technisch zu vervollkommnen, rationeller zu fertigen und ob er die den Preis rechtfertigenden Gebrauchsvorteile werbemäßig ausgenutzt hat.130 Dabei trägt der Lizenznehmer ggf. die Beweislast für das Vorliegen der Unzumutbarkeit.131

Hinsichtlich der Auswirkungen eines Wegfalls der Ausübungspflicht auf eine ggf. vereinbarte Mindestlizenz ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.132

93 Vgl. oben Rn. 103 ff. 94 Vgl. BGH, 17.4.1969, BGHZ 52, 55, 58; OLG München, 10.1.1985 „Steinmetzbrot“, WuW/E 1985, 917; OLG Düsseldorf, 14.7.1987, „Stützwinkelpatent“, WuW/E 1985, 900; BGH, 20.7.1999, GRUR 2000, 138 ff.; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; siehe auch die Überblicke bei Henn, Rn. 277 ff. m.w.N.; Benkard, PatG, Rn. 134 ff. zu § 15; vgl. auch OLG Köln, 14.11.1994, CR 1995, 340 f., bzgl. der Pflicht des Leasinggebers zur bestmöglichen Verwertung des Leasinggutes und Coster, GRUR 1996, 905 ff., zur Ausübungspflicht bei Auftragswerken im niederländischen Urheberrecht. 95 Vgl. Lüdecke, GRUR 1952, 211; Bartenbach, Rn. 1895 ff. 96 Vgl. Pinzger, MuW 1910, 238 ff.; Wertheimer, GRUR 1930, 581. 97 Vgl. Rn. 13 ff. 98 Vgl. Elster, JW 1933, 2509; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 78 zu § 9; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; Wertheimer, GRUR 1930, 578; KG, 8.5.1935, GRUR 1935, 892; RG, 3.10.1936, GRUR 1937, 37. 99 Zum Begriff vgl. Rn. 36, 38. 100 Benkard, PatG, Rn. 134 zu § 15; Isay, 347; Kohler, S. 508; Lüdecke, GRUR 1952, 211; Schade, S. 31, mit zahlreichen Literaturangaben; Tetzner, Anm. 20 zu § 9; Henn, Rn. 277 ff.; Pagenberg/Beier, S. 236 ff.; a.M. Rasch, S. 55, und GRUR 1937, 1; BGH, 20.7.1999, WRP 1999, 1297 ff. 101 Vgl. KG, 3.9.1938, GRUR 1939, 66; siehe auch RG, 14.5.1935, GRUR 1935, 590, wo die Ausübungspflicht für eine ausschließliche Lizenz, die allerdings auf einen begrenzten Bezirk beschränkt war, verneint wurde; vgl. auch BGH, 17.4.1969, BGHZ 52, 55, 58; OLG Frankfurt a.M., 19.6.1992, BB 1992, Heft 28, IV, wonach der Abnehmer eines Lizenz- und Vertriebsvertrags über Computersoftware eine Hauptpflicht (!) verletzt, wenn er die Abnahme der vereinbarten jährlichen Mindestmenge grundlos verweigert; BGH, 20.7.1999, GRUR 2000, 138 ff. 102 Schade, S. 39, 40. 103 Zum Begriff vgl. Rn. 39. 104 Vgl. Bechert, S. 31 (Widerspruch, 18); Groß, GRUR 1951, 369; Rasch, S. 39; Schade, S. 34; etwas abgeschwächt wird diese Auffassung auch von Tetzner, Anm. 20 zu § 9 PatG; siehe auch Henn, Rn. 278 f.; Pagenberg/Beier, S. 386 ff.; Benkard, PatG, Rn. 135 zu § 15; Bartenbach, Rn. 1899; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., 19.11.1992, CR 1994, 156 ff., zu Mindestabnahmepflichten bei nichtausschließlichen Softwarevertriebslizenzen. 105 Klauer/Möhring, PatG, Rn. 96 zu § 9; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; so inzwischen auch BGH, 24.9.1979, GRUR 1980, 38 = Mitt. 1980, 35 = IIC 11, 503. 106 Schade, S. 43, 44 mit zahlreichen Zitaten. 107 Zustimmend: Bartenbach, Rn. 1900, und Pagenberg/Beier, S. 258 ff.; a.A. wohl Henn, Rn. 279, und Benkard, PatG, Rn. 135 zu § 15. 108 Vgl. Lüdecke, GRUR 1952, 211; Schade, S. 41 f. 109 BGH, 24.9.1979, GRUR 1980, 38, 40; Benkard, PatG, Rn. 135 zu § 15; dies wird auch durch die GFTT Nr. 240/96 bestätigt, vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 9, 17; Anhang II. 2. d). 110 KG, 3.9.1938, GRUR 1939, 66, wo ausgeführt wurde, dass sich der Lizenznehmer wegen unterlassener Werbung nicht auf Kapitalmangel berufen kann; so auch Henn, Rn. 284, und Benkard, PatG, Rn. 136 ff. zu § 15 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur. 111 Vgl. dazu BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166 m.w.N.; BGH, 23.3.1982, BGHZ 83, 283, 289; Benkard, PatG, Rn. 136 ff. zu § 15; Henn, Rn. 280 ff. 112 Vgl. Schade, 91 f.; Henn, Rn. 283; Benkard, PatG, Rn. 138 ff. zu § 15 m.w.N. 113 BGH, 11.6.1969, GRUR 1970, 40; BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; vgl. dazu im Einzelnen unter Rn. 164; siehe auch Henn und Benkard (oben Fn. 112). 114 Vgl. Rn. 197 und wegen der kartellrechtlichen Zulässigkeit Rn. 537 ff., 587 ff., 702, 897 ff. 115 Vgl. Rn. 485 f.; Benkard, PatG, Rn. 209 ff. zu § 15. 116 Vgl. unten Rn. 191. 117 KG, 3.9.1938, GRUR 1939, 66; auch Henn, Rn. 284; Benkard, PatG, Rn. 147 zu § 15, und Pagenberg/Beier, S. 268 ff. 118 BGH, 11.6.1969, GRUR 1970, 40. 119 BGH, 11.6.1969, GRUR 1970, 40, mit Anmerkung von Bappert. 120 Schade, 74. 121 Zur Werbepflicht siehe z.B. Benkard, PatG, Rn. 147 zu § 15. 122 §§ 323, 280, 281, 325, 543 I, 314 BGB n.F.; Henn, Rn. 285; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., 19.6.1992, BB 28/1992, IV. 123 Vgl. RG, 14.1.1938, GRUR 1939, 380; Henn, Rn. 285; siehe auch Benkard, PatG, Rn. 134 ff., 138 zu § 15. 124 § 326 BGB a.F.; Henn und Benkard (wie oben Fn. 123). 125 Henn und Benkard (wie Fn. 123). 126 BGH, 17.4.1969, BGHZ 52, 55. 127 BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; Benkard, PatG, Rn. 138 zu § 15, und Henn, Rn. 286 f., der zur Begründung der Beschränkung der Ausübungspflicht durch den Zumutbarkeitsgrundsatz auf den Inhalt der Ausübungspflicht abstellt. 128 BGH, 11.6.1969, GRUR 1970, 40; BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; Benkard (wie Fn. 123, 127). 129 BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; Benkard (wie Fn. 123, 127). 130 Storch, GRUR 1978, 168; Benkard (wie Fn. 123, 127). 131 Bartenbach, Rn. 1912 m.w.N. 132 Vgl. dazu oben Rn. 118 f.