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Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Theatertexte finden Sie auf unserer Website www.kiepenheuer-medien.de

© 2015 Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Sämtliche Rechte der öffentlichen Wiedergabe (u. a. Aufführungsrecht, Vortragsrecht, Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und Senderecht) können ausschließlich von der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH erworben werden und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung. Nicht genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

ISBN 978-3-7375-5601-9

Karla (33), Floristin

Sabine (39), Psychotherapeutin

Richard (36), Lehrer

Paul (37), Autor und Taxifahrer

Auf der Bühne sind vier Schauplätze eingerichtet: Karlas Zimmer, Richards Küche, Sabines Therapieraum und ein Café. Dies kann reduziert und rudimentär sein. Das Zimmer besteht im Wesentlichen aus einem Bett, die Küche aus einem Küchentisch, Stühlen und einem Kühlschrank, der Therapieraum aus einem Pult, Computerbildschirm, Bürostuhl und Besuchersessel, das Café aus einem Tisch mit zwei Stühlen. Die Anordnung der Schauplätze ist frei wählbar, sollte aber einem Konzept dienen, weil sie Einfluss auf das Stück nimmt.

Mit entsprechenden Lichtwechseln wird der Fokus auf den jeweiligen Spielort oder die jeweiligen Spielorte gelegt.

Licht auf: Café

Karla und Richard sitzen sich gegenüber an einem kleinen Tisch. Es ist ihr erstes Treffen, ein Blind Date.

KARLA Ich habe mir da ein paar Fragen aufgeschrieben.

Karla schaut in ihre Notizen.

Man ist ja immer etwas nervös in einer solchen Situation. Da könnte schon mal das eine oder andere vergessen gehen.

RICHARD Natürlich. Verstehe.

KARLA Ich meine, es ist eine gewisse Hilfe. Vorausgesetzt, dass Sie nichts dagegen haben?

RICHARD Nein, kein Problem. Fragen Sie.

KARLA Mögen Sie Tiere?

RICHARD Ja. Warum? Haben Sie einen Hund?

KARLA Nein.

RICHARD Katzen?

KARLA Nein. Die Frage war mehr so allgemein gedacht.

RICHARD Allgemein? Elefanten, Tiger, Schimpansen und so? Kühe? Auch Frösche und sowas?

KARLA Tiere halt. Die Natur. So allgemein.

RICHARD Ja. Nicht dass ich viel Zeit verbringen würde in der Natur, aber…ja. Oder dachten Sie an etwas Spezielles? Ein Terrarium mit Schlangen, die mit Mäusen gefüttert werden müssen?

KARLA Das war nur so eine Einstiegsfrage. Das sagt doch etwas aus über einen Menschen, auch wenn er keine Katzen oder so ein Terrarium zuhause hat.

RICHARD Alles sagt etwas aus über einen Menschen. Ganz egal, was es ist. Meinen Sie nicht?

KARLA Haben Sie Vorhänge an den Fenstern?

RICHARD Ja. Die hingen da schon dran, als ich in die Wohnung gezogen bin.

KARLA Trinken Sie gerne ein Glas Wein zum Essen?

RICHARD Und wie werten Sie das jetzt? Das mit den Vorhängen?

KARLA Ich weiß nicht.

RICHARD Haben Sie Vorhänge an den Fenstern?

KARLA Nein.

RICHARD Na ja, damit kann man leben, finde ich. Ich meine, was unsere Situation betrifft. Also, ich kann das. So oder so. Mit und ohne Vorhänge. Oder ist das relevant? Charakterlich?

KARLA Trinken Sie gerne ein Glas Wein zum Essen?

RICHARD Sie meinen, ob ich Alkoholiker bin?

KARLA Nein, es geht mehr um den Aspekt der Gemütlichkeit. Um den Genuss. Sind Sie ein Genussmensch?

RICHARD Also ich trinke ganz gern ein Glas Wein zum Essen. Sie nicht?

KARLA Doch. Natürlich. Ab und zu. Eher selten. Nur ausnahmsweise. Also fast nie. Eigentlich gar nie genaugenommen.

RICHARD Dann sind Sie also kein Genussmensch?

KARLA Doch. Wie kommen Sie jetzt da drauf?

RICHARD Ich versuche nur, Ihren Gedanken zu folgen.

KARLA Man muss doch nicht zwingend Wein mögen, um genießen zu können?

RICHARD Dann verstehe ich Ihre Frage nicht. Sie haben doch gesagt, es gehe um den Aspekt der Gemütlichkeit?

KARLA Ja. Im weiteren Sinn.

RICHARD Und im engeren Sinn?

KARLA Sind Sie Alkoholiker?

RICHARD Nein! Bin ich nicht! Nur weil ich ein Glas Wein mag, muss ich doch nicht zwingend Alkoholiker sein?

KARLA Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht…

RICHARD Schon gut. Vielleicht haben wir uns bei dieser Frage etwas festgefahren. Und missverstanden.

KARLA Ja. zitiert die nächste Frage Würden Sie sich eher als Morgenmenschen oder Nachtmenschen beschreiben?

RICHARD Hören Sie, Sonja…sie heißen doch Sonja?

KARLA Nein.

RICHARD Sie heißen nicht Sonja?

KARLA Nein. Ich hielt es für besser, bei einem ersten Treffen nicht gleich mit meinem Namen rauszurücken.

RICHARD Hören Sie, vielleicht sollten wir es…

KARLA Ja. Sie haben Recht. Vielleicht sollten wir es dabei bewenden lassen. Zahlen tun wir getrennt. Das ist besser. Habe ich gelesen. Man soll nicht gleich in alte Rollenmuster fallen. Obwohl das nichts mit Rollenmustern zu tun hat, wenn Sie mich fragen. Aber man sollte dem Mann nicht noch die Genugtuung geben, für den Reinfall bezahlt zu haben.

RICHARD So hören Sie doch. Ich wollte lediglich sagen, dass wir es vielleicht anders angehen sollten.

KARLA Ganz offensichtlich. Und wie möchten Sie es denn gerne angehen, Richard?

RICHARD Anders irgendwie.

KARLA Sie heißen doch wirklich Richard?

RICHARD Ja.

KARLA Also wie möchten Sie es denn gerne angehen, Richard?

RICHARD Irgendwie spontaner.

KARLA Sind sie ein spontaner Mensch?

RICHARD Nein. Ich glaube nicht.

KARLA Aha. Aber Sie wollen das jetzt spontan angehen? Na schön. Dann machen Sie mal. rafft Papiere zusammen

RICHARD Nehmen wir an, wir hätten uns hier zufällig getroffen. Sie säßen da am Tisch, mit Kaffee und einem Stück Kuchen…

KARLA Ich mag keinen Kuchen.

RICHARD Dann nur Kaffee.

KARLA Tee wäre mir lieber.

RICHARD Dann halt Tee. Sie säßen da am Tisch mit einer Tasse Tee. Und ich säße da drüben und läse die Zeitung.

KARLA Und dann?

RICHARD Na dann wären wir irgendwie ins Gespräch gekommen.

KARLA Ich weiß nicht, ob Sie mir überhaupt aufgefallen wären.

RICHARD Sie wären mir schon aufgefallen.

KARLA Warum?

RICHARD Ich finde Sie sehr attraktiv. Darf man das sagen? Ich war mir nicht sicher, ob ich das einfach so sagen darf?

KARLA Das hätten Sie schon von Anfang an sagen dürfen.

RICHARD Vielleicht wäre mir ein Teil der Zeitung runtergefallen und Sie hätten Sie aufgehoben.

KARLA Das hätte ich nicht getan. Und selbst wenn, was hätten Sie dann gesagt?

RICHARD Ich hätte mich bedankt.

KARLA Und weiter?

RICHARD Ich weiß nicht…vielleicht hätte ich sowas gesagt wie das ist nur der Sportteil. Den hätte ich bestimmt nicht vermisst. Trotzdem danke.

KARLA Und was hätte ich gesagt?

RICHARD Keine Ahnung. Was hätten Sie denn gesagt?

KARLA Ich weiss nicht. Vermutlich hätte ich gar nichts gesagt. Gern geschehen vielleicht?

RICHARD Ich glaube jedenfalls nicht, dass Sie mich gefragt hätten, ob ich Vorhänge an den Fenstern habe.

KARLA Eben. Da sind wir doch schon ein ganzes Stück weiter. Sie interessieren sich also nicht für Sport?

RICHARD Das habe ich nicht gesagt.

KARLA Aber das hätten Sie gesagt, wenn wir uns spontan getroffen hätten und Ihnen der Sportteil der Zeitung runtergefallen wäre.

RICHARD Möglicherweise.

Karlas Smartphone meldet sich.

KARLA Entschuldigen Sie. Sie prüft die Message.

Wo sind wir stehen geblieben?

RICHARD Sie können ruhig antworten. Das stört mich nicht.

KARLA Nein, ist nicht so wichtig.

RICHARD Aber wenn es wichtig wäre, dann könnten Sie ruhig…

KARLA Ich sagte doch, es ist nicht so wichtig! Glaube ich jedenfalls. Hoffe ich.

RICHARD Hoffen Sie? Dann ist es also vielleicht doch wichtig?

KARLA Ja. Wer weiß das schon, was wichtig und bedeutend ist und was nicht? Hören Sie, ich will ehrlich zu Ihnen sein. Darum geht es doch. Dass man sich nichts vormachen muss. Darum trifft man sich doch auf diese Art und Weise. Damit man von Anfang an offen und ehrlich sein kann. Damit man die Beziehung nicht gleich mit einer Lüge beginnen muss.

 

RICHARD Ja, vielleicht. Ich weiß nicht. So grundsätzlich habe ich mir das nicht überlegt. Es ist das erste Mal, dass ich sowas mache. Und ich dachte, ich lasse das mal auf mich zukommen.

KARLA Für mich ist es auch das erste Mal. Na ja, ich habe schon ein paar Blind Dates hinter mir, aber es ist das erste Mal, dass ich die Sache konsequent angehe. Mit allem, was möglich ist. Damit das hinter mir ist. Damit ein anderes Leben beginnen kann.

RICHARD Mit allem, was möglich ist? Wie meinen Sie das?

KARLA Diese Message zum Beispiel, das war jemand, der mich treffen will.

RICHARD Ach ja?

KARLA Ein Arzt.

RICHARD Ein Bekannter? Ein Freund?

KARLA Nein, ich kenne den nicht. Da gibt’s so eine App, und wenn da zwei in der Nähe sind und die beiden Profile einen gewissen Level an Übereinstimmung haben, dann wird das angezeigt.

RICHARD Und dann?

KARLA Dann kann man sich spontan treffen und kennenlernen, wenn man will.

RICHARD Und? Wollen Sie?

KARLA Nein. Ich bin ja jetzt mit Ihnen zusammen. Und darum habe ich mich auch nicht gemeldet, weil ich ja jetzt mit Ihnen zusammen bin.

RICHARD Und sonst hätten Sie sich gemeldet?

KARLA Ich weiß nicht. Ja. Vielleicht.

RICHARD Ich frage mich, warum sich ein Arzt um diese Zeit in dieser Gegend aufhält. Ich meine, sollte der nicht Patienten empfangen? Oder operieren?

KARLA Vielleicht ist er unterwegs? Zu einem Notfall oder so?

RICHARD Kann sein. Dann rast er da vorbei, vorbei an Ihnen, vorbei an der Möglichkeit Sie kennenzulernen, vorbei an seinem Glück, wer weiß. Vielleicht hätte das ja sein Leben verändert. Und Ihres auch. Und nun macht er eine Herzmassage bei diesem Notfall und weiß nichts davon.

KARLA Nun hören Sie aber auf!

RICHARD Hätten Sie ihn das auch gefragt? Den Arzt? Das mit den Vorhängen?

KARLA Wir sollten das jetzt beenden.

RICHARD Ja. Vielleicht ist es besser, wenn ich gehe. Sie können sitzenbleiben.

KARLA Warum sollte ich da sitzenbleiben?

RICHARD Vielleicht fährt er da wieder vorbei. Der Arzt. Nachdem die Herzmassage erfolgreich war. Und dann hat er sicher Zeit für Sie. Es wird ja nicht gleich wieder ein Notfall vorliegen.

KARLA Habe ich Sie etwa beleidigt? Ich wollte ja nur ehrlich sein?

RICHARD Sie haben mich nicht beleidigt. Es liegt an mir. Ich hätte das nicht tun sollen. Nicht jetzt. Die ganze Situation überfordert mich.

KARLA Aber Sie sind doch Lehrer. Steht in Ihrem Profil.

RICHARD Was hat das damit zu tun?

KARLA So als Lehrer wissen Sie doch Bescheid. Über vieles. Da ist der andere immer etwas im Hintertreffen. Das hat mich ganz nervös gemacht. Darum habe ich mich auch so gut vorbereitet. Und jetzt…

RICHARD Und jetzt?

KARLA Jetzt sind Sie ganz anders.

RICHARD Und?

KARLA Das macht mich noch viel nervöser, ehrlich gesagt. Da weiss man ja überhaupt nicht mehr, woran man ist.

RICHARD Sie haben sich also etwas anderes vorgestellt?

KARLA Vermutlich. Nicht wirklich anders. Ich weiß nicht. So ganz überrascht kann man ja nicht sein. Man weiß ja schon einiges vorher. Und schließt einiges aus.

RICHARD Zum Beispiel?

KARLA Sie wissen schon. So ein paar Dinge halt. Dass Sie nicht wirklich klein sind zum Beispiel. Mindestens eins fünfundsiebzig gross.

RICHARD Das wussten Sie?

KARLA Natürlich. Das waren so minimale Bedingungen, die man festlegen konnte. Sonst wären Sie mir gar nicht vorgeschlagen worden. Sie werden doch auch Ihre minimalen Kriterien gehabt haben?

RICHARD Eigentlich nicht. Ich war eher etwas pingelig, was mein Profil betrifft. Ziemlich detailliert halt. Damit sich da niemand falsche Vorstellungen macht. Um gewisse Enttäuschungen von vornherein auszuschließen. Dass ich ins Theater gehe und sowas. Wer geht denn noch ins Theater? Das schreckt doch schon viele ab.

KARLA Ich gehe gerne ins Theater.

RICHARD Sehen Sie. Das ist doch was. Dann weiß man, dass man zusammen ins Theater gehen kann. Oder ins Kino. Wenn man mindestens eins fünfundsiebzig gross ist natürlich.

KARLA lacht, bricht aber schnell ab Das war doch jetzt witzig gemeint, oder etwa nicht?

RICHARD Ja, war es. Ein gewisser Sinn für Humor war die einzige Bedingung, die ich formuliert habe.

KARLA Tut mir leid. Dazu hatte ich noch keine Gelegenheit bei unserem Gespräch. Also dass Sie das hätten erkennen können bei mir, den Humor. Vielleicht bin ich wirklich zu nervös. Und wissen Sie was: Zuerst hatte ich eins achtzig eingetragen, bei der Wunschgröße meine ich. Und dann bekam ich richtig Panik, dass da jemand rumläuft, der zu mir passt, der mir die Sterne vom Himmel holt oder zumindest mitkriegt, wenn ich mir eine mutige Frisur verpasse oder sowas, und der dann nicht die Chance hat, überhaupt etwas von mir mitzukriegen, weil er kleiner ist als eins achtzig. Darum habe ich das mal runtergesetzt, mit der Größe und allem. Ich denke, die Sterne hängen ja sowieso für alle zu hoch.

RICHARD Das war witzig.

KARLA Was?

RICHARD Das mit den Sternen und der Frisur und alles.

KARLA Finden Sie?

RICHARD Ja.

KARLA Ich sollte jetzt wirklich gehen.

RICHARD Kann ich Sie mal anrufen?

KARLA Ich weiß nicht. Sicher.

RICHARD Wissen Sie was, Sie rufen mich an. Nur wenn Ihnen danach ist. Und wenn Ihnen nicht danach ist, dann lassen Sie es einfach sein. Okay? Ich schreibe Ihnen meine Nummer auf. Darf ich? Er nimmt Stift und Fragebogen von Karla. Er schaut auf das Blatt und zitiert eine Frage. Haben Sie Brustbehaarung?

KARLA Das habe ich nicht gefragt.

RICHARD Aber Sie haben es aufgeschrieben, also in Erwägung gezogen, mich das zu fragen.

KARLA Na und?

RICHARD Ist das wichtig? Ich meine, wäre das ein mögliches Hindernis...Sie wissen schon...in einer Beziehung?

KARLA Nein. Aber es wäre gut zu wissen, wenn es…Sie wissen schon, so weit kommt. Damit man dann nicht überrascht ist und dann die Gedanken sonst wo hat in so einem Moment.

RICHARD Aber da sind wir ja weit weg von so einem Moment, denke ich.

KARLA Ja.

RICHARD schreibt Das ist meine Nummer.

KARLA nimmt ihm den Fragebogen ab und schaut auf die Nummer Danke.

RICHARD Nur für alle Fälle.

KARLA Danke. () Haben Sie Brustbehaarung?

RICHARD Was? Eh…eigentlich nicht, also nicht wirklich, also…

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