Vor dem Imperium

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Vor dem Imperium
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Martin Cordemann

Vor dem Imperium

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort des Imperiums

ERSTES BUCH

Der Aufbruch

Der Außenseiter

Der Fund

Der Bringer der Ausgelassenheit

Der Gott des Krieges

Der Bringer alter Zeit

Der tote Mond

Das Ticken der Bombe

Unheimliche Begegnung

Gestrandet

Der Mars macht mobil

Ungleichgewicht der Kräfte

Der Gott des Handels

Die Fabrik am Rande des Universums

Liberty Seven

Die Göttin der Schönheit

Der blaue Planet

Der Große Rote Fleck

Spekulationen und Erkenntnisse

Der Magier

Die Freiheiten

Der Mystische

Die Hoffnung stirbt

Die Rettungsmission

ZWEITES BUCH

Der Verdacht

Die Anklage

Die Verteidigung

Die Beweisaufnahme

Die Zeugenaussagen

Das Kreuzverhör

Der Einspruch

Die Vertagung

Die Plädoyers

Das Urteil

DRITTES BUCH

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Impressum neobooks

Vorwort des Imperiums

Klingt doch wie eine billige Methode, noch mehr Geld aus den Lesern herauszuquetschen. Und, seien wir ehrlich, in Hollywood wäre das auch so. Da hat man einen erfolgreichen Film, also was macht man? Schiebt ein paar billige Kopien nach, die man als „Fortsetzungen“ bezeichnet, um die Kuh so lange zu melken, bis selbst der Dümmste im Publikum merkt, dass er verarscht wird… Aber zu dem Zeitpunkt, da ich dies hier schreibe, ist „Legenden des Imperiums“ weder erfolgreich noch überhaupt veröffentlicht oder hat eine Chance, das Licht der Leserwelt zu erblicken, die über eine Selbstveröffentlichung als E-Book hinausgeht – und das ist doch sehr wahrscheinlich auch die Art und Weise, wie Sie das hier lesen!

„Legenden des Imperiums“ entwickelte sich von ein paar Kurzgeschichten… aber das hab ich da im Vorwort ja mehr als ausgiebig beschrieben. Warum also, fragt sich der eine geneigte Leser, den es vielleicht interessiert, gibt es nun diesen Band mit dem launischen Titel „Vor dem Imperium“? Nun, das ist eine gute Frage. Vielleicht, weil ich mit dem Universum, das für das „Imperium“ entstanden ist, noch nicht ganz fertig war? Ja… und nein. Tatsächlich – und ich weiß, ich sollte Ihnen das gar nicht erzählen, weil dann irgendjemand schreien wird: Das merkt man voll, Alter, dass die nicht zusammenpassen! – aber gab es zwei der drei hier zusammengeworfenen Bücher schon. Eigentlich stand jedes dieser Bücher für sich und es war bei ihrer Entstehung nicht im Entferntesten angedacht, dass sie irgendwie zusammengehören könnten. Doch die „Legenden des Imperiums“ haben das ein wenig geändert – sogar so weit, dass ich beim Schreiben dort ein paar kleinere Andeutungen eingebaut habe, die es mir später ermöglichen sollten, dass diese beiden Bücher vielleicht oder vielleicht nicht Teil des Ganzen werden konnten.

Und so ist es nun gekommen. Die Vorgeschichte, die Zeit, als es noch kein Imperium gab und die Menschheit noch auf der Erde lebte. In den „Legenden“ werden immer wieder verschiedene Legenden angedeutet, was möglicherweise der Grund dafür war, warum man die Erde verlassen hat – oder verlassen musste – aber niemand schien es so genau zu wissen. Oder wissen zu wollen. Das kann sich nun ändern. Für alle, die noch Fragen haben, hier sollten sie ein paar Antworten finden.

Was uns zu einer der üblichen Fragen bringt: Sollte man diesen Band, der „Vor dem Imperium“ spielt, als ersten lesen? Prinzipiell wäre es eigentlich egal, weil ich hoffe, dass mir keine allzu großen Fehler unterlaufen sind und man beide Bücher auch chronologisch lesen könnte. Aber wie auch bei den „Legenden des Imperiums“ ist es hin und wieder schön, wenn es Anspielungen gibt, die man versteht, wenn man ein gewisses Vorwissen über Ereignisse hat, eine bestimmte Erwartungshaltung. Liest man also zuerst die „Legenden“, könnte man, wenn man ein Freund von so etwas ist, an diesem Buch hier mehr Vergnügen finden. Oder auch weniger. Ganz ehrlich, machen Sie doch, was Sie wollen!

Zwischenzeitlich war angedacht, das erste Buch dieses Bandes umzubenennen, damit die Namen der Bücher ein bisschen wie eine Klammer wirken, die alles umschließt. In dem Fall hätten die Titel gelautet:

Erstes Buch: Und so endete der Anfang

Zweites Buch: Der Prozess der Vertreibung

Drittes Buch: Und so begann das Ende

Das sieht zwar eigentlich ganz gut aus… aber nähme man den Titel für sich, würde er wohl ziemlich furchtbar klingen. Also bleibt es bei den alten Titeln der Bücher.

 

Erstes Buch: Die Petronia

Der Aufbruch der Menschheit ins All war nie als Teil eines größeren Werkes gedacht. Eigentlich sollte die Geschichte da enden, wo sie jetzt endet – und der Leser sollte sich selbst vorstellen, wie es weitergeht. Das hat sich nun geändert. Der Aufbruch der Petronia ist nun das erste von drei Büchern, die zeigen, was damals passierte… damals in der Zukunft. Die erste Fassung, die nur etwa bis in die Mitte des Buches reichte, entstand 1991, 2009 wurde sie dann a) von getippten Seiten handtipplich in den Computer übertragen, b) überarbeitet und c) erweitert bzw. komplettiert. Außerdem gibt es ein paar Informationen über die Planeten unseres Sonnensystems – und wenn die nicht inzwischen überholt wurden, weil sie veraltet sind, dann kann man da vielleicht sogar etwas lernen. Dass überdies ein Name aus den „Legenden“ auftaucht, war mir bis zur Überarbeitung für diesen Band nicht einmal bewusst…

Zweites Buch: Der Prozess der Vertreibung

Man hätte die Differenz zwischen „Petronia“ und „so begann“, zwischen „Anfang“ und „Ende“ auch durch die paar Abschnitte erklären können, die nachträglich in das dritte Buch eingefügt wurden. Aber da wäre der Bruch vielleicht zu groß gewesen. Außerdem gab es da ja noch das umfangreiche Universum aus den „Legenden des Imperiums“, in dem es Völker gibt, die zwar genannt wurden, von denen man aber nie viel gesehen hat. Hier nun also die Zusammenfügung von beidem, das fehlende Puzzlestück, das alles und nichts erklärt, aber das eine Brücke zwischen den Büchern schlägt, zwischen den beiden Büchern dieses Bandes, aber auch zwischen diesem Buch und den „Legenden“. Genau wie die entstand es 2014.

Drittes Buch: Und so begann das Ende

Wir enden mit einem großen Puzzle – im nahezu wahrsten Sinne des Wortes. Die Geschichte ist zerschnitten, in kleine Häppchen, Bruchstücke, Fragmente, aus denen sich langsam ein Bild formt. Das ist zu Beginn anstrengend, aber irgendwann gewöhnt man sich daran und die Handlung kommt in die Gänge. Zudem ändert sich die Richtung, was ein wenig dem Ursprung des Buches geschuldet ist. Die erste Fassung entstand etwa 1989 in der Schulzeit des Autors – was erklärt, warum das Thema Schule so sehr im Mittelpunkt steht. Auch war es damals noch, ebenfalls der Entstehungszeit geschuldet, keine Geschichte mit Außerirdischen, nein, der Ostblock mit der atomaren Bedrohung war der Feind. 2012 durchlief das Werk dann bei der Übertragung in den Computer eine eingehende Überarbeitung – ein wesentlicher Teil der Struktur blieb aber bestehen, denn er war schon 1989 Teil des Buches, und damit lange, bevor es „Memento“ gab!

Damit genug des Vorworts, viel Spaß bei „Eine kleine Geschichte der Zukunft“… Wir wünschen eine gute Reise!

Martin Cordemann

Köln/Erde, Dezember 2014

Bildnachweis: Das auf dem Cover abgebildete Raumschiff ist ein Modell. Es handelt sich um den „Dinky Toys 362 Trident Starfighter“.

ERSTES BUCH

Die Petronia

Der Aufbruch

Glänzend lag die Petronia im Orbit. Ihre Länge betrug etwa 200 Meter, der Rumpf hatte eine zylindrische Form, die am Bug in einen Turm überging, in dem sich die Brücke des Schiffes befand. Im Heck war ein Hangar mit mehreren Raumfähren untergebracht. Die Petronia selbst war nicht dazu ausgelegt, auf Planeten zu landen, sie war ein reines Kind des Weltraums.

Majestätisch schob sie sich am Tag ihrer Jungfernfahrt aus dem Schutz des Raumdocks hinaus in das kalte Vakuum des Weltraums. Schon vor Jahren hatte die Menschheit damit begonnen, das Weltall zu bereisen und Kolonien zu errichten, doch bislang war sie noch nicht über die Grenzen des eigenen Sonnensystems hinaus gekommen. Vielleicht würde sich das mit der Petronia ändern. Sie war ein Prototyp, ein wissenschaftliches Schiff, ausgerüstet, um möglichst lange und unabhängig von anderen im Weltraum operieren zu können. Und sie war das schnellste Schiff, das je von Menschen gebaut worden war.

„Welchen Kurs?“ fragte die Navigatorin.

„Nun“, Captain MacAllister lächelte, „wir wollen für den Anfang nicht übertreiben. Wie wäre es mit Jupiter?“

Die Navigatorin freute sich.

„Da war ich noch nie!“

„Da waren viele noch nie, Clausen. Vor allen Dingen nicht in der Zeit, die wir dafür brauchen werden.“ Der Captain dachte nach. „Wie lange brauchen wir überhaupt?“

„Drei Tage, Sir. Das ist neuer Rekord.“

„Es ist erst ein Rekord, wenn wir auch wirklich dort angekommen sind!“ Captain MacAllister atmete tief ein. „Gut, dann machen wir uns mal auf den Weg.“

Langsam beschleunigte die Petronia.

„Entfernung?“

„4,202 AE.“ (AE = „Astronomische Einheit“, 1AE = 149,6 Mill. km)

Sie verließen den Orbit der Erde und nahmen dann Kurs Richtung Jupiter. Im Monitor der Heckkamera wurde das Abbild der Erde immer kleiner, während sich ihre Geschwindigkeit mehr und mehr erhöhte.

MacAllister fragte sich, warum er dieses Kommando angenommen hatte. Das schnellste Raumschiff der Menschheit zu testen, das war natürlich mit einem gewissen Prestige verbunden. Aber eigentlich hatte er das Verhalten der Raumflotte satt gehabt. Die Forschung war mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Offiziere hatten Kommandos wegen ihrer Beziehungen und nicht wegen ihrer Fähigkeiten bekommen. Alles schien mehr und mehr in die Hand der Militärs abzugleiten. Dies hier war seine Gelegenheit, endlich wieder etwas für die Erforschung des Universums zu tun. Wenn dieses Schiff so gut war, wie es seine Konstrukteure dachten, dann würde man vielleicht schon in ein paar Jahren endlich die Grenzen des eigenen Sonnensystems hinter sich lassen und das erkunden, was außerhalb lag. Ob er das noch miterleben würde, war zweifelhaft, aber wenigstens würde er seinen Beitrag dazu leisten.

„Damit ist Brickets Rekord... hinfällig!“ lachte die Navigatorin. MacAllister sah auf die Anzeigen. So schnell wie sie war bislang nur die USS Carter unter Captain Brickett geflogen, einem von diesen Emporkömmlingen, die ihre Position nur ihren guten Beziehungen verdankten. Sie waren so schnell wie zu seinen besten Zeiten – und sie hatten noch nicht mal die Hälfte ihres Potentials ausgeschöpft. Sie beschleunigten weiter. Der Vorteil im Weltraum war, dass es keinen Widerstand gab. Wenn sie einmal ihre Reisegeschwindigkeit erreicht hatten, konnten sie die Triebwerke abschalten und sich treiben lassen, ohne abgebremst zu werden. Und wenn sie alle an Bord starben und sich kein Himmelskörper in die Flugbahn der Petronia begab, dann würden ihre Leichen vielleicht in alle Ewigkeit mit derselben Geschwindigkeit durchs All rasen. Eine interessante, aber keine erstrebenswerte Vorstellung.

Nach einiger Zeit meldete Clausen, dass sie ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht hatten. Sie lehnte sich zurück und grinste über das ganze Gesicht. Ihre Dienste würden erst wieder beansprucht werden, wenn sie den Bremsvorgang beim Jupiter einleiten würden.

„Gut“, MacAllister nickte, „dann informieren Sie Jupiter IX doch von unserer Ankunftszeit. Ich bin sicher, die...“

„Captain?“ meldete sich der Kommunikationsoffizier zu Wort.

„Ja?“

„Ich empfange hier eine Meldung von Jupiter IX.“

Der Captain lächelte. „Fangen jetzt schon die Gratulationen an?“

„Nicht ganz, Sir.“

„Was wollen die dann?“

„Die... erteilen uns Landeverbot!“

„Bitte?“ MacAllister sah den Funker fassungslos an.

„Offenbar hat es auf der Erde politische Verwicklungen gegeben... wegen uns. Weil wir... das schnellste Schiff sind... und damit eine Bedrohung darstellen... wir haben Landeverbot für Jupiter IX... und für alle anderen irdischen Basen in diesem Sonnensystem!“

„Für alle anderen... es gibt nur irdische Basen! Was soll dieser Mist?“

„Es ist kein Scherz, Sir. Andere Basen bestätigen die Aufforderung. Sie kommt direkt von der Erde.“

„Von der Erde...“ MacAllister seufzte. „Dann haben wir also auch keinen Ort, an den wir zurückkehren können, so wie es aussieht. Tja, wer hätte gedacht, dass wir der schnellste Krisenherd in der Geschichte der Menschheit werden würden?“

Der Außenseiter

„Was machen wir jetzt?“

„Gute Frage.“ Der Captain trommelte eine Weile auf der Armlehne seines Sessels herum. „Tja“, sagte er nach einiger Zeit. Die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen war das Hauptmerkmal, das einen Raumschiffkapitän auszeichnete. Aber das hier war keine gewöhnliche Situation – und Zeit war das, wovon sie im Moment am meisten hatten. „Nehmen wir mal an, die beruhigen sich irgendwann wieder.“

„Aber das sind Politiker!“

„Trotzdem! Lassen wir einfach erstmal Gras über die Sache wachsen, vielleicht finden die, die uns das eingebrockt haben, dann eine vernünftige Lösung.“

„Und was machen wir in der Zwischenzeit?“

„Das, wofür wir hier draußen sind. Wir lernen unser Sonnensystem besser kennen.“ MacAllister sah seine Navigatorin an. „Wie lange brauchen wir vom Jupiter bis zum Pluto?“

„Moment.“ Clausen gab einige Daten in den Computer ein. Nach einer Weile meinte sie: „739 Stunden.“

„Dann haben wir doch schon mal ein Ziel.“

Zehn Stunden bevor sie den Pluto erreichten, leitete Clausen das Bremsmanöver ein. Bei ihrer Geschwindigkeit war es notwendig, das Schiff so behutsam wie möglich abzubremsen, damit die Besatzung keinen Schaden erlitt. Der Kapitän betrat die Brücke und nahm auf seinem Sessel Platz.

„Nun, was können Sie uns über den Planeten sagen, Doktor?“ fragte er Pierre DuValle, den Leiter der wissenschaftlichen Abteilung.

„Wir empfangen schwache Anzeigen von Methan und Am...“ Der Wissenschaftler stockte und sah den Captain an. „Sie wissen, dass Pluto kein Planet ist, oder?“

„Ja, DuValle, das weiß ich. Anfang des 21. Jahrhunderts hat irgendeine bescheuerte Kommission beschlossen, dass Pluto kein Planet mehr sein soll. Was umso infamer ist, als keiner der Beteiligten jemals hier draußen war. Also nehmen wir Pluto doch seinen Status als Planet nicht weg, nur weil das irgendwelche Wichtigtuer so entschieden haben.“

„Außerdem…“

„Ja, DuValle?“

„Nun, er ist schon sehr klein.“

„Verglichen mit wem?“

„Mit… mit verschiedenen Monden… im Sonnensystem. Dem der Erde, zum Beispiel.“

„Aha.“

„Und er ist auch kleiner als die Jupitermonde Europa, Ganymed und Kallisto, der Saturnmond Titan und der Neptunmond Triton.“

„Also er ist klein, na und? Wie war das mit der Atmosphäre?“

„Methan und Ammoniak, beides wahrscheinlich in gefrorener Form. Der Durchmesser von Pluto beträgt etwa 3500 km, die Oberflächentemperatur liegt bei -230 Grad Celsius.“

„Aha.“ MacAllister betrachtete den blauen Punkt auf dem Bildschirm, der langsam immer größer wurde, während ihre Sonne sich kaum mehr von den anderen Sternen am Firmament unterscheiden ließ. „Sonst noch was?“

„Ja, Sir. Die Sensoren erfassen auch seine Satelliten.“

„Und wie heißen die, DuValle?“

„Es gibt den Mond Charon, Entfernung zum Planeten ca. 20.000 km, Umlaufzeit 6 Tage und 9,3 Stunden. Anfang des 21. Jahrhunderts hat man aber auch noch Nix und Hydra gefunden, die haben Durchmesser zwischen 60 und 200 km.“

„Anzeichen für Leben?“

„Nein.“ DuValle sah auf. „Hatten Sie welche erwartet?“

„Eigentlich nicht.“

„Wussten Sie, dass sich der Pluto in einer stark exzentrischen Ellipse um die Sonne dreht, mit einer Bahnneigung, die ihn die Bahn des Neptun schneiden lässt?“

„Weiß das nicht jeder?“

„Ähm...“

„Gute Information, DuValle. Sagen Sie Bescheid, wenn sich etwas... Unerwartetes ereignen sollte.“

„Etwas Unerwartetes? Erwarten Sie denn etwas Unerwartetes?“

„Das wäre ein bisschen ein Widerspruch in sich, oder?“

„Das... stimmt.“

„Halten Sie mich einfach auf dem Laufenden.“

„Ähm, Captain...“

„Ja, Clausen?“

Die Navigatorin deutete auf ihre Sensoren.

„Wie seltsam darf es denn sein?“

MacAllister erhob sich und trat hinter die Steuerkonsole.

„Was haben Sie denn anzubieten?“

 

„Also“, Clausen kniff die Augen zusammen, „als ich mit dem Bremsmanöver begonnen habe, haben die Sensoren das hier aufgezeichnet.“ Sie deutete auf den Bildschirm, auf dem Pluto zu sehen war, sein Mond Charon und neben dem Mond eine Stelle, an der ein zweites Radarsignal auftauchte.

„Was ist das?“

„Radarecho? Eine Spiegelung? Ein Klumpen Stein, der durchs All segelt? Ich habe keine Ahnung.“

„Spannend“, meinte der Captain und grinste.

„Nicht unbedingt. Vielleicht ist es auch nur ein weiterer kleiner Mond, der den Astronomen bisher entgangen ist.“

„Gut möglich.“

„Oder vielleicht ist es auch nur eine unserer Sonden.“

„Checken Sie das im Computer. Wenn hier noch irgendwelches älteres Sondenmaterial herumgeistert, sollten wir das wissen.“

„Negativ. Was auch immer wir hier herausgeschickt haben, müsste inzwischen weitergeflogen sein.“

„Sehen Sie, Dr. DuValle, wir sind noch nicht da und schon wird es interessant. Wegen so etwas sind wir hier draußen.“

„Um Wissenschaftsmüll aufzusammeln?“

„Um herauszufinden, was hier sonst noch so rumschwirrt, Clausen. Behalten Sie die Sensoren im Auge, ich würde gerne wissen, was Sie da gefunden haben.“

Während sie in einen weiten Orbit um Pluto einschwenkten, überwachte Clausen die Sensoren sehr genau. Noch zweimal erhielt sie das Radarecho. Die Größe des Objekts, wenn es denn eins war, lag scheinbar zwischen 30 und 200 Kubikmetern, was ein Echo nur umso wahrscheinlicher machte. Stefanie Clausen kam aber noch zu einem anderen Schluss.

„Ich glaube, das Objekt bewegt sich.“

„Wie kommen Sie darauf?“

„Mal ist es da, mal ist es nicht da. Außerdem... nehmen wir mal an... es kann kein natürlicher Satellit sein.“

„Warum nicht?“

„Dann hätte er immer in einer der Erde abgewandten Position sein müssen, weil man ihn sonst irgendwann gefunden hätte. Aber es ist rein rechnerisch nicht möglich, dass sich der Pluto immer zwischen ihm und der Erde befunden hat...“

„Wieso?“

„Weil wir bei unserem Anflug in Positionen waren, wo sich der Pluto zwischen uns und der Erde befunden hat und wir das Objekt nicht geortet haben.“

„Sie meinen also, es bewegt sich.“

„Wenn es existiert und nicht nur ein Echo ist, dann bewegt es sich.“

„Spannend.“ MacAllister lächelte. „Ein Raumschiff.“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Das brauchten Sie auch nicht, es ist die nahe liegende Schlussfolgerung.“

„Und was sollen wir jetzt tun?“

MacAllister dachte nach.

„Im Moment haben wir niemanden, den wir über diesen möglichen historischen Kontakt in Kenntnis setzen können und genau genommen hat ja auch noch gar kein Kontakt stattgefunden. Aber ich habe eine Idee. Wir werden eine unserer Raumfähren auf dem Pluto landen lassen. Vorher soll sie ihn aber umrunden. Wir umrunden den Planeten in der entgegen gesetzten Richtung und wenn es ein Schiff ist, kann es uns ja wohl nicht beiden entgehen, oder?“

Der Plan wurde umgesetzt. Mit Spannung saß der Captain auf der Brücke und verfolgte die Werte der Sensoren. Das kleine Shuttle, die Asimov, bewegte sich ruhig durch die Stille des Weltraums.

„Wie sieht’s aus?“ fragte der Captain.

„Wenn es sich um einen natürlichen Trabanten handelt, müsste er in ca. drei Minuten erscheinen.“

„Und wenn es ein Schiff ist?“

„Dann hat es nur zwei Möglichkeiten, uns zu entgehen. Es könnte in den Weltraum verschwinden oder runter auf den Pluto.“

„Verbindung mit der Fähre?“

„Die können nichts entdecken.“

„Und wir?“

„Wir auch nicht.“

„Tasten Sie den Planeten ab.“

„Nichts zu finden, Sir.“ DuValle schüttelte den Kopf. „Und es ist kein Planet.“

„Sagen Sie das nicht seiner Mutter.“

„Es...“

„Ja, Clausen?“

„Es gäbe da noch eine dritte Möglichkeit. Es könnte sich hinter Charon verstecken.“

„Nicht schlecht. Clausen, ändern Sie den Kurs. Funker, teilen Sie der Fähre mit, dass sich unser Rendez-vous mit ihr verschiebt.“

Vorsichtig umkreiste die Petronia den kleinen Mond. Als sie sich fast an dessen Rückseite befanden, erhielten sie eine Meldung von der Fähre: „Haben Schwierigkeiten. Turbolenzen unbekannter Art. ...omme dab... ...ersuche lan... ...uto.“ Dann riss die Verbindung ab.

Die Petronia beschleunigte und erreichte ihren Rendezvouspunkt mit der Asimov nach 34 Minuten. Von der Fähre keine Spur.

„Vielleicht...“

„Ja, Clausen?“

„Wenn es ein Kraftfeld war, das die Asimov aus der Bahn geworfen hat, vielleicht ist es dann das gleiche Kraftfeld, das uns das Radarecho zurückgeworfen hat. Vielleicht gibt es kein Schiff, nur dieses Kraftfeld.“

„Gut möglich.“ Der Captain wirkte ein wenig enttäuscht. „Irgendwie schade. Wäre es nicht toll gewesen, hier draußen Leben zu entdecken?“

„Captain“, meldete sich Harris, der Funker, „wir empfangen ein Signal von der Fähre.“

„Alles klar da unten?“

„Alles klar, Sir. Sind ein bisschen durchgeschüttelt worden, aber das war es auch schon.“

„Gut, das zu hören. Unsere Suche war leider erfolglos. Sieht ganz so aus, als wär es tatsächlich nur ein Radarecho gewesen. Also gibt es hier doch kein Raumschiff.“

„Das würde ich nicht mit Sicherheit sagen“, kam es ruhig aus dem Lautsprecher. „Einen Kilometer von uns entfernt liegt eine zylindrische, metallische Substanz von etwa 70 m Länge...!“