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Martin Kipka
SAP® Activate – Agilität in SAP-Implementierungsprojekten
Martin Kipka
SAP® Activate – Agilität in SAP-Implementierungsprojekten
ISBN:978-3-96012-646-1 (E-Book)
Lektorat:Anja Achilles
Korrektorat: Team Wallmow 65
Coverdesign: Philip Esch
Coverfoto: pavel1964 | Nr. 234657662 adobe.stock.com
Satz & Layout: Johann-Christian Hanke
1. Auflage 2020
© Espresso Tutorials GmbH, Gleichen 2020
URL: www.espresso-tutorials.de
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Inhaltsverzeichnis
Cover
Titelseite
Impressum
Vorwort
1 Einleitung
2 Einführung in SAP Activate
2.1 Framework-Bestandteile
2.2 Die kritischen Erfolgsfaktoren in Projekten
3 Unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen
4 Struktur der Methode
5 Die Phasen von SAP Activate
5.1 Wasserfall oder Agil?
5.2 Iteratives Vierphasenmodell mit unterschiedlichen Roadmaps am Beispiel SAP S/4HANA
6 Prepare-Phase
7 Explore-Phase
7.1 Deliverables der Explore-Phase
7.2 Backlog
7.3 User Stories
7.4 Activate Solution und Rapid Prototyping
7.5 Fit-Gap-Workshops und Delta Design
7.6 Organisational Change Management (OCM)
7.7 Legacy Data Migration
7.8 Realize and Sprint Planning
8 Exkurse
8.1 Mit oder ohne SAP Solution Manager
8.2 Best Practice Content
8.3 Alternative Tools
9 Realize-Phase
9.1 Deliverables der Realize-Phase
9.2 Sprint Planning
9.3 Sprint Execution (Configuration)
9.4 Daily Team Meeting
9.5 Scrum of Scrums
9.6 Walkthrough/Review
9.7 Data Migration
9.8 End-to-End-Tests
9.9 Operations Setup
9.10 Retrospective
10 Deploy Phase
10.1 Deliverables der Deploy-Phase
11 Beschleuniger/Accelerator
11.1 SAP Best Practices
11.2 Best Practice Explorer
11.3 Roadmap Viewer
11.4 SAP Jam
12 Rollen und Verantwortlichkeiten
12.1 Rollen im SAP-Activate-Projekt
12.2 Ein neues Mindset
12.3 Chicken and Pigs
12.4 Stakeholder Management
12.5 »Aber unsere Mitarbeiter benötigen Führung«
13 Aber ein Wasserfall ist auch toll (kritische Würdigung)
13.1 ASAP und andere Wasserfall-Modelle im Vergleich zu SAP Activate
13.2 SAP Activate im Vergleich zu einem reinen Scrum-Projekt
13.3 Agile Mythen
13.4 Projektmythen
14 Risikomanagement
15 Ihr Weg in ein S/4HANA-Projekt mit SAP Activate
15.1 Fragen zur Planung
15.2 Fragen zur Organisation
15.3 Tracking und Monitoring
15.4 Reviewing
15.5 Issue Management
15.6 Konfigurations- und Transportmanagement (Change Control)
15.7 Risikomanagement
15.8 Qualitätssicherung (QS)
16 Zusammenfassung
A Anhang mit Checklisten
Definition of Ready
Definition of Done
Definition of Shipable
Agile-Fitness-Check
B Der Autor
C Disclaimer
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Unser Ziel ist es, SAP-Wissen wie einen Espresso zu servieren: Auf das Wesentliche verdichtete Informationen anstelle langatmiger Kompendien – für ein effektives Lernen an konkreten Fallbeispielen. Viele unserer Bücher enthalten zusätzlich Videos, mit denen Sie Schritt für Schritt die vermittelten Inhalte nachvollziehen können. Besuchen Sie unseren YouTube-Kanal mit einer umfangreichen Auswahl frei zugänglicher Videos: https://www.youtube.com/user/EspressoTutorials.
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Eine Auswahl weiterer Bücher von Espresso Tutorials:
Jörg Marenk:IT-Projektmanagement im SAP® Solution Manager
Stefan Körner & Christina Dietrich:Testautomatisierung mit dem SAP® Solution Manager
Andreas Schuster:Praxishandbuch SAP® HANA – Administration
Andreas Unkelbach:SAP® S/4HANA Migration Cockpit – Datenmigration mit LTMC und LTMOM
Manfred Sprenger:Praxishandbuch SAP®-Basis – Troubleshooting in der Systemadministration
Vorwort
Die SAP hat alle ihre Kunden informiert, dass bis Ende 2027 das Upgrade auf S/4HANA abgeschlossen sein sollte, da zu diesem Zeitpunkt die normale Wartung für die SAP Business Suite 7 eingestellt wird. Von da an wird es noch bis Ende 2030 eine optionale Extended-Wartung geben. Dies fordert nun von allen Unternehmen, die ein SAP ERP in ihrer Systemlandschaft betreiben, über den Upgrade-Prozess nachzudenken. Während erste Unternehmen diesen bereits abgeschlossen haben und weitere sich zurzeit mitten im Prozess befinden, zögern andere noch, beispielsweise weil man sich damit schwertut, die in der Vergangenheit getätigten Investitionen in Eigenentwicklungen, User-Exits, Schnittstellen und Stammdatenerweiterungen zu verwerfen, um auf die neue Technologie der SAP umzusteigen. Vor dem Hintergrund, dass SAP-Implementierungsprojekte nicht gerade im Ruf stehen, besonders rasch und lautlos über die Bühne zu gehen, gewinnen Fragestellungen nach dem richtigen Projektvorgehen eine elementare Bedeutung.
In der IT-Welt wird alle paar Jahre »eine neue Sau durch das Dorf getrieben«, die unsere schöne, bunte Welt noch einfacher und besser machen soll – und das gilt eben auch für Vorgehensmodelle in Projekten. Zurzeit heißt diese Sau »Agile«.
Auch in Walldorf kann und will man sich dem Buzzword »Agile« nicht verschließen, und so wurde mit SAP Activate ein neues Implementierungs-Framework vorgestellt. Unter Einbeziehung agiler Techniken verspricht es ein Vorgehensmodell, das die Einführung oder den Umstieg auf SAP S/4HANA einfacher, schneller und günstiger machen soll. SAP sieht diese Implementierungsmethode nun auch für andere Produkte vor. Mithilfe von SAP Activate sollen zukünftig alle Implementierungen durchgeführt werden, die bisherigen Vorgehensweisen ASAP und SAP Launch werden nicht mehr weiterentwickelt.
Im vorliegenden Werk möchte ich das theoretische Hintergrundwissen zur Projektmethodik von SAP Activate vermitteln, aber auch die Grenzen aufzeigen, welche mir in der Praxis begegnet sind oder berichtet wurden, denn ein Fokussieren ausschließlich auf Agilität ist noch kein Garant für den Implementierungserfolg.
Insofern richtet sich dieses Buch an jene Leser, die bisher noch keine Erfahrungen in SAP-Activate-Projekten sammeln konnten. Sicherlich wird es das Lesen erleichtern, wenn Sie bereits grundlegendes Verständnis für Projektvorgehensmodelle haben, aber es ist keine Voraussetzung. Zielgruppe dieses Leitfadens können sowohl Mitglieder aller Ebenen eines bereits initiierten bzw. laufenden Implementierungsprojekts sein als auch Mitarbeiter eines Unternehmens, in denen ein solches Projekt ansteht, die nur mittelbar – vielleicht in der Rolle eines Stakeholders – mit dem Projekt zu tun haben, und die nun die neuen Fachbegriffe des Projektteams verstehen wollen.
Neben den theoretischen Grundlagen des Modells finden Sie immer wieder Tipps aus der Praxis und einige Links, hinter denen Sie weiterführende Informationen oder projektunterstützende Vorlagen finden.
Die Veröffentlichung dieses Buches fällt in die Zeit, in der die Gesellschaft in Europa sich intensiv mit dem Virus Covid-19 befassen muss. Gerade erst beschäftigte man sich mit einer Rückkehr in eine Art »Normalität«, schon müssen die meisten Staaten in den nächsten Lockdown gehen. Das Management auf allen Unternehmensebenen hat in den vergangenen Monaten intensiv dazugelernt: Statt langfristiger Budgetplanung hat kurzfristiges Agieren in kleinen Teams das unternehmerische Handeln bestimmt. Agilitätskonzepte, die ggf. schon vor Corona erörtert wurden, sind nun erheblich stärker in den Fokus gerückt und werden nachhaltiger verfolgt. Insgesamt wird die Arbeitswelt flexibler. Von der Politik, die im Krisenmodus das Land von Tag zu Tag und Woche zu Woche geführt hat, konnte man durchaus lernen. Gleiches gilt für die Digitalisierung: Hat in der Vergangenheit bereits allein die Entscheidungsfindung Monate, manchmal gar Jahre in Anspruch genommen, wurde jetzt regelmäßig die direkte Umsetzung erzwungen – und das in einem Bruchteil der Zeit.
Weltweit haben Menschen sehr viel häufiger digital kommuniziert und digitale Dienstleistungen in Anspruch genommen. Vieles davon wird bleiben und den Unternehmen neue Chancen eröffnen. Allerdings wird es auch zu einer Marktbereinigung kommen. Die meisten Verweigerer der Digitalisierung dürften zu den Verlierern dieser Veränderungsprozesse gehören. Arbeiten von Zuhause aus wird ermöglicht und erleichtert die Entscheidung, im Grünen zu wohnen, weil die zeitlichen und finanziellen Aufwendungen für die Fahrt zum Arbeitsplatz abnehmen. Regionen, die eine entsprechende digitale Infrastruktur bereithalten, sowie jene Unternehmen, die ihre Produkte aus der Cloud bereitstellen, werden wohl davon profitieren. Seit Jahren verfolgt die SAP diesen Weg, und nun bekommt er einen unerwarteten Beschleuniger.
Warum so viel (D)Englisch?
Ich möchte mich grundsätzlich vorab für das »Denglisch« in diesem Buch entschuldigen. Die IT wird zunehmend anglifiziert, und ich selbst empfinde es inzwischen als holpriger, wenn ich mich etwas verkrampft darum bemühe, jeden in der Praxis inzwischen eher gängigen englischen Begriff ins Deutsche zu übersetzen. Das mag aber der eine oder andere Leser anders bewerten. Ich hoffe, dass Sie trotzdem Gefallen an den Inhalten finden und mir folgen können. Apropos: Aus genau diesem Grund sind auch die meisten Abbildungen von SAP Activate in Englisch.
Danksagung
Nachdem ich im vergangenen Jahr nahezu durchgängig in agilen Projekten unterwegs war und mehrere SAP-Activate-Schulungen für das große Walldorfer Softwareunternehmen gegeben habe, ergab sich nun endlich ein Zeitfenster, in dem ich dieses kleine Werk vollenden durfte. Dazu trägt mein langjähriger Geschäftspartner Tony Dittmann bei, ohne den dieser Freiraum ganz sicher nicht entstanden wäre. Deshalb gebührt ihm auch mein ganz besonderer Dank.
Bevor ich Sie nun in das Vorgehensmodell »entführe«, möchte ich es außerdem nicht versäumen, Anja Achilles vom Verlag Espresso Tutorials für ihr Lektorat zu danken. Sie hat mir viele wertvolle Tipps gegeben, die allen Lesern dieses Büchleins zugutekommen. Auch ihre Geduld mit mir möchte ich hervorheben.
November 2020, Martin Kipka
Im Text verwenden wir Kästen, um wichtige Informationen besonders hervorzuheben. Jeder Kasten ist zusätzlich mit einem Piktogramm versehen, das diesen genauer klassifiziert:
Hinweis
Hinweise bieten praktische Tipps zum Umgang mit dem jeweiligen Thema.
Beispiel
Beispiele dienen dazu, ein Thema besser zu illustrieren.
Achtung
Warnungen weisen auf mögliche Fehlerquellen oder Stolpersteine im Zusammenhang mit einem Thema hin.
Die Form der Anrede
Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird im vorliegenden Buch bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen zwar nur die gewohnte männliche Sprachform verwendet, stets aber die weibliche Form gleichermaßen mitgemeint.
Hinweis zum Urheberrecht
Sämtliche in diesem Buch abgedruckten Screenshots unterliegen dem Copyright der SAP SE. Alle Rechte an den Screenshots hält die SAP SE. Der Einfachheit halber haben wir im Rest des Buches darauf verzichtet, dies unter jedem Screenshot gesondert auszuweisen.
1 Einleitung
SAP Activate ist ein Framework zur Einführung von SAP S/4HANA und weiteren SAP-Produkten. Es wird seitens der SAP für Kunden kostenfrei zur Verfügung gestellt und löst die bisherigen Vorgehensmodelle ASAP und SAP Launch ab.
Auch wenn SAP Activate nicht ausschließlich zur Implementierung von S/4HANA vorgesehen ist, werde ich mich im vorliegenden Büchlein auf diese Funktion fokussieren. Dafür gibt es drei Gründe: Zum einen ist keine andere Software der SAP in der Implementierung derart komplex und herausfordernd wie das ERP-System S/4HANA und somit ist der Mehrwert für die meisten Leser bei diesem Beispiel wohl am größten. Zum anderen ist keine andere Software der SAP ähnlich verbreitet wie das ERP-System, sodass die Zielgruppe damit wohl ebenfalls am größten sein dürfte. Schließlich ist mein eigener Erfahrungshorizont in dieser Hinsicht schlicht und ergreifend am besten ausgeprägt. So kann meine Praxiserfahrung dem Inhalt und der Lesbarkeit in Form von Beispielen zugutekommen.
SAP-Projekte haben eine nicht zu unterschätzende Komplexität. Dies lässt sich schon am Produkt »ERP-Software« erkennen, welches dafür ausgelegt ist, sämtliche betriebswirtschaftlich relevanten Vorgänge eines Unternehmens abzubilden – also alle geplanten und tatsächlichen Ströme von Gütern und Dienstleistungen sowie die dazugehörigen Werteflüsse. Somit liegt einem SAP-Projekt stets das komplette Input-/Output-Modell (siehe Abbildung 1.1) des Unternehmens inklusive der damit verbundenen Geschäftsprozesse zugrunde. Dies unterscheidet ERP-Software von Branchenlösungen oder Insellösungen, die stets nur Teile der Unternehmensprozesse verarbeiten.
Abbildung 1.1: Einfaches Input-/Output-Modell
Die gesamten Prozesse sollen in einem einzigen SAP-System abgebildet werden. Derartig umfassende Projekte können nicht ohne Herausforderungen bleiben. Dabei kommen zu den Mengen- und Werteflüssen auch noch Daten hinzu, die im Rahmen der Planung entstehen. Zudem sind die Anforderungen an ein modernes Berichtswesen in den letzten Jahren gestiegen. Schließlich erwarten moderne Unternehmen eine selbstlernende Software, um sehr schnell auf den Markt oder die Kunden reagieren zu können. Entsprechende Stichworte sind beispielsweise »Cross Selling« und »Upselling«, wo die Software das Kaufverhalten mehrerer Kunden eigenständig analysieren soll, um anderen Kunden entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Oder »Predictive Maintenance«, also das Auswerten von Maschinendaten, um Stillstand zu vermeiden, indem die Wartung durchgeführt wird, bevor es zum Ausfall kommt. Ein weiteres Stichwort wäre die Zusammenarbeit mit anderen Systemen, z.B. für die Blockchain-Technologie.
Somit kommt es im Rahmen eines solchen Software-Implementierungsprojekts unweigerlich zu der Frage, ob das System an die Prozesse des Unternehmens angepasst werden soll oder ob das Unternehmen die Standardsoftware, so wie vom Hersteller angeboten, unverändert verwenden kann und will – was in der Regel auf eine Anpassung von Prozessen hinausläuft (siehe Abbildung 1.2).
Abbildung 1.2: Unternehmens- versus Softwareanpassung
Diese Fragestellungen sind die grundlegenden Herausforderungen im Rahmen von Implementierungsprojekten. In den meisten Projekten ist es natürlich kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Dies bedeutet, dass sich das Unternehmen einerseits für alles, was möglichst nah am Standard der Software bleiben soll, mit dem Organisational Change Management (OCM) auseinandersetzen muss. Andererseits muss es für diejenigen Prozesse, welche die Stärke des Unternehmens ausmachen oder sogar zu den »Unique Selling Propositions« gehören, die Anpassung der Software in Betracht ziehen. Im Rahmen einer S/4HANA-Implementierung geschehen diese Anpassungen innerhalb des Projekts durch Customizing, das Entwickeln von User Exits (Kundenerweiterungen unter Verwendung einer bestimmten Technologie), ABAP (Kundenerweiterungen unter Verwendung der SAP-eigenen Programmiersprache), Schnittstellen und den Einsatz von Fremd- und/oder Partnerlösungen.
Auch SAP-Projekte können sich nicht den üblichen Zielkonflikten von Zeit, Geld und Qualität entziehen. Versucht man, im Rahmen der Projektarbeit nur einen dieser drei Punkte »anzufassen«, so wirkt sich dies fast immer auf beide, mindestens aber auf einen der anderen Punkte aus.
Schließlich stellt das Management des Unternehmens noch ganz eigene Ansprüche an derartige Projekte, was ich in einigen stereotypen Anforderungen formulieren möchte:
Typische Projektanforderungen seitens des Managements
Unser System ist im Laufe der Jahre immer mehr »verbogen« worden, jeder neue Patch wird inzwischen zur Herausforderung. Wir möchten zurück zum Standard.
Wir wollen das Projekt auch dazu nutzen, unsere Prozesse (weltweit) zu harmonisieren.
Leider wussten wir zu Projektbeginn noch nicht, dass wir dieses Unternehmen/diesen Unternehmensteil (ver-)kaufen werden. Es muss noch »irgendwie« mit im Projekt berücksichtigt werden.
Und nun kommt die SAP mit einem neuen Framework zum Implementierungsvorgehen, das Lösungen für all diese Herausforderungen bieten soll: SAP Activate! Entdecken Sie auf den kommenden Seiten die Chancen und die Besonderheiten, aber auch die Grenzen dieses Tools. Viel Spaß beim Lesen!
2 Einführung in SAP Activate
SAP Activate bietet ein einheitliches Framework zur Implementierung von SAP-Software für die unterschiedlichen Kundenausgangslagen, wie etwa eine Neueinführung, das Upgrade einer bestehenden SAP-Landschaft oder eine Transformation aus anderen Non-SAP-Systemen.
Die Grundpfeiler von SAP Activate sind der Content, die neue Methodologie mit agilen Ansätzen in Kernphasen des Projekts sowie Tools z.B. zur geführten Konfiguration eines SAP-Cloud-Systems, auch Guided Configuration genannt (siehe Abbildung 2.1).
Abbildung 2.1: Überblick zu SAP Activate
Wenn Kunden heute über die Implementierung von SAP S/4HANA nachdenken, dann liegen unterschiedliche Ausgangsszenarien zugrunde:
Der Kunde hat noch kein ERP-System und möchte eine Neueinführung vornehmen.
Der Kunde hat bereits ein SAP ERP im Einsatz und möchte jetzt zu S/4HANA wechseln.
Der Kunde verfügt bereits über ein ERP-System, dieses ist jedoch von einem anderen Hersteller.
Die Ausgangslage ist eine Mischung aus den vorgenannten Punkten, je nach Unternehmensteil.
Vom SAP-Activate-Framework werden diese unterschiedlichen Ausgangssituationen beim Kunden ebenso unterstützt wie die diversen, heute üblichen Bereitstellungsszenarien:
On-Premise,
Cloud,
Hybrid, also eine Mischung aus On-Premise und Cloud.
Hinsichtlich der Cloud bietet die SAP ihren Kunden zwei unterschiedliche Optionen an:
S/4HANA Cloud Multi Tenant Edition (S/4HANA MTE): Diese Form der Bereitstellung ist für Kunden geeignet, die weitgehend dazu bereit sind, die SAP-Standardprozesse zu nutzen. Mehrere Unternehmen werden auf einer Serverlandschaft gemeinsam abgebildet (datentechnisch sind sie selbstverständlich strikt voneinander getrennt!). Diese Option bringt einige Einschränkungen hinsichtlich der Anpassbarkeit des SAP-Systems mit sich, dafür sind die Projektlaufzeiten in der Regel sehr kurz, und das System wird seitens der SAP immer auf dem aktuellen Stand gehalten. Vierteljährlich erhalten die Kunden Updates, Fehlerbereinigungen werden im Allgemeinen innerhalb von zwei Wochen bei jedem Kunden eingespielt. Alle Kunden einer Serverumgebung sind in diesem Fall auf dem gleichen Release- und Patchlevel, haben also hinsichtlich der Aktualisierungen denselben Stand. Kunden, die sich für die S/4HANA MTE entscheiden, sollten also im Sinne von Abbildung 1.2 bereit sein, sich durch Anpassung von Aufbau- und Ablauforganisation dem SAP-Standard anzunähern. Trifft dieses Szenario für Ihr Unternehmen zu, ist Abschnitt 7.6 von besonderer Relevanz.
S/4HANA Cloud Single Tenant Edition (S/4HANA STE): Hierbei handelt es sich im Grunde um ein S/4HANA-On-Premise-System, das auf der SAP HANA Enterprise Cloud (HEC) ausgerollt wird und nicht den Release-Zyklen von S/4HANA MTE unterworfen ist. Damit stehen dem Kunden sowohl der gesamte Systemumfang, der n-Premise angeboten wird, als auch sämtliche Customizing-Optionen zur Verfügung. Lediglich das Verändern des Standard-Codings ist blockiert, jedoch gibt es alle Erweiterungsmöglichkeiten.